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Impressum
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Korrespondenzadressen
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1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick
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2. Koronare Herzkrankheit
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3. Herzklappenerkrankungen
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4. Herzrhythmusstörungen
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5. Herzinsuffizienz
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6. Angeborene Herzfehler
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7. Kardiovaskuläre Rehabilitation
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8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin
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9. Kardiovaskuläre Forschungsförderung in Deutschland
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10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten
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Anhang
36 Deutscher Herzbericht Sektorenübergreifende Versorgungsanalyse zur Kardiologie, Herzchirurgie, kardiologischen Rehabilitation und Kinderherzmedizin in Deutschland Update 2025
Impressum Deutscher Herzbericht – Update 2025 Frankfurt am Main September 2025 Herausgeber Herstellung Georg Thieme Verlag KG Oswald-Hesse-Straße 50 70469 Stuttgart Postfach 301120, 70451 Stuttgart Tel. 0711/89 31-0 Fax 0711/89 31-298 www.thieme.de Produktionsmanagement Anna Herrschelmann Layout und Satz Anna Stoffers, Rupert Hertling Druck Beltz Grafische Betriebe, Bad Langensalza Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die durchgängige Verwendung männlicher, weiblicher oder diverser Sprachformen ver- zichtet. Wir möchten deshalb darauf hinweisen, dass die ausschließliche Verwendung der männ- lichen Form explizit als geschlechtsunabhängig verstanden werden soll. Zitierweise Deutsche Herzstiftung (Hg.)/ Deutscher Herzbericht – Update 2025, Frankfurt am Main 2025 Deutsche Herzstiftung e.V. Bockenheimer Landstr. 94 – 96 60323 Frankfurt am Main Prof. Dr. Thomas Voigtländer (Vorsitzender), Prof. Dr. Heribert Schunkert (stellv. Vorsitzender), Martin Vestweber (Geschäftsführer) Redaktion Prof. Dr. Stephan Ensminger (verantwortlich) Prof. Dr. Volker Rudolph (verantwortlich) Prof. Dr. Thomas Voigtländer Prof. Dr. Thomas Meinertz PD Dr. Kurt Bestehorn Dr. Ariane Pott Mirja Rohjans Ria Kress Michael Wichert In Zusammenarbeit mit Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK), Düsseldorf Prof. Dr. Stefan Blankenberg (Präsident), Dr. Konstantinos Papoutsis (Geschäftsführer) Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. (DGTHG), Berlin Prof. Dr. Torsten Doenst (Präsident), Dr. Andreas Beckmann (Geschäftsführer) Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK), Düsseldorf Prof. Dr. Ulrike Herberg (Präsidentin), Dr. Karl Robert Schirmer (Geschäftsführer) Deutsche Gesellschaft für Prävention und Reha- bilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e.V. (DGPR), Koblenz Dr. Eike Langheim (Präsident), Peter Ritter (Geschäftsführer) BQS – Institut für Qualität und Patienten sicherheit, Düsseldorf Dr. Christof Veit, Renate Meyer, Mirja Rohjans 4 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Korrespondenzadressen Deutsche Herzstiftung e.V. Bockenheimer Landstr. 94 – 96 60323 Frankfurt am Main Tel. +49 69 955128-0 Fax +49 69 955128-313 info@herzstiftung.de www.herzstiftung.de Deutsche Gesellschaft für Kardiologie- Herz- und Kreislaufforschung e.V. Grafenberger Allee 100 40237 Düsseldorf Tel. +49 211 600692-0 Fax +49 211 600692-10 info@dgk.org www.dgk.org Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. Langenbeck-Virchow-Haus Luisenstraße 58/59 10117 Berlin Tel. +49 30 28004-370 Fax +49 30 28004-379 info@dgthg.de www.dgthg.de Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. Grafenberger Allee 100 40237 Düsseldorf Tel. +49 211 6026655 Fax +49 211 6026656 kontakt@dgpk.org www.dgpk.org BQS Institut für Qualität & Patientensicherheit GmbH Vogelsanger Weg 80 40470 Düsseldorf Tel. +49 211 280729-0 Fax +49 211 280729-99 info@bqs.de www.bqs.de Deutsche Gesellschaft für Prävention und Reha- bilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e.V. Friedrich-Ebert-Ring 38 56068 Koblenz Tel. +49 261 309231 Fax +49 261 309232 info@dgpr.de www.dgpr.de Vorwort | 5
Vorwort Verlässliche Daten, transparente Analysen und ihre fachlich fundierte Einordnung sind unverzicht- bar – für Wissenschaft, Versorgungsforschung und Gesundheitspolitik. Der Deutsche Herzbericht steht seit vielen Jahren dafür, gestützt auf hochwertige Datenquellen und die Zusammenarbeit von Experten- teams aller herzmedizinischen Fachdisziplinen. Der 36. Deutsche Herzbericht – Update 2025 stellt die Versorgung der Bevölkerung Deutschlands im Bereich der Herz-Kreislauf-Medizin vor. Berichtsjahr ist das Jahr 2023. Die Deutsche Herzstiftung als Her- ausgeberin ist den deutschen Fachgesellschaften für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK), für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfeh- ler (DGPK) sowie für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) dankbar für die maßgebliche Gestaltung des Herzberichtes. In der Kontinuität dieser seit Jahrzehnten in der Medizin und im Gesundheitswesen fest etablier- ten Datenanalyse – den Anforderungen einer sich beständig weiterentwickelnden Herz-Kreislauf- Medizin angepasst – liegt die Stärke des Reports. Mit dem aktuellen Bericht ist es erneut gelungen, ein aufschlussreiches Bild der Krankheitslast (Mortalität und Morbidität) zu zeichnen sowie in allen Bereichen den Stand der ambulanten und stationären Versor- gung von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankun- gen abzubilden. Die präsentierten Daten belegen den Stellenwert der modernen interdisziplinären Zusammen arbeit in der Herz-Kreislauf-Medizin. Neugestaltungen, etwa illustrative Faktenüber- sichten an den Kapitel eingängen, optimieren die Aussagekraft der umfangreichen Datenanalysen. Der Herzbericht liefert zentrale Anhaltspunkte, um die Leistungsfähigkeit und Qualität der herzmedi- zinischen Versorgung in Deutschland zu beurteilen. Er bildet auch regionale Unterschiede ab: in der Zahl an Hospitalisierungen und der Sterblichkeit sowie strukturelle Trends in Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Partiell geschieht dies (beispielsweise bei ICD-Indikationen) im europäischen Vergleich mit Ländern wie Schweden und der Schweiz. Dies erlaubt Rückschlüsse auf mögliche ungünstige Ent- wicklungen. Dank der dokumentierten Daten und Analysen lassen sich Entwicklungen nachvollziehen, wie kardiologische und herzchirurgische Leistungen in Anspruch genommen werden. Daraus ergeben sich Ansatzpunkte für zukünftige Maßnahmen in der stationären und ambulanten Versorgung sowie Verbesserungsmöglichkeiten. Ausgehend von einer umfassenden Datenanalyse zur Morbidität (Erkrankungshäufigkeit) und Mor- talität (Todesrate) der häufigsten Herzkrankheiten – sowohl auf Bundesebene als auch im Vergleich der einzelnen Bundesländer – bietet der aktuelle Herzbericht nicht nur fundierte Einblicke in die kardiologische und herzchirurgische Versorgung in Deutschland. Zugleich gibt der Herzbericht auch Antworten auf aktuelle Fragen der Herz-Kreislauf- Medizin, etwa: Wie entwickelt sich aktuell die Inanspruchnahme von interventionellen, chirurgischen und medikamentö- sen Verfahren in der Kardiologie und Herzchirurgie? • Wie sind ambulante, stationäre, rehabilitative und präventive Maßnahmen und entsprechende Einrichtungen in Deutschland verteilt? • Welche neueren Verfahren in Diagnostik und Therapie verändern die Versorgungsqualität und potenziell auch die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität? • Wie hoch ist die Versorgungsdichte mit Kardio- logen und Herzchirurgen in den Bundesländern? 6 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
• Welche Rolle spielen sozioökonomische, geschlech- tersensible oder altersspezifische Faktoren für die Inanspruchnahme kardiologischer/herz- chirurgischer Therapien? Deutschlands herzmedizinische Versorgung hat sich zwar in den vergangenen Jahren zweifellos grundle- gend verbessert – dank vieler neuer Untersuchungs- und Therapieverfahren. Eine deutlich verringerte Morbidität und Mortalität ist die Folge. Allerdings sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ICD I00-I79) nach wie vor Todesursache Nummer eins mit über 290.000 Sterbefällen im Jahr 2023. Das sind rund 29 Prozent aller Todesfälle in Deutschland (s. Kapitel 1, Tab. 1/5). Somit sterben mit Abstand immer noch die meisten Menschen an den Folgen einer Herz- erkrankung (zum Beispiel Herzinfarkt, Herzschwäche, plötzlicher Herztod) oder Kreislauf erkrankung (zum Beispiel Schlaganfall, Bluthochdruck, Lungenembo- lie) – weit vor den Tumorerkrankungen. Als in Europa einzigartige Zusammenschau von Daten aus Erhebungen der Fachgesellschaften und offiziellen Statistiken ist der Herzbericht ein unverzichtbares Instrument, um aktuelle Ver- sorgungsfragen zu beantworten. So ordnen die Analysen des Herzberichts in den Kapiteln 1 bis 6 Besonderheiten ein: Wie hat sich das Krankheits- und Sterbe geschehen (Morbidität und Mortalität) entwickelt? Wie häufig wurden bestimmte Ver- fahren in Diagnostik und Therapie angewandt? – Die Antworten werden nach Altersstrukturen dargestellt – oder auch in Relation zur Pandemie bis 2023, wenn es die Datenlage zulässt. Einen umfassenden Überblick über Diagnosen, Patien- tencharakteristika, erbrachte Leistungen und das Ergebnis einer kardiologischen Rehabilitation (Sicht der Behandler/der Rehabilitanden) liefert Kapitel 7. Kapitel 8 bündelt die strukturellen Entwicklungen der herzmedizinischen Versorgung (z.B. Anzahl der Fachärzte, Fachabteilungen für Kardiologie/ Kinderkardiologie/Herzchirurgie, Bildgebung, Linksherzkatheter-Messplätze, Herzoperationen nach Altersstrukturen, Transplantationen etc.). Einen Überblick über die Forschungsförderungen und Wis- senschaftspreise für innovative und patientennahe Herzforschung der Deutschen Herzstiftung sowie der Fachgesellschaften DGK, DGTHG, DGPK und DGPR gibt das Kapitel 9. Das abschließende Kapitel 10 „Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten“ verdeutlicht, welchen Einfluss Begleiterkrankungen (z.B. Hypertonie, Diabetes, Nierenerkrankungen) haben und beschreibt am Beispiel von Patienten mit Koronarer Herzkrankheit (KHK) und Herzinsuffizienz die Begleitmedikation. Besonders interessant ist, dass dabei auch die Einflüsse der COVID-19-Pan- demie auf die Operations- und Interventionszahlen im Vergleich zum Jahr 2018 vor der Pandemie sowie auf die kardiovaskuläre Rehabilitation (Vergleich zu 2021) aufgezeigt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Deutsche Herzbericht – Update 2025 stellt erneut dar, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine gesamt- gesellschaftliche Herausforderung sind. Zwar wird deutlich, dass die moderne Diagnostik und Therapie bei vielen Krankheitsbildern zu enor- men Fortschritten beigetragen haben. Doch die Erkrankungs- und Sterblichkeitszahlen sind weiterhin sehr hoch. Die erreichten Erfolge sind dem Zusammenspiel von Grundlagenforschung und klinischer Wissenschaft sowie ambulanter und stationärer Versorgungsstrukturen zu ver- danken ebenso wie der intensiven Kooperation von Kardiologie, Herzchirurgie, Kinderkardiologie und kardiologischer Rehabilitation. Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Deutsche Herzstiftung September 2025 Vorwort | 7
Inhaltsverzeichnis 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick 1.1 Datengrundlagen – Datenqualität 1.2 Morbidität ausgewählter kardio vaskulärer Erkrankungen im Überblick 1.3 Mortalität ausgewählter kardio vaskulärer Erkrankungen im Überblick 2. Koronare Herzkrankheit 2.1 Hintergrund 2.2 Aktuelle Entwicklungen 2.3 Altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Koronaren Herzkrankheit 2.4 Altersstandardisierte Hospitalisations rate der KHK nach Altersgruppen 2.5 Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit 2.6 KHK-Mortalitätsraten nach Geschlecht und Altersgruppen 2.7 Altersstandardisierte Mortalitätsraten des akuten Herzinfarkts 2.8 Differenz der Mortalitätsrate des akuten Myokardinfarktes nach Geschlecht und Altersgruppen von 2011 auf 2023 2.9 Bundesländervergleich: Alters standardisierte vollstationäre Hospitalisationsrate des Herzinfarkts 2.10 Bundesländervergleich: Altersstandardisierte vollstationäre Mortalitätsrate des Herzinfarkts 2.11 Ambulante Koronarangiographien und -interventionen 2.12 Stationäre Linksherzkatheter-Untersuchungen und Koronarinterventionen 2.13 Entwicklung der zusätzlichen Maßnahmen bei Linksherzkatheter-Untersuchungen und Interventionen 2.14 Alters- und Geschlechtsverteilung bei Koronarangiographien 2.15 Geschlechtsverteilung bei Koronarinterventionen 2.16 Qualitätsindikatoren für Koronar angiographie und Koronarintervention 2.17 Bypass-Operationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine 2.18 Altersverteilung von Bypass-Operationen 2.19 Geschlechtsverteilung von Bypass-Operationen 2.20 Notfälle und Re-Operationen 2.21 Qualitätsindikatoren für Bypass-Operationen 3. Herzklappenerkrankungen 3.1 Hintergrund 3.2 Aktuelle Entwicklungen 3.3 Altersstandardisierte Hospitalisations rate der Herzklappenerkrankungen 3.4 Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzklappenerkrankungen 3.5 Konventionelle chirurgische Herzklappeneingriffe 3.6 Konventionelle Aortenklappenchirurgie 3.7 3.8 Kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI) 3.9 Alters-und Geschlechterverteilung Isolierte konventionelle Aorten klappenchirurgie – Art der Prothese bei kathetergestützten und operativen Eingriffen an der Aortenklappe 3.10 Therapie der AV-Klappenerkrankungen 8 | Deutscher Herzbericht – Update 2025 11 12 14 20 29 29 30 30 31 32 32 33 35 35 36 36 37 37 38 39 40 41 41 42 43 44 45 45 45 46 46 48 48 49 50 51 52
4. Herzrhythmusstörungen 4.1 Hintergrund 4.2 Aktuelle Entwicklungen 4.3 Altersstandardisierte Hospitalisations rate der Herz rhythmusstörungen nach Geschlecht 4.4 Altersstandardisierte Hospita lisationsrate der Herz rhythmusstörungen nach Alter 4.5 Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzrhythmusstörungen nach Geschlecht 4.6 Anzahl der Ablationen 4.7 Operationen mit Herzschrittmachern/ICD in Deutschland 4.8 Leitlinientreue Indikationsstellung 4.9 Perioperative Komplikationen der Herzschrittmacher- und ICD-Therapie 5. Herzinsuffizienz 5.1 Hintergrund 5.2 Aktuelle Entwicklungen 5.3 Altersstandardisierte Hospitalisations rate der Herzinsuffizienz 5.4 Altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz nach Altersgruppen 5.5 Hospitalisationsraten der Herz insuffizienz nach Alter und Geschlecht 5.6 Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz 5.7 Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz nach Altersgruppen 5.8 Medikamentöse Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz 5.9 Operationszahlen 2023 5.10 Indikationen zur CRT 5.11 Operationsdauer der Implantation von CRT-Systemen 5.12 Entwicklung der mechanischen Kreislaufunterstützung in Deutschland – 2023 5.13 Herztransplantationen/Herz-Lungen-Transplantation 6. Angeborene Herzfehler 6.1 Hintergrund 6.2 Aktuelle Entwicklungen 6.3 Vollstationäre Hospitalisationsrate von Patienten mit angeborenen Herzfehlern nach Geschlecht und Altersgruppen 6.4 Stationäre Verweildauer von Patienten mit angeborenen Herzfehlern nach Geschlecht und Altersgruppen 6.5 Altersstandardisierte Mortalitätsrate bei Patienten mit angeborenen Herz fehlern nach Geschlecht 6.6 An Fehlbildungen des Herz-Kreislauf-Systems Gestorbene – 2011 versus 2023 6.7 Stationäre Fälle und Gestorbene mit angeborenen Fehlbildungen des Herz-Kreislauf-Systems 6.8 Kinderkardiologische Herzkatheteruntersuchungen und Herzkatheterinterventionen 6.9 Chirurgie angeborener Herzfehler im Kindes- und Erwachsenenalter 6.10 Operationen angeborener Herzfehler bezogen auf einzelne Fachabteilungen 6.11 Herztransplantationen bei Kindern im Alter von 0 bis 15 Jahren 57 57 58 58 59 60 62 63 64 67 69 69 69 70 72 73 73 75 77 77 79 80 81 84 87 87 87 88 89 91 92 92 93 96 98 102 Vorwort | 9
7. Kardiovaskuläre Rehabilitation 7.1 Hintergrund 7.2 Leistungsspektrum kardiologischer Rehabilitationseinrichtungen 7.3 Die kardiologische Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin 8.1 Anzahl berufstätiger Kardiologen – 2019 versus 2023 8.2 Anzahl berufstätiger Herzchirurgen – 2019 versus 2023 8.3 Leistungen der herzchirurgischen Fachabteilungen in Deutschland 8.4 Entwicklung der Herzoperationen mit und ohne HLM von 2011 bis 2023 8.5 Entwicklung der Altersstruktur der operierten Herzpatienten von 2011 bis 2023 8.6 Herztransplantation/Herz-Lungen-Transplantation 8.7 Diagnostische und interventionelle Verfahren bei Herzerkrankungen 8.8 Linksherzkatheter-Messplätze je Bundesland 8.9 Strukturen in der pädiatrischen Kardiologie und Kinderherzchirurgie 8.10 Kardiologische Rehabilitation 9. Kardiovaskuläre Forschungsförderung in Deutschland 9.1 Förderung aus Eigenmitteln der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) 9.2 Forschungsförderung in der Herzchirurgie 9.3 Kardiovaskuläre Forschung für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie 9.4 Forschungsförderung durch die Deutsche Herzstiftung e.V. (DHS) und Deutsche Stiftung für Herzforschung (DSHF) 2023 10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten 10.1 Herzerkrankungen während der COVID-19-Pandemie 10.2 Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die kardiologische Rehabilitation 10.3 Spektrum der jeweils häufigsten Begleiterkrankungen zu den Haupt diagnosen KHK, Herzinsuffizienz, Aortenklappenerkrankungen, Herzklappenerkrankungen und Vorhofflimmern/-flattern 10.4 Verordnungshäufigkeit von kardio logischen Arzneimitteln bei KHK und Herzinsuffizienz im niedergelassenen Bereich 2019 – 2023 Anhang Stichwortverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Datengrundlagen und -qualität Glossar Datenquellen 10 | Deutscher Herzbericht – Update 2025 105 105 105 109 121 121 123 124 125 126 126 128 129 130 138 141 141 144 145 146 149 149 153 153 157 163 163 165 167 167 170
1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick 1 PD Dr. Kurt Bestehorn (Dresden), Dr. Susanne Stolpe (Essen) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick Vollstationäre Hospitalisationsrate ausgewählter Herzkrankheiten nach Altersgruppen 2023 n e p p u r g s r e t l A ≥ 9 0 85 – >90 80 – >85 75 – >80 70 – >75 65 – >70 60 – >65 55 – >60 50 – >55 0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 Herzklappenkrankheiten Koronare Herzkrankheit Herzrhythmusstörungen Herzinsuffi zienz Deutliche Zunahme der > 65-Jährigen als Ausdruck der alternden Gesellschaft ( : + 11% seit 2011) : + 18 %, 28,5 % aller Todesursachen sind durch kardiovaskuläre Erkrankungen bedingt Copyright: Deutsche Herzstiftung Altersadjustierte Hospitalisationsraten der wichtigsten Herzerkrankungen 2023 im Vergleich (pro 100.000 Einwohner): 574,0 Koronare Herzkrankheit: 514,8 Herzrhythmusstörungen: Herzinsuffi zienz: 464,0 110,7 Herzklappenerkrankungen: 31,1 Angeborene Fehlbildungen des Kreislaufsystems: In diesem Kapitel werden Daten der Gesundheits- berichterstattung zu ausgewählten kardiovaskulären Erkrankungen dargestellt. Dabei werden Daten regional, geschlechts- und altersgruppenspezi- fisch berichtet und Veränderungen über die Zeit dargestellt. Interpretationen regionaler und zeitlicher Unter- schiede in Morbidität und Mortalität hinsichtlich möglicher Ursachen müssen mit Vorsicht vorgenom- men werden. Validere Schlussfolgerungen wären nur unter Einbeziehung zusätzlicher Informationen z.B. zu Risikofaktoren-Profilen der Bevölkerung oder regionalen Versorgungsstrukturen möglich. Zusätzlich beeinflussen regionale und zeitlich ver- änderliche Unterschiede in der Priorisierung von Erkrankungen bei einer Leichenschau oder bei der Patientendokumentation im Rahmen der DRG- Leistungserfassung die Berechnung krankheits- spezifischer Erkrankungs- und Mortalitätsraten. Fortschritte in der Diagnostik und die steigende Lebenserwartung führen dazu, dass Erkrankungen, wie z.B. Vorhofflimmern und -flattern oder Demenz häufiger diagnostiziert und somit auch häufiger als zugrunde liegende Todesursache dokumen- tiert werden. Die Häufigkeit und – in Folge dessen – die Mortalität an anderen (kardiovaskulären) Erkrankungen nimmt ausgleichend ab. Unterschiede und Veränderungen bei Erkrankungs- und Mortalitätsraten spiegeln daher nicht unein- geschränkt nur das Krankheitsgeschehen wider. 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 11
Bevölkerung in Deutschland nach Altersgruppen – 2023 Altersgruppen Bevölkerung absolut Bevölkerungsanteile in % gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 0 – <1 1 – <5 5 – <10 10 – <15 15 – <20 20 – <25 25 – <30 30 – <35 35 – <40 40 – <45 45 – <50 50 – <55 55 – <60 60 – <65 65 – <70 70 – <75 75 – <80 80 – <85 85 – <90 ≥90 Insgesamt ≥65 689.849 3.199.890 4.148.247 3.897.911 3.997.935 4.520.374 5.080.573 5.503.195 5.645.893 5.404.550 4.937.060 5.593.251 6.769.392 6.395.411 5.195.414 4.409.948 3.136.571 3.256.129 2.058.770 828.963 84.669.326 18.885.795 353.623 1.642.471 2.128.992 2.006.046 2.083.850 2.363.928 2.663.051 2.841.785 2.880.765 2.711.786 2.460.512 2.788.073 3.379.734 3.149.889 2.490.764 2.036.807 1.405.737 1.368.132 781.510 246.080 41.783.535 8.329.030 336.226 1.557.419 2.019.255 1.891.865 1.914.085 2.156.446 2.417.522 2.661.410 2.765.128 2.692.764 2.476.548 2.805.178 3.389.658 3.245.522 2.704.650 2.373.141 1.730.834 1.887.997 1.277.260 582.883 42.885.791 10.556.765 0,81 3,78 4,90 4,60 4,72 5,34 6,00 6,50 6,67 6,38 5,83 6,61 8,00 7,55 6,14 5,21 3,70 3,85 2,43 0,98 100,00 22,31 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 1/1: Bevölkerung in Deutschland am 31.12.2023 nach Altersgruppen und Geschlecht 0,42 1,94 2,51 2,37 2,46 2,79 3,15 3,36 3,40 3,20 2,91 3,29 3,99 3,72 2,94 2,41 1,66 1,62 0,92 0,29 49,35 9,84 0,40 1,84 2,38 2,23 2,26 2,55 2,86 3,14 3,27 3,18 2,92 3,31 4,00 3,83 3,19 2,80 2,04 2,23 1,51 0,69 50,65 12,47 1.1 Datengrundlagen – Datenqualität Die hier vorgestellten, aggregierten Daten beru- hen auf Zusammenstellungen des Statistischen Bundesamtes. Für den Herzbericht wurden die hier präsentierten Vergleiche wie Sterbeziffer bzw. alters- standardisierte Mortalitätsrate und voll stationäre Hospitalisationsrate eigens von der BQS Institut für Qualität & Patientensicherheit GmbH berech- net. Das Statistische Bundesamt berechnet die Sterbeziffern und Hospitalisationsraten auf Basis der Bevölkerung im Jahresdurchschnitt, sodass die Werte mit Bezug zur Bevölkerung am Jahresende vom BQS-Institut neu berechnet wurden. Weitere Details zur Datenqualität und Datengrundlage finden Sie im Anhang ab Seite 163. 1.1.1 Bevölkerungszahlen: Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene ab 65 Jahren in den Bundesländern Tabelle 1/1 zeigt die Gesamt-Altersstruktur mit Geschlechtsverteilung in Deutschland. Aus Abbil- dung 1/1 wird deutlich, dass die Großräume eine gewisse Einheitlichkeit aufweisen. Aus der Altersgruppe der über 65-Jährigen (Abbil- dung 1/2) kommt der größte Teil der Herzpatienten. Erkennbar ist eine sehr unterschiedliche Häufigkeits- verteilung der Gruppe der Menschen über 65 Jahre mit einem Schwerpunkt in den neuen Bundesländern. Den niedrigsten Bevölkerungsanteil haben die ab 65-Jährigen in den Stadtstaaten Hamburg (18 %) und 12 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Kinder und Jugendliche – 2023 Erwachsene ab 65 Jahre – 2023 1 Schleswig-Holstein 18,4 % Hamburg 19,0 % Mecklenburg-Vorpommern 17,3 % Schleswig-Holstein 23,6 % Hamburg 17,9 % Mecklenburg-Vorpommern 26,8 % Bremen 19,3 % Niedersachsen 19,1 % Nordrhein-Westfalen 19,2 % Rheinland- Pfalz 18,7 % Saarland 17,3 % Hessen 19,2 % Baden- Württemberg 19,4 % Berlin 18,6 % Brandenburg 18,0 % Sachsen 18,0 % Sachsen-Anhalt 17,0 % Thüringen 17,3 % Bayern 18,8 % Bremen 21,0 % Niedersachsen 22,7 % Nordrhein-Westfalen 21,7 % Rheinland- Pfalz 22,8 % Saarland 25,1 % Hessen 21,3 % Baden- Württemberg 21,1 % Berlin 18,8 % Brandenburg 25,8 % Sachsen 26,8 % Sachsen-Anhalt 27,8 % Thüringen 27,4 % Bayern 21,2 % Bevölkerungsanteil unter 20-Jährige (Ø 18,8 %) Bevölkerungsanteil ab 65-jährige (Ø 22,3 %) <15,0 % ≥15,0 % – <17,0 % ≥17,0 % – <19,0 % ≥19,0 % <20,0 % ≥20,0 % – <21,0 % ≥21,0 % – <23,0 % ≥23,0 % Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 1/1: Bevölkerungsanteile in den Ländern: Kinder und Jugendliche unter 20 Jahre im Jahr 2023 Abb. 1/2: Bevölkerungsanteile in den Ländern: Erwachsene ab 65 Jahre im Jahr 2023 Berlin (19 %) sowie in Bremen, Baden-Württemberg und Bayern (21 %). Diese Unterschiede der Häufig- keitsverteilung der ab 65-Jährigen sind keine neue Entwicklung. 1.1.2 Relative Veränderungen der Bevölkerungsentwicklung Es handelt sich hier nicht um Prozentpunkte von einer Grundgesamtheit, sondern um relative pro- zentuale Veränderungen im Vergleich der beiden Jahre 2011 und 2023. Aus den Daten kann nicht sicher gefolgert werden, was genau die Ursachen für eine Entwicklung sind, weil immer verschiedene Faktoren gleichzeitig wirken. Abbildung 1/3 bietet eine Perspektive auf die Bevöl- kerungsentwicklung mit relativen Veränderungen der Bevölkerungsanteile in den Altersgruppen nach Gewinnen und Verlusten. Aus der Veränderung von Anteilen einzelner Alters- gruppen in Abbildung 1/3 sind Kohorteneffekte erkennbar. Die geburtenschwachen Jahrgänge um das Ende des Zweiten Weltkrieges wandern von 2011 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 13
Veränderung der Bevölkerungsanteile von 2011 auf 2023 t n e z o r P n i e m h a n b A d n u - u Z 80 60 40 20 0 -20 -40 e m h a n b A d n u - u Z t n e z o r P n i 20 15 10 5 0 17,8 10,8 8,2 7,1 0 – <20 ≥65 71,4 32,1 30,9 30,5 9,9 6,3 5,0 4,7 -22,3 -20,6 -8,6 -10,5 0 – <40 40 – <50 50 – <60 60 – <70 70 – <80 ≥80 Männer gesamt = 6,5 % Frauen gesamt = 4,4 % * Bevölkerung auf Grundlage des Zensus 2011 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Altersgruppen Abb. 1/3: Veränderung der Bevölkerungsanteile nach Altersgruppen und Geschlecht von 2011* auf 2023* in Prozent bis 2023 aus der Gruppe der 60- bis 70-Jährigen in die Gruppe der 70- bis 80-Jährigen, die sogenannten Babyboomer aus der Gruppe der 40- bis 55-Jährigen in die Altersgruppe 55- bis 70-Jahre. Die steigende Lebenserwartung zeigt sich im wachsenden Anteil hochaltriger Personen. Im Vergleich zu 2011 zeigt sich sowohl bei den unter 20-Jährigen als auch bei den über 65-Jährigen eine Zunahme, die allerdings bei den über 65-Jährigen deutlich stärker ausgeprägt ist. 1.2 Morbidität ausgewählter kardio- vaskulärer Erkrankungen im Überblick 1.2.1 Morbidität ausgewählter Herzkrankheiten nach Geschlecht und Altersgruppen – 2023 Tabelle 1/2 zeigt die vollstationären Hospita- lisationsraten nach Geschlecht für das Jahr 2023. Altersstandardisiert gab es eine Abnahme im Ver- gleich zum Vorjahr bei der Koronaren Herzkrankheit bzw. dem Myokardinfarkt. Bei den Herzklappen- krankheiten (+4,8 %), Herzrhythmusstörungen (+6,0 %), der Herzinsuffizienz (+3,6 %) und den ange- borenen Fehlbildungen (+4,8 %) konnte ein leichter Anstieg im Vergleich zu 2022 verzeichnet werden. 1.2.1.1 Ausgewählte Diagnosen insgesamt Herzkrankheiten waren die Hauptdiagnose bei 9,3 % (2022: 9,2 %) aller 2023 in Deutschland im Rahmen der Krankenhausdiagnosestatistik erfass- ten 17.597.125 (2022: 17.205.585) vollstationären Fälle. Von den ausgewählten Diagnosen entfielen 57,8 % (2022: 58,2 %) auf Männer und 42,2 % (2022: 41,8 %) auf Frauen. 1.2.1.2 Koronare Herzkrankheit Die rohe vollstationäre Hospitalisationsrate der Koronaren Herzkrankheit (ICD I20-I25, Ischämische Herzkrankheiten) lag 2023 in Deutschland insgesamt bei 636,2 (2022: 638,1). Die altersstandardisier- ten Werte lagen für die Koronare Herzkrankheit 14 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Vollstationäre Hospitalisationsrate nach Geschlecht – 2023 1 Fälle davon männlich davon weiblich ICD Bezeichnung absolut auf 100.000 Einw. auf 100.000 Einw. (standardisiert) absolut auf 100.000 Einw. auf 100.000 Einw. (standardisiert) absolut auf 100.000 Einw. auf 100.000 Einw. (standardisiert) I20-I25 Koronare Herzkrankheit I21 Akuter Myokardinfarkt I05 - I09, I34 - I39 Herzklappen- krankheiten I44 - I49 Herzrhythmus- störungen 538.675 636,2 574,0 372.813 892,2 837,4 165.862 386,8 310,5 187.456 221,4 197,7 127.782 305,8 287,2 59.674 139,1 108,1 109.745 129,6 110,7 60.721 145,3 136,9 49.024 114,3 84,4 493.635 583,0 514,8 266.296 637,3 605,2 227.339 530,1 424,3 I50 Herzinsuffizienz 468.579 553,4 464,0 232.117 555,5 546,9 236.462 551,4 381,1 Q20 - Q28 Angeborene Fehlbildungen Summe Ausgewählte Diagnosen 25.269 29,8 31,1 13.669 32,7 33,0 11.600 27,0 29,1 1.635.903 1.932,1 1.694,5 945.616 2.263,1 2.159,4 690.287 1.609,6 1.229,6 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 1/2: Vollstationäre Fälle, vollstationäre Hospitalisationsrate und altersstandardisierte Hospitalisationsrate nach Geschlecht in Deutschland im Jahr 2023 insgesamt bei 574,0 (2022: 577,2); die Männer liegen mit 837,4 (2022: 841,5) deutlich über dem Wert der Frauen mit 310,5 (2022: 312,9) auf 100.000 Einwohner. 1.2.1.3 Akuter Myokardinfarkt Die rohe vollstationäre Hospitalisationsrate des akuten Myokardinfarktes (ICD10: I21) betrug 2023 für Deutschland insgesamt 221,4 (2022: 226,0) auf 100.000 Einwohner. Die altersstandardisierte Hospi- talisationsrate für den akuten Myokardinfarkt liegt insgesamt bei 197,7 (2022: 202,3); mit 287,2 (2022: 293,6) liegt der Wert der Männer auch hier deutlich über dem Wert der Frauen 108,1 (2022: 111,0). 1.2.1.5 Herzrhythmusstörungen Die rohe vollstationäre Hospitalisationsrate der Herzrhythmusstörungen (ICD10: I44-I49) lag 2023 in Deutschland insgesamt bei 583,0 (2022: 546,4) auf 100.000 Einwohner. Die altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Herzrhythmusstörungen lag insgesamt bei 514,8 (2022: 485,7) auf 100.000 Einwohner, wobei die Rate der Männer mit 605,2 (2022: 574,7) die der Frauen mit 424,3 (2022: 396,7) um 42,6 % überstieg. Den größten Anteil an den Herzrhythmusstörungen hat Vorhofflimmern und -flattern (ICD10: I48) mit 350.033 Krankenhaus fällen (= 71 % aller Fälle mit Herzrhythmusstörungen). 1.2.1.4 Herzklappenkrankheiten 1.2.1.6 Herzinsuffizienz Die rohe vollstationäre Hospitalisationsrate der Herzklappenkrankheiten (ICD10: I05-I09, I34-I39) lag 2023 bundesweit bei 129,6 (2022: 123,2) auf 100.000 Einwohner. Die altersstandardisierte Hos- pitalisationsrate von Männern lag um 62,1 % höher als von Frauen. Die rohe vollstationäre Hospitalisationsrate der Herz- insuffizienz (ICD10: I50) betrug 2023 für Deutschland 553,4 (2022: 529,7) auf 100.000 Einwohner. Die altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz betrug 2023 für Deutschland 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 15
464,0 (2022: 447,9), die altersstandardisierte Rate der Männer lag bei 546,9 (2022: 531,8) und die der Frauen bei 381,1 (2022: 363,9); damit liegt der Wert der Männer 43,5 % über dem der Frauen. 1.2.1.7 Angeborene Fehlbildungen des Kreislaufsystems Die rohe vollstationäre Hospitalisationsrate der angeborenen Fehlbildungen des Kreislaufsystems (ICD10: Q20-Q28) betrug 2023 für Deutschland insgesamt 29,8 (2022: 28,9) auf 100.000 Einwohner. Bei dieser Diagnose lag die vollstationäre Hos- pitalisationsrate der männlichen Patienten mit 32,7 (2022: 32,3) um 20,9 % (2022: 25,6 %) über der der weiblichen Patienten mit 27,0 (2022: 25,7). Die altersstandardisierte Hospitalisationsrate betrug 2023 für Deutschland 31,1 (2022: 29,7), der Wert der männlichen Patienten lag mit 33,0 (2022: 32,0) auf 100.000 Einwohner um 13,3 % über der Rate der weiblichen Patienten mit 29,1 (2022: 27,3) auf 100.000 Einwohner. 1.2.1.8 Vollstationäre Hospitalisationsrate nach Altersgruppen und Geschlecht Die vollstationäre Hospitalisationsrate für Herz- insuffizienz bei Männern und Frauen steigen ab einem Alter von 60 Jahren kontinuierlich – und ab 70 Jahren steil – an. Für die Koronare Herzkrankheit und Herzrhythmus- störungen sind bereits ab einem Alter von 40 Jahren steigende Hospitalisationsraten zu erkennen, bei Frauen etwas später bzw. weniger steil. Wie auch für die anderen ausgewählten Erkrankungen gehen die Hospitalisationsraten ab einem Alter von 85 Jahren wieder zurück. Der deutlichste Geschlechter- unterschied ist für die Koronare Herzkrankheit zu erkennen (Abbildung 1/4). Vollstationäre Hospitalisationsrate ausgewählter Herzkrankheiten nach Altersgruppen und Geschlecht e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H e r ä n o i t a t s l l o V 9.000 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 0 – <1 1 – <5 5 – <10 10 – <15 15 – <20 20 – <25 25 – <30 30 – <35 35 – <40 40 – <45 45 – <50 50 – <55 55 – <60 60 – <65 65 – <70 70 – <75 75 – <80 80 – <85 85 – <90 ≥90 Altersgruppen Männer: Frauen: Koronare Herzkrankheit Koronare Herzkrankheit Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz Herzrhythmusstörungen Herzrhythmusstörungen Herzklappenkrankheiten Herzklappenkrankheiten Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 1/4: Vollstationäre Hospitalisationsrate der Koronaren Herzkrankheit (I20-I25), der Herzrhythmusstörungen (I44-I49), der Herzklappenkrankheiten (I05-I09, I34-I39) und der Herzinsuffizienz (I50) pro 100.000 Einwohner nach Altersgruppen und Geschlecht in Deutschland im Jahr 2023 16 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Morbidität ausgewählter Herzkrankheiten in den Bundesländern 1 Bundesland Baden- Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg- Vorpommern Niedersachsen Nordrhein- Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein 18.398 Thüringen Deutschland 17.123 535.802 Koronare Herzkrankheit davon: akuter Myokardinfarkt Herzklappen krankheiten Herzrhythmus störungen Herzinsuffizienz pro pro pro pro pro absolut 100.000 absolut 100.000 absolut 100.000 absolut 100.000 absolut 100.000 Einw. Einw. Einw. Einw. Einw. 58.572 74.049 25.548 19.208 3.237 7.483 36.256 15.063 47.699 138.878 27.289 8.094 19.806 19.099 486 517 711 595 454 423 528 738 522 708 580 682 392 680 530 630 574 22.233 26.347 7.007 6.575 1.664 3.347 13.193 4.404 19.278 42.348 9.359 2.695 8.822 5.632 7.022 5.878 185.804 183 183 192 202 230 185 191 215 210 214 198 226 173 201 202 215 198 12.432 15.179 5.115 4.132 747 1.959 6.910 2.909 10.955 26.589 5.619 1.213 5.196 3.220 4.015 3.270 109.460 98 102 131 119 96 102 95 134 113 128 115 96 93 105 107 113 111 51.521 67.196 18.730 18.681 3.010 9.258 35.165 11.137 50.841 122.900 25.684 5.447 22.546 15.807 19.172 14.972 492.067 420 459 497 568 406 507 501 536 545 611 538 448 428 551 541 540 515 47.582 68.972 16.915 17.824 2.831 8.229 33.066 12.867 46.796 106.563 23.171 6.371 26.769 17.557 15.488 16.823 467.824 368 453 438 507 365 433 451 580 474 505 461 490 458 566 410 566 464 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 1/3: Vollstationäre Fälle und vollstationäre altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Koronaren Herzkrankheit (ICD I20- I25), Herzklappenkrankheiten (ICD I05-09, I34-39), Herzrhythmusstörungen (ICD I44-I49) und Herzinsuffizienz (ICD I50) nach Bundesländern (Wohnort) im Jahr 2023 1.2.2 Vollstationäre Hospitalisationsrate nach Bundesländern – 2023 Die altersstandardisierten vollstationären Hospita- lisationsraten sind in den einzelnen Bundesländern deutlich verschieden (Tabelle 1/3, Abbildung 1/5). Zu beachten ist, dass Unterschiede zwischen den Bundesländern ohne Kenntnis der bundesland- bezogenen Angebote zur Versorgung der spezifischen Erkrankungen, der Häufigkeit von Verlegungen von Patienten mit Herzerkrankungen und ohne Kennt- nisse des Risikofaktoren-Profils in der Bevölkerung nicht ohne weiteres interpretiert werden können. 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 17
1.2.3 Entwicklung der vollstationären Hospitalisationsrate von 2019 bis 2023 Innerhalb des fünfjährigen Zeitraumes von 2019 bis 2023 finden sich sowohl bei der rohen als auch der altersstandardisierten Hospitalisationsrate Ver- schiebungen für einzelne Herzkrankheiten (Tabelle 1/4). Die Zahl der vollstationär behandelten Fälle ist bei den für den Herzbericht Update 2025 ausge- wählten Herzkrankheiten zwischen 2019 und 2023 um 6,6 % gesunken. Tendenziell fallen bei der rohen Hospitalisations- rate eine Zunahme bei Herzklappenerkrankungen (2021/2023: +11,5 %; 2020/2022: +8,6 %), Herz- rhythmusstörungen (2021/2023: +8,4 %; 2020/2022: +3,5 %) und bei der Herzinsuffizienz (2021/2023: +5,0 %; 2020/2022: +2,6 %) auf. Bei den angeborenen Fehlbildungen kam es zu einem Rückgang von -0,2 % (2020/2022: -4,8 %). Bei der Koronaren Herzkrank- heit hat die rohe vollstationäre Hospitalisationsrate von 2021 nach 2023 um -4,2 % (2020/2022: -5,9 %) abgenommen (Tabelle 1/4). Der Vergleich der altersstandardisierten Hospita- lisationsraten von 2019 und 2023 lässt erkennen, dass altersunabhängig die Hospitalisationsraten der Koronaren Herzkrankheit abgenommen haben. Dagegen sind die Hospitalisationsraten der Herz- klappenerkrankungen gegenüber 2019 angestiegen. Zu den Ursachen liegen keine belastbaren Daten vor, für den Zeitraum 2020 – 2022 kann ein Einfluss der COVID-19-Pandemie angenommen werden (z.B. Angst vor Infektion im Krankenhaus). Morbidität: Abweichungen vom Bundes- durchschnitt Schleswig-Holstein -4,4 Hamburg -11,9 Bremen -20,5 Niedersachsen -0,7 Mecklenburg-Vorpommern 19,4 Berlin 6,5 Brandenburg 7,5 Sachsen -17,6 Nordrhein-Westfalen 17,2 Sachsen-Anhalt 14,1 Thüringen 10,9 Hessen -5,0 Rheinland-Pfalz 1,9 Saarland 3,6 Baden-Württemberg -17,2 Bayern -7,8 ≤-10,0 % >0,0 % – ≤10,0 % >-10,0 % – ≤0,0 % >10,0 % Berechnung auf der Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 1/5: Über- oder Unterschreitung der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate aller ausgewählten Herz- krankheiten gemessen am Bundesdurchschnittswert im Jahr 2023 18 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Entwicklung der vollstationären Hospitalisationsrate ausgewählter Herzkrankheiten 2019 bis 2023 1 ICD Diagnose/ Behandlungs anlass I20-I25 Koronare Herzkrankheit Herzklappen- krankheiten I05-I09, I34-I39 I44-I49 Herzrhythmus- störungen Herzinsuffizienz Angeborene Fehlbildungen Ausgewählte Diagnosen I50 Q20- Q28 Summe Tab. 1/4 A ICD Diagnose/ Behandlungs anlass I20-I25 Koronare Herzkrankheit Herzklappen- krankheiten I05-I09, I34-I39 I44-I49 Herzrhythmus- störungen Herzinsuffizienz Angeborene Fehlbildungen Ausgewählte Diagnosen I50 Q20- Q28 Summe Tab. 1/4 B Fälle absolut rohe Hospitalisationsrate auf 100.000 Einwohner 2019 2020 2021 2022 2023 2019 2020 2021 2022 2023 639.230 564.059 552.669 538.277 538.675 768,6 678,3 664,0 638,1 636,2 103.506 94.272 96.798 103.894 109.745 124,5 113,4 116,3 123,2 129,6 493.332 438.921 447.485 460.962 493.635 593,2 527,8 537,6 546,4 583,0 487.247 429.104 438.589 446.814 468.579 585,9 516,0 526,9 529,7 553,4 27.550 25.274 24.900 24.405 25.269 33,1 30,4 29,9 28,9 29,8 1.750.865 1.551.630 1.560.441 1.574.352 1.635.903 2.105,2 1.865,9 1.874,7 1.866,3 1.932,1 altersstandardisierte Hospitalisationsrate auf 100.000 Einwohner Veränderung 2023 zu 2019 in % 2019 2020 2021 2022 2023 Fälle 699,2 613,0 597,0 577,2 574,0 -15,7 108,5 98,0 99,2 105,6 110,7 531,4 510,2 33,4 469,1 441,7 30,9 476,0 444,9 30,4 485,7 447,9 29,7 514,8 464,0 31,1 1.882,7 1.652,6 1.647,5 1.646,1 1.694,5 6,0 0,1 -3,8 -8,3 6,6 Rate -17,2 4,1 -1,7 -5,5 -9,9 8,2 standar disierte Rate -17,9 2,0 -3,1 -9,1 -6,8 10,0 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 1/4 A + B: Entwicklung der vollstationären Krankenhausaufnahmen, der rohen und altersstandardisierten Hospitalisationsrate wegen ausgewählter Herzkrankheiten von 2019 bis 2023 1.2.3.1 Resümee Morbidität Da nach 2019 Änderungen in den Hospitalisa- tionsraten für Herzkrankheiten unter Pandemie- bedingungen schwierig einzuordnen sind, werden hier die Werte von 2023 mit Daten vor der Pandemie verglichen. Seit 2019 ist die altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Herzklappenkrankheiten angestiegen (+2,0 %), die der Herzrhythmusstörungen (-3,1 %), der Herzinsuffizienz (-9,1 %), der Koronaren Herzkrankheit (-17,9 %) sowie der angeborenen Fehlbildungen (-6,8 %) ist gesunken. 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 19
Die zehn häufigsten Todesursachen – 2023 ICD10 Pos.Nr. Todesursachen Sterbefälle insgesamt 2023 nach den 10 häufigsten Todesursachen der ICD10 Gestorbene* Anzahl Anteil in % I25 F03 C34 I21 I50 J44 U07 I11 I48 R99 Chronische Koronare Herzkrankheit Nicht näher bezeichnete Demenz Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge (Lungen- und Bronchialkrebs) Akuter Myokardinfarkt (Herzinfarkt) Herzinsuffizienz (Herzschwäche, Herzmuskelschwäche) Sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit Krankheiten mit unklarer Ätiologie und nicht belegte Schlüsselnummern (COVID-19 und Gebrauch von E-Zigaretten) Hypertensive Herzkrankheit Vorhofflimmern und Vorhofflattern Sonstige ungenau oder nicht näher bezeichnete Todesursachen Anzahl Gestorbener an Herzkrankheiten und Anteil an Gesamt Anzahl Gestorbener mit relevanter kardiologischer Diagnose (ICD I00I79) und Anteil an Gesamt 74.415 53.710 44.933 43.839 37.645 33.688 25.770 24.207 23.469 22.900 203.575 292.868 7,2 5,2 4,4 4,3 3,7 3,3 2,5 2,4 2,3 2,2 19,8 28,5 * Ohne Totgeborene und ohne gerichtliche Todeserklärungen Darstellung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 1/5: Die zehn häufigsten Todesursachen 2023 in Deutschland. Fünf Todesursachen sind den Herzerkrankungen zuzuordnen. 1.3 Mortalität ausgewählter kardio- vaskulärer Erkrankungen im Überblick 1.3.1 Herzerkrankungen in der Todesursachenstatistik Herz-Kreislauferkrankungen waren auch im Jahr 2023 mit deutlicher Mehrheit unter den häufigsten Todes- ursachen (Tabelle 1/5) vertreten. In der Gesamtheit waren kardiovaskuläre Erkrankungen für 28,5 % aller Todesfälle in Deutschland verantwortlich. Dabei wurden chronische Koronare Herzkrankheit und akuter Myokardinfarkt am häufigsten als zugrunde liegende Todesursache angegeben. 1.3.2 Mortalität für ausgewählte kardio- vaskuläre Erkrankungen nach Geschlecht Die Sterbeziffer oder rohe Mortalitätsrate (siehe Glossar-Eintrag Seite 168) für alle ausgewählten Todesursachen ist 2023 im Vergleich zu 2022 um 3,0 % zurückgegangen (249,4 versus 257,2). Alters- standardisiert (siehe Glossar-Eintrag Seite 167) ist die Mortalitätsrate bei Frauen in der Summe aller ausgewählten Diagnosen deutlich niedriger als bei Männern: 166,4 auf 100.000 Einwohner bei Frauen im Vergleich zu 264,9 bei Männern (Tabelle 1/6). 1.3.2.1 Ausgewählte Diagnosen insgesamt Auf die für den Herzbericht ausgewählten Todes- ursachen entfielen 20,5 % (2022: 20,3 %) aller 2023 in Deutschland erfassten Todesfälle von insgesamt 1.028.206 (2022: 1.066.341). Von den an den ausgewählten Todesursachen Gestorbenen entfielen 50,1 % (2022: 49,8 %) auf Männer und 49,9 % (2022: 50,2 %) auf Frauen. Die altersstandardisierte Mortalitätsrate betrug insgesamt 215,7 (2022: 224,2), bei den Männern 264,9 (2022: 275,4) und bei den Frauen 166,4 (2022: 173,0) (Tabelle 1/6). 20 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Gestorbene und Mortalitätsrate ausgewählter Herzkrankheiten – 2023 1 ICD Bezeichnung I20-I25 Koronare Herzkrankheit Herzklappen- krankheiten I05-I09, I34-I39 I44-I49 Herzrhythmus- I50 Q20- Q28 Summe störungen Herzinsuffizienz Angeborene Fehlbildungen Ausgewählte Diagnosen Gestorbene davon männlich davon weiblich absolut Sterbeziffer auf 100.000 Einwohner altersstandardisierte Mortalitäts rate auf 100.000 Einwohner absolut Sterbeziffer auf 100.000 Einwohner altersstandardisierte Mortalitäts rate auf 100.000 Einwohner absolut Sterbeziffer auf 100.000 Einwohner altersstandardisierte Mortalitäts rate auf 100.000 Einwohner 119.795 141,5 125,3 68.627 164,2 168,7 51.168 119,3 22.899 27,0 30.128 35,6 37.645 44,5 685 0,8 22,4 29,5 37,6 0,8 9.669 23,1 12.102 29,0 15.017 35,9 377 0,9 24,3 31,1 39,8 0,9 13.230 30,8 18.026 42,0 22.628 52,8 308 0,7 81,9 20,6 27,9 35,3 0,7 211.152 249,4 215,7 105.792 253,2 264,9 105.360 245,7 166,4 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 1/6: Gestorbene, Sterbeziffer und altersstandardisierte Mortalitätsrate nach Geschlecht in Deutschland im Jahr 2023 1.3.2.2 Koronare Herzkrankheit 1.3.2.4 Herzrhythmusstörungen Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit (ICD10: I20-I25) lag 2023 insgesamt bei 125,3 (2022: 133,3), wobei die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Männer (168,7, 2022: 179,2) die der Frauen (81,9, 2022: 87,5) überstieg. Die altersstandardisierte Mortalitätsrate des akuten Myokardinfarktes (ICD10: I21) betrug 2023 insgesamt 45,7 (2022: 49,0), die Mortalitätsrate der Frauen war mit 28,8 (2022: 31,3) um 54,1 % niedriger als die der Männer mit 62,6 (2022: 66,7) (Tabelle 1/6, Tabelle 1/7 C). Ein ähnlich starker Unterschied zwischen Männern und Frauen fand sich auch in den Vorjahren. 1.3.2.3 Herzklappenkrankheiten Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herz- klappenkrankheiten (ICD10: I05- I09, I34-I39) lag bundesweit bei 22,4 (2022: 21,9). Sie betrug für die Männer 24,3 (2022: 23,4) und für die Frauen 20,6 (2022: 20,3): Somit lag der Wert für die Männer um 18,0 % höher als der Wert der Frauen (Tabelle 1/6, Tabelle 1/7 D). Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herz- rhythmusstörungen (ICD10: I44-I49) lag 2023 ins- gesamt bei 29,5 (2022: 30,5), die altersstandardisierte Rate der Frauen mit 27,9 (2022: 28,5) lag um 10,3 % unter der altersstandardisierten Mortalitätsrate der Männer mit 31,1 (2022: 32,5) (Tabelle 1/6, Tabelle 1/7 D). Zu beachten ist, dass zu den Todesursachen durch Herzrhythmusstörungen auch Herzstillstand (ICD10: I46) gehört. Dies ist nach Regeln der WHO keine zugrunde liegende Todesursache, sondern ein Endzustand. Im Jahr 2023 wurde bei 1.015 Personen ein Herzstillstand als Todesursache angegeben (= 3,4 % aller Sterbefälle an Herzrhythmusstörungen). Vorhofflimmern und -flattern (ICD10: I48) war 2023 mit 23.469 Todesfällen insgesamt die neunthäufigste Todesursache (Tabelle 1/5) und machte damit 78 % aller Todesfälle an Herzrhythmusstörungen aus. 1.3.2.5 Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz (ICD10: I50) ist nach den Regeln der WHO keine zugrungeliegende Todesursache, da sie durch andere vorangehende Erkrankungen (vor allem durch einen akuten Myokardinfarkt bzw. 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 21
eine Koronare Herzkrankheit) ausgelöst wird. Die an einer Herzinsuffizienz verstorbenen Personen müssten daher korrekterweise mehrheitlich diesen Todesursachen zugerechnet werden. Dennoch wird die Herzinsuffizienz als Todesursache angegeben. Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herz- insuffizienz betrug für Deutschland 37,6 (2022: 37,7). Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Männer lag bei 39,8 (2022: 39,4) und über der Rate der Frauen mit 35,3 (2022: 36,0). Weitere Details zur Herzinsuffizienz als Todesursache finden Sie in Kapitel 5 auf Seite 76 sowie im Anhang. 1.3.2.6 Angeborene Fehlbildungen des Kreislaufsystems Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der ange- borenen Fehlbildungen des Kreislaufsystems betrug für Deutschland insgesamt 0,8, wobei sich die alters- standardisierten Mortalitätsraten der Männer mit 0,9 und Frauen mit 0,7 auf einem ähnlichen niedrigen Niveau befinden. 1.3.3 Mortalität nach Geschlecht und Altersgruppen – 2023 Der Anstieg der Mortalität ist bei verschiedenen Diagnosen mit zunehmendem Lebensalter unter- schiedlich ausgeprägt. Bei Männern nimmt die Mor- talität an Koronarer Herzkrankheit ab dem 65. – 70. Lebensjahr zu (Abbildung 1/6). Dagegen steigt die Sterblichkeit bei den übrigen Diagnosen erst ab dem 75. – 80. Lebensjahr an. Auffällig ist der deutliche Anstieg der Sterblichkeit an der Herzinsuffizienz ab dem 80. – 85. Lebensjahr. Bei Frauen nimmt die Sterblichkeit an der Koronaren Herzkrankheit erst ab dem 75. – 80. Lebensjahr exponentiell zu, gleiches gilt für die Sterblichkeit an einer Herzinsuffizienz ab dem 80. – 85. Lebensjahr. Die schon in den Vorjahren erhobenen Befunde bezüglich der Altersabhängigkeit der Sterblichkeit werden durch die jetzigen Daten ergänzt und bestätigt (Abbildung 1/7). 1.3.4 Mortalitätsraten nach Bundesländern – 2023 Die bereits bekannten Unterschiede (26. Deutscher Herzbericht 2014, S. 35) zwischen den Bundes- ländern bleiben insgesamt bestehen: Die höchste Mortalitätsrate eines Landes bei der Koronaren Herzkrankheit kann nahezu doppelt so hoch wie die niedrigste Mortalitätsrate eines anderen Bun- deslandes sein (Tabelle 1/7 C). Noch größer fallen bei dieser Betrachtungsweise die Unterschiede zwischen Regionen bei der Mortalität an Herzinsuffi- zienz aus. Nach Schätzung der WHO verbirgt sich hinter 70 % der Todesfälle an Herzinsuffizienz eine im Totenschein ungenannt gebliebene Koronare Herzkrankheit. Damit ist – gemäß der Größen- ordnung der Mortalitätsrate für Herzinsuffizienz – eine anteilig entsprechend große Unterschätzung der Mortalität an der Koronaren Herzkrankheit zu erwarten.¹ Mögliche Ursachen für regionale Unterschiede der Mortalitätsrate könnten eine unterschiedliche Risiko- faktorenbelastung (Rauchen, Hypertonie, Diabetes) und unterschiedliche Sozialstruktur (Erwerbsstatus/ Arbeitslosenquote) der Bevölkerung sein. Ein Hinweis für die Plausibilität dieser Annahme ist, dass basie- rend auf Daten der Jahre 2015 – 2017 Indikatoren, die auf benachteiligte Bevölkerungsschichten hinweisen, sich als Prädiktoren für die Lebenserwartung selbst auf Kreisebene als geeignet erwiesen haben.² 22 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Sterbeziffer der Herzkrankheiten nach Altersgruppen 2023 – Männer 1 h c i l n n ä m r e f f i z e b r e t S 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 <40 40 – <45 45 – <50 50 – <55 55 – <60 60 – <65 65 – <70 70 – <75 75 – <80 80 – <85 85 – <90 ≥90 Koronare Herzkrankheit Herzrhythmusstörungen Altersgruppen Herzinsuffizienz Herzklappenkrankheiten Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 1/6: Sterbeziffer je 100.000 Einwohner für die Koronare Herzkrankheit (I20-I25), Herzrhythmusstörungen (I44-I49), Herzklappen- krankheiten (I05-I09, I34-I39) und Herzinsuffizienz (I50) nach Altersgruppen in Deutschland, männlich im Jahr 2023 Sterbeziffer der Herzkrankheiten nach Altersgruppen 2023 – Frauen h c i l i b e w r e f f i z e b r e t S 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 <40 40 – <45 45 – <50 50 – <55 55 – <60 60 – <65 65 – <70 70 – <75 75 – <80 80 – <85 85 – <90 ≥90 Koronare Herzkrankheit Herzrhythmusstörungen Altersgruppen Herzinsuffizienz Herzklappenkrankheiten Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 1/7: Sterbeziffer je 100.000 Einwohner für die Koronare Herzkrankheit (I20-I25), Herzrhythmusstörungen (I44-I49), Herzklappen- krankheiten (I05-I09, I34-I39) und Herzinsuffizienz (I50) nach Altersgruppen in Deutschland, weiblich im Jahr 2023 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 23
Gestorbene an Herzkrankheiten und altersstandardisierte Mortalitätsrate nach Bundesländern – 2023 Bundesland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorp. Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland Tab. 1/7 A Bundesland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorp. Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland Tab. 1/7 B Gestorbene Koronare Herzkrankheit davon: akuter Myokardinfarkt gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 13.859 16.809 4.492 4.886 1.002 1.598 9.134 3.452 12.649 21.544 6.334 1.669 8.108 4.914 5.609 3.736 119.795 8.100 9.912 2.539 2.676 580 888 5.141 2.017 7.405 12.310 3.715 905 4.416 2.727 3.187 2.109 68.627 5.759 6.897 1.953 2.210 422 710 3.993 1.435 5.244 9.234 2.619 764 3.692 2.187 2.422 1.627 51.168 5.754 6.389 2.599 2.005 404 560 3.160 1.408 4.059 6.395 2.468 565 2.796 1.647 2.069 1.561 43.839 3.473 3.937 1.430 1.179 253 324 1.867 870 2.481 3.845 1.485 324 1.688 1.031 1.249 975 26.411 2.281 2.452 1.169 826 151 236 1.293 538 1.578 2.550 983 241 1.108 616 820 586 17.428 Gestorbene Herzklappenkrankheiten Herzrhythmusstörungen Herzinsuffizienz gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 2.649 3.788 702 752 179 300 1.605 489 2.047 5.163 1.331 314 1.240 601 1.083 656 22.899 1.118 1.621 290 331 71 122 675 205 903 2.118 569 143 509 248 469 277 9.669 1.531 2.167 412 421 108 178 930 284 1.144 3.045 762 171 731 353 614 379 13.230 3.478 4.520 829 1.043 287 313 2.002 742 3.852 6.275 1.632 334 1.756 1.084 1.057 924 30.128 1.359 1.824 318 384 97 120 867 295 1.551 2.482 659 133 739 455 445 374 12.102 2.119 2.696 511 659 190 193 1.135 447 2.301 3.793 973 201 1.017 629 612 550 18.026 4.461 5.397 1.137 1.250 307 588 2.773 793 4.938 7.539 1.886 485 2.017 1.520 1.061 1.493 37.645 1.835 2.073 471 516 144 224 1.114 305 2.024 2.928 765 223 769 594 402 630 15.017 2.626 3.324 666 734 163 364 1.659 488 2.914 4.611 1.121 262 1.248 926 659 863 22.628 24 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Altersstandardisierte Mortalitätsrate nach Geschlecht Koronare Herzkrankheit davon: akuter Myokardinfarkt gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 1 112 118 124 145 134 87 131 165 136 107 132 135 145 168 155 135 125 152 161 164 190 182 116 171 229 186 146 180 174 194 227 206 182 169 73 75 83 100 86 59 90 101 86 69 85 95 97 109 105 87 82 46 44 71 59 54 31 45 67 44 32 51 46 51 56 58 56 46 63 61 92 80 76 41 60 95 60 44 69 60 72 81 79 79 63 30 27 50 39 32 20 30 39 27 20 33 31 30 32 37 32 29 Altersstandardisierte Mortalitätsrate nach Geschlecht Herzklappenkrankheiten Herzrhythmusstörungen Herzinsuffizienz gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 20 25 18 22 23 16 22 22 21 24 26 24 20 19 29 22 22 21 27 19 24 24 17 23 24 23 26 29 26 22 21 31 23 24 19 23 17 19 22 15 20 20 18 22 24 21 18 17 26 20 21 27 30 21 29 35 16 28 33 38 29 32 24 29 35 28 32 30 27 32 21 28 32 15 30 35 40 30 34 26 33 39 30 36 31 26 29 21 29 37 16 25 31 37 27 31 23 25 30 26 29 28 35 36 30 35 39 31 38 35 50 36 38 39 34 49 29 53 38 37 37 33 38 45 31 40 37 54 37 40 46 35 55 29 59 40 32 35 28 33 33 30 36 34 47 34 35 32 32 44 28 46 35 Bundesland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorp. Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland Tab. 1/7 C Bundesland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorp. Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland Tab. 1/7 D Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 1/7 A – D: Gestorbene und altersstandardisierte Mortalitätsrate an Koronarer Herzkrankheit (ICD 10: I20-I25), Herz- klappenkrankheiten (ICD 10: I05-109, I34-I39), Herzrhythmusstörungen (ICD 10: I44-I49) und Herzinsuffizienz (ICD 10: I50) nach Bundesländern – 2023 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 25
1.3.5 Entwicklung der alters standardisierten Mortalität 2011 bis 2023 1.3.5.1 Vergleich 2019 – 2023 Zwischen 2019 und 2023 ist die altersstandar- disierte Mortalitätsrate bei den meisten der aus- gewählten Herzkrankheiten angestiegen: bei den Herzrhythmusstörungen um 3,0 % (durch Anstieg der altersstandardisierten Mortalitätsrate für Vor- hofflimmern und -flattern), im gleichen Zeitraum bei den Herzklappenerkrankungen um 7,0 % und bei den angeborenen Fehlbildungen um 15,2 % (siehe Tabelle 1/8 und Abbildung 1/8). Während sie bei der Koronaren Herzkrankheit in dem genannten Zeitraum um 5,0 % gesunken ist. Entwicklung der Mortalität ausgewählter Herzkrankheiten 2019 bis 2023 Pos. ICD Diagnose/ Behandlungs anlass I20-I25 Koronare Herzkrankheit Herzklappen- krankheiten I05-I09, I34-I39 I44-I49 Herzrhythmus- störungen Herzinsuffizienz Angeborene Fehlbildungen Ausgewählte Diagnosen I50 Q20- Q28 Summe Tab. 1/8 A Pos. ICD Diagnose/ Behandlungs anlass I20-I25 Koronare Herzkrankheit Herzklappen- krankheiten I05-I09, I34-I39 I44-I49 Herzrhythmus- I50 Q20- Q28 Summe störungen Herzinsuffizienz Angeborene Fehlbildungen Ausgewählte Diagnosen Gestorbene Sterbeziffer 2019 2020 2021 2022 2023 2019 2020 2021 2022 2023 119.082 121.462 121.172 125.984 119.795 143,2 146,1 145,6 149,3 141,5 20.108 19.872 20.453 22.087 22.899 24,2 23,9 24,6 27.275 27.369 28.219 30.618 30.128 35.297 34.855 35.131 37.570 37.645 601 584 606 685 685 32,8 42,4 0,7 32,9 41,9 0,7 33,9 42,2 0,7 26,2 36,3 44,5 0,8 27,0 35,6 44,5 0,8 202.363 204.142 205.581 216.944 211.152 243,3 245,5 247,0 257,2 249,4 alters standardisierte Mortalitätsrate Veränderung 2023 zu 2019 in % 2019 2020 2021 2022 2023 Gestorbene Sterbeziffer roh MORT standardisiert 132,0 131,9 129,7 133,3 125,3 21,0 28,7 37,6 0,7 20,2 28,1 36,3 0,7 20,5 28,5 35,8 0,7 21,9 30,5 37,7 0,8 22,4 29,5 37,6 0,8 219,9 217,3 215,2 224,2 215,7 0,6 13,9 10,5 6,7 14,0 4,3 -1,2 11,9 8,5 4,8 12,0 2,5 -5,0 7,0 3,0 -0,1 15,2 1,9 Tab. 1/8 B Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 1/8 A + B: Entwicklung der Anzahl Verstorbener, der Sterbeziffer je 100.000 Einwohner und der altersstandardisierten Mortalitätsrate je 100.000 Einwohner für ausgewählte Herzkrankheiten von 2019 bis 2023 26 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Entwicklung der Mortalitätsrate insgesamt in Deutschland 1 t n e z o r P 80 60 40 20 0 -20 -40 -60 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Koronare Herzkrankheit angeborene Fehlbildungen Herzrhythmusstörungen Herzklappenkrankheiten Herzinsuffizienz Summe Jahr Für 2000 Bevölkerung auf der Grundlage des Zensus 1987, ab 2011 Bevölkerung auf Grundlage des Zensus 2011 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 1/8: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate der ausgewählten Herzkrankheiten insgesamt in Deutschland im Jahr 2000 und in den Jahren 2011 bis 2023 1.3.5.2 Resümee Mortalität Die Veränderungen der Mortalitätsraten können verschiedene Ursachen haben. Während der Pan- demie hat die neu hinzugekommene Todesursache „COVID-19-Infektion“ die Mortalitätsraten anderer Erkrankungen – insbesondere von Herzkrankheiten des höheren Alters – beeinflusst. Diese Mortalitäts- raten sind während der Pandemie entsprechend gesunken, da weniger häufig eine Herzkrankheit als Todesursache dokumentiert wurde – und dafür eine COVD-19-Infektion. Auf eine Veränderung der Morbidität oder Verbesserungen in der Diagnose und Therapie von Herzkrankheiten kann daher für diesen Zeitraum nicht geschlossen werden. Für den Vergleich der Mortalitätsraten zwischen 2019 und 2023 muss jedoch immer noch ein Pandemie-Effekt angenom- men werden, da eine COVID-Infektion auch weiterhin eine relevante Todesursache für Personen im höheren Alter darstellt. 2023 war eine COVID-Infektion die siebthäufigste Todesursache in Deutschland (Tabelle 1/5), an der über 24.000 Personen im Alter von 65 Jahren und älter verstarben. Aus Untersuchungen zu Beginn der COVID-19-Pandemie wurde berichtet, dass Patienten mit bestehenden kardiovaskulären Erkrankungen ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf der Infektion mit SARS-CoV-2 aufwiesen.³, ⁴ Dasselbe gilt für Patienten mit einer Krebserkrankung.⁵ Eine andere Ursache für die Veränderung der Mor- talitätsraten kann eine veränderte Wahrnehmung einzelner Erkrankungen sein. Wenn ältere Menschen mit ansteigender Häufigkeit wegen eines Vorhof- flimmerns stationär behandelt werden, ist auch die Wahrscheinlichkeit größer, dass diese Erkrankung bei einem Todesfall als Todesursache in die Todes- bescheinigung eingetragen wird. Die Zunahme der Häufigkeit einer Todesursache bedingt einen Rückgang bei anderen Todesursachen in vergleichbarer Größenordnung. In Folge der seit Jahren kontinuierlich ansteigenden Häufigkeit von Todesfällen an nicht näher bezeichneter Demenz (2011: 17.243, 2023: 53.710) werden auch entsprechend weniger häufig kardiovaskuläre Erkrankungen als Todesursache dokumentiert.⁶ 1. Mortalität und Morbidität der Herzkrankheiten – ein Überblick | 27
Literatur 1 Stolpe S, Stang A. 2019. Nichtinformative Codierungen bei kardiovaskulären Todesursachen: Auswirkungen auf die Mortalitätsrate für ischämische Herzerkrankungen. Bundesgesundheitsbl 2019 62:1458–1467 2 Wollschläger et al. 2022. Erklärbarkeit der altersadjustierten Übersterblichkeit mit den COVID-19-attribuierten Sterbefällen von Januar 2020 bis Juli 2021; Bundesgesundheitsblatt 65, 378–387 (2022). https://doi.org/10.1007/s00103-021-03465-z 3 Sabatino J et al. 2020. Impact of cardiovascular risk profile on COVID-19 outcome. A meta-analysis. PLoS One. 2020;15(8):e0237131. doi:10.1371/journal. pone.0237131 4 Ehwerhemuepha L et al. 2022. Association of Congenital and Acquired Cardiovascular Conditions With COVID-19 Severity Among Pediatric Patients in the US.JAMA Netw Open. 2022;5(5):e2211967. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.11967 5 Ofer J et al. 2024. Mortality and Hospitalization Risks in Patients With Cancer and the SARS-CoV-2 Omicron Variant. JAMA Oncol. 2024;10(1):137-139. doi:10.1001/jamaoncol.2023.5042 6 Stolpe S et al. 2020. Decline of coronary heart disease is strongly effected by changing patterns of underlying causes of death: an analysis of mortality data from 27 countries of the WHO European region 2000 and 2013. Eur J Epidemiol 2020. https://doi.org/10.1007/s10654-020-00699-0 28 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
2 2. Koronare Herzkrankheit DGK: Prof. Dr. Alexander Ghanem (Hamburg); Prof. Dr. Tanja Rudolph (Bad Oeynhausen) DGTHG: Prof. Dr. Andreas Böning (Gießen), Prof. Dr. Hilmar Dörge (Fulda) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick Geschlechterverteilung (Mortalitätsrate): Männer sind mehr als doppelt so häufi g betroff en ( 169 / 100.00, 82 / 100.000) Altersstandardisierte Hospitalisationsrate: 574 / 100.000 (– 28,2 % seit 2011) Altersstandardisierte Mortalitätsrate: 125 / 100.000 (niedrigster Wert seit 2000) Erweiterte diagnostische Maßnahmen während Koronarinterventionen: Intravaskuläre Bildgebung: 6,5 % (+2,7 %-Punkte seit 2020) Messung Koronarphysiologie: 7,7 % (± 0 %-Punkte seit 2020) Weiterhin niedrige Raten dieser Modalitäten. Rückgang der isolierten Aorto-Coronaren- Bypassoperationen (ACB) seit 2019 auf 28.996 (– 15,3 %) Anstieg des Anteils der ohne Herz-Lungen-Maschine operierten Aorto-Coronaren-Bypassoperationen (OPCAB) seit 2019 auf 7.598 (+ 7,4 %) STATIONÄR: Koronarangiographien ↓: 688.955 (– 11,8 % im Vergleich zu 2019) Koronarinterventionen ↓: 353.512 (– 5,2 % im Vergleich zu 2019) AMBULANT: Koronarangiographien ↑: 132.334 (+ 26,2 % im Vergleich zu 2022) Koronarinterventionen ↑: 15.417 (+ 8,5 % im Vergleich zu 2022) Copyright: Deutsche Herzstiftung/medicalArtwork 2.1 Hintergrund Die „Koronare Herzkrankheit“ (KHK) wird in den Statistiken der WHO unter „ischämische Herz- krankheiten“ erfasst. Dies sind Erkrankungen des Herzens, die durch eine verminderte Blutzufuhr und den dadurch entstehenden Sauerstoff- und Nährstoffmangel verursacht werden. Ursächlich sind in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle cholesterinreiche Ablagerungen (Plaques) in der Wand der Herzkranzgefäße, die zu einer Verdickung der Wand und dann schließlich zu einer Verlegung der Gefäße führen können. In 50 % der Fälle sind die Durchblutungsstörungen aber durch eine Fehlfunktion der kleinen Endgefäße (Mikro- zirkulation) bedingt, die entweder gemeinsam mit den Gefäßablagerungen in den großen Gefäßen oder auch isoliert auftreten können. Im klinischen Zusammenhang spricht man von einem chronischen Koronarsyndrom, solange der Krankheitsprozess auf die Verdickung der Gefäßwand durch Lipideinlagerungen (Plaquebildung) und/oder die Fehlfunktion der Mikrozirkulation beschränkt ist. Typischerweise liegen dann belastungsabhängige Beschwerden in Form von Brustbeklemmung und Luftnot vor. Durch entzündliche Vorgänge kann es schließlich auch zum Einreißen der Gefäßinnenhaut im Bereich der Ablagerungen kommen (Plaqueruptur). In diesem Fall spricht man von einem akuten Koronarsyndrom. Durch Ablagerung von Blutgerinnseln an diesen Ein- rissstellen kann auch eine akute Unterbrechung der Durchblutung im Sinne eines Herzinfarkts entstehen. Klinisch äußert sich dies durch in Ruhe auftretende Brustbeklemmung und Luftnot, häufig begleitet von Kaltschweißigkeit, Schwindel und Übelkeit. Beson- ders dann, wenn große Abschnitte des Herzmuskels nicht mehr mit Blut versorgt werden, kann es auch zu einem akuten Herzversagen, Herzrhythmus- störungen oder zum Herzstillstand kommen. 2. Koronare Herzkrankheit | 29
Mit Katheterverfahren und der Bypass-Operation stehen in der Herzmedizin Verfahren zur Verfü- gung, die die Durchblutung verbessern und die Symptomatik lindern können, indem geschädigte Abschnitte der Herzkranzgefäße erweitert (Stent) oder überbrückt (Bypass-OP) werden. Funktionsstö- rungen der kleinen Gefäße können medikamentös behandelt werden. Die schnelle Versorgung der akut betroffenen Patien ten mittels Katheterintervention hat sich als lebensrettend herausgestellt, ebenso wie die Bypass-Operation bei komplexen koronaren Gefäßerkrankun gen als lebensverlängernd. Noch wichtiger und prognostisch bedeutsamer ist jedoch die Entstehung der Gefäßablagerungen am besten von vornherein zu verhindern oder zumindest deren Voranschreiten durch eine Anpassung des Lebensstils und vorbeugende medikamentöse Maßnahmen zu stoppen. Das Heart-Team gibt Patienten mit Koro- narer Herzkrankheit eine individuelle Empfehlung für eine medikamentöse und/oder invasive (entweder katheterbasierte oder operative) Therapie. 2.2 Aktuelle Entwicklungen Aktuelle Studien zeigen, dass die intravaskuläre Bildgebung, also die Betrachtung der Gefäße mit Ultraschall oder optischer Kohärenztomographie mit Kathetern, die in das Gefäß vorgebracht werden, die Ergebnisse von Kathetereingriffen in klinisch bedeut- samen Ausmaß verbessern.¹ Weiterhin wandelt sich das Verständnis der Koronaren Herzkrankheit zunehmend dahin, dass nicht nur Verengungen der großen Gefäße (Makroangiopathie) als Ursache von Beschwerden gesehen werden, sondern auch die Bedeutung der kleinen und kleinsten Gefäße (Mikrozirkulation) erkannt wird.² Eine Störung der Mikrozirkulation ist bei 30 – 50 % der Männer und 50 – 70 % der Frauen ursächlich für ein chronisches Koronarsyndrom. Eine während einer Bypassoperation direkt am Herz- muskel applizierte Stoßwellenbehandlung kann eine eingeschränkte Herzleistung infolge einer Koronaren Herzkrankheit und die körperliche Leistungsfähigkeit deutlich verbessern. 2.3 Altersstandardisierte Hospitalisations- rate der Koronaren Herzkrankheit Die altersstandardisierte vollstationäre Hospitali- sationsrate der Koronaren Herzkrankheit hat nach einem Höchstwert im Jahr 2000 stetig abgenom- men. Im Jahr 2023 betrug die altersstandardisierte vollstationäre Hospitalisationsrate für Männer 837 (2022: 841) und für Frauen 311 (2022: 313) pro 100.000 Einwohner. Bei Frauen betrug die Häufig- keit dieser Diagnose – wie schon in den Vorjahren – weniger als die Hälfte im Vergleich zu den Männern (Abbildung 2/1). Interpretation der Daten Die Zahlen spiegeln die vollstationäre Hospitali- sationsrate der Koronaren Herzkrankheit wider. Sie erlauben keine Aussage bezüglich der Häufig- keit der KHK in der Bevölkerung. Die Anzahl der Krankenhausfälle wegen einer KHK-Behandlung ist also deutlich rückläufig, Ursachen hierfür könn- ten eine häufigere ambulante KHK-Therapie sein oder eine weniger häufig diagnostizierte KHK als Haupt diagnose, die durch andere Hauptdiagno- sen (z.B. Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus) ersetzt wird. 30 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
KHK: Morbiditätsentwicklung von 2000 und 2011 bis 2023 e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H 1.800 1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 2 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 männlich weiblich gesamt Jahr Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 2/1: Entwicklung der altersstandardisierten vollstationären Horpitalisationsrate der Koronaren Herzkrankheit im Jahr 2000 sowie in den Jahren 2011 bis 2023 2.4 Altersstandardisierte Hospitalisations- rate der KHK nach Altersgruppen Im Zeitraum von 2011 bis 2023 ist insgesamt ein merklicher Rückgang der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate der Koronaren Herzkrankheit um 28,2 % (2022: -27,8 %) feststellbar. Dieser Rückgang ist in allen Altersgruppen zu beob- achten, ist in den höheren Altersgruppen jedoch im Trend stärker ausgeprägt (Abbildung 2/2). Altersstandardisierte Hospitalisationsrate der KHK nach Altersgruppen e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 926 682 1 1 65 46 3.322 2.322 2.344 1.692 2.770 1.833 <15 15 – <45 45 – <65 65 – <75 75 – <85 ≥85 2011 2023 Altersgruppen Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 2/2: Entwicklung der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate der Koronaren Herzkrankheit von 2011 auf 2023 2. Koronare Herzkrankheit | 31
Interpretation der Daten So wie die Hospitalisationsrate der KHK insgesamt rückläufig ist, betrifft dies auch die verschiede- nen Altersgruppen. Die Ursache dafür wurde in Kapitel 2.3 bereits erwähnt. Gerade die Abnahme bei älteren Patienten könnte auf konkurrierende Hauptdiagnosen zurückzuführen sein. Ein weite- rer Grund könnte in der zunehmend ambulanten Durchführung von Koronarangiographien zu sehen sein. 2.5 Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit ist seit 2000 rückläufig. Diese Entwicklung hat sich – nach einer Unter- brechung infolge eines leichten Anstiegs um 2,8 % auf 154,3 im Jahr 2015 und 2017 um 0,8 % auf 145,1 fortgesetzt. Im Berichtsjahr 2023 ist mit 125,3 die altersstandardisierte Mortalitätsrate um 6,0 % zurückgegangen. Dies ist der niedrigste bisher ermittelte Wert (Abbildung 2/3). Interpretation der Daten Der Rückgang der Mortalitätsrate zeigt sehr anschaulich die Fortschritte der Herzmedizin in der Therapie der Koronaren Herzkrankheit. Trotzdem sollten Bemühungen, die Prävention anstelle der Therapie in den Vordergrund zu rücken, darüber nicht vernachlässigt werden. Eine Limitierung ergibt sich aus der wenig validen Todesursachen-Statistik bei geringer Obduktionsrate in Deutschland. 2.6 KHK-Mortalitätsraten nach Geschlecht und Altersgruppen Die Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit nach Geschlecht und Altersgruppen verdeutlicht, dass Männer nach wie vor vergleichsweise häufiger an der Koronaren Herzkrankheit sterben als Frauen (Tabelle 2/1). Die Mortalitätsrate der KHK nimmt sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen erst ab dem 60. Lebensjahr spürbar zu. In allen Altersgruppen sogar noch in der Altersgruppe der über 90-Jährigen lag 2023 die Mortalitätsrate der Männer mit 4.299 (2022: 4.705) über der der Frauen mit 3.063 (2022: 3.342). Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit im Jahr 2000 und von 2011 bis 2023 e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s t ä t i l a t r o M 350 300 250 200 150 100 50 0 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 männlich weiblich gesamt Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Jahr Abb. 2/3: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit im Jahr 2000 und in den Jahren 2011 bis 2023 32 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
2 Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit Altersgruppen Gestorbene je 100.000 Einwohner gesamt männlich weiblich 0 – <40 40 – <50 50 – <60 60 – <70 70 – <80 80 – <90 ≥90 Alle Altersgruppen 0,6 8,8 37,7 109,3 288,9 961,7 3.430,2 141,5 0,8 14,6 62,1 174,4 436,1 1.324,3 4.299,0 164,2 0,3 2,9 13,5 47,6 165,4 715,5 3.063,4 119,3 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 2/1: Mortalitätsrate der Koronaren Herzkrankheit nach Geschlecht und Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2023 Interpretation der Daten Weiterhin ist die KHK bei Männern deutlich häufiger als bei Frauen, was sich in der Mortalitätsrate wider- spiegelt. Da die KHK eine häufigere Todesursache bei alten als bei jungen Menschen ist, stellt sich die Frage, ob diese Menschen „an“ der KHK oder „mit“ der KHK sterben. Weitere Details zu Multimorbidität finden Sie in Kapitel 10. 2.7 Altersstandardisierte Mortalitätsraten des akuten Herzinfarkts Beschreibung Die Entwicklung der Mortalitätsrate des akuten Myokardinfarktes ist seit 2000 tendenziell rückläufig (Abbildung 2/4). Die altersstandardisierte Mortali- tätsrate der Männer ist von 2011 bis 2023 von 89,5 auf 62,6 beziehungsweise um 30,1 % zurückgegangen – die der Frauen hat sich von 45,4 auf 28,8 beziehungsweise um 36,7 % reduziert und zeigt damit einen Rückgang um insgesamt 32,3 %. Die Daten von NSTEMI und STEMI werden dafür gemeinsam erfasst. Interpretation der Daten Es ist wahrscheinlich, dass diese Reduktion der Morta- litätsrate auf Verbesserungen der präventiven, reha- bilitativen und therapeutischen Maßnahmen beruht. Dazu gehören die Notfall-PCI und die effizientere Medikation. Zu nennen sind auch Verbesserungen der Abläufe im Bereich der Rettungskette, ferner die vermehrte Kenntnis der Risikofaktoren. Trotz der ausgeprägten Abnahme der Sterblichkeit bei Männern ist deren Prognose beim akuten Myokard- infarkt auch im Jahr 2023 immer noch ungünstiger als die Prognose der Frauen bei dem gleichen Ereignis. Altersstandardisierte Mortalitätsraten des akuten Herzinfarktes e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s t ä t i l a t r o M 140 120 100 80 60 40 20 0 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 männlich weiblich gesamt Jahr Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 2/4: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate des akuten Myokardinfarktes im Jahr 2000 und in den Jahren 2011 bis 2023 2. Koronare Herzkrankheit | 33
Herzinfarkt-Sterblichkeit nach Geschlecht und Altersgruppen r e f f i z e b r e t S i r e n h o w n E 0 0 0 0 0 1 e . j 1.200 1.000 800 600 400 200 0 <40 40 – <50 50 – <60 60 – <70 70 – <80 80 – <90 ≥90 Männer 2023 gesamt = 63,2 Frauen 2023 gesamt = 40,6 Altersgruppen Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 2/5: Sterbeziffer je 100.000 Einwohner des akuten Myokardinfarktes nach Geschlecht und Altersgruppen im Jahr 2023 Differenz der Mortalitätsrate nach Geschlecht und Altersgruppen von 2011 auf 2023 t n e z o r P n i 3 2 0 2 f u a 1 1 0 2 z n e r e f f i D 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 , 7 9 1 - , 7 4 4 - , 0 9 2 - , 0 3 4 - , 8 1 2 - , 1 2 2 - 0 , 6 1 - , 1 0 2 - , 2 4 2 - 8 , 8 2 - , 8 7 3 - , 3 7 4 - <40 40 – <50 50 – <60 60 – <70 70 – <80 80 – <90 Altersgruppen , 4 8 2 - , 1 1 3 - ≥90 Männer gesamt = -13,4 Frauen gesamt = -28,9 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 2/6: Differenz der Sterbeziffer des akuten Myokardinfarktes nach Geschlecht und Altersgruppen von 2011 auf 2023 34 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
2.8 Differenz der Mortalitätsrate des akuten Myokardinfarktes nach Geschlecht und Altersgruppen von 2011 auf 2023 Der Rückgang der Mortalitätsrate war in den ein- zelnen Altersgruppen sehr unterschiedlich (Abbil- dung 2/6). Am stärksten war der Rückgang bei den Männern in der Altersgruppe der unter 40-Jährigen mit 44,7 % (2022: 33,1 % bei den 80- bis 90-Jähri- gen). Bei den Frauen war im Jahr 2023 der stärkste Rückgang in der Altersgruppe der 80- bis unter 90-Jährigen mit 47,3 % zu verzeichnen (2022: 43,7 % in der Altersgruppe der 80- bis 90-Jährigen). Die Ursachen der Entwicklung in den Altersgruppen sind letztlich nicht klar. Interpretation der Daten Wie bereits bei Abbildung 2/3 beschrieben, zeigen sich beim Rückgang der Sterbeziffern die Fortschritte der Herzmedizin, vor allem in der Therapie. Der starke Rückgang der Sterbeziffern in den Altersgruppen bis 40 und zwischen 40 – 50 Jahren lässt darauf hoffen, dass die Prävention der letzten Jahrzehnte in der Bevölkerung angekommen sein könnte. 2.9 Bundesländervergleich: Alters standardisierte vollstationäre Hospitalisationsrate des Herzinfarkts Die durchschnittliche altersstandardisierte voll- stationäre Hospitalisationsrate in Deutschland (DL) lag im Jahr 2023 bei 198 (2022: 202). Die niedrigste altersstandardisierte vollstationäre Hospitalisations rate des akuten Myokardinfarktes für 2023 war 173 in Sachsen, gefolgt von Baden- Württemberg und Bayern mit 183 und Hamburg mit 185 (2022: 164 in Sachsen, gefolgt von Hamburg mit 185 und Bayern mit 191) zu verzeichnen, die höchste mit 230 in Bremen und 226 im Saarland (2022: 246 pro 100.000 Einwohner in Bremen und 229 im Saarland). Bundesländervergleich: Altersstandardisierte Hospitalisationsrate des Herzinfarkts 2 Schleswig-Holstein 202 Hamburg 185 Bremen 230 Niedersachsen 210 Mecklenburg-Vorpommern 215 Brandenburg 202 Berlin 192 Nordrhein-Westfalen 214 Sachsen-Anhalt 201 Thüringen 215 Hessen 191 Sachsen 173 Rheinland- Pfalz 198 Saarland 226 Bayern 183 Baden- Württemberg 183 ≤180 >200 – ≤220 >180 – ≤200 >220 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 2/7: Altersstandardisierte vollstationäre Hospitalisationsrate des akuten Myokardinfarktes (ICD I21) nach Bundesländern (Wohnort) im Jahr 2023 Interpretation der Daten Diese Statistik gibt lediglich darüber Auskunft, wie die Verteilung stationärer Herzinfarkt-Therapie in Deutschland war. Sie ist nicht geeignet, eine Unter- oder Überversorgung mit Krankenhausbetten oder eine unterschiedliche Häufigkeit des Herzinfarktes nach Bundesländern zu dokumentieren. 2. Koronare Herzkrankheit | 35
2.10 Bundesländervergleich: Altersstandardisierte vollstationäre Mortalitätsrate des Herzinfarkts Zwischen den einzelnen Bundesländern gibt es bei der Herzinfarkt-Sterblichkeit Unterschiede in der Häufigkeit (Abbildung 2/8): Die höchste Sterblich- keit durch einen akuten Myokardinfarkt findet sich 2023 in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bran- denburg, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Mit Schleswig-Holstein ist 2023 wieder ein westdeutsches Bundesland von einer erhöhten Mortalitätsrate betroffen. Interpretation der Daten Diese Statistik gibt darüber Auskunft, wie hoch die Mortalitätsrate stationärer Herzinfarkt-Patienten in Deutschland war. Sie ist nicht geeignet, Rückschlüsse auf die Qualität der stationären Versorgung dieser Patienten zu ziehen. Weiterhin sind die dargestell- ten Daten vor dem Hintergrund von Unterschieden in sozioökonomischen Faktoren sowie der Bevöl- kerungsstruktur zu werten. 2.11 Ambulante Koronarangiographien und -interventionen Sowohl bei den vertragsärztlich als auch bei den durch die Krankenhäuser durchgeführten Koronarangio- graphien und -interventionen zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 26,2 % beziehungsweise 8,5 %. Damit werden aktuell knapp 20 % der gesamten Koronarangiographien und 4 % der Koronarinterven- tionen ambulant durchgeführt (Tabelle 2/2). Ambulante Koronarangiographien und PCI Bundesländervergleich: Altersstandardisierte Mortalitätsrate des Herzinfarkts Schleswig-Holstein 57,9 Hamburg 30,6 Bremen 54,4 Niedersachsen 43,6 Mecklenburg-Vorpommern 66,9 Brandenburg 59,4 Berlin 71,2 Nordrhein-Westfalen 31,8 Sachsen-Anhalt 56,5 Thüringen 55,6 Hessen 45,2 Sachsen 51,3 Rheinland- Pfalz 50,8 Saarland 45,5 Bayern 44,3 Baden- Württemberg 46,5 ≤60 >60 – ≤70 >70 – ≤90 >90 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 2/8: Altersstandardisierte Mortalitätsrate an akutem Myokardinfarkt (ICD I21) nach Bundesländern (Wohnort) im Jahr 2023 2022 Koronarangiographien* Vertragsärzte Krankenhäuser Gesamt 59.190 45.649 104.839 PCI* 12.957 1.247 14.204 2023 Koronarangiographien* 65.750 66.584 132.334 PCI* 13.822 1.595 15.417 * inkl. einzeitige Koronarangiographie/PCI Darstellung auf Grundlage von Daten des Bundesqualitätsberichtes 2023 und 2024 des IQTIG Tab. 2/2: Ambulant durchgeführte Koronarangiographien und Perkutane Koronarinterventionen (PCI) in den Jahren 2022 und 2023 36 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Linksherzkatheter-Untersuchungen und PCI – 2019 und 2023 LinksherzkatheterUntersuchungen PCI 2019 781.175 2023 688.955 2019 372.728 2023 353.512 Trend 2019 zu 2023 11,8 % 5,2 % Berechnung auf Grundlage der Daten des InEK Tab. 2/3: Stationäre Linksherzkatheter-Untersuchungen (HKI) und Perkutane Koronarinterventionen (PCI) in den Jahren 2019 und 2023 2 Interpretation der Daten Die Zunahme der ambulant durchgeführten Koronar- angiographien und zum Teil auch der Koronarin- terventionen ist durch den zunehmenden Druck der Kostenträger zur Ambulantisierung zu erklä- ren. Durch die Einführung neuer Nachbeobach- tungszeiten durch den Bewertungsausschuss für Koronarangiographien und -interventionen am 1. Januar 2024 ist hier in den nächsten Jahren eine weitere Steigerung zu erwarten. Inwieweit die seit Jahren in den Leitlinien verankerte und seit 2024 auch durch die Leistungsträger finanzierte CT- Angiographie des Herzens einen Einfluss auf die Häufigkeit der ambulanten Untersuchungen nimmt, bleibt abzuwarten. 2.12 Stationäre Linksherzkatheter-Unter- suchungen und Koronarinterventionen Im Jahr 2023 beträgt die Anzahl der LHK-Unter- suchungen 688.955 (-11,8 % im Vergleich zu 2019). Bei der PCI berichtet das InEK im Jahr 2023 von 353.512 Fällen und 372.728 Fällen aus dem Jahr 2019. Im Vergleich zu 2019 ist damit im Bereich der PCI 2023 ein Rückgang von 19.216 um 5,2 % zu verzeichnen. Interpretation der Daten Bei den in Tabelle 2/3 aufgeführten Daten sind die ambulant durchgeführten Untersuchungen und Therapien an den Koronararterien nicht erfasst, sondern nur die stationären Untersuchungen und Therapien. Insgesamt zeigt sich sowohl bei den Koronarangiographien als auch bei den PCIs ein deutlicher Rückgang, der auch durch die Zunahme der ambulant durchgeführten Untersuchungen und Eingriffe nicht kompensiert wird. Der Rückgang kann somit am ehesten durch eine zurückhaltendere Indi- kationsstellung über die letzten Jahre erklärt werden. 2.13 Entwicklung der zusätzlichen Maßnahmen bei Linksherzkatheter- Untersuchungen und Interventionen Während die Messung der Koronarphysiologie seit Jahren auf gleichem niedrigem Niveau verharrt, steigt der Einsatz der intrakoronaren Bildgebung weiter an (Tabelle 2/4). Entwicklung der zusätzlichen Maßnahmen bei Linksherzkatheter-Untersuchungen und Interventionen Prozedur LinksherzkatheterUntersuchungen Messung Koronarphysiologie * PCI Messung Koronarphysiologie * Intrakoronare Bildgebung ** 2020 702.799 2021 708.310 2022 687.693 2023 688.955 55.883 (8,0 %) 59.107 (8,3 %) 57.355 (8,3 %) 56.512 (8,2 %) 342.994 348.706 342.306 353.512 26.521 (7,7 %) 13.118 (3,8 %) 27.801 (8,0 %) 15.681 (4,5 %) 26.483 (7,7 %) 17.941 (5,2 %) 27.331 (7,7 %) 23.064 (6,5 %) * Abfrage über OPS-Code 1-279.a: Koronarangiographie mit Bestimmung der intrakoronaren Druckverhältnisse durch Druckdrahtmessung ** Abfrage über OPS-Code 3-05g.0: Endosonographie des Herzens, Intravaskulärer Ultraschall der Koronargefäße (IVUS) Darstellung auf Grundlage der Daten des Institutes für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) Tab. 2/4: Zusätzliche Maßnahmen bei Linksherzkatheter-Untersuchungen und Interventionen in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 2. Koronare Herzkrankheit | 37
Interpretation der Daten Obwohl es eine klare Evidenz für die Verbesserung der Ergebnisse der PCI durch den Einsatz beider Verfahren gibt, ist ihr Einsatz im internationalen Vergleich gering. Es bleibt abzuwarten, ob die Ia-Empfehlung in den ESC-Leitlinien zu einem beschleunigten Anstieg führt. 2.14 Alters- und Geschlechtsverteilung bei Koronarangiographien Es zeigt sich eine deutliche Zunahme der Anwendung von Koronarangiographien mit zunehmendem Alter mit einem Höhepunkt im Alter zwischen 70 und 79 Jahren. Weiterhin werden bei Männern deutlich häufiger Koronarangiographien durchgeführt. Interpretation der Daten Die Datenerhebung des IQTIG folgt einem hierar- chischen Modell. Für jeden Aufenthalt eines Patienten im Krankenhaus wird ein Basisdatensatz angelegt. Während dieses Aufenthaltes kann ein Patient mehrere Prozeduren benötigen. Während einer Prozedur können ein oder mehrere Interven- tionen durchgeführt werden, nämlich Koronar- angiographien und/oder PCIs. Zu statistischen Zwecken können daher sowohl die Aufenthalte (Zählleistungsbereich) als auch die Prozeduren und die Interventionen gezählt werden, je nach Frage- stellung. Da es kein Patientenpseudonym gibt, kann keine präzise Aussage zur Anzahl der behandelten Patienten gemacht werden. Mit jedem Aufenthalt wird ein neuer Basisdatensatz angelegt. Altersverteilung bei Koronarangiographien K H L l h a z n A ) r u d e z o r p t s r E i e b ( 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 1.965 <30 7.987 30 – 39 198.862 202.123 164.854 119.671 33.705 40 – 49 50 – 59 60 – 69 70 – 79 ≥80 Altersgruppen Darstellung auf Grundlage des Bundesqualitätsberichts 2024 des IQTIG Abb. 2/9: Zahl der Linksherzkatheter-Untersuchungen bei Erstprozedur nach Altersgruppen im Jahr 2023. In der Darstellung sind sowohl stationäre als auch Eingriffe in Praxen und MVZ enthalten. Geschlechtsverteilung der LHK-Patienten K H L t i m n e t n e i t a P l h a z n A 462.291 267.164 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 0 männlich weiblich Darstellung auf Grundlage des Bundesqualitätsberichts 2024 des IQTIG 25 divers 24 37 unbestimmt unbekannt Abb. 2/10: Zahl der stationären Patienten mit Linksherzkatheter-Untersuchung nach Geschlecht im Jahr 2023. In der Darstellung sind sowohl stationäre als auch Eingriffe in Praxen und MVZ enthalten. 38 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
2.15 Geschlechtsverteilung bei Koronarinterventionen ist der Quotient zwischen Männern und Frauen noch größer als bei der diagnostischen Untersuchung. Sowohl bei der Alters- als auch bei der Geschlech- terverteilung der stationären PCI-Patienten ergibt sich ein ähnliches Bild wie schon bei der Koronar- angiographie: Der Häufigkeitsgipfel der Eingriffe liegt zwischen 70 und 79 Jahren. Die Männer stellen im Vergleich zu den Frauen die große Mehrheit der Patienten dar. Wie in Abbildung 2/12 dargestellt, Interpretation der Daten Die Altersabhängigkeit der Koronaren Herzkrankheit ist gut belegt. Neben der geringeren Prävalenz der KHK bei Frauen spielt auch die Tatsache, dass bei Frauen Herzbeschwerden häufiger auf Veränderungen der Mikrozirkulation basieren, eine entscheidende Rolle für die geringere Anzahl an PCI in dieser Gruppe. 2 Altersverteilung bei perkutanen Koronarinterventionen ) r u d e z o r p t s r E i h a z n A e b ( I C P l 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 151 <30 75.504 76.273 66.479 44.847 1.859 11.487 30 – 39 40 – 49 50 – 59 60 – 69 70 – 79 ≥80 Darstellung auf Grundlage des Bundesqualitätsberichts 2024 des IQTIG Altersgruppen Abb. 2/11: Zahl der stationären PCI bei Erstprozedur nach Altersgruppen im Jahr 2023. In der Darstellung sind sowohl stationäre Fälle als auch Eingriffe in Praxen und MVZ enthalten. Geschlechtsverteilung der PCI-Patienten I C P t i m n e t n e i t a P l h a z n A 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 203.502 85.044 männlich weiblich divers unbestimmt unbekannt 10 9 19 Darstellung auf Grundlage des Bundesqualitätsberichts 2024 des IQTIG Abb. 2/12: Zahl der stationären Patienten mit PCI nach Geschlecht im Jahr 2023. In der Darstellung sind sowohl stationäre als auch Eingriffe in Praxen und MVZ enthalten. 2. Koronare Herzkrankheit | 39
2.16 Qualitätsindikatoren für Koronar- angiographie und Koronarintervention Tabelle 2/5 zeigt eine Auswahl von Qualitäts indikatoren aus dem Bundesqualitätsbericht des IQTIG. Im Vergleich zum Vorjahr zeigen sich hier am ehesten nicht relevante Veränderungen. Mit circa 95 % Zielerreichung ist die PCI sowohl im Infarkt als auch bei geplanten Eingriffen mit einer hohen Ergebnisqualität behaftet. Unter „MACCE“ sind schwere kardiale und zerebrovaskuläre Komplikatio- nen (major adverse cardiac and cerebrovascular events) zusammengefasst. Diese Ereignisse innerhalb von 7 Tagen berichten nur über den stationären Verlauf, die Darstellung der Sterblichkeit nach 30 Tagen oder 1 Jahr nach einer Prozedur beruhen auf den Daten der Kostenträger. Interpretation der Daten Bezüglich der Indikationsstellung ist der Hinweis wichtig, dass nicht bei allen Patienten objektive Ischämiezeichen für eine stimmige Indikation zur Koronarangiographie vorliegen. Daher ist auch zu erwarten, dass ein gewisser Anteil von Koronar angiographien ohne den Befund einer stenosierenden KHK bleibt. Hinsichtlich der Kom- plikationsraten ist wichtig anzumerken, dass ein Vergleich mit anderen Ländern oder anderen Eingriffen (z.B. Bypass-Operation) ohne Risiko- adjustierung nicht sinnvoll ist. Dennoch stellen die Daten den Durchschnitt für die aktuell gängige Praxis in Deutschland dar. Qualitätsindikatoren für Koronarangiographie und Koronarintervention Indikator/Transparenzkennzahl Erfassungsjahr 2021 (Sozialdaten)/2022 2022 (Sozialdaten)/2023 Vergleichbarkeit zum Vorjahr 64,25 % 27,91 % 94,29 % 95,31 % 1,66 % 3,90 % Objektive, nicht-invasive Ischämiezeichen als Indikation zur elektiven, isolierten Koronarangiographie Indikation zur isolierten Koronarangiographie – Anteil ohne pathologischen Befund Gruppe: Erreichen des wesentlichen Interventionsziels bei PCI Erreichen des wesentlichen Interventionsziels bei PCI mit der Indikation ST-Hebungsinfarkt Erreichen des wesentlichen Interventionsziels bei PCI Gruppe: MACCE MACCE innerhalb von 7 Tagen bei Patienten mit isolierter Koronarangiographie (O/N) MACCE innerhalb von 7 Tagen bei Patienten mit PCI (O/N) MACCE innerhalb von 7 Tagen bei Patienten mit Erst-PCI bei ST-Hebungsinfarkt (O/N) Gruppe: Sterblichkeit bei PCI 30-Tage-Sterblichkeit bei PCI (8. bis 30. postprozeduraler Tag) (O/N) 1-Jahres-Sterblichkeit bei PCI (31. bis 365. postprozeduraler Tag) (O/N) 1,60 % 3,93 % 14,12 % 13,47 % 1,92 % 6,10 % 1,87 % 6,04 % 68,72 % vergleichbar 25,98 % vergleichbar 95,01 % vergleichbar 95,50 % vergleichbar eingeschränkt vergleichbar eingeschränkt vergleichbar eingeschränkt vergleichbar eingeschränkt vergleichbar eingeschränkt vergleichbar O/N = beobachtete Fälle in Relation zur Grundgesamtheit N Darstellung auf Grundlage von Daten des Bundesqualitätsberichts 2023 und 2024 des IQTIG Tab. 2/5: Qualitätsindikatoren für Koronarangiographie und Koronarintervention in den Jahren 2022 und 2023 40 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
2.17 Bypass-Operationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine Dargestellt ist in Tabelle 2/6 die isolierte Koronar- chirurgie, die Koronarchirurgie mit Aortenklappen- operation beziehungsweise mit Mitralklappen- operation oder mit sonstigen Eingriffen. Mit diesen Unterschei dungen lässt sich das Gebiet der koronaren Bypass-Operationen in seiner Dimension in Deutsch- land umfänglich darstellen. Interpretation der Daten Auch wenn exakte Zahlen nicht vorliegen, kann man davon ausgehen, dass bei mehr als 90 % der Patienten eine koronare 3-Gefäßerkrankung und bei mehr als 30 % der Patienten eine Hauptstammstenose zur Bypassoperation geführt haben. Der Rückgang der isolierten Bypasschirurgie ist mit -15,3 % von 2019 bis 2023 deutlich größer als der im gleichen Zeit- raum beobachtete Rückgang der interventionellen Prozeduren um 5,2 %. Der Ursache hierfür ist unklar. Eine mögliche Erklärung dafür kann eine geringere Akzeptanz von Patienten und Behandlern für das invasivere Verfahren sein. 2.18 Altersverteilung von Bypass-Operationen 2 In Abbildung 2/13 sind gleichbleibende Alters- segmente erkennbar. Patienten aller Altersgruppen werden mit Bypass-Operationen versorgt. Selbst die unter 50-Jährigen haben seit Jahren einen festen Anteil um die 4 %. Die Alterung der Bevölke- rung wird auch in der Koronarchirurgie bemerkbar. So entfallen allein auf die über 80-Jährigen 7,6 % der Operationen. Im Jahr 2023 machten die über 70-Jährigen immerhin noch 39,6 % (2022: 40,7 %) der Bypass-Patienten aus. Die Jüngeren (unter 70 Jahre) haben in aller Regel bereits eine fortgeschrittene Koronarerkrankung. Bypassoperationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM) Koronarchirurgie isoliert mit mit HLM ohne HLM Gesamt 2019 2023 27.147 21.398 Veränderung in % -21,2 2019 2023 7.077 7.598 Veränderung in % 7,4 2019 2023 34.224 28.996 Veränderung in % -15,3 Aortenklappenchirurgie 5.289 4.243 Mitralklappenchirurgie 2.161 1.770 -19,8 -18,1 Aortenklappen- und Mitralklappenchirurgie 525 439 -16,4 - - - - - - - - - 5.289 4.243 2.161 1.770 -19,8 -18,1 525 439 -16,4 sonstigen Eingriffen 1.717 1.287 Gesamt 36.839 29.137 -25,0 20,9 177 137 7.254 7.735 -22,6 6,6 1.894 1.424 44.093 36.872 -24,8 16,4 Berechnung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Tab. 2/6: Von herzchirurgischen Fachbteilungen erbrachte Koronarchirurgie isoliert / mit Aortenklappe und Mitralklappe / sonstigen Eingriffen mit und ohne HLM für die Jahre 2019 und 2023 2. Koronare Herzkrankheit | 41
Altersverteilung von Bypass-Operationen t n e z o r P n i l i e t n A 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 8,6 8,9 8,6 8,6 9,0 9,4 9,7 9,7 9,8 10,0 10,0 9,3 7,6 40,2 40,4 40,2 40,6 39,4 37,4 36,5 35,1 35,0 32,1 31,1 31,4 32,0 29,6 29,0 29,3 29,2 30,2 31,7 32,5 33,7 33,9 35,0 35,9 36,0 37,4 16,9 16,8 17,3 17,2 17,3 17,6 17,4 17,8 17,9 19,1 18,8 19,2 18,5 4,7 4,8 4,6 4,5 4,1 4,0 3,9 3,7 3,5 3,9 4,2 4,2 4,4 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 <50 50 – <60 60 – <70 70 – <80 ≥80 Jahr Darstellung auf Grundlage von Daten des aQua-Instituts und des IQTIG Abb. 2/13: Prozentuale Altersgruppenverteilung der Patienten mit einer isolierten Koronaroperation in den Jahren 2011 bis 2023 Interpretation der Daten Vergleicht man diese Abbildung mit der Altersvertei- lung bei der PCI (siehe Abb. 2/11), so fällt ein deutlich höherer Anteil an 80-Jährigen bei der PCI auf. Häufig ist dies ein Ergebnis der Risikoeinschätzung und der Betrachtung Patienten-individueller Faktoren im Heart-Team, dem Entscheidungsgremium bei kom- plexer Koronarer Herzkrankheit. Patienten werden im Rahmen der personalisierten Medizin bei hohem Risiko und hohem Alter häufiger mit dem weniger invasiven Verfahren der PCI versorgt. 2.19 Geschlechtsverteilung von Bypass-Operationen In der Koronarchirurgie steht einem großen Männer- anteil bei den Patienten (81 %) ein deutlich geringerer Frauenanteil (19 %) gegenüber (Abbildung 2/14). Nur etwa ein Fünftel der Operierten ist weiblichen Geschlechts. Hauptursache ist vermutlich die bei Männern höhere Prävalenz der KHK. Bypass-Operationen – Anzahl und Anteil der Eingriffe 2023 Gesamt: 25.447 Frauen: 19 % 4.754 Männer: 81 % 20.693 Darstellung auf Grundlage des Bundesqualitätsberichtes 2024 des IQTIG Abb. 2/14: Verteilung der Patienten mit isolierter koronarchirurgischer Operation nach Geschlecht im Jahr 2023 Interpretation der Daten Diese Daten korrelieren mit den Hospitalisations- zahlen der KHK in Deutschland und passen auch zu der geringeren PCI-Rate bei Frauen. Betrachtet man die 12-Monats-Prävalenz der KHK des Statistischen Bundesamtes, zeigt sich eine höhere Prävalenz im Alter und eine teilweise mehr als doppelt so hohe Prävalenz bei Männern im Vergleich zu Frauen. 42 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
2.20 Notfälle und Re-Operationen Notfälle und Re-Operationen Dargestellt ist in Abbildung 2/15 die Gesamtheit von 100.606 (2022: 93.913) Herzoperationen, wovon 11,3 % Notfälle waren (11.319). Ein Notfall ist definiert als eine Operation, die „zur Abwendung einer lebens- bedrohlichen Situation unmittelbar (bis maximal zwölf Stunden) nach Diagnosestellung“ erfolgt ist. Interpretation der Daten Diese DGTHG-Daten umfassen alle Herzoperationen des Jahres 2023 in Deutschland. Sie beinhalten Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom und einer Endokarditis ebenso wie auch Operationen ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (z.B. Herz- schrittmacher). Der Anteil der Notfälle bei den isolierten Koronar-Operationen ist hier nicht wiedergegeben. Qualitätsindikatoren für Bypass-Operationen davon Notfälle 11,3 % 11.319 2 Herzoperationen 100 % 100.606 Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 2/15: Umfang und Anteil der Notfälle im Jahr 2023 Erfassungsjahr 2021 (Sozialdaten)/2022 2022 (Sozialdaten)/2023 Indikator/Transparenzkennzahl Gruppe: Schwerwiegende Komplikationen Schlaganfall innerhalb von 30 Tagen (O/N) Tiefe Wundheilungsstörung oder Mediastinitis innerhalb von 90 Tagen* Gruppe: Reintervention bzw. Reoperation Erneute Koronarchirurgie innerhalb von 30 Tagen PCI innerhalb von 30 Tagen PCI innerhalb eines Jahres Gruppe: Sterblichkeit Sterblichkeit im Krankenhaus nach elektiver/ dringlicher Operation* Sterblichkeit im Krankenhaus (O/N) Sterblichkeit innerhalb von 30 Tagen (O/N) Sterblichkeit innerhalb eines Jahres (O/N) 2,44 % 4,94 % 0,91 % 1,71 % 5,07 % 1,77 % 3,00 % 3,72 % 7,48 % * Transparenzkennzahl O/N = beobachtete Fälle in Relation zur Grundgesamtheit N Darstellung auf Grundlage des Bundesqualitätsberichtes 2023 und 2024 des IQTIG Tab. 2/7: Qualitätsindikatoren für Bypass-Operationen Vergleichbarkeit zum Vorjahr nicht vergleichbar vergleichbar vergleichbar vergleichbar nicht vergleichbar 2,36 % 4,94 % 0,86 % 1,54 % 4,81 % 1,61 % vergleichbar 2,84 % 3,10 % 7,25 % eingeschränkt vergleichbar eingeschränkt vergleichbar eingeschränkt vergleichbar 2. Koronare Herzkrankheit | 43
2.21 Qualitätsindikatoren für Bypass-Operationen Tabelle 2/7 zeigt eine Auswahl von Qualitätsindikato- ren zur Bypass-Operation aus dem Bundesqualitäts- bericht des IQTIG. Im Vergleich zum Vorjahr zeigen sich hier am ehesten nicht relevante Veränderungen. Die Darstellung der Sterblichkeit nach 30 Tagen oder 1 Jahr nach einer Prozedur beruht auf den Daten der Kostenträger. Interpretation der Daten Hinsichtlich der Komplikationsraten ist wichtig anzu- merken, dass ein Vergleich mit anderen Ländern oder anderen Eingriffen (z.B. Bypass-Operation) ohne Risikoadjustierung nicht sinnvoll ist. Damit stellen die Daten den Durchschnitt der aktuell gängigen Praxis in Deutschland dar. Literatur 1 Stone GW et al. 2024. Intravascular imaging-guided coronary drug-eluting stent implantation: an updated network meta-analysis. Lancet. 2024 Mar 2;403(10429):824-837. doi: 10.1016/S0140-6736(23)02454-6. 2 Belmonte M et al. 2024. Measuring Absolute Coronary Flow and Microvascular Resistance by Thermodilution: JACC Review Topic of the Week. Journal of the American College of Cardiology,Volume 83, Issue 6, 2024, Pages 699-709, https://doi.org/10.1016/j.jacc.2023.12.014. 44 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
3. Herzklappenerkrankungen Aortenklappe: DGTHG: Prof. Dr. Sabine Bleiziffer (Bad Oeynhausen), Prof. Dr. Stephan Ensminger (Lübeck); DGK: Prof. Mohamed Abdel-Wahab (Leipzig), Dr. Philipp Lauten (Bad Berka) AV-Klappen: DGK: Prof. Dr. Phillip Lurz (Mainz), PD Dr. Christian Besler (Bad Krozingen); DGTHG: Prof. Dr. Torsten Doenst (Jena), Prof. Dr. Evaldas Girdauskas (Augsburg) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick Höchste altersstandardisierte Hospitalisationsrate seit 2011: 111 / 100.000 (+ 20 % im Vergleich zu 2011) Höchste altersstandardisierte Mortalitätsrate seit 2011: 22 / 100.000 (+ 29 % im Vergleich zu 2011) Männer vs. Frauen: Hospitalisationsrate + 38 %, Mortalitätsrate + 15 % 3 AORTENKLAPPENEINGRIFFE 8.552 (+ 10 %*) 25.969 (+ 8 %*) Chirurgisch: Kathetergestützt: MITRALKLAPPENEINGRIFFE 6.849 (+ 8 %*) 9.253 (+ 13 %*) Chirurgisch: Kathetergestützt: TRIKUSPIDALKLAPPENEINGRIFFE 2.529 (+ 11 %*) 4.080 (+ 33 %*) Kathetergestützt: Chirurgisch: Copyright: Deutsche Herzstiftung/Alexandra Vent * im Vergleich zu 2022 3.1 Hintergrund 3.2 Aktuelle Entwicklungen Bei den Herzklappenerkrankungen sind entweder Verengungen (sogenannte Stenosen) bzw. Undichtig- keiten (sogenannte Insuffizienzen) die mechanische Ursache dafür, dass die Klappe ihre Ventilfunktion nicht mehr richtig ausüben kann. Die Therapiefor- men bestehen dann entweder in einer Reparatur der Klappe bzw. in einem Ersatz. Diese Therapieformen können mittlerweile entweder operativ oder auch interventionell (d. h. per Herzkatheter) durchgeführt werden. Die optimale Therapieempfehlung für jeden Patienten soll dabei im sogenannten Herz- team, d. h. einer Gruppe von herzchirurgischen und kardiologischen Experten, ermittelt werden. Die Übersichtsgrafik und der folgende Text illustrieren hier einige Kernzahlen zu der Entwicklung und der aktuellen Verteilung der Therapie an Herzklappen in Deutschland. Die vor gut einem Jahrzehnt noch allein chirurgisch invasiv therapierten Herzklappenerkrankungen kön- nen mittlerweile auch in vielen Fällen interventionell sehr gut behandelt werden. Da bei Herzklappen- fehlern faktisch eine mechanische Funktionsstörung eines Ventils vorliegt, ist es nicht überraschend, dass die medikamentöse Therapie hier oft keinen nachhaltigen Erfolg bietet. Aufgrund der geringeren Invasivität zum Zeitpunkt des Eingriffs haben sich die Katheterinterventionen in den letzten Jahren rasant entwickelt. Damit steht eine große Palette an effizienten Behandlungsoptionen zur Verfügung. Die Auswahl des jeweils eingesetzten Verfahrens unterliegt einer Vielzahl von Faktoren, die neben technisch-anatomischen Kriterien, die individuelle Krankheitsgeschichte und die Präferenzen des Patien- ten beinhalten. Wie oben dargestellt, wird jeder Patient vom interdisziplinären Heart-Team beraten. 3. Herzklappenerkrankungen | 45
3.3 Altersstandardisierte Hospitalisations- rate der Herzklappenerkrankungen 3.4 Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzklappenerkrankungen Hier wird die altersstandardisierte Hospitalisations- rate bei Herzklappenerkrankungen über die letzten 13 Jahre dargestellt. Diese Rate stieg seit 2011 sehr langsam, aber kontinuierlich an und nahm nur kurzzeitig während der Corona-Pandemie ab. In 2023 ist sowohl für den Gesamtwert als auch für die Unterteilung in Männer und Frauen der höchste Wert zu verzeichnen. Somit betrug im Jahr 2023 die altersstandardisierte vollstationäre Hospitalisa- tionsrate für Männer 137 (2022: 131) und für Frauen 84 (2022: 80) pro 100.000 Einwohner. Die altersstan- dardisierten vollstationären Hospitalisationsraten von Männern sind höher als die von Frauen, 2023 liegt der Abstand Männer zu Frauen bei +38,3 %. Interpretation der Daten Die Ursachen der steigenden Hospitalisation bleiben letztlich unklar. Trotz der Altersstandardisierung ist ein gewisser Effekt der sich wandelnden Bevölke- rungsstruktur zu erwarten. Darüber hinaus lässt sich auch eine Ausweitung der Behandlungsoptionen als Ursache vermuten. Allgemein wird eigentlich davon ausgegangen, dass Frauen und Männer gleich häufig von Herzklappenerkrankungen betroffen sind.¹ Ob die geringere Hospitalisationsrate jedoch als Aus- druck einer Unterbehandlung von Frauen gedeutet werden kann, muss letztlich spekulativ bleiben, sollte aber weiter untersucht werden. Der langfristige Verlauf der altersstandardisierten Mortalitätsrate bei Herzklappenerkrankungen in Deutschland zwischen 2011 und 2023 geht aus Tabelle 3/1 hervor. Im Jahr 2023 sind absolut 22.899 Patienten an Herzklappenerkrankungen verstor- ben. Die altersstandardisierte Mortalitätsrate pro 100.000 Einwohner betrug 22,4 im Bundesdurch- schnitt. Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herz- klappenerkrankungen steigt in Deutschland – im Gegensatz zu anderen Erkrankungen – sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen seit dem Jahr 2000 stetig an. Mit 22,4 liegt die altersstandar disierte Mortalitätsrate im Jahr 2023 um 2,6 % über dem Vorjahreswert und hat damit den höchsten Wert seit 2011 erreicht (2011/2023: +29,1 %). Über den gesamten Zeitraum sind absolut mehr Frauen als Männer an Herzklappenerkrankungen gestorben, die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Frauen ist allerdings niedriger als die der Männer. Interpretation der Daten Der anhaltende Anstieg der altersstandardisierten Mortalitätsrate bei Herzklappenerkrankungen seit dem Jahr 2000, der sich im Jahr 2023 mit dem höchsten Wert seit 2011 fortsetzt, lässt sich unter anderem durch die gestiegene Lebenserwartung und Entwicklung der Morbidität von Herzklappenerkrankungen e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H 140 120 100 80 60 40 20 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Jahr männlich weiblich gesamt 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 3/1: Entwicklung der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate der Herzklappenkrankheiten von 2011 bis 2023 46 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzklappenerkrankungen Jahr 2000* 2011* 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Gestorbene absolut Gestorbene je 100.000 Einwohner gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 8.054 13.964 14.936 15.889 16.064 16.987 17.253 18.221 19.757 20.108 19.872 20.453 22.087 22.899 2.810 5.232 5.624 6.048 6.180 6.554 6.760 7.259 8.016 8.187 8.020 8.461 9.120 9.669 5.244 8.732 9.312 9.841 9.884 10.433 10.493 10.962 11.741 11.921 11.852 11.992 12.967 13.230 11,6 17,4 18,1 18,9 18,8 19,2 19,0 19,8 21,1 21,0 20,2 20,5 21,9 22,4 11,5 18,2 18,9 19,9 19,9 20,1 20,0 21,1 22,6 22,3 21,4 22,1 23,4 24,3 11,7 16,5 17,3 18,0 17,6 18,2 18,0 18,5 19,6 19,6 19,1 19,0 20,3 20,6 * Für das Jahr 2000 Bevölkerung auf Grundlage des Zensus 1987, ab 2011 Bevölkerung auf Grundlage des Zensus 2011 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 3/1: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate der Herzklappenerkrankungen in Deutschland für das Jahr 2000 sowie die Jahre 2011 bis 2023 3 das Fehlen von Screening- und Präventionsprogram- men erklären. Während anatomische Unterschiede die Therapie bei Frauen technisch herausfordernder gestalten, deuten aktuelle Daten darauf hin, dass ihre Langzeitergebnisse nach interventionellen oder operativen Eingriffen zum Teil günstiger ausfallen als bei Männern.² 3.4.1 Entwicklung der alters- standardisierten Mortalitätsrate der Herzklappenerkrankungen Langfristig zeigt sich ein im Prinzip kontinuierlicher Anstieg der altersstandardisierten Mortalitätsrate für Herzklappenerkrankungen von 2011 bis 2023, Entwicklung der Mortalitätsrate der Herzklappenerkrankungen e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s t ä t i l a t r o M 25 20 15 10 5 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Jahr männlich weiblich gesamt 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 3/2: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate der Herzklappenerkrankungen in Deutschland von 2011 bis 2023 3. Herzklappenerkrankungen | 47
der nur in den COVID-Jahren unterbrochen wurde. 2023 wurde mit 22/100.000 der bisherige Höchst- wert erreicht. Interpretation der Daten Der kontinuierliche Anstieg der absoluten Fallzahlen und der altersstandardisierten Mortalitätsrate pro 100.000 Einwohner aufgrund von Herzklappen- erkrankungen, der seit dem Jahr 2000 zu beobachten ist und im Jahr 2023 den höchsten Stand seit 2011 erreicht, lässt sich wie schon in Kapitel 3.4 beschrieben unter anderem durch die erhöhte Lebenserwartung sowie das Fehlen von Screening- und Präventions- maßnahmen erklären. 3.5 Konventionelle chirurgische Herzklappeneingriffe Tabelle 3/2 zeigt die Anzahl der konventionellen herzchirurgischen Klappeneingriffe in den Jahren 2022 und 2023. Während bei vier von fünf Opera- tionen eine Klappe bei den Eingriffen adressiert wird, kommt es in etwa 16 % der Fälle zu einem Eingriff an zwei Klappen und bei nur knapp 2 % der Patienten an Eingriffen an allen drei Klappen. Insgesamt wurden knapp 20.000 Patienten 2023 klassisch operativ an den Herzklappen behandelt, was einen leichten Zuwachs gegenüber 2022 darstellt. Interpretation der Daten Die zunehmende Multimorbidität der Patienten bedingt oftmals Kombinationseingriffe. Am häu- figsten ist die gleichzeitige Durchführung eines Herzklappeneingriffs mit einer Bypassoperation aufgrund einer vorliegenden Koronaren Herzkrank- heit (siehe hierzu auch Kapitel 2, insbesondere Tabelle 2/7). Nicht selten sind mehrere Herzklappen erkrankt und insgesamt wurden 2023 fast 20.000 Patienten klassisch operativ an den Herzklappen behandelt. Ob dieser Zuwachs eine tatsächliche Steigerung herzchirurgischer Leistungen an Herz- klappen widerspiegelt oder ob es sich hier um eine Korrektur der noch 2022 von der Corona-Pandemie stark betroffenen herzchirurgischen Leistungen handelt, kann aktuell nicht bewertet werden. 3.6 Konventionelle Aortenklappenchirurgie Abbildung 3/3 zeigt am Verlauf der konventionellen Aortenklappenchirurgie als einzelne Behandlung der Aortenklappe, dass ein seit 2014 bestehender langsamer Rückgang sich über die Coronazeit ver- stärkt hat und seit 2022 eine Erholung stattfindet. Somit hat die Zahl der konventionellen isolierten Operationen an der Aortenklappe von 2022 (7.798) auf 2023 (8.552) um 9,7 % zugenommen (Abbildung 3/3). Mit 5.780 bleibt die Anzahl der kombinierten Koronar- und Aortenklappeneingriffe im Jahr 2023 auf Vorjahresniveau (2022: 5.773, +0,1 %) (Daten des IQTIG). Von den 8.702 konventionell chirurgischen, isolierten Aortenklappeneingriffen wurden 4.939 über eine komplette Durchtrennung des Brustbeins (Sternotomie) und 3.763 (43,2 %) über alternative, weniger invasive Zugangswege (teilweise Brust- beindurchtrennung, seitlicher Zugang zwischen den Rippen) vorgenommen. Interpretation der Daten Trotz eines leichten Anstiegs im Jahr 2023 bleibt die Anzahl konventioneller chirurgischer Aortenklappen- ersatzeingriffe deutlich unter dem Niveau der Konventionell chirurgische Herzklappeneingriffe 2022/2023 Eingriffe an EINER Herzklappe an ZWEI Herzklappen an DREI Herzklappen nicht näher definiert Gesamt 2022 2023 14.852 2.880 296 192 18.220 81,5 % 15,8 % 1,6 % 1,1 % 16.147 3.112 292 233 19.784 81,6 % 15,7 % 1,5 % 1,2 % Darstellung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik 2023 und 2024 Tab 3/2: In den herzchirurgischen Fachabteilungen erbrachte konventionelle Herzklappeneingriffe in den Jahren 2022 und 2023 48 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
3 Konventionelle Aortenklappeneingriffe in der DGTHG-Statistik e l l ä F r e d l h a z n A 12.000 9.000 6.000 3.000 0 11.572 11.779 11.765 11.764 11.183 10.961 10.556 9.829 9.233 8.049 7.523 7.798 8.552 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2017 Jahr Darstellung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 3/3: In der DGTHG-Leistungsstatistik erfasste konventionelle Aortenklappeneingriffe SAVR (surgical aortic valve replacement) von 2011 bis 2023 Vorjahre bis 2016. Die pandemiebedingten Sonder- effekte in den Jahren 2020 bis 2022 könnten diesen Verlauf beeinflusst haben, die Interpretation dieses Abschnitts ist allerdings nur eingeschränkt möglich. Es ist davon auszugehen, dass sich die Zahlen in Zukunft auf einem ähnlichen Niveau einpendeln, da bestimmte anatomische Voraussetzungen (z.B. bikuspide Klappen, ausgeprägte Verkalkung, feh- lende femorale Zugangswege) oder patientenindivi- duelle Risikoprofile sowie Lifetime-Management mit mehr als einer Prozedur eine chirurgische Versorgung erforderlich machen. 3.7 Isolierte konventionelle Aorten- klappenchirurgie – Art der Prothese Abbildung 3/4 zeigt den Verlauf der klassischen Aortenklappen-Operationen nach Art der implan- tierten Prothese. Über die Jahre hat ein Rückgang der Verwendung mechanischer Herzklappen- prothesen stattgefunden. Während der Anteil mechanischer Klappen 2011 noch bei knapp 15 % lag, liegt der Anteil mechanischer Prothesen aktu- ell bei 10 %. Der Großteil der chirurgisch implantier- ten Prothesen ist somit heutzutage biologischer Entwicklung der isolierten Aortenklappenchirurgie nach Prothesentyp 11.535 11.743 11.555 1.689 1.652 1.506 11.735 1.360 11.150 1.311 10.923 1.201 10.534 1.050 9.792 992 9.213 908 8.024 830 9.846 10.091 10.049 10.375 9.839 9.722 9.484 8.800 8.305 7.194 7.502 748 6.754 7.778 784 8.542 855 6.994 7.687 n e g n u t s i e L r e d l h a Z 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Jahr Biologische Prothese Mechanische Prothese 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 3/4: Entwicklung der isolierten Aortenklappenchirurgie konventionell chirurgisch von 2011 bis 2023. Nicht abgebildet: 10 Homograft-Implantationen 3. Herzklappenerkrankungen | 49
Natur. Bei 10 weiteren Patienten wurde ein soge- nannter Homograft (d.h. eine menschliche Aorten- klappe) implantiert (Abbildung 3/4). Interpretation der Daten Trotz guter Langzeitergebnisse für den mechanischen Klappenersatz, die auch in neuen und aktuellen Studien gezeigt werden konnten, entscheiden sich viele Patienten für einen biologischen Klappenersatz. Ausschlaggebende Gründe können zum einen die bessere Lebensqualität sein und die fehlende Not- wendigkeit für eine lebenslange Antikoagulation. Nichtsdestotrotz weisen heutzutage zahlreiche Studien auf ein sehr gutes Langzeitüberleben bei Patienten unter 60 Jahren mit mechanischen Herz- klappen hin.³,⁴ 3.8. Kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI) Im Jahr 2023 wurden insgesamt 25.969 katheter- gestützte Eingriffe an der Aortenklappe erfasst. Der Anteil der TAVI-Patienten, die endovaskulär versorgt wurden (2023: 25.389, 2011: 4.588), stellt gegenüber den anderen Zugängen (z.B. transapikal versorgte Patienten [2023: 580, 2011: 2.664]) heut- zutage die mit Abstand größte Patientengruppe dar. Im Vergleich dazu ist der Anteil der konventionellen Aortenklappeneingriffe im Jahr 2023 wieder gering angestiegen und erreichte den Stand des Jahres 2019 in der Vor-Corona-Zeit. Interpretation der Daten Der endovaskuläre Aortenklappenersatz bleibt weiterhin das mit Abstand dominierende Verfah- ren in der Behandlung der Aortenklappenstenose. Der transapikale Zugangsweg verliert hingegen zunehmend an Bedeutung und spielt in der heutigen Versorgungsrealität kaum noch eine Rolle. Diese Entwicklung wird wesentlich durch technische Fortschritte unterstützt: Die kontinuierliche Verbesse- rung der Klappensysteme mit reduzierten Durchmes- sern, die geringeren Profile der Einführsysteme sowie die Möglichkeit, stark verkalkte Zugangsgefäße mit- tels ultraschallgestützter Lithotripsie zu behandeln, erleichtern den transfemoralen Zugang erheblich. Als alternative Zugangswege stehen heutzutage eher der transaxilläre (perkutan oder chirurgisch), der transcavale sowie der transkarotidale Zugang zur Verfügung. Diese Optionen werden jedoch im klinischen Alltag nur in ausgewählten Fällen genutzt und machen einen vergleichsweise kleinen Anteil der Gesamtversorgung aus. Entwicklung von TAVI und isoliertem Aortenklappenersatz seit dem Jahr 2011 (verpflichtende externe Qualitätssicherung) e l l ä F r e d l h a z n A 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2017 Jahr isolierter Aortenklappenersatz, konventionell TAVI endovaskulär TAVI transapikal Darstellung auf Grundlage der Bundesauswertung des aQua-Instituts sowie der Bundesauswertung und des Qualitätsreportes des IQTIG Abb. 3/5: Entwicklung von isoliertem konventionellen Aortenklappenersatz und interdisziplinär durchgeführter kathetergestützer Aortenklappenimplantation (TAVI) von 2011 bis 2023 50 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
3.9. Alters-und Geschlechterverteilung bei kathetergestützten und operativen Eingriffen an der Aortenklappe Tabelle 3/3 zeigt die alters- und geschlechts spe- zifische Verteilung kathetergestützter und klassisch operativer Eingriffe an der Aortenklappe. Generell wird die TAVI bei älteren Patienten angewendet, was über die Jahre 2021, 2022 und 2023 relativ konstant war. Gleichzeitig werden allerdings anteilsmäßig mehr Frauen mit einer TAVI behandelt als mit der klassischen Chirurgie. Die Prozentraten lagen bei der TAVI bei knapp 50 % und bei den klassischen Aortenklappeneingriffen bei etwa einem Drittel. Die jüngeren Patienten wurden in größerem Ausmaß mittels klassischer Chirurgie versorgt. Hier dürfte auch der größte Anteil der mechanischen Klappen zu finden sein. Erwartungsgemäß zeigt sich bei den Patienten mit kathetergestützten Klappeneingriffen (TAVI) ein anderes Bild: Hier wies die Gruppe der 80- bis unter 90-jährigen Patienten den größten Anteil mit 61,0 % im Jahr 2023 (2022: 62,5 %) auf. Es folgen die 70- bis unter 80-jährigen Patienten mit einem Anteil von 28,2 % (2022: 27,2 %). Über 90-jährige Patienten stellen bei TAVI immerhin 5,2 % (2022: 5,2 %) der Patienten dar. Im Gegensatz zum isolierten chirurgischen Aortenklappenersatz weist die kathetergestützte Therapie der Aortenklappen- stenose ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis auf (Tabelle 3/3). Interpretation der Daten Der überwiegende Anteil der Patienten, die sich einem chirurgischen Aortenklappenersatz unter- ziehen, befindet sich in der fünften oder sechsten Lebensdekade. Bikuspide Aortenklappen sowie ausgeprägte Verkalkungsmuster sind in dieser Altersgruppe häufig und erschweren eine katheter- gestützte Versorgung. Der vergleichsweise niedrige Frauenanteil in der chirurgisch behandelten Kohorte spiegelt die im Vergleich zu Männern häufig spätere Diagnose und Therapie der Aortenstenose wider – sei es aufgrund einer verzögerten medizinischen Vorstellung oder weil Frauen typischerweise in einem höheren Lebensalter eine symptomatische Aorten- klappenstenose entwickeln. 3 Altersverteilung: Transkatheter-Klappeneingriffe (TAVI) und konventionelle Operationen 2021 TAVI 2022 Prozentuale Verteilung nach Geschlecht Männer Frauen 50,9 49,1 100,0 51,1 48,9 100,0 Prozentuale Altersverteilung <50 50 – <60 60 – <70 70 – <80 80 – <90 ≥90 0,1 0,7 4,3 28,0 61,3 5,6 100,0 0,1 0,7 4,3 27,2 62,5 5,2 100,0 2023 51,7 48,3 100,0 0,1 0,8 4,7 28,2 61,0 5,2 100,0 isolierte konventionelle Aortenklappenchirurgie 2021 66,4 33,6 100,0 9,9 20,0 38,7 26,9 4,6 0,0 100,0 2022 67,1 32,9 100,0 8,9 20,5 38,8 27,5 4,2 0,0 100,0 2023 67,8 32,2 100,0 8,9 19,6 40,5 27,6 3,5 0,0 100,0 Hinweis: Die Summe der Einzelwerte kann infolge von Rundungsfehlern minimal von 100 % abweichen. Darstellung auf Grundlage der Daten des IQTIG Tab. 3/3: Isolierte Aortenklappeneingriffe nach Geschlecht und Altersgruppen von 2021 bis 2023 in Prozent 3. Herzklappenerkrankungen | 51
3.9.1 Altersstruktur der Patienten mit isolierten Aortenklappenersätzen und bei kathetergestützten TAVI-Prozeduren Abbildung 3/6 zeigt die Altersverteilung von TAVI- Prozeduren und klassischer Chirurgie für die ver- schiedenen Altersgruppen als Balkendiagramm. Hier erkennt man sehr schön, dass die TAVI vor allem im höheren Alter und klassische Chirurgie vor allem bei jüngeren Patienten zum Einsatz kommt. Interpretation der Daten Wie bereits unter 3.9 beschrieben befindet sich der überwiegende Anteil der Patienten, die sich einem chirurgischen Aortenklappenersatz unterziehen, in der fünften oder sechsten Lebensdekade. Bikuspide Aortenklappen sowie ausgeprägte Verkalkungs muster sind in dieser Altersgruppe häufig und sind damit für eine kathetergestützte Versorgung schlecht oder nicht geeignet. Weiterhin spielt bei jüngeren Patienten das Thema Haltbarkeit der Implantate eine große Rolle, die für biologische Klappen limitiert ist – auch wenn sie kathetertechnisch eingebracht werden. 3.10 Therapie der AV-Klappenerkrankungen 3.10.1 Chirurgische Therapie der Mitralklappenerkrankungen Abbildung 3/7 zeigt die Entwicklung der chirurgischen Therapie bei Mitralklappen-Erkrankungen zwischen 2011 und 2023. Hier zeigt sich ein kontinuierlicher, langsamer Zuwachs, der nur in der Corona-Zeit eine kleine Zäsur erfuhr. Von den aktuell knapp 7.000 operativen Eingriffen an der Mitralklappe waren etwa 1/3 ein Ersatz der Klappe und 2/3 eine Rekonstruktion. Tatsächlich wurde bei 63,5 % (4.352 Eingriffe) der Patienten eine klappenerhaltende Operation (Mitralklappenrekonstruktion) durch- geführt. Der prozentuale Anteil der rekonstruktiven Mitralklappeneingriffe hat sich im Laufe der letzten 10 Jahre wenig verändert (65,7 % im Jahr 2014). Interpretation der Daten Der kontinuierliche Zuwachs von isolierten chirur- gischen Mitralklappeneingriffen spiegelt die zuneh- mende Rate an diagnostizierten degenerativen Altersstruktur der Patienten mit isolierten Aortenklappenersätzen und bei kathetergestützten TAVI-Prozeduren e l l ä F r e d l h a z n A 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 <50 50 – 59 60 – 69 70 – 79 80 – 89 ≥90 AKE TAVI Alter Darstellung auf Grundlage der Daten des IQTIG AKE: isolierter konventioneller Aortenklappenersatz Abb. 3/6: Alterstruktur der Patienten mit isolierten Aortenklappenersätzen und bei kathetergestützten TAVI-Prozeduren aus dem Jahr 2023 52 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Entwicklung der isolierten Mitralklappenchirurgie nach Operationsverfahren n e g n u t s i e L r e d l h a Z 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 5.511 5.622 5.631 1.924 2.001 1.923 5.913 6.027 6.217 6.311 6.222 6.419 6.050 6.052 2.026 2.194 2.309 2.288 2.223 2.279 2.172 2.224 6.849 6.353 2.242 2.497 3.587 3.621 3.708 3.887 3.833 3.908 4.023 3.999 4.140 3.878 3.828 4.111 4.352 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 3 Rekonstruktion Ersatz/Implantation Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 3/7: Entwicklung der isolierten Mitralklappenchirurgie von 2011 bis 2023 Jahr Mitralklappenerkrankungen wider, vor allem auf- grund der demographischen Entwicklung in der Bevölkerungsstruktur. Des Weiteren ist der Anstieg auch durch die leitlinienbasierte, zunehmend liberale Indikationsstellung bei degenerativen Mitralklappen- erkrankungen zu erklären und die bundesweite Etab- lierung der minimalinvasiven Mitralklappenchirurgie. 3.10.2 Kathetergestützte interventionelle Therapie der Mitralklappenerkrankungen Abbildung 3/8 zeigt die Entwicklung der katheter- gestützten, interventionellen Therapie bei Mitral- klappenerkrankungen. Hier ist ebenfalls ein konti- nuier liches Wachstum von den Jahren 2020 bis 2023 Kathetergestützte interventionelle Therapie der Mitralklappenerkrankungen e l l ä F r e d l h a z n A 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 7.232 7.810 8.017 9.067 2020 2021 Jahr Mitralklappenrekonstruktion Mitralklappenersatz 175 2022 186 2023 Darstellung auf Grundlage der Daten des InEK Abb. 3/8: Kathetergestützte interventionelle Therapie der Mitralklappenerkrankungen: Mitralklappenrekonstruktion und Mitral- klappenersatz 3. Herzklappenerkrankungen | 53
zu erkennen. Zusätzlich sollte auch auf die noch kleine Anzahl an interventionellem Mitralklappen- ersatz hingewiesen werden. Interpretation der Daten Das Wachstum sowohl im chirurgischen als auch im interventionellen Bereich der Mitralklappe deutet auf eine noch relativ große Minderversorgung in der Bevölkerung hin. Es ist tatsächlich so, dass viele Patienten mit hochgradiger Mitralklappen- insuffizienz bisher nicht für eine invasive Therapie evaluiert werden. Hier liegt noch ein erhebliches Verbesserungspotenzial. 3.10.3 Trikuspidalklappeninsuffizienz Die Bedeutung der Trikuspidalklappeninsuffi- zienz wurde trotz ihres häufigen Auftretens lange Zeit als gering eingestuft. Dies lag zum einen an patho physiologisch fehlerhaften Vorstellungen der Relevanz einer Trikuspidalklappeninsuffizienz nicht nur für die Entwicklung von Wasseransamm- lungen im Körper (Ödemen), sondern auch für das häufige Symptom der Luftnot. Zum anderen waren die therapeutischen Möglichkeiten eingeschränkt. So tritt die Erkrankung typischerweise bei Pati- enten in höherem Alter auf, für die eine isolierte Operation an der Trikuspidalklappe aufgrund der Datenlage als zu riskant eingestuft wurde. Auf der anderen Seite stellen Patienten mit Entzündun- gen (Endokarditis) der Trikuspidalklappe einen beträchtlichen Anteil der operierten Patienten dar mit erwartungsgemäß schlechterem Verlauf. Mit Einführung kathetergestützter Verfahren zur Therapie der Trikuspidalklappeninsuffizienz, die auch bei hohem Operationsrisiko einsetzbar sind – allerdings nicht bei Endokarditis – hat sich das Verständnis und die Behandlungsstrategie dieses Herzfehlers über die letzten etwa sieben Jahre bedeutsam verändert. 3.10.3.1 Offene chirurgische Therapie Abbildung 3/9 zeigt die Entwicklung der chirurgischen Therapie bei Trikuspidalklappen-Erkrankungen zwischen 2020 und 2023. Zwei Aspekte sind hier von Interesse: Der größte Anteil der Trikuspidalklappen- Operationen wird als Kombinationseingriff mit Mitralklappen-, Aortenklappen- und Pulmonal- klappenoperationen durchgeführt. Trikuspidalklappenerkrankungen e l l ä F r e d l h a z n A 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 478 1.858 473 1.760 461 1.815 539 1.990 2020 2021 2022 2023 Jahr Trikuspidalklappenoperation, isoliert Trikuspidalklappenoperation, kombiniert Darstellung auf Grundlage der Daten der DGTHG Abb. 3/9: Trikuspidalklappenoperationen isoliert und in Kombination mit Mitralklappen-, Aortenklappen- und Pulmonal- klappenoperationen 54 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Im Vergleich zum letzten Jahr (2022) zeigt sich ein moderater Anstieg um 11 % der Gesamtzahl der Eingriffe. Weiterhin wird bei der Mehrheit der Patienten die Klappe repariert. Interpretation der Daten Der Zuwachs von chirurgischen Trikuspidalklappen- eingriffen als Kombinationseingriff spiegelt am ehesten die zunehmende Rate an operierten dege- nerativen Mitralklappenerkrankungen wider, sehr wahrscheinlich eine Folge der demographischen Ent- wicklung in der Bevölkerungsstruktur. Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass es sich bei einem Teil der isolierten Trikuspidaloperationen um Eingriffe als Folge einer Entzündung der Klappe (Endokarditis) handelt. Ein kontinuierlicher Anstieg der Therapie mit Schrittmachern und CRT-D-Systemen könnte eine Erklärung für einen steigenden Anteil an Tri- kuspidalklappenoperationen bei Entzündungen sein. 3.10.3.2 Kathetergestützte interventionelle Therapie Im Jahr 2023 wurden 4.080 Transkatheter-Trikuspidal- klappenrekonstruktionen durchgeführt. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Zuwachs um 33 % und im Vergleich zum Jahr 2021 ergibt sich damit eine ungefähre Verdopplung der Eingriffszahlen. Interpretation der Daten Der ausgeprägte Anstieg bei der Anwendung von Transkatheter-Rekonstruktionen für die Trikuspidal- klappe spiegelt, wie oben beschrieben, wider, wie sich durch die neu entstandene Behandlungsoption Verständnis und Wahrnehmung der Erkrankung verändert haben, zeigt aber auch die große Anzahl von Patienten, die an den Symptomen einer Tri- kuspidalklappeninsuffizienz leiden. Der Nutzen der Therapie im Hinblick auf die Lebensqualität und im mittelfristigen Verlauf auch für die Hospitalisierung konnte in einer randomisierten Studie belegt werden, allerdings gab es keine Unterschiede in der Morta- lität.⁵,⁶ Ergebnisse aus der längeren Nachverfolgung aus dieser Studie konnten jetzt zeigen, dass sich die Häufigkeit von Krankenhausaufnahmen aufgrund von Herzschwäche-Symptomen durch den Eingriff verringern ließen. Eine weitere kritische wissen- schaftliche Aufarbeitung, wie sie aktuell stattfindet, ist für den flächendeckenden, optimalen Einsatz und die weitere Integration dieser Therapie in die Patientenversorgung essenziell. Trikuspidalklappenrekonstruktion 3 4.080 3.074 2.134 e l l ä F r e d l h a z n A 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 2021 2022 Jahr 2023 Trikuspidalklappenrekonstruktion Darstellung auf Grundlage der Daten des InEK Abb. 3/10: Endovaskuläre Trikuspidalklappenrekonstruktion: Trikuspidalklappensegelplastik, transvenös 3. Herzklappenerkrankungen | 55
Literatur 1 DesJardin JT et al. 2022. Sex Differences and Similarities in Valvular Heart Disease. Circ Res 2022 Feb 18;130(4):455-473. doi: 10.1161/CIRCRESAHA.121.319914 2 Tchetche D et al. 2025. Transcatheter vs. surgical aortic valve replacement in women: the RHEIA trial. European Heart Journal, 2025. doi:10.1093/eurheartj/ ehaf133 3 Lu R et al. 2023. Aortic Valve Replacement With Mechanical Valves vs Perimount Bioprostheses in 50- to 69-Year-Old Patients. ACC Adv. 2023 Jun, 2 (4). doi:10.1016/j.jacadv.2023.100359 4 Bowdish ME et al. 2025. Bioprosthetic vs Mechanical Aortic Valve Replacement in Patients 40 to 75 Years of Age. JACC. 2025 Apr, 85 (12) 1289–1298. doi:10.1016/j. jacc.2025.01.013 5 Kar S et al. 2025. Two-year Outcomes of Transcatheter Edge-to-edge Repair for Severe Tricuspid Regurgitation: The TRILUMINATE Pivotal Randomized Trial. iCARDIO Alliance Global Implementation Guidelines on Heart Failure 2025, Global Cardiology, (2025). doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.125.074536 6 Sorajja P et al. 2023. Transcatheter Repair for Patients with Tricuspid Regurgitation. N Engl J Med 2023;388:1833-1842. doi: 10.1056/NEJMoa2300525 56 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
4. Herzrhythmusstörungen DGK: EPU: Prof. Dr. Christian Veltmann (Bremen), Priv. Doz. Dr. Andreas Rillig (Hamburg); CIED: Prof. Dr. Johannes Sperzel (Bad Nauheim) DGTHG: EP-Chirurgie: Prof. Dr. Christoph Starck (Berlin), Prof. Dr. Nicolas Doll (Bad Rothenfelde); CIED: PD Dr. Heiko Burger (Bad Nauheim), Prof. Dr. Simon Pecha (Hamburg) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick Altersstandardisierte Hospitalisationsrate: 515 / 100.000 (noch unter „Vor-Corona“-Niveau, aber 4,3 % höher als 2011) Altersstandardisierte Mortalitätsrate: 30 / 100.000 (– 3,2 % im Vergleich zu 2022) Ablationen ↑: 124.464 (+ 15 % in Bezug auf 2022) Häufi gste Indikation für Schrittmacher ↔: AV-Block (51,7 %) Primärprophylaktische ICDs ↔: 60,9 % Copyright: Deutsche Herzstiftung/medicalArtwork 4 Schrittmacher-/ ICD-Implantation- Eingriff e ↓: Neuimplantationsraten ↑: (Schrittmacher: + 3,0 %; ICD: + 4,1 %) Aggregatwechseleingriff e ↓: (HSM: – 23,7 %; ICD: – 27,2 %) Revisionseingriff e ↓: (HSM: – 4,0 %; ICD: – 2 %) 4.1 Hintergrund Herzrhythmusstörungen gehören zu den häufigen Herzerkrankungen, die nach ihrem Entstehungsort in supraventrikuläre Tachykardien (Vorhofebene) oder ventrikuläre Tachykardien (Herzkammerebene) unterteilt werden. Supraventrikuläre Tachykardien wie beispielsweise AV-Knoten-Reentry-Tachykardien oder Atrio-ventrikuläre Reentry-Tachykardien gelten im Vergleich zu Kammertachykardien (ventrikuläre Tachykardie [VT], Kammerflimmern [VF]) als „benigne“ Erkrankung mit einfacherer Behandlungsmöglichkeit, guter Prognose und kürzeren Krankenhausaufenthal- ten. Vorhofflimmern (VHF, engl. atrial fibrillation – AF) stellt die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung in Deutschland dar und betrifft etwa 1,6 Millionen Menschen und somit rund 2 % der Bevölkerung und ist mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle und der Entwicklung einer Herzinsuffizienz assoziiert. Ventrikuläre Tachykardien erleiden in Deutschland schätzungsweise 65.000 Menschen pro Jahr. Diese sind die Hauptursache für den plötzlichen Herztod. Eine Untersuchung in Niedersachsen zeigte, dass 81 von 100.000 Menschen pro Jahr einen plötz- lichen Herztod erleiden und 39 Prozent davon im erwerbsfähigen Alter sind.¹ Weiterhin erhöht das Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung wie einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) zusätzlich das Risiko dieser Patienten. 4. Herzrhythmusstörungen | 57
4.2 Aktuelle Entwicklungen Die Behandlung von Herzrhythmusstörungen hat in den vergangenen Jahren bedeutende technische Fortschritte sowohl in der Behandlung mit aktiven Herzrhythmusimplantaten als auch mit der Katheter- ablation erfahren. So können viele Prozeduren schnel- ler, effektiver und sicherer durchgeführt werden. Im Bereich der Behandlung tachykarder Herzrhyth- musstörungen stellt sich immer mehr heraus, dass die interventionelle Therapie mittels Katheterablation gegenüber einer medikamentösen Therapie effektiver ist. Einige Herzrhythmusstörungen lassen sich mit der Katheterablation sogar heilen. Aufgrund dessen hat die Ablation einen hohen Stellenwert in nationalen und internationalen Leitlinien. In Anbetracht dieser Entwicklungen sowie des demografischen Wandels ist mit einer weiteren Zunahme dieser Prozeduren in den nächsten Jahren zu rechnen. Die Therapie mit Herzschrittmachern ist etabliert und in Bezug auf die Indikationsstellung seit Jahren unverändert. In Zukunft mögen sich Änderungen in der Systemwahl hin zu komplexeren Systemen ergeben. Zur Indikation einer Defibrillatorimplantation stehen neue Studien an, um den Stellenwert der prophylak- tischen Defibrillatortherapie in der heutigen Zeit auf Grundlage moderner Medikamente zu untersuchen. 4.3 Altersstandardisierte Hospitalisations rate der Herz- rhythmusstörungen nach Geschlecht Die altersstandardisierte vollstationäre Hospitalisa- tionsrate spiegelt die altersstandardisierte Zahl der vollstationär behandelten Fälle mit Herzrhythmus- störungen pro 100.000 Einwohner wider. Nachdem die Anzahl der vollstationär behandelten Fälle für den Bereich Herzrhythmusstörungen zwischen 2011 und 2019 kontinuierlich zunahm, kam es im Jahr 2020 zu einer erheblichen Reduktion der Zahlen (-11,7 %). Seither zeigt sich allerdings ein erneuter steter Anstieg der vollstationären Behandlungsfälle und betrug 2022 486 und 2023 515 Behandlungs- fälle pro 100.000 Einwohner. In Bezug auf 2011 lag die vollstationäre Hospitalisationsrate 2022 noch -1,5 % unter diesem Niveau, während sie 2023 um 4,3 % anstieg. Auch die geschlechterspezifische Betrachtung der Daten zeigt im Jahr 2023 einen deutlichen Anstieg der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate bei Männern um 5,3 % und bei Frauen um 6,9 % im Vergleich zum Vorjahr. 2023 betrug die altersstandardisierte vollstatio- näre Hospitalisa tionsrate für Männer 605 (2022: 575) und für Frauen 424 (2022: 397) pro 100.000 Einwohner. Entwicklung der stationären Morbidität der Herzrhythmusstörungen nach Geschlecht e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H 640 600 560 520 480 440 400 360 320 280 240 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 männlich weiblich gesamt Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Jahr Abb. 4/1: Entwicklung der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate der Herzrhythmusstörungen in den Jahren 2011 bis 2023 nach Geschlecht 58 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Insgesamt ist seit 2011 eine kontinuierliche Zunahme der altersstandardisierten vollstationären Hospita- lisationsraten aufgrund von Herzrhythmusstörungen bei Männern und Frauen zu erkennen, die zwar 2019 einen mutmaßlich Corona-Pandemie-bedingten Drop der Hospitalisationsfälle zeigte, nun aber wieder deutlich zunahm und annähernd das Niveau der Vor-COVID-19-Ära erreicht hat (Abbildung 4/1). Interpretation der Daten Der zwischenzeitig dokumentierte Rückgang der Hospitalisationsrate ist letztlich nur durch die ein- geschränkten Versorgungskapazitäten während der Corona-Pandemie zu erklären. Auch wenn die altersstandardisierte Hospitalisationsrate 2023 unter dem Vor-Corona-Wert des Erfassungsjahres 2019 lag, ist in den Folgejahren ein Anstieg auf das Vor-Corona-Niveau zu erwarten. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den Geschlechtern ist ebenfalls im gesamten Betrach- tungszeitraum nicht erkennbar. So war 2020 ein qualitativ gleichartiger deutlicher Rückgang der altersstandardisierten Hospitalisationsrate beiderlei Geschlechts zu ersehen. In den Folgejahren zeigte sich ein geschlechtskonformer Anstieg. Damit liegt 2023 sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen die altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Herzrhythmusstörungen nur noch knapp unter dem Niveau von 2019 und bereits wieder signifikant über dem Niveau von 2011. Anzumerken ist jedoch, dass die dargestellte Ent- wicklung lediglich eine Gesamtübersicht der Jahre zeigt, ohne die einzelnen Herzrhythmusstörungen differenziert zu berücksichtigen. So erfolgte weder eine Subkategorisierung nach supraventrikulären oder ventrikulären Herzrhythmusstörungen noch nach zusätzlichen Komorbiditäten. Daher kann keine Aussage zum Schweregrad der zugrunde liegenden Erkrankung getroffen werden und auch keine Inter- pretation der Daten hinsichtlich einer Verteilung der einzelnen Herzrhythmusstörungen erfolgen. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der verbesserten therapeutischen Möglichkeiten der Herzinsuffizienz tragen vor allem Vorhofflimmern und Kammerrhythmusstörungen zu dem Anstieg bei. 4.4 Altersstandardisierte Hospita lisationsrate der Herz- rhythmusstörungen nach Alter Im Zeitraum von 2011 bis 2023 zeigt sich erstmals wieder ein Anstieg der vollstationären Hospita- lisationsrate aufgrund von Herzrhythmusstörungen um 4,3 %, während er 2022 noch -1,5 % betrug. Dieser 4 Entwicklung der stationären Morbidität der Herzrhythmusstörungen nach Alter e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 2.363 2.099 2.105 2.077 1.393 1.444 453 465 493 515 25 21 90 82 <15 15 – <45 45 – <65 65 – <75 Altersgruppen 2011 2023 75 – <85 ≥85 Gesamt Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 4/2: Entwicklung der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate der Herzrhythmusstörungen für das Jahr 2011 und 2023 4. Herzrhythmusstörungen | 59
Trend ist jedoch nicht unerwartet. Ein anhalten- der Anstieg der Fallzahlen zeigte sich bereits 2021 unmittelbar nach der Corona-bedingten Reduktion (2019/20) und betrug 2023 +6 % in Bezug zum Vor- jahr (Abbildung 4/2). Die Betrachtung der Daten nach Altersgruppen ergab, dass die altersstandardisierte vollstationäre Hospitalisationsrate in der sehr kleinen Altersgruppe der 15- bis unter 45-Jährigen in Bezug zu 2011 im Erfassungsjahr 2023 um 9,1 % sank, während sie 2022 noch um -10,8 % sank. Allerdings ist anzumerken, dass es sich hierbei um 90 Fälle/100.000 Einwohner (2011), 80 Fälle (2022) und 82 im aktuellen Jahr 2023 handelt. Ähnlich stellt sich der Trend in der Altersgruppe der 45- bis unter 65-Jährigen dar, wo die altersstandardisierte vollstationäre Hospita- lisationsrate im Vergleich zu 2011 erstmals wieder um 2,8 % anstieg, während sie im Vorjahr zu diesem Bezugspunkt noch um -2,2 % sank. In konkreten Zahlen findet sich jedoch ein moderater Anstieg um 23 Fälle pro 100.000 Einwohner im Vergleich zum Vorjahr (2022: 442; 2023: 465) und um 12 Fälle in Bezug zu 2011 (453). Die Altersgruppe der 65- bis unter 75-Jährigen zeigte den gleichen Trend und die Anzahl der Fälle nahm von 1.393 (2011) auf 1.444 (2023) zu, was einer Zunahme um 51 Patienten bzw. einem Anstieg von 3,7 % entspricht. Im Vorjahr (2022) befand sich das Niveau mit 1.349 Fällen noch -3,1 % unter dem Wert von 2011. Ein numerisch deutlich größerer Fallzahlenanstieg ist hingegen in der Altersgruppe der 75- bis unter 85-Jährigen zu ersehen, wo sich 2023 ein Anstieg von 2.099 (2011) auf 2.363 (ent- sprechend 12,6 %) zeigte. Bezogen auf das Jahr 2022 (2.207) zeigte sich ein Anstieg von 156 Fällen, entsprechend +7,1 %. Der Rückgang in den Jahren 2020 – 2022 ist wahr- scheinlich den stationären Einschränkungen während der Pandemie geschuldet und so finden sich in den Folgejahren wieder ansteigende Tendenzen. Interpretation der Daten Einerseits zeigt sich die bekannte Altersverteilung der Häufigkeiten von Herzrhythmusstörungen, deren Anzahl mit zunehmendem Alter und der damit verbundenen Komorbiditäten erheblich zunimmt. Konsistent ist so über die Jahre auch das Gros der behandlungsbedürftigen Patienten ab dem 65. Lebensjahr in der Darstellung zu finden. Andererseits bestätigt sich die Erkenntnis, dass die Anzahl der Fälle pro 100.000 Einwohner nach Beginn der COVID-Pandemie seit 2021 wieder stetig zunahm und diese – ohne Ausnahme – alle Altersgruppen betrifft. So finden sich im Vergleich zum Vorjahr Steigerungen von 1,9 % der 15- bis unter 45-Jährigen, 5,1 % der 45- bis unter 65-Jährigen, 7,0 % der 65- bis unter 75-Jährigen, 7,1 % der 75- bis unter 85-Jährigen und eine Zunahme von 4,7 % der über 85-Jährigen Patienten. Bemerkenswert erscheint lediglich, dass der Referenzwert des Jahres 2011 nur bei den unter 45-Jährigen und den über 85-Jährigen bisher nicht wieder überschritten wurde. Eine genauere Unter- scheidung der Erkrankungen nach Genese oder Art der Rhythmusstörung ist allerdings, wie bereits in Kapitel 4.3 beschrieben, aufgrund fehlender Daten nicht möglich. So kann weder genauer auf die diagnos- tischen noch therapeutischen Optionen eingegangen werden, die möglicherweise einen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Zahlen haben könnten. 4.5 Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzrhythmusstörungen nach Geschlecht Die altersstandardisierte mittlere Mortalitätsrate für Herzrhythmusstörungen beschreibt die Anzahl der an Herzrhythmusstörungen verstorbenen Patienten pro 100.000 Einwohner (Abbildung 4/3). Hierbei findet sich seit Erfassungsbeginn im Jahr 2011 ein robustes Niveau, das um 30 Todesfälle pro 100.000 Einwohner unduliert. Eine detailliertere Betrachtung offenbart, dass es im Jahr 2019 zu einer deutlichen Reduktion der Fälle von -4 % kam. Auch 2020 nahm der Anteil im Vergleich zu 2019 nochmals um 1,9 % ab, bevor sich seither ein moderater, aber steter Anstieg der Fallzahlen bis zum Jahr 2022 zeigte. Im aktuellen Erfassungsjahr kam es nun erstmals wieder zu einer Reduktion (-3,2 %) der Mortalitätsrate von 30,5 (2022) auf 29,5 (2023). Dieser Abfall zeigt sich zudem in den absoluten Zahlen (insgesamt Verstorbene 2022: 30.618; 2023: 30.128) und findet sich zu annähernd gleichen Anteilen (etwa 250 Fälle) in beiderlei Geschlecht. 60 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Entwicklung der Mortalitätsrate der Herzrhythmusstörungen e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s t ä t i l a t r o M 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 männlich weiblich gesamt Jahr Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 4/3: Entwicklung der alterssstandardisierten Mortalitätsrate der Herzrhythmusstörungen in Deutschland von 2011 bis 2023 nach Geschlecht 4 Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate nach Geschlecht Jahr 2000* 2011* 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Gestorbene absolut Gestorbene je 100.000 Einwohner gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 16.891 23.677 25.203 26.208 25.774 28.425 26.603 29.369 30.208 27.275 27.369 28.219 30.618 30.128 7.197 9.080 9.848 10.353 10.154 11.132 10.648 11.605 11.961 10.699 10.939 11.470 12.345 12.102 9.694 14.597 15.355 15.855 15.620 17.293 15.955 17.764 18.247 16.576 16.430 16.749 18.273 18.026 26,0 30,0 31,3 31,8 30,6 32,6 30,0 32,2 32,7 28,7 28,1 28,5 30,5 29,5 30,2 32,0 34,0 34,6 33,2 34,9 32,5 34,4 34,9 30,3 30,0 30,6 32,5 31,1 21,8 28,0 28,6 29,0 28,0 30,2 27,4 30,0 30,5 27,1 26,2 26,3 28,5 27,9 * 2000 Bevölkerung auf Grundlage des Zensus 1987, ab 2011 Bevölkerung auf Grundlage des Zensus 2011 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 4/1: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate der Herzrhythmusstörungen in Deutschland für das Jahr 2000 sowie für die Jahre 2011 bis 2023 Insgesamt stieg die altersstandardisierte Morta- litätsrate 2023 um 3,0 % im Vergleich zu 2019 an. Nach Geschlecht unterteilt versterben aktuell 31,1 männliche Erkrankte pro 100.000 Einwohner und 27,9 Frauen. Dies spiegelt einen Anstieg der Fälle bei den Männern von 2,9 % und bei den Frauen von 3,1 % im Vergleich zu 2019 (2019 m/w: 30,3/27,1 pro 100.000 Einwohner) wider (Tabelle 4/1). 4. Herzrhythmusstörungen | 61
Interpretation der Daten Während, wie oben beschrieben, die altersstandar- disierte Mortalitätsrate über den Betrachtungszeit- raum von 13 Jahren nur geringfügig um 30 Tote pro 100.000 Einwohner variiert, zeigen die Absolutzahlen – zwar schwankend – aber über die Zeit eine solide Zunahme von 23.677 (2011) auf aktuell 30.128 Fälle (2023). Diese Zunahme lässt sich sicherlich mit der korrespondierenden Bevölkerungszunahme um 4,34 Millionen auf 84,67 Millionen im Jahr 2023 erklären. als Frauen. Bei diesen ergab die altersstandardi- sierte Mortalitätsrate im Jahr 2023 27,9, was einer Reduktion um -2,1 % im Vergleich zum Vorjahreswert entspricht, während es bei den Männern sogar -4,1 % waren. Somit bleibt zu hoffen, dass dies ein erstes Zeichen dafür ist, dass sich das prädisponierende männliche Risikoprofil zum Auftreten letaler Herz- rhythmusstörungen nachhaltig reduziert. 4.6 Anzahl der Ablationen Über die Ursachen der konsistent zwischen 12 und 19 % höheren Todesrate von Männern gegenüber Frauen kann hingegen aufgrund einer fehlenden detaillierteren Datenerfassung nur spekuliert werden. Insbesondere fehlt eine genaue Aufschlüsselung der konkret zum Tode führenden Rhythmusstörung sowie relevanter Komorbiditäten. So bleibt zu vermuten, dass das männliche Geschlecht aufgrund umfangrei- cherer Nebenerkrankungen, belastenderer Lebens- umstände (beispielsweise körperliche Berufe) oder Lebensgewohnheiten (beispielsweise Nikotinabusus, Alkoholkonsum) ein konstant höheres Risikoprofil für letal endende Herzrhythmus störungen aufweist Dargestellt sind die Anzahl der Katheterablationen (dunkelgrün) und die Anzahl der Vorhofflimmer- ablationen (hellgrün) in den Jahren 2019 bis 2023. Insgesamt ist ein steter Anstieg sowohl der Abla- tionen bei Herzrhythmusstörungen (+29 %) als auch der Vorhofflimmerablationen (+54 %) in den Jahren 2019 – 2023 zu verzeichnen. Pandemiebedingt kam es im Jahr 2020 zu einem leichten Rückgang. Im Jahr 2023 stieg die Anzahl der Katheterablationen (124.464) um 15,3 % im Vergleich zum Vorjahr an, stärker als im Vergleich 2021 zu 2022 (+5,1 %) (Abbil- dung 4/4). Über die Hälfte der Katheterablation entfällt auf die Ablation von Vorhofflimmern. Zahl der Ablationen in Deutschland l n e n o i t a b a r e t e h t a K r e d l h a z n A 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 96.519 94.105 40.000 49.826 49.539 20.000 0 2019 2020 124.464 76.720 107.958 63.921 2022 2023 102.737 57.177 2021 Jahr Katheterablationen gesamt Katheterablationen bei Vorhofflimmern Darstellung auf Grundlage von Daten des Institutes für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) Abb. 4/4: Zahl der Ablationen aus den Jahren 2019 bis 2023 62 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Interpretation der Daten Festzustellen ist ein steter Anstieg der Katheter- ablationen in den Jahren 2019 – 2023, der nur durch die Pandemie-bedingten eingeschränkten Kranken- hauskapazitäten im Jahr 2020 unterbrochen wurde. Hauptursache für den Anstieg sind die Katheter- ablationen von Vorhofflimmern. Ursächlich für deren Anstieg sind neben dem demografischen Wandel auch die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz und der damit günstigeren Prognose. Zudem konnte in den letzten Jahren gezeigt werden, dass die Katheterablation des Vorhofflimmerns einer medikamentösen Rhythmuskontrolle überle- gen ist.² Ein weiterer Grund ist der hohe Stellenwert der Katheterablation des Vorhofflimmerns in den nationalen und internationalen Leitlinien.³ 4.7 Operationen mit Herzschrittmachern/ ICD in Deutschland Seit der ersten Herzschrittmacher-Implantation im Jahre 1958 (Senning und Elmqvist) repräsentieren kardiale Rhythmusimplantate den Goldstandard zur Behandlung von Bradykardien, der kardialen Resynchronisation und dem Schutz vor dem plötz- lichen Herztod. Es etablierten sich zwischenzeitig zahlreiche Systeme wie Herzschrittmacher (HSM), implantierbare Kardioverter/Defibrillatoren (ICD) oder verschiedene Systeme zur kardialen Resyn- chronisation (CRT). Solche Systeme werden als aktive kardiale Rhythmusimplantate oder auch im anglo amerikanischen Sprachgebrauch als „cardiac implantable electronic devices“ (CIED) bezeichnet. Insgesamt wurden im Erfassungsjahr 2023 in Deutschland 130.458 Operationen mit kardialen Rhythmusimplantaten im Rahmen der stationären Patientenversorgung durchgeführt. Somit sank die Gesamtzahl der Operationen (Neuimplantatio- nen, Aggregatwechsel und Revisionen) für kardiale Rhythmusimplantate im Vergleich zum Vorjahr um -2,8 % (2022: 134.275). Auffällig ist hierbei die Beob- achtung, dass sowohl die Neuimplantationszahlen von Herzschrittmachern um 3 % (2022: 73.140; 2023: 75.305) als auch die für Kardioverter/Defibrillatoren (ICD) um 4,1 % (2022: 19.968; 2023: 20.780) zunah- men, während sich ein teils erheblicher Rückgang bei den Aggregatwechsel- und Revisionseingriffen von 2022 auf 2023 ergaben. So reduzierten sich die Herzschrittmacher-Aggregatwechsel um 3.563 (-23,7 %) und die Revisionsoperationen um 366 Ein- griffe (-4,0 %). Ein ähnlich dramatisches Bild ergab sich bei den ICD-Aggregatwechseln mit einem Minus von 2.725 Eingriffen (-27,2 %), während die Revisionseingriffe nur moderat um 140 (-2,0 %) im Vergleich zum Vorjahr sanken. 4 Operationen mit Herzschrittmachern/ICD in Deutschland insgesamt Herzschrittmacher ICD Art des Eingriffs Anzahl Operationen Anzahl Kliniken* Operationen pro Klinik (Durchschnitt)* Anzahl Operationen Anzahl Kliniken* Operationen pro Klinik (Durchschnitt)* Neuimplantationen Aggregatwechsel Revisionen Summe 75.305 11.500 8.769 95.574 817 734 709 92 16 12 20.780 7.306 6.798 34.884 653 618 553 32 12 12 * Die Angaben zur Datengrundlage beziehen sich ab dem Erfassungsjahr 2020 nicht mehr auf den entlassenden Standort, sondern werden auf Ebene der Krankenhäuser ausgegeben. Darstellung auf Grundlage von Daten des IQTIG Tab. 4/2: In Deutschland insgesamt im Jahr 2023 durchgeführte Operationen bei Herzschrittmachern und implantierbaren Kar- diovertern/Defibrillatoren (ICD) 4. Herzrhythmusstörungen | 63
Nicht zuletzt bleibt festzustellen, dass die Anzahl der Kliniken, die ICDs neu implantierten, leicht zunahm. In Bezug auf die durchgeführten Operationen ergeben sich so marginale Veränderungen in der durchschnittlichen Anzahl an Operationen pro Klinik und Woche. Weitere Details sind der Tabelle 4/2 zu entnehmen. Interpretation der Daten Betrachtet man die Implantationszahlen von HSM über einen längeren Zeitraum, so zeigt sich, dass beispielsweise seit 2011 (Neuimplantationen 75.702) die Jahreswerte recht stabil zwischen 73.000 und 77.000 schwankten. Während der COVID-19-Pan- demie kam es im Jahr 2019/20 zu einer Reduktion von 75.760 zu 73.101 (2020). Nach zwei Jahren der Stase stiegen im aktuellen Erfassungsjahr die Implantationszahlen nun erstmals wieder in etwa auf das Vor-Corona-Niveau an. Somit scheint das Plateau der vorausgegangenen Jahre im aktuellen Erfassungsjahr 2023 wieder erreicht. Etwas anders stellt sich die Entwicklung der ICD- Erstimplantationen dar. Während hier 2011 noch 28.452 Systeme erstmals implantiert wurden und die Anzahl bis 2015 (30.002) sogar noch zunahm, reduzierten sich anschließend die Implantationszahlen massiv und erreichten im Jahr 2022 mit 19.968 den bisher tiefsten Stand seit Beginn der Datenerhe- bung. Die Gründe für diesen Trend unterscheiden sich allerdings von denen der HSM, denn Mitte der zweiten Millenniumsdekade ergaben sich neue, restriktivere Empfehlungen der internationalen Fachgesellschaften zur primärprophylaktiven ICD- Implantation bei Patienten, die an nicht-ischämischen Kardiomyopathien erkrankt waren. In der Folge mani- festierte sich ein dramatischer Rückgang der ICD- Erstimplantationszahlen um -30,7 %, der zusätzlich noch durch die COVID-Pandemie verstärkt wurde. Erstmals ergibt sich nun 2023 wieder ein Anstieg um 4,1 % (812 Eingriffe) und es bleibt zu vermuten, dass die einstige Talsohle der Erstimplantationen somit wieder verlassen wurde. Hingegen sind die dramatischen Reduktionen der Aggregatwechseleingriffe (HSM: -23,7 %; ICD: -27,2 %) vollständig anders einzuordnen. Zu dessen Verständnis muss angemerkt werden, dass die Daten- erfassung der externen Qualitätssicherung nach § 136 SGB V bislang nur Daten aus der stationären Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten einschloss. Daher entgehen der gesetzlichen Daten- erfassung alle Eingriffe von privatversicherten und insbesondere aller ambulant versorgten Patienten. Allerdings wurde in den letzten Jahren der politische Wille zur Ausweitung der ambulanten Patienten- versorgung massiv vorangetrieben und hierzu eignen sich Aggregatwechsel aufgrund eines umschriebenen Komplikations- und Risikoprofils sowie der elektiven Planbarkeit im besonderen Maße. Daher ist davon aus- zugehen, dass der dramatische Abfall der stationären Aggregatwechsel mit einer gleichartigen Zunahme der ambulant erfolgten Systemwechsel einhergeht und keine eigentliche Reduktion der Eingriffe darstellt. Bedauerlicherweise kann aufgrund der bisher fehlenden Datenerhebung keine Aussage zum Umfang und der Qualität der Eingriffe getroffen werden. 4.8 Leitlinientreue Indikationsstellung Die Indikationsstellung zur HSM- bzw. ICD-Implanta- tion orientiert sich an den aktuellen evidenz basierten Leitlinien und in Deutschland insbesondere an denen der ESC (European Society of Cardiologie) und der DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie).⁴ Eine sorgfältig dokumentierte Prüfung der entsprechen- den Indikationen zur HSM- und ICD-Therapie ist eine entscheidende Voraussetzung, um anschließend eine effektive Therapie zu ermöglichen und eine Über-, Unter- oder Fehlversorgung von Patienten zu vermeiden. Aus diesem Grund werden die Anga- ben der Implanteure durch die Bundesqualitäts- sicherung mithilfe automatisierter Algorithmen auf eine leitlinienkonforme Indikationsstellung über- prüft. Trotz insgesamt guter Ergebnisse mit über 90 % leitlinienkonformen Systemimplantationen in den letzten Jahren ergeben sich gerade bei der 64 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Leitliniengerechte Indikation 96,1 96,6 96,6 96,8 95,6 94,4 92,7 92,8 93,6 94,2 96,4 96,2 95,2 90,6 92,8 93,6 93,9 93,8 88,6 89,0 92,1 89,8 91,7 92,0 92,3 91,0 t n e z o r P 100 80 60 40 20 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Herzschrittmacher ICD Jahr Darstellung auf Grundlage der Bundesauswertung des aQua-Instituts und des IQTIG Abb. 4/5: Anteil der leitlinienkonformen Indikationsstellung bei Herzschrittmacher und ICD-Neuimplantationen 4 Indikationsstellung von seltenen Rhythmuserkrankun- gen einzelne Abweichungen, was die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Erfassung und Qualitätskontrolle der gestellten Indikationen rechtfertigt. Interpretation der Daten Der Abbildung 4/5 kann entnommen werden, dass sich in Deutschland über Jahre hinweg eine gute Leitlinientreue bei der Indikationsstellung zeigte. So beträgt diese im aktuellen Erfassungsjahr für Herzschrittmacher 95,2 % und bei den ICD 91,0 %. Allerdings stellt sich im aktuellen Jahr eine etwas geringere Konformität der Indikationen als im Vor- jahr heraus, mit einer Reduktion um 1 %. Neben den Indikationen wird von der Bundesquali- tätssicherung auch die leitlinienkonforme Systemwahl überprüft. Erfreulicherweise finden sich deutschland- weit zu 99,6 % die empfohlenen HSM-Systeme und zu 93,8 % die entsprechenden ICD-Implantationen. 4.8.1 Indikationen zur Herzschrittmachertherapie Die Indikationen zur Herzschrittmachertherapie finden sich in nationalen und internationalen Emp- fehlungen der entsprechenden Fachgesellschaften und umfassen im Wesentlichen drei große Indika- tionsblöcke: Sinusknotenerkrankungen (SSS – sick sinus syndrom), höhergradige AV-Blockierungen (AV-Block) und Bradykardie bei Vorhofflimmern (AF + Brady). Die Verteilung der Häufigkeiten zeigt seit Jahren ein eindeutiges Bild, deren Extremata sich stetig klarer ausprägen. So nimmt seit Jahren der rela- tive Anteil der höhergradigen AV-Blockierungen als Eingriffsindikation zu (2023: 51,7 %), während die Sinusknotenerkrankungen (2023: 29,7 %) und Bradykardien unter Vorhofflimmern (2023: 11,9 %) kontinuierlich abnehmen (Abbildung 4/6). 4. Herzrhythmusstörungen | 65
Indikationen zur Herzschrittmachertherapie 37,0 38,2 40,5 41,6 42,7 44,1 37,5 37,1 37,5 36,9 36,6 36,2 17,9 17,7 16,6 15,9 14,9 14,4 45,7 46,9 48,0 49,3 50,5 51,6 51,7 34,9 14,2 34,2 33,4 32,5 31,3 30,2 13,3 13,0 12,7 12,7 12,2 29,7 11,9 t n e z o r P 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 AV-Block SSS AF+Brady Jahr AV-Block = atrio-ventrikuläre Überleitungsstörungen Grad II und höher, SSS = Sinusknotenerkrankung, AF+Brady = Bradykardie bei permanentem Vorhofflimmern Darstellung auf Grundlage von Daten des Deutschen Herzschrittmacher-Registers sowie der Bundesauswertung des aQua-Instituts und des IQTIG Abb. 4/6: Relative Häufigkeit der verschiedenen bradykarden Rhythmusstörungen, die in den letzten 13 Jahren von 2011 bis 2023 in Deutschland zur Implantation von Herzschrittmachern führten. Ab dem Jahr 2016 wird auch der AV-Block Grad I mitaufgeführt. Interpretation der Daten Die seit Jahren kongruente Entwicklung mag den zwischenzeitig deutlich restriktiveren Leitlinien- empfehlungen von 2013, 2018 und 2021 zur Herz- schrittmacherimplantation geschuldet sein und findet sich in gleichartigen Ausprägungen auch im internationalen Vergleich mit Schweden, Dänemark und der Schweiz. 4.8.2 Indikationen zur ICD-Therapie Zur Implantation eines ICDs ergeben sich im Wesent- lichen zwei rechtfertigende Indikationen, die sich in nationalen und internationalen Empfehlungen der entsprechenden Fachgesellschaften wiederfin- den. So besteht einerseits eine vorsorgende primär- prophylaktische Indikation für Patienten, die aufgrund spezifischer Komorbiditäten ein besonders hohes Risiko zum Auftreten lebensbedrohender ventrikulärer Herzrhythmusstörungen und somit des plötzlichen Herztodes (sudden cardiac death/SCD) aufweisen, ohne bisher aber eine nachweisbare tachykarde Rhyth- musstörungen erlitten zu haben (Primär prävention). Andererseits ergibt sich für Patienten, die bereits lebensbedrohliche Kammertachykardien erlitten haben bzw. aufgrund von ventrikulären Rhythmusstö- rungen wiederbelebt werden mussten, eine sekundär- prophylaktische Indikation (Sekundär prävention). Diese Patienten sollen durch einen ICD im Fall erneut auftretender lebensbedrohlicher Herzrhythmus- störung vor dem plötzlichen Herztod geschützt werden.⁵ Die Häufigkeitsverteilungen zwischen diesen beiden Indikationen finden sich in Abbildung 4/7. Interpretation der Daten Wie aus der Abbildung 4/7 hervorgeht, verschoben sich in den letzten Jahren die Verhältnisse zwischen den primär- und sekundärprophylaktischen ICD- Indikationen um etwa 10 % und somit entscheidend zugunsten der letztgenannten Indikationsgruppe. Hintergrund des seit 2016 offensichtlichen kontinuier- lichen Rückgangs der primärprophylaktischen ICD- 66 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Indikationen zur Defibrillator-Implantation – 2011 bis 2023 71,9 72,3 72,1 72,8 72,8 72,0 28,1 27,7 27,9 27,2 27,2 28,0 66,3 65,7 62,7 61,4 61,6 60,4 60,9 33,7 36,3 37,3 38,6 38,4 39,6 39,1 t n e z o r P 100 80 60 40 20 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Primärprävention Sekundärprävention Jahr Darstellung auf Grundlage von Daten des Deutschen Herzschrittmacher-Registers sowie der Bundesauswertung des aQua-Instituts und des IQTIG Abb. 4/7: Relative Häufigkeit der Indikationen, die in den letzten 13 Jahren in Deutschland zur ICD-Implantation führten 4 Implantationen ist u.a. die DANISH-Studie, die die Effektivität einer ICD-Therapie bei nicht-ischämischen Kardiomyopathien hinterfragte und die forciertere Anwendung der zwischenzeitig effektiveren medi- kamentösen Therapien empfahl. Als Konsequenz resultierten für diese Indikationsgruppe deutlich restriktivere Leitlinienempfehlungen der einschlä- gigen Fachgesellschaften, was den Rückgang der primärpräventiven ICD-Neuimplantationen erklärt (siehe Kapitel 4.7). Eine vergleichbare Entwicklung findet sich auch im internationalen Vergleich mit Schweden⁶ und der Schweiz⁷. So reduzierte sich in der Schweiz der Anteil der Primärprophylaxe von 69,1 % (2015) über 62,3 % (2022) auf aktuell 61,6 % und somit zuletzt um -1,1 %. In Schweden erfolgte hingegen seit jeher eine restriktivere primärprophylaktische ICD-Indikations- stellung. Aber auch hier zeigt sich ein Rückgang dieser Indikationsgruppe von 65,1 % (2015) auf 62,0 % im Jahr 2022 und 2023. Dabei wurden nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardien (NSVT) mit zu den primär- prophylaktischen Indikationen gezählt. Insgesamt betrachtet ergaben sich jedoch auch im Jahr 2023 keine qualitativen bzw. nur geringe Unterschiede zwischen den benannten Ländern und so zeigen sich vergleichbare Anteile der sekundärpräventiven ICD-Therapie (Deutschland 2023: 39,1 %, Schweden 2023: 38,0 %, Schweiz 2023: 38,4 %). 4.9 Perioperative Komplikationen der Herzschrittmacher- und ICD-Therapie Grundsätzlich können Komplikationen in der Herz- schrittmacher- und ICD-Therapie in vier praxisrele- vante Gruppen eingeteilt werden: So unterscheidet man prozedurale Komplikationen, die noch während des stationären Aufenthalts diagnostiziert werden (Taschenhämatome, Pneumothoraces, frühe Son- dendislokationen) von prozeduralen Komplikationen, die erst nach der Entlassung aber noch innerhalb des ersten postoperativen Jahres auftreten (Sonden- probleme, Infektionen) wie auch Komplikationen, die ohne erkennbare Ursache mit großem zeitlichem Abstand zur vorherigen Operation erscheinen, und letztlich Komplikationen, die durch schicksalhafte oder konstruktionsbedingte Dysfunktionen von Aggregaten und Sonden bedingt sind. 4. Herzrhythmusstörungen | 67
Am einfachsten lassen sich anhand der externen Qualitätssicherung die prozeduralen Komplikationen identifizieren, die noch während des gleichen statio- nären Aufenthalts diagnostiziert werden können. Aus diesem Grund sind diese in Tabelle 4/3 dargestellt. Interpretation der Daten Im Einklang zu den vorausgegangenen Jahren erge- ben sich auch 2023 die absolut und relativ häufigsten perioperativen Komplikationen während HSM- Neuimplantation (2,23 %). Hingegen ereignen sich im Rahmen von ICD-Neuimplantationen – trotz der komplexeren Eingriffe – nur 1,58 % an Komplikatio- nen, was sich in den möglicherweise qualifizierteren behandelnden Implanteuren erklären könnte. Am häufigsten kommt es nach Herzschrittmacher- und ICD-Neuimplantationen wie auch nach Revisions- eingriffen zu Elektrodendisloka tionen, während die häufigste Komplikation bei Aggregatwechseln das postoperative Hämatom darstellt. Bei Revi- sionseingriffen findet sich aktuell mindestens eine Komplikation bezogen auf die Grundgesamtheit der Eingriffe in 1,49 % der Fälle bei den HSM-Revisionen und zu 1,43 % bei den ICD-Revisionseingriffen. Somit gelang es im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der Komplikationen bei Revisionseingriffen (HSM/ICD 2022: 1,61 %/1,86 %) und ICD-Neuimplantationen (2022: 1,67 %) weiter zu reduzieren. Lediglich im Rahmen von HSM-Neuimplantationen zeigte sich 2023 ein marginaler Anstieg der Komplikationen (2022: 2,15 %; 2023: 2,23 %). Häufigkeit perioperativer Komplikationen Neuimplantationen Aggregatwechsel Revisionen Herzschrittmacher ICD 1.682 (2,23 %) 16 (0,14 %) 131 (1,49 %) 329 (1,58 %) 25 (0,34 %) 97 (1,43 %) Darstellung auf Grundlage des Bundesqualitätsberichtes 2024 des IQTIG Tab. 4/3: Absolute und relative Häufigkeit von perioperativen Komplikationen aufgeteilt nach Eingriffsklassen im Jahr 2023 Literatur 1 Martens E et al. 2014. Incidence of sudden cardiac death in Germany: results from an emergency medical service registry in Lower Saxony. Europace 16(12):1752-8. 2 Andrade JG et al. 2021. Cryoablation or Drug Therapy for Initial Treatment of Atrial Fibrillation. N Engl J Med 2021;384:305-315 doi: 10.1056/NEJMoa2029980 Vol. 384 No. 4. 3 van Gelder IC et al. 2024. ESC Guidelines for the management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS): Developed by the task force for the management of atrial fibrillation of the European Society of Cardiology (ESC), with the special contribution of the European Heart Rhythm Association (EHRA) of the ESC. Endorsed by the European Stroke Organisation (ESO), European Heart Journal, Volume 45, Issue 36, 21 September 2024, Pages 3314–3414, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae176 4 Zeppenfeld Ket al. 2022. 2022 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death: Developed by the task force for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death of the European Society of Cardiology (ESC) Endorsed by the Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC), European Heart Journal, Volume 43, Issue 40, 21 October 2022, Pages 3997–4126, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac262 5 Kober L et al. 2016. Defibrillator implantation in patients with nonischemic systolic heart failure. N Engl J Med 2016; 375:1221-30 6 Svedish ICD & Pacemaker registry: https://www.pacemakerregistret.se/icdpmr/docbank.do, (letzter Zugriff im März 2025) 7 Schweizerische Stiftung für Rhythmologie: http://www.rhythmologie-stiftung.ch/statistiken_de.html (letzter Zugriff im März 2025) 68 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
5. Herzinsuffizienz DGK: Prof. Dr. Dr. Stephan von Haehling (Göttingen), Prof. Dr. Johannes Sperzel (Bad Nauheim) DGTHG: Prof. Dr. Jan Gummert (Bad Oeynhausen), PD Dr. Heiko Burger (Bad Nauheim), Prof. Dr. Simon Pecha (Hamburg) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick Wiederanstieg der altersstandardisierten Herzinsuffi zienz- Hospitalisationsrate nach COVID-Dip, allerdings nicht auf das Vor-COVID-Niveau (2023: 464 / 100.000 vs. 2019: 510 / 100.000). Über 65-Jährige haben eine fast fünff ach erhöhte Herzinsuffi zienz-Hospitalisationsrate im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (2.246 / 100.000). Frauen werden unverändert 0,7-fach weniger häufi g aufgrund einer Herzinsuffi zienz hospitalisiert als Männer (381 / 100.000 vs. 547 / 100.000). Als Ausdruck des Spendermangels ist die Zahl der Herztransplantation in 2023 auf 330 gesunken. Davon stammen 27 Spenderherzen aus Ländern mit Widerspruchslösung, die in Deutschland weiterhin abgelehnt wird. Copyright: Deutsche Herzstiftung/Alexandra Vent 21.771 CRT-Eingriff e (-3,5 % zum Vorjahr); davon 13.751 Ersteingriff e (+7 % zum Vorjahr); es zeigt sich langfristig eine deutliche Zunahme von CRT-P-Implantationen im Vergleich zu CRT-D-Implantationen. 5 5.1 Hintergrund 5.2 Aktuelle Entwicklungen Die Gesamtzahl der wegen Herzinsuffizienz in Kranken- häusern behandelten Patienten ist seit Jahren hoch. Die Ursachen liegen in der verlängerten Lebens- erwartung und der Tatsache, dass die Häufigkeit der Erkrankung mit dem Lebensalter ansteigt sowie an einer früheren und umfassenderen Diagnosestellung. Die während der COVID-19-Pandemie beobachtete rückläufige Tendenz der Mortalität, wie sie in den Sterbeziffern zum Ausdruck kommt, hat sich im aktuellen Berichtsjahr allerdings nicht weiter fort- gesetzt und stieg wieder auf das Vor-COVID-Niveau an. Dennoch scheint eine verbesserte Behandlung der Herzinsuffizienz gerade bei jüngeren Patienten erste Erfolge zu zeigen, die sich einerseits in einer besseren Umsetzung der aktuellen Leitlinien und andererseits in der Anwendung neuer Therapie- optionen, insbesondere einer verbesserten Pharma- kotherapie begründen. Zudem werden Herzinfarkte, die Ursache einer Herzinsuffizienz sein können, in letzter Zeit frühzeitiger und effektiver therapiert. Eine langfristige Reduktion von Morbidität und Mortalität herzinsuffizienter Patienten setzt eine frühzeitige und verbesserte Diagnostik sowie den Einsatz moderner Therapien voraus. So sollten die klinischen Symptome einer Herzinsuffizienz wie Belastungsdyspnoe, Leistungsknick und/oder Wassereinlagerungen („Ödeme“) mittels Echo- kardiographie abgeklärt und die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (EF) ermittelt werden. Diese dient zur Unterscheidung der verschiedenen Formen der Herzinsuffizienz: HFrEF (heart failure with reduced ejection fraction; LVEF ≤40 %), HFpEF (heart failure with preserved ejection fraction; LVEF ≥50 %) sowie der intermediären Form HFmrEF (heart failure with mildly reduced ejection fraction; LVEF 41 – 49 %). Weiterhin empfiehlt sich eine erweiterte Diagnostik mit moderner Bildgebung wie einer Herzkathe- ter-, MRT- (Magnetresonanztomographie) und/ oder Computer-Tomographie-Untersuchung (CT- Untersuchung). Auch eine Myokardbiopsie und in 5. Herzinsuffizienz | 69
besonderen Fällen eine genetische Untersuchung können dabei helfen, die Kausalität einer Herz- insuffizienz einzugrenzen. Ziele der medikamentösen Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz sind gemäß den aktuellen Leitlinien¹ die Reduktion von Symptomen zur Verbesserung der Prognose. Dabei gilt es insbesondere, kardiale Dekompensationen und Episoden instabiler Herz- insuffizienz, die oftmals eine Krankenhausaufnahme erforderlich machen, zu verhindern. Die Therapie der Herzinsuffizienz hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Die Prävention der Herzinsuffizienz erfolgt neben der Ermunterung zur körperlichen Aktivität und einem Rauchstopp in einer Blutdruck-Kontrolle, Cholesterin-Senkung vor allem durch Statine und einer optimalen Diabetesbehand- lung, u.a. mit SGLT2-Inhibitoren. Bei der Herzinsuffi- zienz mit reduzierter Ejektionsfraktion beruht die medikamentöse Therapie auf vier pharmakologischen Säulen (ACE-Hemmer oder Angiotensinrezeptor- Antagonisten/Neprilysininhibition, Betablocker, Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten und SGLT2- Inhibitoren), die jede für sich einen unabhängigen Morbiditäts- und/oder Mortalitätsbenefit haben. Ergänzend können bei einer persistierenden Ruhe- herzfrequenz (≥70/min) trotz Betablockertherapie ein If-Kanalinhibitor (Ivabradin) und bei weiterhin auftretenden kardialen Dekompensationen ein Stimulator der löslichen Guanylatzyklase (sGC) (Veri- ciguat) erwogen werden.² Für die Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion sind inzwischen die SGLT2-Inhibitoren empfohlen; der nichtsteroidale Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist Finerenon hat kürzlich in der FINEARTS-Studie³ gezeigt, dass er die Hospitalisierungsrate bei diesen Patienten absenken kann und wird voraussichtlich im Jahr 2026 für HFpEF zugelassen werden. implantiert werden, der eine zusätzliche Elektrode zur Stimulation der linken Herzkammer beinhaltet. Diese seit Anfang der 2000er-Jahre fest etablierte Methode kann durch eine zeitliche Resynchronisa- tion der Herzkammern eine bestehende Herzinsuffi- zienz in 70 – 90 % der Fälle positiv beeinflussen. Allerdings finden sich unter den herzinsuffizienten Patienten nur etwa 30 %, die ein asynchrones Kon- traktionsmuster aufgrund eines Linksschenkelblocks zeigen. Alle anderen Patienten profitieren nicht von einer CRT-Therapie. Inwieweit hier neuere Methoden zur gezielten Stimulation des Erregungsleitungs- systems (conduction system pacing – CSP) eine Zukunftsoption zur Behandlung einer Herzinsuffi- zienz darstellen könnten, ist aktueller Inhalt der klinischen Forschung und bisher unklar. Methodisch erfolgt bei diesen Systemen die Kammerstimulation entweder über eine direkte Stimulation des HIS- Bündels (unmittelbar peripher des AV-Knotens) oder des linken Tawaraschenkels, um eine maximale Reduktion der QRS-Breite und somit eine synchrone Kontraktion beider Herzkammern zu erzielen. Nicht zuletzt sollten kardiale Pathologien wie eine Koronare Herzkrankheit, eine hochgradig undichte Mitral- oder Trikuspidalklappe oder eine verengte Aortenklappe bei herzinsuffizienten Patienten mit modernen Methoden frühzeitig und minimalinvasiv, chirurgisch oder interventionell, behandelt werden. Im Fall einer terminalen Herzinsuffizienz sind in individueller Abwägung rechtzeitig erweiterte herz- chirurgische Therapieformen wie die Implantation von Herzunterstützungssystemen, wie beispiels- weise eine LVAD-Implantation, oder die Planung und Durchführung einer Herztransplantation in Erwägung zu ziehen. 5.3 Altersstandardisierte Hospitalisations rate der Herzinsuffizienz Eine fortgeschrittene Herzinsuffizienz kann bei Vorliegen einer asynchronen Herzkammerkontrak- tion auf Grundlage eines Linksschenkelblocks (LSB) weiterhin durch die Implantation eines Gerätes zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) behan- delt werden. Hierbei kann ein spezieller Herzschritt- macher (CRT-P) oder Defibrillator (CRT-D) Die altersstandardisierte Hospitalisierungsrate von Patienten, die wegen einer Herzinsuffizienz aufgenommen wurden, befindet sich bereits seit mehreren Jahren auf hohem Niveau. Im Jahre 2019 zeigte sich mit 510 pro 100.000 Einwohnern die bisher höchste Hospitalisierungsrate. Mit Beginn der COVID-19-Pandemie 2020 fiel diese 70 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
um 13,4 % auf 442 pro 100.000 Einwohner und verblieb auch in den Folgejahren 2021 mit 445 und 2022 mit 448 pro 100.000 Einwohner auf vergleichbar reduziertem Niveau. Im Jahr 2023 stieg die altersstandardisierte Hospitalisations- rate wieder auf 464 pro 100.000 Einwohner an, was einer Zunahme um 3,6 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht (Abbildung 5/1). Die geschlechterspezifische Unterteilung der altersstan- dardisierten vollstationären Hospitalisationsrate zeigt seit dem Jahr 2011 einen nahezu konstanten Abstand zwischen den beiden Geschlechtern, wobei Männer jeweils höhere Werte aufweisen als Frauen. Im Erfas- sungsjahr 2023 ergab sich eine Hospitationsrate von 381 für Frauen (2022: 364) und eine von 547 für Männer (2022: 532) pro 100.000 Einwohner (Abbildung 5/2). Altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H 364 600 500 400 300 200 100 0 469 467 469 500 501 503 504 487 510 442 445 448 464 5 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Jahr Abb. 5/1: Entwicklung der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz im Jahr 2000 und in den Jahren 2011 bis 2023 Altersstandardisierte vollstationäre Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H 700 600 500 400 300 200 100 0 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 männlich weiblich gesamt Jahr Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 5/2: Entwicklung der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz im Jahr 2000 und in den Jahren 2011 bis 2023 5. Herzinsuffizienz | 71
Interpretation der Daten Die Herzinsuffizienz (ICD I50) stellt eine bedeu- tende Erkrankung dar, die gemäß den Angaben des Statistischen Bundesamts inzwischen die häu- figste Einzeldiagnose vollstationär behandelter Patienten abbildet. Auch wenn der vorübergehende Rückgang während der Jahre 2020 bis 2022 mit hoher Wahrscheinlichkeit die Folge einer reduzierten Behandlungsfrequenz unterschiedlicher Ursachen während der COVID-19-Pandemie repräsentiert, nehmen die Hospitalisierungen nun wieder zu. Dies lässt vermuten, dass während der Pandemie nicht alle erkrankten Patienten einer Behandlung zuge- führt werden konnten oder die Patienten aufgrund einer im Vordergrund stehenden COVID-Infektion stationär behandelt wurden und die Herzinsuffizienz nur begleitend auftrat. Der seit Jahren beobachtete, annähernd kons- tante Unterschied der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate zwischen den beiden Geschlechtern basiert vermutlich auf hetero genen Ursachen. Hierbei scheinen beispiels- weise die unterschiedlichen Häufigkeiten der zur Herzinsuffi zienz führenden Grunderkrankungen wie die höhere Prävalenz von Koronarer Herzkrankheit und Myokardinfarkten bei Männern eine entscheidende Rolle zu spielen. Ferner repräsentieren mutmaßlich Faktoren wie zunehmendes Lebensalter, längeres Leben mit der kardialen Grundkrankheit und eine geschlechterabhängig verschiedene Therapietreue weitere wichtige Faktoren. 5.4 Altersstandardisierte Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz nach Altersgruppen Im Vergleich zu 2011 ist im Jahr 2023 zuletzt ein Rückgang der altersstandardisierten vollstatio- nären Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz um 1,1 % (2022: -4,5 %) feststellbar, nachdem es zwischenzeitlich zu einem deutlichen Anstieg auf 510 im Jahr 2019 (+8,8 %) gekommen war. Im Jahr 2023 sank die vollstationäre Hospitalisationsrate in der Altersgruppe der 45- bis unter 65-Jährigen um -7,9 % (2022: -10,2 %) von 175 auf 161, in der Alters- gruppe der 65- bis unter 75-Jährigen um -9,2 % (2022: -11,0 %) von 895 auf 812, in der Altersgruppe der 75- bis unter 85-Jährigen um -10,1 % (2022: -13,0 %) von 2.748 auf 2.471, während sie in der Altersgruppe ab 85 Jahre um 16,0 % (2022: +10,8 %) von 5.839 auf 6.772 anstieg (Abbildung 5/3). Altersverteilung der altersstandardisierten Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz von 2011 auf 2023 e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 6.991 6.772 5.839 2.748 2.785 2.471 1 2 3 10 15 15 175 184 161 895 950 812 469 510 464 <15 15 – <45 45 – <65 65 – <75 75 – <85 ≥85 Gesamt 2011 2019 2023 Altersgruppen Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 5/3: Veränderung der altersstandardisierten vollstationären Hospitalisationsrate der Herzinsuffizienz nach Altersgruppen in den Jahren 2011, 2019 und 2023 72 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Interpretation der Daten Inwieweit dieser Trend das Ergebnis einer frühzeiti- geren Diagnostik, einer effektiveren medikamentösen Therapie, veränderten Lebensgewohnheiten jüngerer Generationen oder aber fälschlicherweise der generell rückläufigen Morbidität mit reduzierter Hospita- lisierungsrate während der COVID-19-Pandemie zuzuschreiben ist, lässt sich anhand der Zahlen nicht sicher ableiten. Somit bleibt lediglich festzustellen, dass in den letzten Jahren abgesehen von der ältes- ten Altersgruppe (über 85 Jahren) erfreulicherweise alle anderen einen teils erheblichen Rückgang der vollstationären Hospitalisationsrate aufwiesen. 5.5. Hospitalisationsraten der Herz- insuffizienz nach Alter und Geschlecht Die Wahrscheinlichkeit für herzinsuffiziente Patienten, im Verlauf der Erkrankung aufgrund einer akuten Dekompensation in einer Klinik auf- genommen werden zu müssen, ist sehr hoch und nimmt mit zunehmendem Patientenalter weiter zu (Tabelle 5/1). So werden etwa 13-mal so häufig Patienten ab dem 65. Lebensjahr zur stationären Therapie einer Herzinsuffizienz in einem Kranken- haus aufgenommen (2023: 2.246 Patienten pro 100.000 Einwohner) wie Patienten zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr (2023: 174 Patienten pro 100.000 Einwohner). Interpretation der Daten Dass mit einem steigenden Lebensalter die Anzahl an behandlungsbedürftigen Patienten mit einer Herz- insuffizienz zunimmt, ist vor dem Hintergrund zuneh- mender Begleiterkrankungen nicht überraschend. Hingegen ist die Interpretation der Fallzahlen- entwicklung über die Jahre schwierig, da auch Faktoren wie eine frühzeitigere Diagnosestellung, eine leitliniengerechte optimierte medikamentöse Therapie sowie die Progredienz von Komorbiditäten eine entscheidende Rolle bei der Häufigkeit herz- insuffizienzbedingter Hospitalisationen spielen. 5.6 Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz Nachdem die Zahl der Verstorbenen pro 100.000 Einwohner mit der Todesursache Herzinsuffizienz (ICD I50) seit 2011 mit Ausnahme eines kurzfristigen Anstiegs im Jahre 2015 (47.414) einen kontinuier- lichen Abfall bis zum Jahre 2020 (34.855) aufwies, nahmen in den letzten drei Jahren die absoluten 5 Krankenhausaufnahmen wegen Herzinsuffizienz nach Alter und Geschlecht 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Altersspezifische Fallzahl je 100.000 Einwohner unter 15 Jahren 15 bis unter 45 Jahre 45 bis unter 65 Jahre 65 Jahre und älter 2 11 166 1 11 164 2 14 168 2.038 2.059 2.098 2.264 2.296 2.326 2.353 2.283 2.423 2.107 2.140 2.165 2 14 170 2 14 188 2 11 166 2 13 183 2 12 181 2 13 184 2 13 186 3 13 180 3 13 170 3 15 174 2.246 Altersstandardisierte Fallzahl je 100.000 Einwohner insgesamt männlich weiblich 469 559 379 467 557 377 469 559 379 500 593 406 501 597 405 503 597 409 504 598 410 487 576 398 510 604 417 442 527 357 445 528 362 448 532 364 464 547 381 Daten des Statistischen Bundesamtes (Gesundheitsberichterstattung des Bundes) Tab. 5/1: Altersspezifische und altersstandardisierte Hospitalisationsraten der Herzinsuffizienz nach Alter und Geschlecht in den Jahren 2011 bis 2023 5. Herzinsuffizienz | 73
Zahlen wieder kontinuierlich zu. So zeigt sich eine anhaltende Trendwende der Mortalitätszahlen im Jahr 2021 mit einem Anstieg um 0,8 % auf 35.131. Im Jahr 2022 zeigte sich sogar eine noch deutlichere Zunahme von 6,9 % auf 37.570, während die Anzahl 2023 mit einem Anstieg von 0,2 % auf 37.645 Todes- fälle nahezu konstant verblieb. Insgesamt zeigt sich 2023 dennoch ein deutlicher Rückgang der absoluten Mortalität im Vergleich zu 2011 von 17,1 %. Die altersstandardisierte Mortalität weist ebenfalls seit 2011 einen deutlichen Rückgang von 60,7 auf 37,6 Verstorbene pro 100.000 Einwohner auf. Aller- dings ist anzumerken, dass auch im Jahr 2023 die Mortalität mit 37,6 Verstorbenen dem Stand vor der COVID-19-Pandemie entspricht und sich somit die Zahlen seit 2022 wieder auf dem Ausgangsniveau wiederfinden. Die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Män- ner war 2023 gegenüber 2011 von 61,9 auf 39,8 zurückgegangen, die der Frauen von 59,5 auf 35,3 (Tabelle 5/2, Abbildung 5/4). Insgesamt bleibt die Mortalitätsrate mit 37,6 auf dem Vorjahresniveau, wobei sich die altersstandardisierte Mortalitätsrate der Männer 2023 mit 39,8 um 0,9 % leicht erhöhte, während die der Frauen mit 35,3 um -1,8 % sank. Interpretation der Daten Seit 2011 konnte eine kontinuierliche Reduktion der absoluten Mortalitätsrate bei Herzinsuffizienz beobachtet werden. Allerdings scheint dieser rück- läufige Trend gebrochen und bereits im Jahr 2021 zeigte sich ein numerischer Anstieg der Fälle um 0,8 %. Diese Tendenz setzte sich 2022 noch deutlicher in einer Zunahme von 6,9 % fort, gefolgt von einer Stagnation des Trends im letzten Erfassungsjahr mit einer marginalen Zunahme von 0,2 %. Inwieweit dies eine erneute Trendwende darstellt, verbleibt reine Spekulation, jedoch scheinen die Zahlen zu belegen, dass es während der COVID-19-Pandemie zu einer reduzierten Versorgung der Patienten kam, die sich unmittelbar in einem leichten Anstieg der absoluten Sterblichkeit von herzinsuffizienten Patienten (ab 2021) und um ein Jahr verzögert (ab 2022) auch in der Anzahl an Verstorbenen je 100.000 Einwohner widerspiegelt. Hierbei muss jedoch eine mögliche Verschiebung der Hauptdiagnosen in der Pandemie berücksichtigt werden, sodass sichere Rückschlüsse nicht möglich sind. Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Gestorbene absolut Gestorbene je 100.000 Einwohner gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 45.428 46.410 45.815 44.551 47.414 40.334 38.187 37.709 35.297 34.855 35.131 37.570 37.645 14.807 15.560 15.842 16.038 17.619 15.016 14.069 13.974 13.442 13.642 13.817 14.643 15.017 30.621 30.850 29.973 28.513 29.795 25.318 24.118 23.735 21.855 21.213 21.314 22.927 22.628 60,7 59,5 57,2 54,1 55,7 46,2 42,7 41,2 37,6 36,3 35,8 37,7 37,6 61,9 61,0 59,4 57,1 59,2 49,0 44,8 42,7 39,5 38,7 37,9 39,4 39,8 59,5 57,9 54,9 51,1 52,2 43,4 40,6 39,6 35,7 33,9 33,7 36,0 35,3 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 5/2: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz in Deutschland in den Jahren 2011 bis 2023 74 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Altersstandardisierte Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A e t a r s t ä t i l a t r o M 100 80 60 40 20 0 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 männlich weiblich gesamt Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Jahr Abb. 5/4: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz in Deutschland im Jahr 2000 und in den Jahren 2011 bis 2023 5 Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz nach Alter 5.7 Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz nach Altersgruppen Die Tabelle 5/3 zeigt eindrucksvoll, dass die Mor- talität einer Herzinsuffizienz mit zunehmendem Alter erheblich zunimmt. So findet sich auch im Erfassungsjahr 2023 eine massive Zunahme der Verstorbenen pro 100.000 Einwohner ab dem 60. Lebensjahr. Weiterhin ist zu erkennen, dass der Anteil an Frauen, die aufgrund einer Herzinsuffizienz ver- starben, bis zum 90. Lebensjahr deutlich geringer ist als der Anteil der Männer. Interpretation der Daten Auch die 2023 erfassten Daten zur altersspezifi- schen Mortalität spiegeln den bekannten Kenntnis- stand einer altersabhängigen Prävalenz, Inzidenz und Mortalität der Herzinsuffizienz wider. Diese begründet sich sicherlich in einer altersabhängi- gen Zunahme der Komorbitäten, wie Diabetes oder Koronarer Herzkrankheit und auch in dem vorausgegangenen Lebenswandel (Alkohol- und Alter 0 – <40 40 – <50 50 – <60 60 – <70 70 – <80 80 – <90 ≥90 Gestorbene je 100.000 Einwohner gesamt männlich weiblich 0,1 0,9 3,6 12,7 56,5 320,9 1.721,2 0,1 1,4 5,2 17,5 68,3 334,9 1.650,3 35,9 0,1 0,4 2,1 8,1 46,7 311,3 1.751,1 52,8 Alle Altersgruppen 44,5 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 5/3: Mortalitätsrate der Herzinsuffizienz nach Geschlecht und Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2023 Nikotinkonsum, Adipositas etc.). Für den Sonderfall der Mortalitätsrate und deren Interpretation sei auf den Schaukasten verwiesen. 5. Herzinsuffizienz | 75
Herzinsuffizienz ist keine zugrunde liegende Todesursache Grundlage für die angegebenen Mortalitätsraten ist die im Totenschein angegebene „zugrunde liegende Todesursache“, die als Ausgangspunkt einer zum Tode führende Kausalkette in einer Leichen- schau identifiziert wurde. Nach den Vorgaben der WHO sollen hier ausschließlich „informative“ Diagnosen Eingang finden, die Auskunft über die zugrunde liegende Morbidität der Bevölkerung gibt. Dagegen zählen Symptome (Dyspnoe), End- zustände (Herzstillstand, Organversagen) aber auch Folgeerkrankungen, zu denen die WHO auch die Herzinsuffizienz zählt, zu „nicht-informativen“ Todesursachen. Damit sollte eine Herzinsuffizienz nicht als zugrunde liegende Todesursache angege- ben werden. Trotzdem rangiert sie in Deutschland in den letzten Jahren unter den fünf häufigsten Todesursachen. Zusätzlich wird die Qualität der Todesursachenstatistik in Deutschland durch den hohen Anteil unbekannter Todesursachen reduziert. In Ländern mit hoher Qualität der Todesursachen- statistik wie z.B. Großbritannien, Irland oder Finn- land werden nicht-informative Todesursachen wie Herzinsuffizienz oder auch unbekannte Todes- ursachen nur in wenigen Fällen registriert. In Ermangelung anderer Datenquellen wurde ent- schieden, die Mortalitätsrate für Herzinsuffizienz trotz der dargestellten erheblichen Limitation zunächst weiter im Herzbericht darzustellen, da die Darstellung zumindest einen relativen Vergleich im zeitlichen Verlauf erlaubt. Die verordnungsstärksten Arzneimittelgruppen – 2023 Verordnungen Nettokosten DDD Rang Arzneimittelgruppe Mio. % Änderungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Angiotensinhemmstoffe Analgetika Betarezeptorenblocker Antiphlogistika/Antirheumatika Antidiabetika Antibiotika Lipidsenker Ulkustherapeutika Schilddrüsentherapeutika Psychoanaleptika Antiasthmatika Antithrombotische Mittel Diuretika Calciumantagonisten Psycholeptika 68,4 64,8 43,4 39,7 36,8 35,8 33,5 32,0 29,9 28,7 27,2 25,2 25,0 24,5 23,0 0,9 1,9 -1,2 -0,6 4,4 18,4 7,3 -0,2 -1,2 3,0 -0,2 -1,4 -0,8 1,2 -0,5 Mio. € 1.873,6 2.137,3 591,7 636,4 3.718,9 719,0 949,9 572,1 410,2 955,1 2.273,5 3.267,1 523,4 303,7 847,4 % Änderungen 2,2 -0,8 -3,6 0,1 3,1 18,7 13,1 -1,0 -2,9 3,8 2,9 1,4 -0,1 -0,4 -3,0 Mio. 10.933,6 988,0 2.052,4 1.122,6 2.859,0 317,1 3.963,3 3.848,1 1.868,5 2.065,8 1.443,5 1.975,8 2.007,8 2.734,2 556,0 % Änderungen 0,6 2,3 -3,1 0,2 5,2 16,6 8,6 0,2 -2,0 3,1 -0,9 -1,6 -2,2 1,1 -1,0 DDD= Tagesdosen. Änderungen beziehen sich auf das Vorjahr. Farbhinterlegung = Herz-Kreislauf-Mittel Darstellung auf Grundlage des GKV-Arzneimittelindex im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) Tab. 5/4: Die verordnungsstärksten Arzneimittelgruppen nach Anzahl der Verordnungen in Deutschland im Jahr 2023 76 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
5.8 Medikamentöse Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz Ziele der medikamentösen Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz sind gemäß den aktuellen Leitlinien¹ die Reduktion von Symptomen und die Verbesserung der Prognose. Dabei gilt es insbesondere, kardiale Dekompensationen und Episoden instabiler Herz- insuffizienz, die oftmals eine Krankenhausaufnahme erforderlich machen, zu verhindern, da andernfalls ein sukzessiver Anstieg der Mortalität gut belegt ist. Das therapeutische Vorgehen bei Herzinsuffizienz wurde bereits weiter oben dargestellt. Bereits vor Veröffentlichung der aktuellen Leitlinien, die eine Erweiterung des medikamentösen Therapie spektrums beinhalten, war in Deutschland weiterhin eine noch nicht optimale Umsetzung der Leitlinienempfehlun- gen festzustellen.2 Interpretation der Daten Die medikamentöse Therapie von Patienten mit Herz- insuffizienz stellt nach der Behandlung von Patienten mit hohem Blutdruck die wichtigste Indikation für die Arzneimitteltherapie im Herz-Kreislauf-Bereich dar. Ganz generell ist der Anteil der Herz-Kreislauf-Mittel am Verordnungsspektrum aller Arzneimittel groß. Unter den 15 verordnungsstärksten Arzneimittel- gruppen (Tabelle 5/4) finden sich fünf Gruppen (Angiotensinhemmstoffe, Betarezeptorenblocker, Lipidsenker, antithrombotische Mittel, Diuretika), die als Herz-Kreislauf-Mittel einzustufen sind, auch wenn nicht alle davon Therapeutika der manifesten Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion sind (wie etwa die Lipidsenker). Antidiabetika werden in dieser Zusammenschau nicht als Herz-Kreislauf- Mittel gewertet, auch wenn über ein Drittel der Herz-Kreislauf-Patienten Diabetiker sind. Mit den zunehmend vorliegenden Daten zu Wirkungen von bestimmten Antidiabetika (SGLT2-Inhibitoren) auf das Herz muss diese Einteilung für die Zukunft sicherlich überdacht werden. Exakte Zahlen für den Einsatz der Medikamente bei Herzinsuffizienz liegen nicht vor, da in den existierenden Statistiken zum Arzneimittelverbrauch in Deutschland nicht nach der Indikation getrennt wird. 5.9 Operationszahlen 2023 Die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) ist inzwischen ein fester Bestandteil der Therapie von Patienten mit einer symptomatischen Herzinsuffizienz und dyssynchroner Kontraktion des linken Ventri- kels. Diese Therapie wird empfohlen für Patienten mit HFrEF und einer QRS-Breite von 130 ms und mehr, wobei Patienten mit einem Linksschenkel- block und einer QRS-Breite von 150 ms und mehr am meisten profitieren. Die Aufnahme der CRT in die europäischen Leitlinien zur chronischen Herz- insuffizienz Anfang der 2000er-Jahre mit Vergabe eines Empfehlungsgrades erstmals 2008 und der sich anschließenden ständigen Verfeinerung der Indikationsstellung in den Leitlinien¹ unterstreicht die Bedeutung dieser Therapieform. Systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen aus den vergangenen Jahren weisen darauf hin, dass die CRT die Prognose von herzinsuffizienten Patienten verbessern kann.4 Zudem ist die CRT für mindestens die Hälfte der Patienten mit einer Verbesserung der Lebensqualität verbunden. Allerdings profitieren etwa 10 – 30 % der Patienten als sogenannte „Non- Responder“ nicht von der kardialen Resynchroni- sationstherapie. So ist es Gegenstand aktueller Untersuchungen, die Zahl dieser „Non-Responder“ durch optimierte Operations- und Programmier- verfahren zu reduzieren. Interpretation der Daten Im Jahr 2023 wurden in Deutschland im Rahmen der stationären Versorgung herzinsuffizienter Patienten insgesamt 13.751 Erstimplantationen von kardialen Resynchronisationssystemen (CRT) zur linksventri- kulären Stimulation durchgeführt. Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg der Eingriffe von 7,0 %. Hingegen reduzierten sich Folgeeingriffe wie Aggregatwechsel aufgrund erschöpfter Bat- teriekapazitäten von 5.681 auf 4.150 (-27 %) und korrektive Revisionseingriffe von 4.022 auf 3.870, entsprechend 3,8 %. Insgesamt ergibt sich für alle CRT-Eingriffe zusammen eine Reduktion von 22.552 auf 21.771 (-3,5 %) für das Erfassungsjahr 2023. Unterteilt man weiterhin die Eingriffe nach Herz- schrittmacher und ICD, so zeigt sich, dass insgesamt 5 5. Herzinsuffizienz | 77
Operationen bei Rhythmusimplantaten mit Stimulationsoperationen zum CRT Art des Eingriffs Neuimplantationen Aggregatwechsel Revisionen Summe CRTP CRTD Anzahl Operationen Anzahl Operationen 6.354 732 702 7.788 7.397 3.418 3.168 13.983 Berechnung auf Grundlage von Daten des IQTIG Tab. 5/5: In Deutschland insgesamt durchgeführte Operationen bei Rhythmusimplantation zu CRT im Jahr 2023 in Deutschland Operationen mit CRT-D-Systemen fast doppelt so häufig durchgeführt werden wie mit CRT-P-Systemen (Tabelle 5/5). Diese Tatsache ist sicherlich in der Indikationsüberschneidung einer primärprophylaktischen ICD-Therapie mit der Indikation zur CRT begründet, wo für beide The- rapieformen beispielsweise eine hochgradig re- duzierte Pumpfunktion bei einer bestehenden Kardiomyopathie indikationsbegründende Patho- logien darstellen. Allerdings führte eine restriktivere Empfehlung der internationalen Leitlinien (ESC-Guidelines 2021)¹ zur primärpräventiven Defibrillatortherapie bei nicht ischämischen Kardiomyopathien basierend auf den Ergebnissen der DANISH-Studie zu einer zurückhal- tenderen Anwendung von CRT-D-Systemen. Dieser Trend spiegelt sich auch seit über einem Jahrzehnt in der kontinuierlichen Zunahme an implantierten CRT- P-Systemen wider (2010: 836; 2023: 6.354), was sich auch in einem steigenden Anteil an CRT-P-Systemen unter allen Herzschrittmachersystemen von 1,1 % auf aktuell 8,4 % wiederfindet. Parallel zu dieser Entwicklung reduzierte sich seit 2015 kontinuierlich die Anzahl der jährlichen ICD-Neuimplantationen von 30.002 auf aktuell 20.780 erheblich (siehe auch Tabelle 4/2). Hierbei verblieb allerdings der Anteil von CRT-D-Systemen unter allen ICD-Systemen bei einem stabilen Anteil zwischen 30 % und 36 % wie auch im aktuellen Erfassungsjahr mit 35,6 %. In herzchirurgischen Fachabteilungen erfolgten 26,3 % der Schrittmacher-Revisionen und 30,0 % der ICD-Revisionen. Dies stellt einen überpropor- tional hohen Eingriffsanteil im Vergleich zu den rund 12 % an durchgeführten Erstoperationen dieser Abteilungen dar. Sicherlich begründet sich diese Tatsache in der höheren operativen Komplexität der Revisionseingriffe und der Notwendigkeit von umfassenderen Ressourcen. 5.9.1 Neuimplantationsrate von CRT-P- und CRT-D-Systemen im Vergleich Die Neuimplantationsrate pro 1 Million Einwoh- ner liegt bei den CRT-P- und CRT-D-Systemen in Deutschland jeweils über den Implantationsraten von Schweden und diese wiederum über denen der Schweiz. So wurden auch im Jahr 2023 in Deutsch- land mehr als doppelt so viele CRT-D-Systeme pro 1 Million Einwohner implantiert wie in der Schweiz (Tabelle 5/6). Interpretation der Daten Eine schlüssige Erklärung, weshalb in Deutschland deutlich mehr Patienten ein CRT-System zur The- rapie einer bestehenden schweren Herzinsuffizienz erhalten, ist auch in den vorausgegangenen Jahren nicht gelungen. Möglicherweise erfassen die diagnos- tischen Maßnahmen in Deutschland einen höheren Patientenanteil als in anderen europäischen Ländern. 78 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Neuimplantationsrate von CRT-P- und CRT-D- Systemen in der Schweiz, Schweden und Deutschland CRTP CRTD Schweiz Schweden Deutschland 41 66 75 41 52 87 Berechnung auf Grundlage von Daten des IQTIG, der Stiftung für Herzschrittmacher und Elektrophysiologie (Schweiz) und dem Swedish ICD & Pacemaker Registry Tab. 5/6: Neuimplantationen von CRT-P- und CRT-D-Systemen pro 1 Million Einwohner in der Schweiz, Schweden und Deutschland im Jahr 2023 Auch Unterschiede im Vergütungssystem könnten eine Rolle spielen. Dies könnte erklären, weshalb die Vergleichsländer Schweiz und Schweden den bestehenden Versorgungsunterschied in den letzten Jahren kontinuierlich reduzieren konnten. Ein ande- rer Aspekt könnte in einer differenten Versorgung älterer Patienten bestehen, denn ein Vergleich der Altersstruktur der versorgten Patienten zeigte im internationalen Vergleich, dass Deutschland den mit Abstand größten Anteil an älteren Patienten (über 80 Jahre) versorgte. Diese Patientengruppe repräsentierte sich in den europäischen Vergleichs- ländern weniger als halb so häufig. 5.10 Indikationen zur CRT Die Leitlinienkonformität bei der Indikationsstellung zeigt Abbildung 5/5. Sie wurde bis 2017 nur für die CRT-D-Systeme erfasst. Die erfassten Zahlen zeigen, dass bei CRT-D-Patienten mit Implantation einer Vor- hofsonde die aktuellen Leitlinien am konsequentesten umgesetzt werden. Eine geringere Leitlinienkonformität weisen konstant die Eingriffe CRT-D ohne Vorhofsonde (Patienten mit permanentem Vorhofflimmern, die keine RA-Sonde erhalten) und CRT-P auf. Weiterhin fällt auf, dass sich die leitlinienkonforme Indikations- stellung 2023 für alle Erfassungsklassen um 2 – 3 % im Vergleich zum Vorjahr reduzierte. 5 Leitliniengerechte Indikation bei CRT-Systemen zwischen 2011 und 2023 95,5 96,7 96,4 96,4 96,6 96,8 91,4 75,4 75,2 79,6 71,1 71,3 74,4 70,3 96,6 73,0 61,3 59,4 97,4 79,6 97,6 81,5 73,1 72,6 94,3 79,4 69,7 97,2 96,5 82,5 64,6 78,4 70,3 t n e z o r P 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 CRT-D mit Vorhofsonde CRT-D ohne Vorhofsonde CRT-P Jahr Darstellung auf Grundlage der Bundesauswertung des aQua-Institutes und des IQTIG Abb. 5/5: Qualität der Indikationsstellung bei Neuimplantationen von CRT-D-Systemen von 2011 bis 2023 und von CRT-P-Systemen von 2017 bis 2023 5. Herzinsuffizienz | 79
Interpretation der Daten Eine mögliche Erklärung der geringeren Leitlinienkon- formität könnte beispielsweise sein, dass Patienten mit permanentem Vorhofflimmern ein CRT-System auch unabhängig von der QRS-Breite und Pumpfunktion zur Vermeidung einer ungünstigen ausschließlichen RV-Stimulation (z.B. vor einer geplanten AV-Knoten- Ablation) erhalten. Ein Grund ist hierbei die oft nicht mit absoluter Sicherheit zu evaluierende richtige Diagnose eines permanenten VHF. Unklar erscheint auch, weshalb alle Erfassungsklassen im Erfassungs- jahr eine Reduktion der leitliniengerechten Indika- tionsstellung zwischen 2 und 3 % aufweisen, was eine veränderte Rechenregel der Bundesauswertung des IQTIG nahelegen würde. Da die aktuelle Datenabfrage im Rahmen der Qualitätssicherung keine Möglichkeit der individualisierten Kommentierung bietet, bleiben jedoch die genauen medizinischen Gründe für eine bestimmte Systemwahl unklar. 5.11 Operationsdauer der Implantation von CRT-Systemen Operative Eingriffszeiten spiegeln einerseits den Organisationsgrad einer Institution und ande- rerseits die Erfahrungen der handelnden Teams wider. Weiterhin werden sie von der Komplexi- tät der durchgeführten Operationen beeinflusst. Für das Erfassungsjahr 2023 sind in Abbildung 5/6 die Ergebnisse der OP-Zeiten für CRT-D- und CRT-P-Neuimplantationen dargestellt. Vergleich- bar anderer kardialer Rhythmusimplantate ohne linksventrikuläre Stimulationsoption unterscheiden sich die Eingriffszeiten zwischen Defibrillator- und Herzschrittmachersystemen. So zeigt sich, dass 2023 für eine CRT-D-Implantation im Schnitt etwa 10 Minuten mehr Zeit notwendig war als für die eines CRT-P-Systems. Operationsdauer der Implantation von CRT-Systemen 110 105 106 105 102 101 100 99 100 95 95 95 90 88 90 90 88 88 99 90 99 90 98 88 114 105 n e t u n M i 140 120 100 80 60 40 20 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2017 Jahr CRT-D CRT-P Darstellung auf Grundlage der Bundesauswertungen des aQua-Institutes und der Bundesauswertungen des IQTIG Abb. 5/6: Operationsdauer der Neuimplantationen von CRT-D- und CRT-P-Systemen von 2011 bis 2023 80 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Interpretation der Daten Da es seit Jahren zu keiner wesentlichen Veränderung der Operationsverfahren einer CRT-Implantation kam, zeigen die erhobenen Operationszeiten über die dargestellte Zeitspanne keine relevanten Änderun- gen – lediglich eine marginale Zeitreduktion für beide Verfahren. So kann geschlussfolgert werden, dass deutschlandweit Operationsteams mit großer Erfahrung und Institutionen mit einem hohen Organisationsgrad handeln. Eine weitere Reduktion der Eingriffszeiten ist bei unveränderter Operationstechnik und Implantaten nicht zu erwarten. Dass die Defibrillatorimplantation über die Jahre eine fast konstant längere Eingriffszeit benötigt, ist sicherlich mit einem differenten Setting (beispielsweise Narkose, Analgosedation) und auf- wendigerer chirurgischer Präparation (Aggregatta- schengröße und -lage), wie auch der schwierigeren perioperativen Führung der Hämodynamik der schwer herzinsuffizienten Patienten erklärbar. Auch im internationalen Vergleich mit der Schweiz und Schweden zeigen sich vergleichbar längere Eingriffszeiten für Defibrillatorsysteme im Vergleich zu Herzschrittmachern. In Bezug auf die CRT-D- und CRT-P-Systeme finden sich die schnellsten Eingriffszeiten bei den Schweden vor Deutschland und der Schweiz. 5.12 Entwicklung der mechanischen Kreislaufunterstützung in Deutschland – 2023 Herzunterstützungssysteme Es werden temporäre und permanente Herz- unterstützungssysteme unterschieden. Temporäre Systeme kommen vor allem in Notfallsituation zur Behandlung eines kardiogenen Schocks zum Einsatz und in letzter Zeit auch zunehmend zur Unter- stützung von Koronarinterventionen bei Patienten mit schlechter Pumpleistung des Herzens. Permanente Herzunterstützungssysteme unterstüt- zen die Pumpleistung des im Körper verbleibenden Herzens, in der Regel die linke Herzkammer. Es Implantation von Herzunterstützungssystemen in Deutschland Implantation von Herz unterstützungssystemen linksventrikuläre axiale Pumpen 2020 2021 2022 2023 4.312 5.034 5.217 5.969 Berechnung auf Grundlage von Daten des InEK Tab. 5/7: Implantationen von linksventrikulären axialen Pumpen in den Jahren 2020 bis 2023 Implantationen von Herzunterstützungssystemen Anzahl Implantationen von Herzunterstützungs- systemen/Kunstherzen 2021 2022 2023 800 735 773 Daten aus dem Bundesqualitätsbericht 2022, 2023 und 2024 des IQTIG Tab. 5/8: Anzahl reiner Implantationen von Herzunterstützungs- systemen/Kunstherzen in Deutschland in den Jahren 2021, 2022 und 2023 im Vergleich 5 gibt elektrisch angetriebene und druckluftbetrie- bene Systeme. Ferner wird unterschieden zwischen implantierbaren Pumpen und Pumpkammern, die außerhalb des Körpers liegen (sogenannte para- korporale Systeme). Es gibt Systeme, bei denen der Blutstrom pulsatil bleibt und Systeme, bei denen das Blut kontinuierlich gepumpt wird. Weiterhin wird unterschieden zwischen Systemen, die nur eine Herzkammer (LVAD, left ventricular assist device oder selten RVAD, right ventricular assist device) oder beide Herzkammern (BVAD, biventricular assist device) unterstützen. Am häufigsten werden elektrisch betriebene, konti- nuierlich pumpende Systeme eingesetzt, die nur die linke Herzkammer unterstützen (LVAD). Das kranke Herz wird im Körper belassen. Das Blut wird aus der Spitze der linken Herzkammer herausgeleitet und in die Hauptschlagader gepumpt. Das elektrische Antriebskabel wird aus der Haut herausgeführt und ist mit einem Steuerungscomputer und den 5. Herzinsuffizienz | 81
notwendigen Batterien verbunden. Diese Systeme sind relativ klein und relativ geräuschlos, sodass der Patient sich in der Öffentlichkeit frei bewegen kann, ohne aufzufallen. Der Patient selbst kann allerdings ein kontinuierliches Summen hören. Die Batterien der Systeme halten heute im günstigsten Fall bis zu 18 Stunden und müssen dann erneut aufgeladen werden. Derartige Unterstützungssysteme werden sowohl zur Überbrückung bis zur Transplantation (bridge to transplant, BTT) als auch als Dauer- lösung bei Patienten eingesetzt, bei denen eine Transplantation nicht möglich ist. Derzeit (Stand 26.3.2025) ist das einzige in Deutschland zugelassene implantierbare LVAD-System das Heartmate III der Firma Abbott. Weitere Systeme befinden sich in der präklinischen und klinischen Erprobung. Für eine biventrikuläre Unterstützung gibt es derzeit keine richtig befriedigende Lösung. Mit einer Ausnah- megenehmigung können 2 Heartmate III Systeme zur Unterstützung der linken und rechten Herzkammer implantiert werden oder es wird das parakorporale System der Firma Berlin Heart verwendet. Bei Kindern stehen bei einer Körperoberfläche unter 1,2 m2 ausschließlich parakorporale Systeme der Firma Berlin Heart zur Verfügung. Bei größeren Kindern und Jugendlichen kann größenabhängig (über 1,2 m2 Körperoberfläche, Thoraxgröße) auch ein Heartmate III zum Einsatz kommen. Kunstherz Kunstherzen (total artificial heart, TAH) sind Systeme, die das Herz komplett ersetzen. Die erkrankten Herzkammern (rechter und linker Ven- trikel) werden dabei entfernt. Seit 1993 wurde das Kunstherz „SynCardia total artificial heart“ (SynCardia TAH) implantiert. Als Antrieb dient ein Druckluftkompressor, der über zwei Schläuche mit den Pumpkammern des Kunstherzens verbunden ist. Es gibt mobile Druckluftkompressoren, die es dem Patienten ermöglichen, auch nach Hause entlassen zu werden. Das elektrisch angetriebene Aeson TAH (Firma CARMAT) hat inzwischen eine CE-Zulassung für 6 Monate für die Bridge-to-transplant-Anwendung. Interpretation der Daten Wie in Tabelle 5/7 gezeigt, kam es über die letzten Jahre zu einem stetigen Anstieg des Einsatzes tempo- rärer Herzunterstützungssysteme. Anhand der Daten kann aktuell nicht differenziert werden, welcher Anteil auf die Notfallbehandlung des kardiogenen Schocks entfällt und welcher Anteil zur Unterstützung von Koronarinterventionen eingesetzt wurde. Aufgrund der dynamischen Entwicklung in diesem Bereich bemühen wir uns, diesen Sachverhalt im nächsten Herzbericht entsprechend differenzieren zu können. Die Zahl der implantierbaren Herzunterstützungs- systeme (LVAD/RVAD/BVAD) und Kunstherzen sind in Deutschland insgesamt im Vergleich zum Jahr 2022 leicht gestiegen. Im Jahr 2023 sind nach Bundesqualitätsbericht des IQTIG insgesamt 773 solcher Eingriffe durchgeführt worden (Tabelle 5/8), nach DGTHG-Leistungsstatistik 772 solcher Eingriffe. Der Einsatz von Linksherzunterstützungssystemen (LVAD) ist 2023 im Vergleich zu 2022 um 14,7 % von 655 auf 751 Implantationen gestiegen. (Abbildung 5/7 A). Derzeit steht in Deutschland als zugelassenes implan- tierbares LVAD-System nur das Heartmate III zur Verfügung. Die Schlaganfallrate konnte mit der Einführung des Heartmate III LVAD-Systems deutlich gesenkt werden. Möglicherweise hat diese erfreuliche Entwicklung zu einem Anstieg der Implantations- zahlen von LVAD-Systemen geführt. Die Zurückhaltung beim Einsatz von BVAD ist dadurch zu erklären, dass diese im Vergleich zum LVAD eine deutlich höhere Komplikationsrate und eine schlechtere Lebensqualität bieten. Häufig kann auch bei Patienten mit diesen Systemen eine Transplantation nicht realisiert werden. Aktuell (Stand März 2025) hat das (SynCardia TAH) keine offizielle CE-Zulassung, für einzelne Zentren gibt es Ausnahmegenehmigungen. Eine erneute Zulassung wird von der Firma angestrebt. Der Einsatz von TAH-Systemen erfolgt ebenfalls sehr zurückhaltend, da eine Transplantation innerhalb von 6 Monaten bei dem Spenderorganmangel in Deutschland nicht garantiert werden kann. 82 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Einsatz von Herzunterstützungssystemen – 2011 bis 2023 A LVAD/RVADImplantation D A V R / D A V L 1.200 900 600 300 0 B BVAD 100 D A V B 80 60 40 20 0 C TAH H A T 30 25 20 15 10 5 0 766 601 898 915 915 965 1.003 903 924 827 731 751 655 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2017 Jahr 68 45 31 27 30 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2017 Jahr 16 17 16 14 12 10 12 14 5 24 24 23 27 20 15 23 15 2011 2012 2013 2014 2015 2016 9 4 5 7 2018 2019 2020 2021 2022 2023 7 2017 Jahr Berechnung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 5/7: Einsatz implantierbarer Herzunterstützungssysteme (LVAD/RVAD), biventrikulärer Systeme (BVAD) und Kunstherzen (TAH) im Verlauf von 2011 bis 2023 5. Herzinsuffizienz | 83
5.12.1 Herzunterstützungssysteme und Kunstherzen nach Transplantationsprogramm Die meisten der permanent implantierbaren Unter- stützungssysteme und Kunstherzen werden in Zentren implantiert, die auch gleichzeitig über ein Trans- plantationsprogramm verfügen (Abbildung 5/8). Interpretation der Daten Bei Implantationen von permanenten Kreislauf- unterstützungssystemen außerhalb eines Trans- plantationszentrums muss zwingend eine enge und formalisierte Zusammenarbeit mit einem Transplan- tationszentrum sichergestellt sein. Das implantie- rende Zentrum sowie das Transplantationszentrum müssen gemeinsam die Indikationsstellung für die mechanische Kreislaufunterstützung besprechen. Dadurch wird sichergestellt, dass der Patient recht- zeitig bei einer Bridge-to-transplant-Therapie für eine Transplantation gelistet wird und im Fall von Komplikationen rechtzeitig ein HU-Status (HU = high urgency) beantragt werden kann. 5.13 Herztransplantationen/ Herz-Lungen-Transplantation Die Herztransplantation ist weiterhin der Goldstan- dard für die Therapie von Patienten mit terminaler Herzschwäche. Seit der ersten erfolgreichen Trans- plantation beim Menschen am 3. Dezember 1967 hat sich die chirurgische Transplantationstechnik nicht wesentlich geändert. Standard ist die orthotope biatriale oder bicavale Transplantation. Deutliche Fortschritte wurden hingegen auf dem Gebiet der lebenslang notwendigen Immunsuppression erzielt, die sich auch in einer signifikanten Verbesserung im Langzeitüberleben zeigen. Limitiert wird die Zahl der Transplantationen durch die Zahl der zur Verfügung stehenden Spenderorgane. Herzunterstützungssysteme und Kunstherzen nach Transplantationsprogrammen Assist-Device-Implantationen 2023 59,7 % (n = 461/772) der AD-Implantationen wurden in Ein- richtungen mit Transplantationsprogramm* (n = 21) vor- genommen. LVAD/RVADImplantationen 59,3 % n = 445 / 751 in 20 Kliniken 40,7 % n = 306 / 751 in 37 Kliniken 64,3 % n = 9 / 14 in 6 Kliniken 35,7 % n = 5 / 14 in 4 Kliniken BVAD TAH 100,0 % n = 7 / 7 in 6 Kliniken 0,0 % n = 0 / 7 in 0 Kliniken mit Transplantationsprogramm* ohne Transplantationsprogramm* * Transplantationsprogramm: Transplantationen HTx / HLTx n > 0 oder Warteliste HTx / HLTx n > 0 Berechnung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 5/8: Implantationen von Herzunterstützungssystemen im Jahr 2023 84 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Herztransplantationen seit 2011 - n e g n u L - z r e H d n u - z r e H n e n o i t a t n a p s n a r T l 366 346 313 304 286 297 257 318 344 339 329 358 330 500 400 300 200 100 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Jahr 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Statistik der Deutschen Stiftung Organtransplantation Abb. 5/9: Entwicklung der Herz- und Herz-Lungen-Transplantationen von 2011 bis 2023 Zehn Jahre nach einer Transplantation leben noch etwa 60 % der Patienten. Mit den aktuell verfügbaren Techniken bei den Linksherzunterstützungssystemen leben nach LVAD-Implantation nach 5 Jahren je nach Risikoprofil etwa 60 % der Patienten. Interpretation der Daten Die Zahl der Herztransplantationen 2023 ist wieder rückläufig im Vergleich zum Vorjahr. (Abbildung 5/9). Nach wie vor ist Deutschland abhängig von Spender- organen aus dem Ausland. Es ist ein Skandal und der Öffentlichkeit kaum vermittelbar, dass hierzulande Spenderorgane aus Ländern mit einer Widerspruchs- lösung transplantiert werden, die Widerspruchslösung selbst aber bisher nicht in Deutschland eingeführt werden konnte. 2021 wurden 19 Spenderherzen aus Ländern, in denen die Widerspruchslösung gilt, in Deutschland transplantiert, 2022 waren es 46 und 2023 waren es 27 Spenderorgane (entsprechend Angaben der DSO). 5 Transplantierte und gespendete Organe 52 2 303 59 1 330 266 766 2.877 postmortal gespendete Organe Deutschland 2023 1.488 2.986 trans plantierte Organe nach postmortaler Organspende Deutschland 2023 1.514 266 816 Niere Leber Lunge Herz Pankreas Darm Statistik der Deutschen Stiftung Organtransplantation Abb. 5/10: Diskrepanz zwischen transplantierten Organen und gespendeten Organen in Deutschland 2023 5. Herzinsuffizienz | 85
Literatur 1 McDonagh, SA et al. 2021. 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: supplementary data. European Heart Journal (2021) 00, 1-42, doi:10.1093/eurheartj/ehab368 2 Störk S et al. 2017. Treatment of chronic heart failure in Germany: a retrospective database study. Clin Res Cardiol. 2017 Nov;106(11):923-932. doi: 10.1007/ s00392-017-1138-6. Epub 2017 Jul 26. PMID: 28748266; PMCID: PMC5655600 3 Solomon, SD 2024. Finerenone in Heart Failure with Mildly Reduced or Preserved Ejection Fraction. N Engl J Med 2024; 391: 1475-1485, Vol. 391 No. 16, doi: 10.1056/NEJMoa2407107 4 Colquitt JL et al. 2014. Implantable cardioverter defibrillators for the treatment of arrhythmias and cardiac resynchronisation therapy for the treatment of heart failure: systematic review and economic evaluation. Health Technol Assess 18: 501-60 86 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
6. Angeborene Herzfehler DGPK: PD Dr. Sarah Nordmeyer (Tübingen), Prof. Dr. Ulrike Herberg (Aachen); DGTHG: Prof. Dr. Christian Schlensak (Tübingen), Prof. Dr. André Rüffer (Aachen) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick 8.500 Säuglinge werden pro Jahr mit einem Herzfehler geboren, therapiert überleben 90 % ins Erwachsenenalter. Nach der Phase der Primärversorgung im 1. Lebensjahr sind Morbidität und Mortalität bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern seit 2011 konstant niedrig. Altersstandardisierte Mortalitätsrate 2023: 0,8 Die steigende Anzahl an Herzkatheter- untersuchungen spiegelt den stetig wachsenden Bedarf an Diagnostik und interventioneller Therapie wider. • Anstieg der Interventionen von 5.289 (2022) auf 6.164 (2023) = + 16,5 % • Anstieg von 8.131 Herzkatheter- untersuchungen (2022) auf 9.960 (2023) = + 22,5 % Die Hospitalisationsrate ist leicht ansteigend, die Verweildauer hingegen sinkt deutlich. Kurzlieger- Anstieg von 10.350 Fällen (47,2 %) 2011 auf 15.951 Fälle (63,1 %) 2023 Zahl der Operationen wegen angeborener Herzfehler ist mit ca. 5.400 pro Jahr seit längerem konstant. Die Überlebensrate nach einer pädiatrischen Herztransplantation ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Viele Kinder erreichen nach der Transplantation eine gute bis sehr gute Lebensqualität. Copyright: Deutsche Herzstiftung/medicalArtwork 6.1 Hintergrund 6.2 Aktuelle Entwicklungen 6 Das Spektrum der angeborenen Herzfehler (AHF) ist groß und umfasst einfache, leicht behebbare bis hin zu sehr komplexen Fehlbildungen des Herz-Kreislauf- Systems, die unbehandelt schon im Neugeborenen- alter zum Tode führen würden. Jährlich werden in Deutschland rund 8.500 Kinder mit einem angebo- renen Herzfehler geboren, dank der Fortschritte der Kinderkardiologie, Kinderherzchirurgie, Intensivme- dizin und Anästhesie erreichen mittlerweile über 90 % der Betroffenen das Erwachsenenalter. Daher steigt vor allem die Anzahl der Erwachsenen mit angebo- renem Herzfehler (EMAH), die eine neue Patienten- population bilden und neue Heraus forderungen in Bezug auf Diagnostik und Therapie mit sich bringen. Aktuell leben in Deutschland über 360.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einem angebore- nen Herzfehler, die individuell behandelt und häufig lebenslang mit dem Ziel der Aufrechterhaltung von Lebensqualität, Arbeits- und Leistungsfähigkeit medizinisch weiterversorgt werden müssen. Die Anzahl der Herzkatheteruntersuchungen generell und interventionell nehmen zu, sodass es auch einen steigenden Bedarf an umfangreich ausgebildeten Herzkatheterspezialisten gibt. Außerdem gibt es bei steigender Anzahl an Erwachsenen mit ange- borenem Herzfehler einen zunehmenden Bedarf an komplexen interventionellen und operativen Therapien. Der Aufbau von Registern, wie zum Beispiel dem MYKKE-Register (Register für Kinder und Jugendliche mit Verdacht auf Myokarditis), in das Patienten mit einer Myokarditis aufgenommen werden, hilft, um deutschlandweit valide Daten zu Inzidenz, Krank- heitsverläufen und Therapieeffekten von zahlen- mäßig seltenen Erkrankungen zu gewinnen. Dies kann auch für qualitätssichernde Maßnahmen und zur Dokumentation von Langzeitverläufen fungieren. Dazu dient auch die Nationale Qualitätssicherung angeborener Herzfehler. 6. Angeborene Herzfehler | 87
Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der herzchirurgischen Versorgung bei Kindern und Jugendlichen in der Fassung vom 18. Februar 2010 (letzte Änderung 1. Januar 2025) trägt zu einer Konzentration und Zentralisierung der Versorgung angeborener Herzfehler bei. Weiterhin gibt es eine zunehmende Rolle der nicht invasiven Bildgebung (MRT und CT) für Patienten aller Altersstufen. Untersuchungen im Neugeborenenalter können in sogenannter „Feed-and-sleep“-Technik ohne Narkose durchgeführt werden und Fortschritte in der MRT-Technik ermöglichen diagnostisch wertvolle Ergebnisse auch ohne Kontrastmittel. Technische Weiterentwicklung in der CT-Technik führt zu einer immer geringeren Strahlenbelastung und besseren räumlichen Auflösung. Familienorientierte Rehabilitation ist eine speziell für chronisch kranke Kinder und deren Familien entwickelte Form der Anschlussheilbehandlung, um der ganzen Familie zu helfen, gemeinsam mit der chronischen Erkrankung eines Familienmitglieds zu leben. 6.3 Vollstationäre Hospitalisationsrate von Patienten mit angeborenen Herzfehlern nach Geschlecht und Altersgruppen Im Jahr 2023 ereigneten sich insgesamt 25.269 vollstationär behandelte Fälle, wovon der größte Anteil auf die Patienten im ersten Lebensjahr entfiel (Abbildung 6/1). Die Hospitalisationsrate in den übrigen Altersgruppen ist sehr niedrig und nimmt mit dem Alter auch nicht zu. In Zusammenarbeit mit den Ingenieurwissenschaften werden an vielen deutschen Zentren virtuelle Therapien zur Vorhersage postoperativer oder postinterven- tioneller Therapien mit dem Ziel der personalisierten und optimierten Therapieplanung entwickelt. Es zeigen sich keine relevanten Geschlechterunter- schiede, wobei über alle Altersgruppen hinweg eine leicht geringere Hospitalisationsrate bei den weiblichen Patienten dokumentiert ist (33 männlich, 27 weiblich). Vollstationäre Hospitalisationsrate angeborener Fehlbildungen nach Altersgruppen – 2023 e t a r s n o i t a s i l a t i p s o H e r ä n o i t a t s l l o V 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 917 872 79 77 42 44 28 28 15 16 31 21 18 12 0 – <1 1 – <5 5 – <10 10 – <18 18 – <40 40 – <60 ≥60 männlich weiblich Altersgruppen Darstellung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 6/1: Vollstationäre Hospitalisationsrate (vollstationäre Fälle pro 100.000 Einwohner) angeborener Fehlbildungen im Jahr 2023 88 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Entwicklung der stationären Aufenthaltsdauer von 2000 und 2011 bis 2023 l h a z l l a F 30.000 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Jahr 1 – 3 Tage (Kurzlieger) 15 – 21 Tage 4 – 7 Tage 22 – 28 Tage 8 – 9 Tage 29 – 35 Tage 10 – 12 Tage 36 – 42 Tage 13 – 14 Tage 43 – 70 Tage >70 Tage Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 6/2: Stationäre Aufenthaltsdauer wegen angeborener Herzfehler im Jahr 2000 sowie in den Jahren 2011 bis 2023 Interpretation der Daten Die Hospitalisationsrate im Säuglingsalter ist am ehesten durch die interventionelle oder chirurgische Versorgung und Primärkorrektur der jeweiligen Herzfehler zu erklären und unduliert stabil um 2.000 Säuglinge pro 100.000 Einwohner (2022: 981 männ- liche und 851 weibliche Säuglinge). Die niedrige Hospitalisationsrate auch in den Alters- gruppen über 40 Jahren spricht für eine niedrige Morbidität der Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler in Bezug auf die Gesamtbevölkerung. 6.4 Stationäre Verweildauer von Patienten mit angeborenen Herzfehlern nach Geschlecht und Altersgruppen Abbildung 6/2 beschreibt den Trend der vollstatio- nären Verweildauer von Patienten aller Altersklas- sen mit einem angeborenen Herzfehler pro Fall in absoluten Zahlen und die Abbildung 6/3 in relativen Zahlen. Die Zahl der vollstationären Aufnahmen betrug im Jahr 2000 23.235 Fälle und im Jahr 2011 21.942 Fälle. Seit 2018 unduliert die Zahl von sta- tionären Aufnahmen mit der Hauptdiagnose eines angeborenen Herzfehlers zwischen 27.550 im Jahr 2019 und 25.269 im Jahr 2023. 6 Demgegenüber nimmt die stationäre Verweildauer von Patienten mit angeborenem Herzfehler seit dem Jahr 2000 kontinuierlich ab und hat sich im Vergleich zum Stichjahr 2000 deutlich reduziert. Während im Jahr 2000 9.331 (40,2 %) Patienten mit einer vollstationären Verweildauer von 1 – 3 Tagen aufgenommen wurden, betrug der Anteil der Patienten mit einem kurzen stationären Aufent- halt von 1 – 3 Tagen 2011 bereits 10.350 (47,2 %) und 2023 15.951 (63,1 %). Demgegenüber nahm der Anteil der Fälle mit einer stationären Verweil- dauer von 4 – 7 Tagen ab. Die Zahl und der Anteil der Fälle mit einer Verweildauer von 8 – 9 Tagen mit derzeit 1.342 Fällen blieben konstant. Die Zahl und der prozentuale Anteil von Patienten mit einer längeren Verweildauer von mehr als 10 Tagen nahm von 28,7 % im Jahr 2000 auf 16,6 % im Jahr 2023 deutlich ab. 6. Angeborene Herzfehler | 89
Entwicklung der stationären Aufenthaltsdauer von 2000 und 2011 bis 2023 n e r ä n o i t a t s n o v l i l e t n A r e a u t n e z o r P r e u a d e g e L r e n e t i i i m n e m h a n f u A n e g a T x n o v 70 60 50 40 30 20 10 0 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Jahr 1 – 3 Tage (Kurzlieger) 4 – 7 Tage 8 – 9 Tage 10 – 12 Tage >12 Tage Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 6/3: Stationäre Aufenthaltsdauer wegen angeborener Herzfehler im Jahr 2000 sowie in den Jahren 2011 bis 2023 Stationäre Aufenthaltsdauer nach Alter im Jahr 2023 r e u a d e g e L r e d i l i l e t n A r e a u t n e z o r P r e t l A h c a n n e g a T x n o v 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 – <1 1 – <5 5 – <10 10 – <15 15 – <20 20 – <25 25 – <30 30 – <35 35 – <40 40 – <45 45 – <50 50 – <55 55 – <60 60 – <65 65 – <70 70 – <75 75 – <80 ≥80 Altersgruppen 1 – 3 Tage (Kurzlieger) 4 – 7 Tage 8 – 9 Tage 10 – 12 Tage >12 Tage Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 6/4: Prozentualer Anteil der stationären Verweildauer der Patienten mit angeborenem Herzfehler nach Altersgruppen im Jahr 2023 Interpretation der Daten Die starke Verkürzung der stationären Verweildauer von Patienten mit angeborenen Herzfehlern in den letzten Jahren spiegelt die Effizienz der Versorgung wider. Der Anteil der kurzstationären Aufenthalte ist von 40,2 % im Jahr 2000 auf 63,1 % im Jahr 2023 angestiegen und ist mutmaßlich vor allem durch die Aufenthalte ohne herzchirurgische Operation (Herzkatheteruntersuchungen, medikamentöse Einstellung, Überwachung) bedingt. Die deutliche Reduktion der Anzahl der längeren stationären Aufenthalte von mehr als 10 Tagen lässt auf eine ebenfalls kürzere Verweildauer nach herzchirur- gischer Operation schließen. 90 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
6.4.1 Stationäre Verweildauer von Patienten mit angeborenen Herzfehlern nach Altersgruppen Die stationäre Verweildauer von Patienten mit einem angeborenen Herzfehler ist abhängig vom Alter. Der prozentuale Anteil von Kindern, die einen kurzen stationären Aufenthalt von 1 – 3 Tagen haben, beträgt bei Kindern unter 1 Jahr 34,2 %, bei Kindern zwischen 1 – <5 Jahren 54,9 % und steigt bei Kindern über 5 Jahren auf das Niveau der Erwachsenen mit 67 %. Eine längere stationäre Verweildauer von mehr als 12 Tagen liegt bei Neugeborenen und Kindern unter 1 Jahr mit 28,7 % und bei Kindern zwischen 1 – <5 Jahren mit 14,1 % vor (Abbildung 6/4). Interpretation der Daten Neugeborene und Säuglinge mit angeborenen Herzfehlern und Kinder unter 5 Jahren benötigen längere vollstationäre Aufenthaltsdauern als ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene, da Palliation oder Korrektur angeborener Herzfehler in der Regel in den ersten Lebensjahren, meist in den ersten 12 Lebensmonaten erfolgt. Die Zahlen spiegeln die Notwendigkeit von Versorgungsstrukturen für die vulnerable Gruppe von Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern wider. 6.5 Altersstandardisierte Mortalitätsrate bei Patienten mit angeborenen Herz- fehlern nach Geschlecht Die altersstandardisierte Mortalitätsrate bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern ist seit den 90er-Jahren zurückgegangen und hat in den letzten 10 Jahren ein weitestgehend konstant niedriges Niveau erreicht (Abbildung 6/5; Mortalitätsrate unter 1 pro 100.000 Einwohner). Es zeigt sich eine bekannte, tendenziell niedrigere Mortalitätsrate bei weiblichen Patienten und eine leichte Steigerung der Mortalitätsrate im Vergleich zu 2011/2012. Interpretation der Daten Die gute interdisziplinäre Versorgung der Patienten mit angeborenen Herzfehlern spiegelt sich in der konstant niedrigen Mortalitätsrate wider. Eine nied- rigere Mortalitätsrate bei weiblichen Patienten mit angeborenen Herzfehlern ist bereits in der Literatur vorbeschrieben, sowohl eine niedrigere Mortalität im Säuglingsalter nach Herzoperation als auch eine Altersstandardisierte Mortalitätsrate der angeborenen kardiovaskulären Fehlbildungen – seit 2011 6 e t a r s t ä t i l a t r o M e t r e i s i d r a d n a t s s r e t l A 2,0 1,8 1,6 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Jahr männlich weiblich gesamt 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 6/5: Entwicklung der altersstandardisierten Mortalitätsrate der angeborenen Fehlbildungen (ICD-10 Q20-Q28) nach Geschlecht in Deutschland von 2011 bis 2023 6. Angeborene Herzfehler | 91
Altersabhängige Todesfälle bei angeborenen kardiovaskulären Fehlbildungen – 2011 versus 2023 n e n e b r o t s e G r e d l h a z n A 800 600 400 200 0 685 483 235 213 257 57 71 59 59 56 85 76 <1 1 – <18 18 – <40 40 – <60 ≥60 gesamt Altersgruppen Gestorbene 2011 Gestorbene 2023 Darstellung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Abb. 6/6: Altersabhängige Todesfälle bei angeborenen Fehlbildungen des Herz-Kreislauf-Systems (ICD-10 Q20-Q28) im Vergleich der Jahre 2011 und 2023 niedrigere 5-Jahresmortalität bei erwachsenen Patientinnen mit angeborenen Herzfehlern. Die leichte Zunahme der Mortalitätsrate pro 100.000 Einwohner in den letzten Jahren ist ggf. auf den Anstieg der Gesamtmenge an Patienten mit ange- borenen Herzfehlern zurückzuführen.¹, ² 6.6 An Fehlbildungen des Herz-Kreislauf- Systems Gestorbene – 2011 versus 2023 Die Anzahl der Gestorbenen über alle Altersgruppen bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern nimmt über die letzten Jahre stetig leicht zu. Im Vergleich zu den Zahlen von 2011 zeigt sich ein Anstieg um 42 %, dabei ist besonders der Anstieg bei den Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern über 60 und über 80 Jahren dafür verantwortlich. In der Gruppe der Säuglinge zeigt sich eine Reduktion der Anzahl der Verstorbenen um ca. 9 % im Vergleich zu 2011 (Abbildung 6/6). Interpretation der Daten Die Anzahl der Verstorbenen mit angeborenem Herzfehler ist insgesamt niedrig. Bemerkenswert ist der deutliche Anstieg in der Altersgruppe über 60 und über 80 Jahren. Dies bedeutet zunächst, dass Patienten mit angeborenen Herzfehlern mittlerweile ein Alter auch weit über das erwartete Lebensalter der Normalbevölkerung erreichen. Der stete leichte Anstieg der Anzahl der Verstorbenen zwischen 2011 und 2023 ist am ehesten durch den kontinuierlichen Anstieg der Gesamtanzahl an Patienten mit angebo- renem Herzfehler innerhalb der Gesamtbevölkerung bedingt. Dies verdeutlicht die wachsende gesamt- gesellschaftliche Bedeutung dieser Patientengruppe. 6.7 Stationäre Fälle und Gestorbene mit angeborenen Fehlbildungen des Herz-Kreislauf-Systems Die Anzahl der stationären Fälle und der Verstorbenen mit angeborenen Herzfehlern (AHF) wird in der Kran- kenhausdiagnose- und in der Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes beschrieben. Gemäß Krankenhausdiagnosen wurden im Jahr 2023 25.269 Patienten (2022: 24.405) mit angeborener Fehlbildung des Herz-Kreislauf-Systems (ICD-10 Q20 - Q28) 92 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Morbidität und Mortalität der angeborenen Fehlbildungen des Herz-Kreislauf-Systems – 2023 Diagnosen gemäß ICD 2023 Q20 Angeborene Fehlbildungen der Herz- höhlen und verbindender Strukturen Q21 Angeborene Fehlbildungen der Herzsepten Q22 Angeborene Fehlbildungen der Pulmonal- und der Trikuspidalklappe Q23 Angeborene Fehlbildungen der Aorten- und der Mitralklappe Q24 Sonstige angeborene Fehlbildungen des Herzens Q25 Angeborene Fehlbildungen der großen Arterien Q26 Angeborene Fehlbildungen der großen Venen Q27 Sonstige angeborene Fehlbildungen des peripheren Gefäßsystems Q28 Sonstige angeborene Fehlbildungen des Kreislaufsystems Summe Stationäre Fälle Gestorbene Mortalität in % gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich gesamt 1.390 833 557 71 13.120 6.949 6.171 186 1.128 580 548 32 2.106 1.500 606 115 610 324 286 2.622 1.428 1.194 429 234 195 1.978 855 1.123 1.886 966 920 25.269 13.669 11.600 95 61 9 7 109 685 45 92 19 71 52 26 5 5 26 94 13 44 43 35 4 2 62 377 47 308 5,11 1,42 2,84 5,46 15,57 2,33 2,10 0,35 5,78 2,71 Darstellung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 6/1: Stationäre Fälle und Gestorbene mit angeborenen Fehlbildungen des Herz-Kreislauf-Systems im Jahr 2023 vollstationär behandelt. Die Zahl der Gestorbenen betrug 685 im Jahr 2023 (2022: 685), was 2,7 % der stationär Behandelten entspricht (Tabelle 6/1). 6.8 Kinderkardiologische Herzkatheteruntersuchungen und Herzkatheterinterventionen Interpretation der Daten Während die Gesamt-Mortalität der stationär Behan- delten 2,7 % entspricht, zeigen Patienten mit den häufigsten Herzfehlern – Vorhofseptum- und Kammer- septumdefekte (Q21 – angeborene Fehlbildungen der Herzsepten) – eine geringe Mortalität (1,42 %), Anoma- lien der großen Venen und der großen Arterien weisen eine durchschnittliche Mortalität auf. Eine höhere Mortalität besteht bei komplexen Vitien und ange- borenen Fehlbildungen von Aorten- und Mitralklappe, die sich durch einen höheren Schweregrad der Fehlbil- dung und Einbezug des Systemventrikels auszeichnen. 6.8.1 Anzahl der Herzkatheter- untersuchungen im Jahresverlauf Gegenüber den Vorjahren steigt die Zahl der dia- gnostischen und interventionellen Herzkatheter- untersuchungen leicht an. 2011 wurden insgesamt 8.282 Herzkatheteruntersuchungen bei angeborenen Herzfehlern gemeldet, 2016 9.050 Untersuchungen und nach einem Abfall der gemeldeten Zahlen während der Corona-Pandemie ist die Zahl der gemeldeten Herzkatheteruntersuchungen auf 9.960 angestiegen (Abbildung 6/7). 6 6. Angeborene Herzfehler | 93
Anzahl diagnostischer und therapeutischer Herzkatheteruntersuchungen von 2011 bis 2023 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 e f f i r g n E r e d i l h a Z 4.754 3.528 5.398 4.911 5.100 4.954 5.182 5.065 3.341 3.465 3.094 3.672 3.868 3.752 4.784 3.280 5.452 5.239 5.289 4.673 3.435 3.566 3.156 2.842 6.164 3.796 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2017 Jahr Interventionen diagnostische Herzkatheter Darstellung auf Grundlage von Daten der DGPK-Umfragen für die Erfassungsjahre 2011 bis 2023 Abb. 6/7: Anzahl der diagnostischen und therapeutischen Herzkatheteruntersuchungen von 2011 bis 2023 Interpretation der Daten Die Anzahl der diagnostischen und interventionellen Herzkatheteruntersuchungen bei angeborenen Herz- fehlern steigt über das letzte Jahrzehnt stetig an. Insbesondere die Zahl der Herzkatheterinterventio- nen steigt absolut und auch anteilig an. 2011 waren bereits 57,4 % aller Herzkatheteruntersuchungen Interventionen, 2023 61,9 %. 6.8.2 Anzahl der Herzkatheter- untersuchungen nach Einrichtungen Abbildung 6/8 zeigt die interventionell arbeitenden kinderkardiologischen Fachabteilungen nach der Gesamtzahl der Eingriffe aufsteigend sortiert. In 27 Fachabteilungen wurden 2023 in Deutschland insgesamt 9.960 Herzkatheteruntersuchungen und Herzkatheterinterventionen bei Patienten mit ange- borenen Herzfehlern durchgeführt. Die Anzahl der gemeldeten diagnostischen, aber auch interven- tionellen Herzkatheteruntersuchungen ist im Vergleich zum Vorjahr angestiegen, insbesondere bei den gemeldeten Herzkathetern der 3 größten Zentren. Interpretation der Daten 22 der 27 meldenden Herzzentren führen mehr als 150 Herzkatheter bei angeborenen Herzfehlern pro Zentrum durch. Der prozentuale Anteil der verschiedenen Katheterinterventionen variiert in Zentren mit über 100 Herzkathetern zwischen 44 % und 88 %. 6.164 (61,9 %) der 9.960 Herzkatheter- Eingriffe waren nicht nur diagnostischer, sondern gezielt interventioneller Art. Hier reicht das Spektrum von der Ballondilatation der Herzklappen über den Duktus-Verschluss, den Vorhofseptumdefekt- oder Ventrikelseptumdefekt-Verschluss bis hin zur Stent- implantation in verschiedenste Gefäße und zur kathetergestützten Pulmonalklappenimplantation. 6.8.3 Anzahl der Herzkatheter- untersuchungen nach Patientenalter Abbildung 6/9 zeigt die Anzahl der diagnostischen und interventionellen Herzkatheteruntersuchungen in Abhängigkeit vom Patientenalter. Der Anteil an Herzkatheteruntersuchungen bei Neugeborenen beträgt 8,0 % (796/9.960), bei Säug- lingen 16,8 % (1.674/9.960) und bei Kindern zwischen 2 und 18 Jahren 46,7 % (4.649/9.960). 2.841 Herz- katheteruntersuchungen, entsprechend 28,5 % aller Herzkatheteruntersuchungen, werden bei Patienten über 18 Jahren in Kinderkardiologien durchgeführt. Interpretation der Daten Die Zahl der Herzkatheteruntersuchungen in Kin- derkardiologien ist ansteigend, bezogen auf das Patientenalter werden absolut und relativ mehr 94 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Kinderkardiologische Kliniken nach Gesamtzahl der Eingriffe und Verhältnis diagnostische HKU/Intervention e f f i r g n E r e d i l h a Z 1.200 1.100 1.000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 Kinderkardiologien nach Gesamtzahl der Eingriffe aufsteigend sortiert Interventionen diagnostische Herzkatheter Jede Zahl der x-Achse steht für ein einzelnes Zentrum. Darstellung auf Grundlage der DGPK-Umfrage aus den Jahren 2024 und 2025 über erbrachte Leistungen in 2023 Abb. 6/8: Zahl der diagnostischen und therapeutischen Katheteruntersuchungen bei angeborenen Herzfehlern in Deutschland aus dem Jahr 2023 Kinderkardiologische Kliniken und Zahl der Herzkatheteruntersuchungen nach Patientenalter 6 e l l ä f r e t e h t a k z r e H r e d l h a Z 1.200 1.100 1.000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 Kinderkardiologien nach Gesamtzahl der Herzkatheterfälle aufsteigend sortiert Neugeborene (1 – 28 Tage) Säuglinge (2 – 12 Monate) Kinder (2 – <18 Jahre) Erwachsene (≥18 Jahre) Darstellung auf Grundlage der DGPK-Umfrage aus den Jahren 2024 und 2025 über erbrachte Leistungen in 2023 Abb. 6/9: Zahl der Katheteruntersuchungen aus dem Jahr 2023 nach Patientenalter aufgeteilt 6. Angeborene Herzfehler | 95
Herzkatheteruntersuchungen auch bei Patienten über 18 Jahre mit angeborenen Herzfehlern durchgeführt. Dies spiegelt die Notwendigkeit von Herzkatheter- untersuchungen bei der steigenden Population von EMAH-Patienten wider. In fast allen Kinderkardio- logien werden Patienten vom Neugeborenenalter bis in das Erwachsenenalter mittels Herzkatheter untersucht und therapiert. 6.8.4 Anzahl der Herzkatheter- interventionen nach Patientenalter Von insgesamt 27 teilnehmenden Fachabteilungen wurden 2023 in allen Fachabteilungen Herzkatheter- interventionen durchgeführt. Die Altersverteilung der Patienten in den jeweiligen Fachabteilungen ist dabei durchaus sehr unterschiedlich, was eine jewei- lige Spezialisierung widerspiegelt (Abbildung 6/10). Interpretation der Daten Die periprozedurale Sterblichkeit ist unverändert sehr gering. Ein Kind starb innerhalb von 24 Stunden nach einer Herzkatheterintervention (unter 0,01 %) (Jahreserhebung 2023 der DGPK). Eingeschlossen sind hier auch die Kinder, die nach Herzoperationen oder Reanimationen mit ECLS (extracorporeal life support) eine diagnostische oder interventionelle Herzkatheteruntersuchung bei instabiler Kreislauf- situation erhielten. 6.9 Chirurgie angeborener Herzfehler im Kindes- und Erwachsenenalter 6.9.1 Operationen angeborener Herzfehler nach Patientenalter Aufgrund der Komplexität und Variabilität angebore- ner Herzfehler ist für den Bereich Kinderherzchirurgie langjährige spezialisierte herzchirurgische Erfahrung notwendig, um gemeinsam mit entsprechend erfah- renen Kinderkardiologen, pädiatrischen Kardioanäs- thesisten, speziell geschulten Per fusionisten und dem pädiatrisch kinderkardiologisch versierten Pflegedienst den hohen Anforderungen des Fachgebiets gerecht zu werden. Kinderherzchirurgische Eingriffe unterschei- den sich wesentlich in der prä- und postoperativen Versorgung wie auch in den Operationstechniken von den herzchirurgischen Eingriffen bei erworbenen Herzerkrankungen im Erwachsenenalter. Neben der schonenderen Operationstechnik hat auch die Modifi- kation der Herz-Lungen-Maschine in den vergangenen Jahren zu dieser Entwicklung beigetragen. Kinderkardiologische Kliniken und Zahl der Herzkatheter-Interventionen nach Patientenalter n e n o i t n e v r e t n i r e t e h t a k z r e H r e d l h a Z 700 600 500 400 300 200 100 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 Kinderkardiologien nach Gesamtzahl der Herzkatheterinterventionen aufsteigend sortiert Neugeborene (1 – 28 Tage) Säuglinge (2 – 12 Monate) Kinder (2 – <18 Jahre) Erwachsene (≥18 Jahre) Darstellung auf Grundlage der DGPK-Umfrage aus den Jahren 2024 und 2025 über erbrachte Leistungen in 2023 Abb. 6/10: Zahl der Herzkatheter-Interventionen aus dem Jahr 2023 aufgeteilt nach Patientenalter 96 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Kardiale Operationen angeborener Herzfehler nach Patientenalter Altersgruppen <1 Jahr 1 – 17 Jahre ≥18 Jahre Summe mit HLM ohne HLM Gesamt Operationen absolut Anteile in % Operationen absolut Anteile in % Operationen absolut Anteile in % 1.755 1.793 978 4.526 38,8 39,6 21,6 100,0 591 206 46 843 70,1 24,4 5,5 100,0 2.346 1.999 1.024 5.369 43,7 37,2 19,1 100,0 Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Tab. 6/2: Operationen angeborener Herzfehler nach Patientenalter mit und ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM) im Jahr 2023 Extrakardiale Operationen angeborener Herzfehler nach Patientenalter Altersgruppen <1 Jahr 1 – 17 Jahre ≥18 Jahre Summe mit HLM ohne HLM Gesamt Operationen absolut Anteile in % Operationen absolut Anteile in % Operationen absolut Anteile in % 26 49 5 80 32,5 61,3 6,3 100,0 992 993 85 2.070 47,9 48,0 4,1 100,0 1.018 1.042 90 2.150 47,3 48,5 4,2 100,0 Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Tab. 6/3: Extrakardiale Operationen bei Patienten mit angeborenem Herzfehler nach Patientenalter mit und ohne Herz-Lungen- Maschine (HLM) im Jahr 2023 6 Die verbindliche Richtlinie zur Kinderherzchirurgie des G-BA legt hohe personelle und infrastrukturelle Anforderungen an die herzchirurgische Versorgung von angeborenen Herzfehlern fest. Die Vorhaltung der Anforderungen an die Struktur- und Prozess- qualität der herzchirurgischen Versorgung im Neu- geborenen- und Säuglingsalter wird nur noch von 21 der 77 herzchirurgischen Fachabteilungen (24 der 77 Fachabteilungen für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen) in Deutschland erbracht. Im Jahr 2023 erfolgten 7.519 Operationen bei Patien- ten mit angeborenen Herzfehlern. 5.369 dieser Eingriffe waren intrakardial und 2.150 Operationen erfolgten extrakardial, in der Regel an den gro- ßen, zentralen Gefäßen. Die Tabelle 6/2 zeigt die Altersverteilung der 5.369 intrakardialen Eingriffe. Die Anzahl ist seit einigen Jahren relativ konstant (5.283 Operationen im Jahr 2022). Wie die Herzkatheter-Interventionen, so erfolgen auch Operationen bei angeborenen Herzfehlern in immer früherem Alter: 38,8 % der HLM-Operationen und 70,1 % der Operationen ohne Einsatz der HLM erfolgten im Neugeborenen- und Säuglingsalter (1. – 12. Lebensmonat). Tabelle 6/3 zeigt die Altersverteilung der 2.150 extrakardialen Operationen bei angeborenen Herzfehlern. Die Hälfte dieser Eingriffe erfolgte bei Neugeborenen und Säuglingen im ersten Lebensjahr. Darunter subsumieren sich Eingriffe wie z.B. die operativen Korrekturen der Aorten- isthmusstenose, die Duktusligatur, das Banding der Pulmonalarterien, aber auch der sekundäre Thoraxverschluss nach komplexen Primäreingrif- fen. Knapp 4 % dieser Eingriffe erfolgten unter Einsatz der HLM. 6. Angeborene Herzfehler | 97
Anzahl der Operationen angeborener Herzfehler 5.599 5.593 5.576 5.779 5.892 5.855 5.913 5.853 5.757 5.569 5.535 5.283 5.369 n e n o i t a r e p O r e d l h a Z 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Jahr Abb. 6/11: Entwicklung der Operationen angeborener Herzfehler mit und ohne HLM in Deutschland in den Jahren 2011 bis 2023 Interpretation der Daten Bedingt durch die technischen Fortschritte und Weiterentwicklungen in der Herzchirurgie können heute bei der großen Mehrzahl komplexer ange- borener Herzfehler frühzeitig Herzoperationen durchgeführt werden. katheterbasierter Verfahren wie z.B. zum Verschluss von Septumdefekten oder zum Ersatz von Herz- klappen ist die Anzahl von kardialen Operationen zumindest im Kindes- und Jugendalter im Trend rückläufig, auch wenn es 2023 im Vergleich zu 2022 einen geringen Anstieg gab. Neben der Weiterentwicklung von Operations- techniken führt die Forderung nach einer Konzen- tration der Behandlung angeborener Herzfehler zu einer Qualitätssicherung in der chirurgischen Versorgung. 6.9.2 Entwicklung der Operationen angeborener Herzfehler Im Jahr 2023 erfolgten 5.369 kardiale Operationen bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern. Im Ver- gleich zum Vorjahr ist die Zahl der kardialen Opera- tionen leicht angestiegen (2022: 5.283). Insgesamt zeigt sich die Gesamtzahl kardialer Operationen bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern über die Jahre relativ konstant. Interpretation der Daten Angeborene Herzfehler gehören zu den häufigsten Fehlbildungen und kommen mit einer Häufigkeit von 0,8 % relativ konstant vor. Die große Mehrzahl der angeborenen intrakardialen Herzfehler wird nach wie vor chirurgisch korrigiert. Durch die Entwicklung 6.10 Operationen angeborener Herzfehler bezogen auf einzelne Fachabteilungen 6.10.1 Operationen angeborener Herzfehler im Neugeborenen- und Säuglingsalter bezogen auf einzelne Fachabteilungen Im Jahr 2023 wurden 1.755 (2022: 1.882) Opera- tionen bei Säuglingen mit AHF mit Herz-Lungen- Maschine in 21 (2022: 22) der 77 herzchirurgischen Fachabteilungen in Deutschland durchgeführt (Tabelle 6/2). Die Anzahl der Operationen variierte in diesen Einrichtungen von 7 bis 169 Eingriffen pro Jahr (Abbildung 6/12). Interpretation der Daten 90 % (2022: 89 %) der Operationen im Säuglingsalter wurden in 15 der 21 (2022: 15 von 22) Fachabteilungen vorgenommen. Weniger als 50 Herzoperationen mit HLM bei Säuglingen wurden in sechs, 50 bis 100 Operationen in sieben und mehr als 100 Operationen in acht Einrichtungen erbracht. 98 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Operationen mit HLM im Neugeborenen- und Säuglingsalter n e n o i t a r e p O r e d l h a Z 250 200 150 100 50 0 7 1 42 42 43 53 55 22 22 85 87 63 73 102 109 94 140 143 121 125 169 158 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Herzchirurgische Fachabteilungen nach Operationen mit HLM aufsteigend sortiert Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 6/12: Operationen bei Patienten mit angeborenem Herzfehler mit HLM im Neugeborenen- und Säuglingsalter im Jahr 2023 (Leistungszahlen der einzelnen Kliniken) 6.10.2 Operationen angeborener Herzfehler mit HLM bei Kindern/ Jugendlichen bezogen auf einzelne Fachabteilungen von 2 bis 224. Weniger als 50 Herzoperationen mit HLM wurden in elf, 50 bis 100 Operationen in sieben, und mehr als 100 Herzoperationen in sechs herzchirurgischen Fachabteilungen erbracht. Im Jahre 2023 wurden 1.793 (2022: 1.625) Opera- tionen angeborener Herzfehler bei Kindern und Jugendlichen (Alter von 1 bis 17 Jahre) mithilfe der HLM in insgesamt 24 (2022: 26) der 77 herzchirurgi- schen Fachabteilungen durchgeführt (Tabelle 6/2). Die Operationszahl variierte bei diesen Einrichtungen Interpretation der Daten 91 % (2022: 90 %) der Operationen angeborener Herzfehler bei Kindern und Jugendlichen (Alter von 1 bis 17 Jahre) wurden mithilfe der HLM in den 15 herzchirurgischen Kliniken mit dem größten Volumen vorgenommen. 6 Operationen mit HLM bei Kindern/Jugendlichen n e n o i t a r e p O r e d l h a Z 250 200 150 100 50 0 2 2 3 13 20 22 33 35 37 40 40 224 186 159 88 89 97 99 100 72 62 125 130 115 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Herzchirurgische Fachabteilungen nach Operationen mit HLM aufsteigend sortiert Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 6/13: Operationen von Patienten mit angeborenem Herzfehler mit HLM bei Kindern und Jugendlichen von 1 – 17 Jahren im Jahr 2023 (Leistungszahlen der einzelnen Kliniken) 6. Angeborene Herzfehler | 99
6.10.3 Operationen angeborener Herzfehler mit HLM bei Patienten ab 18 Jahren (EMAH) bezogen auf einzelne Fachabteilungen Im Jahre 2023 wurden 978 (2022: 894) Operationen mit HLM bei Patienten mit AHF über 18 Jahre in insgesamt 69 (2022: 62) der 77 herzchirurgischen Fachabteilungen durchgeführt. Die Operationszahl variierte bei diesen Einrichtungen zwischen 1 und 77. Weniger als 20 Operationen angeborener Herzfehler mit HLM wurden in 53 (2022: 44), 20 und mehr in 16 (2022: 18) herzchirurgischen Einrichtungen erbracht. Interpretation der Daten 60 % (2022: 55 %) der Operationen bei Patienten mit AHF über 18 Jahre wurden in den 15 volumenstärksten herzchirurgischen Fachabteilungen durchgeführt. Die Anzahl der Operationen pro Klinik ist in der Bundesrepublik Deutschland vergleichsweise gering. Operationen mit HLM bei Erwachsenen (EMAH) 80 70 60 50 40 30 20 10 0 n e n o i t a r e p O r e d l h a Z 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 53 55 57 59 61 63 65 67 69 Herzchirurgische Fachabteilungen nach Operationen mit HLM aufsteigend sortiert Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 6/14: Operationen mit HLM bei Patienten mit angeborenem Herzfehler über 18 Jahren im Jahr 2023 (Leistungszahlen der einzelnen Kliniken) Operationen angeborener Herzfehler mit HLM nach Patientenalter n e n o i t a r e p O r e d l h a Z 400 350 300 250 200 150 100 50 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Herzchirurgische Fachabteilungen nach Operationen angeborener Herzfehler mit HLM aufsteigend sortiert <1 Jahr 1 – 17 Jahre ≥18 Jahre Aufgeführt sind Zentren mit mehr als 50 Eingriffen pro Jahr. Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 6/15: Operationen mit HLM bei Patienten (Kindern und Erwachsenen) mit angeborenem Herzfehler im Jahr 2023 100 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
6.10.4 Operationen angeborener Herzfehler mit HLM nach Patientenalter 6.10.5 Operationen angeborener Herzfehler mit und ohne HLM Im Jahr 2023 haben 70 der 77 herzchirurgischen Fachabteilungen mindestens einen Patienten mit einem angeborenen Herzfehler operiert. 50 Ein- richtungen hatten weniger als 50 Fälle und wurden in der Abbildung 6/15 nicht berücksichtigt. Die verbleibenden 20 Kliniken mit mehr als 50 HLM- Operationen bei angeborenen Herzfehlern sind in Abbildung 6/15 nach Volumen und Altersverteilung der Patienten (unter 1 Jahr, zwischen 1 und 17 und über 18 Jahre) aufgeführt. Interpretation der Daten 80 % aller 4.526 Operationen angeborener Herz- fehler mit HLM (Tabelle 6/2) wurden 2023 an 15 der insgesamt 77 herzchirurgischen Fachabteilun- gen erbracht. In den größten 15 Fachabteilungen wurden 89 % (2022: 87 %) aller Neugeborenen und Säuglinge operiert, 90 % (2022: 89 %) der 1- bis 17-Jährigen und 44 % (2022: 44 %) der ab 18-Jährigen. 91 % aller 5.369 Operationen angeborener Herzfehler mit und ohne HLM wurden 2023 in 21 der insgesamt 70 (2022: 64) herzchirurgischen Fachabteilungen erbracht. 49 Einrichtungen hatten weniger als 50 Fälle und sind in Abbildung 6/16 nicht aufgeführt. Weniger als 100 Operationen angeborener Herzfehler mit und ohne HLM wurden in weiteren drei, 100 bis 200 in sieben und mehr als 200 in elf herz chirurgischen Kliniken erbracht (siehe Abbildung 6/16). Interpretation der Daten Die Vorhaltung der Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität der Versorgung von angebore- nen Herzfehlern bei Kindern und Erwachsenen führt zu einer zunehmenden Zentralisierung. In nur noch 21 von 70 Fachabteilungen, die mindestens einen angeborenen Herzfehler operiert haben, werden mehr als 50 Operationen angeborener Herzfehler und in 18 Fachabteilungen mehr als 100 Operationen mit und ohne HLM durchgeführt. Operationen angeborener Herzfehler mit und ohne HLM 6 n e n o i t a r e p O r e d l h a Z 500 400 300 200 100 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Herzchirurgische Fachabteilungen nach Operationen mit und ohne HLM aufsteigend sortiert mit HLM ohne HLM Aufgeführt sind Zentren mit mehr als 50 Eingriffen pro Jahr. Darstellung auf Grundlage von Daten der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 6/16: Alle kardialen Operationen mit und ohne HLM bei Patienten (Kindern und Erwachsenen) mit angeborenem Herzfehler im Jahr 2023 6. Angeborene Herzfehler | 101
6.11 Herztransplantationen bei Kindern im Alter von 0 bis 15 Jahren Zwischen 2011 und 2023 wurden in Deutschland 434 Kinder vor der Vollendung des 15. Lebensjahres herz- transplantiert. Im Mittel waren das 33,4 Transplan- tationen pro Jahr mit einer Spannweite von 21 bis 47. Im Jahr 2023 betrug die Zahl 32 (2022: 42). Alle Daten stammen von Eurotransplant (Leiden, NL) und von der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO). Da bei diesen beiden Organi sationen Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr zur Gruppe der Erwachsenen zählen, beziehen sich alle Daten auf Kinder von 0 bis 15 Jahren. Der Grund für diese Einteilung liegt in Herztransplantation bei Kindern – 2011 bis 2023 l n e n o i t a t n a p s n a r t z r e H r e d l h a Z 47 44 43 42 36 36 30 32 21 32 27 23 21 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage von Daten der DSO Abb. 6/17: Zahl der Herztransplantationen bei Kindern im Alter von 0 bis 15 Jahren zwischen 2011 und 2023 Jahr Von Kindern gespendete Herzen n e d n e p s n a g r O r e d l h a Z 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 22 11 20 21 19 18 14 20 21 21 17 16 30 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage von Daten der DSO Jahr Abb. 6/18: Von Kindern (0 bis 15. Lebensjahr) in Deutschland gespendete Herzen pro Jahr von 2011 bis 2023. Der im HzB 2021 angegebene Wert (30) für das Jahr 2020 wurde von der DSO nachträglich auf 21 korrigiert. 102 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
der Körpergröße, da bei einem Jugendlichen mit 16 Jahren meist ein Organ transplantiert werden kann, welches von einem erwachsenen Spender stammt (Abbildung 6/17). Interpretation der Daten Die Anzahl der Herztransplantationen in der Bundes- republik Deutschland bei Kindern im Alter von 0 bis 15 Jahren ist gering schwankend stabil. 6.11.1 Von Kindern gespendete Herzen Zwischen 2011 und 2023 wurden in Deutschland 250 Kinderherzen gespendet. Im Vergleich zur Zahl der in diesem Zeitraum transplantierten Herzen besteht hier eine Diskrepanz von 184 Herzen, sodass in den vergangenen 13 Jahren die Zahl der Spender jeweils im Jahresdurchschnitt um 14,2 unter der Empfänger- zahl lag (Abbildung 6/18). Interpretation der Daten Die Anzahl der kindlichen Spender in der Bundes- republik Deutschland ist in den letzten Jahren konstant niedrig. Etwa ein Drittel der Spenderherzen stammt aus dem Ausland. 6.11.2 Auf der aktiven Warteliste Herz angemeldete Kinder Die Anzahl der zusätzlich aktiv angemeldeten Kinder auf der Warteliste in diesen dreizehn Jahren lag zwischen 18 und 36, im Mittel bei 29 (Abbil- dung 6/19). Interpretation der Daten Die Anzahl der auf der aktiven Warteliste ange- meldeten Kinder entspricht in etwa der Anzahl an transplantierten Kindern. Daraus folgt, dass der Bedarf an Spenderherzen nur zur Hälfte gedeckt ist. Aktive Warteliste Herz – angemeldete Kinder 32 33 32 34 34 34 36 31 18 21 23 24 21 6 e t s i l e t r a W r e d f u a r e d n K r e d i l h a z n A 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage von Daten der DSO Abb. 6/19: Zusätzliche auf der Warteliste befindliche Kinder pro Jahr von 2011 bis 2023 Jahr 6. Angeborene Herzfehler | 103
Literatur 1 Engelfriet P, Mulder BJ 2009. Gender differences in adult congenital heart disease. Neth Heart J. 2009 Nov;17(11):414-7. doi: 10.1007/BF03086294. 2 Marelli AG et al. 2010. Sex differences in mortality in children undergoing congenital heart disease surgery: a United States population-based study. Circulation. 2010 Sep 14;122(11 Suppl):S234-40. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.109.928325. 104 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
7. Kardiovaskuläre Rehabilitation DGPR: PD Dr. Annett Salzwedel (Potsdam), PD Dr. Kurt Bestehorn (Dresden) DRV Bund: Dr. Johannes Falk (Berlin), Alissia Seibert (Berlin), Dr. Susanne Weinbrenner (Berlin) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick 10. einrichtungs- und trägerübergreifende Erhebung der DGPR über KardReha in Deutschland KardReha-Maßnahmen auch 2023 von der COVID-19-Pandemie beeinfl usst Copyright: Deutsche Herzstiftung/Adobestock_TarikVision 7.1 Hintergrund Die kardiovaskuläre Rehabilitation (KardReha) ist eine wichtige Säule der Versorgung von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowohl nach Ereignissen wie einem akuten Myokardinfarkt oder Krankenhausaufenthalten aufgrund von operativen oder katheterinterventionellen Eingriffen im Rah- men einer Anschlussheilbehandlung (AHB; synonym Anschlussrehabilitation: AR) als auch im chronischen Verlauf im allgemeinen Antragsverfahren (synonym Heilverfahren). Wissenschaftlich stützt sich die KardReha dabei auf die S3-Leitlinie im deutschsprachigen Raum Europas¹, ² wie auch die Leitlinie für die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardiology, ESC)³. Für Patienten mit Koronarer Herz- krankheit, Herzinsuffizienz, Klappenvitien und/oder psychologischer Komorbidität wird die Teilnahme an einer KardReha, teils auf höchstem Evidenzniveau, empfohlen, da Mortalität und Rehospitalisierungen 63 von 100 angeschriebenen Rehabilitations- kliniken beteiligen sich mit Daten von 106.166 Patienten wesentlicher Träger von KardReha-Leistung: Deutsche Rentenversicherung (DRV) gesenkt und die Lebens qualität sowie depressive Symptome verbessert werden können. In Positions- papieren der European Association of Preventive Cardiology (EAPC) wird darüber hinaus die Bedeu- tung der KardReha bezüglich der Sekundärprä- vention und bei der Behandlung von Patienten mit implantierten elektronischen Devices unterstrichen.⁴-⁶ 7 7.2 Leistungsspektrum kardiologischer Rehabilitationseinrichtungen Für das Jahr 2023 wurden Daten von 106.166 Patien- ten (63,3 Jahre ± 5,7 Jahre; 30,9 % Frauen) von insgesamt 63 Rehabilitationseinrichtungen elektro- nisch übermittelt. Die Anzahl von Patienten in den einzelnen Einrichtungen im Berichtsjahr variierte dabei zwischen 222 und 16.470, im Durchschnitt 1.712 (± 2.162; Median 1.293) Patienten pro Reha- bilitationseichrichtung. Der Anteil von Patienten in der AHB/AR ist im Ver- gleich zu 2022 mit jetzt 66,6 % (n = 70.731) zu 72,4 % im Vorjahr weiter leicht gesunken. Zu Beginn der 7. Kardiovaskuläre Rehabilitation | 105
Maßnahme waren 59,3 % der Patienten berufstä- tig (Anstieg um ca. 10 Prozentpunkte im Vergleich zu 2022). Ambulante Rehabilitationsmaßnahmen wurden 2023 lediglich in 2,5 % der berichteten Fälle durchgeführt. Demgegenüber konnten Nachsorge- programme der DRV (IRENA-Programm) in ähnlich hoher Zahl wie in den Vorjahren aufrechterhalten werden. Für mehr als jeden vierten Rehabilitanden wurde zudem die Teilnahme an einer ambulanten Herzgruppe organisiert (27,6 %, n = 29.363) – um 3 Prozentpunkte seltener als im Jahr zuvor. 7.2.1 Rehabilitationsdiagnosen Im Jahr 2023 wiesen deutlich mehr als ein Drittel der Patienten in der Rehabilitation eine Koronare Herzkrankheit als Hauptdiagnose auf, die über- wiegend katheterinterventionell revaskularisiert wurde. Der Anteil der Klappenkorrekturen, die in nahezu zwei Dritteln der Fälle katheterinterven- tionell versorgt wurden, war mit 21,4 % der Fälle nahezu konstant bis leicht fallend (2022: 25,3 %). Patienten mit Vorhofflimmern als Hauptdiag- nose wurden im Vergleich zum Vorjahr (9,9 %) mit jetzt 6,2 % etwas seltener betreut. Der Anteil von Patienten mit einer Device-Therapie (ICD-/ CRT-Implantation) und/oder antibradykarden Aggregaten ist mit 2,9 % um 1,3 Prozentpunkte leicht gesunken. Insgesamt ist mit ca. 10 % der Anteil von Patienten mit einer Herzinsuffizienz bzw. Kardiomyopathie in Rehabilitationskliniken konstant geblieben (Tabelle 7/1). Das trifft auch Diagnosen der Rehabilitanden Kliniken (n) Patienten (gesamt) Mittelwert SD Anteil an Patienten (%) Akutes Koronarsyndrom Koronare Bypass-Operation Herzklappenoperation Kombinierte Herz-Operation Interventionelle Klappenkorrektur Kardiomyopathie Dekompensierte Herzinsuffizienz Vorhofflimmern/-flattern ICD- und/oder CRT-Implantation periphere arterielle Verschlusskrankheit 51 48 48 34 47 50 50 49 47 53 28.534 10.099 10.056 1.383 8.799 3.814 5.054 5.625 2.368 3.376 559 210 210 41 187 76 101 115 50 64 1.122 287 361 75 170 183 330 151 73 85 31,3 11,6 11,4 2,9 10,0 4,4 5,6 6,2 2,9 3,7 Darstellung auf Grundlage der DGPR-Umfrage 2023 Tab. 7/1: Hauptdiagnosen der Rehabilitanden aus der DGPR-Umfrage 2023. Neun Kliniken haben zu den Diagnosen keine Angaben gemacht. 106 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
für Patienten mit Linksherzunterstützungssystemen (n = 246) oder nach Herztransplantation (n = 299) zu, wobei diese insgesamt eine untergeordnete Rolle spielten. Darüber hinaus sind Patienten mit Aortenerkrankungen (Abnahme von 6,2 % auf 2,1 %) sowie peripherer arterieller Verschlusskrank- heit (3,7 %) und Lungenarterienembolie (3,6 %) behandelt worden. 7.2.2 Kardiovaskuläre Risikofaktoren und Komorbiditäten Bei den kardiovaskulären Risikofaktoren und Komorbiditäten überwogen weiterhin die arterielle Hypertonie und die Fettstoffwechselstörungen, wobei mit 49,7 % sowie 47,3 % gleichermaßen wie schon im Vorjahr eine Zunahme der Prävalenz zu verzeichnen war. Dies trifft auch für Patienten mit Diabetes mellitus (24,0 % gegenüber 17,5 % im Vor- jahr) und Adipositas (21,1 % im Vergleich zu 18,1 % im Vorjahr) zu. Der Anteil der Raucher ist auf 19,0 % ebenso gefallen wie der von Patienten mit COPD (7,1 %, im Vorjahr 8,3 %). Der Anteil von Patienten mit bestehender Nierenfunktionsstörung (11,6 %, im Vorjahr 10,5 %) hingegen ist weiter gestiegen. Dies trifft auch für die Quote von Patienten mit psychischen Belastungen (11,7 % versus 8,3 % im Vorjahr) in den Einrichtungen zu (Tabelle 7/3). In 60,3 % der Einrichtungen wurden zudem Patienten mit komorbidem Long-COVID-Syndrom behandelt. 63,3 % der Einrichtungen hatten ein spezielles Long-/ Post-COVID-Programm etabliert. Risikofaktoren und Komorbiditäten der Rehabilitanden Kliniken (n) Patienten (gesamt) Mittelwert SD Anteil an Patienten (%) Risikofaktoren Diabetes mellitus Typ (1/2) Arterielle Hypertonie Fettstoffwechselstörung Adipositas Rauchen Psychosoziale Erkrankungen/ Belastungen Komorbiditäten Zerebraler Insult COPD Chronische Niereninsuffizienz Muskuloskelettale Erkrankungen Onkologische Erkrankungen 42 42 40 40 30 36 40 42 39 35 27 17.309 35.885 32.329 14.243 10.326 6.210 2.365 5.184 8.249 3.952 887 412 854 808 356 344 173 59 123 212 113 33 786 1.096 1.416 441 347 224 67 133 287 158 61 24,0 49,7 47,3 21,1 19,0 11,7 3,2 7,1 11,6 6,2 1,7 7 Darstellung auf Grundlage der DGPR-Umfrage 2023 Tab. 7/2: Risikofaktoren und Komorbiditäten in der DGPR-Umfrage 2023 7. Kardiovaskuläre Rehabilitation | 107
Therapeutische Maßnahmen in der Rehabilitation Kliniken (n) Maßnahme (gesamt) Mittelwert SD Maßnahmen pro Aufenthalt pro Patient Monitorüberwachtes Ergometer-Training Terraintraining/„Nordic Walking“ Medizinische Trainingstherapie Gymnastik Physiotherapie 50 (9) [0] 581.176 11.624 11.427 49 (9) [1] 47 (8) [3] 49 (9) [1] 49 (9) [1] 326.771 338.539 667.186 218.418 6.669 7.203 13.616 4.459 8.502 6.740 13.206 6.834 6,5 3,7 4,1 7,6 2,5 Darstellung auf Grundlage der DGPR-Umfrage 2023 Tab. 7/3: Therapeutische Maßnahmen in der DGPR-Umfrage 2023. In runden Klammern die Anzahl der Kliniken, die die Maßnahme zwar anbieten, die Anzahl aber nicht nennen können. In eckigen Klammern die Anzahl Kliniken, die die Maßnahme nicht anbieten. 5 Einrichtungen haben die Frage zu therapeutischen Maßnahmen nicht beantwortet. 7.2.3 Interprofessionalität und multimodaler Therapie-Ansatz Die mit großem Abstand häufigsten therapeuti- schen Maßnahmen in der KardReha (Tabelle 7/3; vgl. Abschnitt 7.3.2.1 Therapeutische Leistungen) waren weiterhin „Gymnastik“ und „monitorüber- wachtes Ergometertraining“, die mit 7,6 bzw. 6,5 Einheiten pro Aufenthalt (im Vorjahr 7,6 bzw. 7,5 Einheiten) eingesetzt wurden. Ergänzt wurde das Ausdauertraining durch „Wandern im Terrain“ (Nordic Walking) sowie „medizinische Trainingstherapie“ (MTT) und „Physiotherapie“ mit 3,7, 4,1 bzw. 2,5 Maßnahmen pro Aufenthalt pro Patient. Die Anzahl der diesbezüglich dokumentierten Maßnahmen war im Vergleich zum Vorjahr stabil. Interpretation der Daten Der multimodale Ansatz mit Beratung, therapeu- tischem Angebot und medizinischer Betreuung und die damit verbundene Interprofessionalität in der KardReha in Deutschland bleibt eindrucksvoll Beratung und Visiten in der Rehabilitation Kliniken (n) Maßnahme (gesamt) Mittelwert SD Maßnahmen pro Aufenthalt pro Patient Psychologische Gruppengespräche 40 (12) [7] Psychologische Einzelgespräche 48 (11) [0] Entspannung Sozialberatung Arztvisiten Pflegevisiten/Wund-Management 51 (8) [0] 48 (9) [1] 47 (12) [0] 35 (22) [1] Darstellung auf Grundlage der DGPR-Umfrage 2023 51.199 44.661 209.011 82.587 297.356 107.659 1.280 930 4.098 1.721 6.327 3.076 1.582 1.392 5.750 2.655 11.125 4.485 0,7 0,7 2,3 1,0 3,6 1,6 Tab. 7/4: Art der Beratung und Visiten in der DGPR-Umfrage 2023. In eckigen Klammern die Anzahl der Kliniken, die die Maßnahme nicht anbieten. In runden Klammern die Anzahl der Kliniken, die die Maßnahme zwar anbieten, die Anzahl aber nicht nennen können. 108 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Schulungen für Rehabilitanden Kliniken (n) Patienten schulung (gesamt, n) Vorträge/Seminare 49 (10) [0] 390.059 Herzinsuffizienzschulung 37 (12) [10] Diätlehrküche Diabetesberatung INR-Selbstmanagement Tabakentwöhnung 46 (7) [6] 47 (12) [0] 35 (15) [9] 44 (12) [2] 16.371 17.411 35.390 4.655 21.959 Mittelwert pro Einrichtung SD (n)g) 7.960 452 379 753 133 499 9.696 605 354 1.659 194 569 Patientenschulung pro Aufenthalt pro Patient 4,4 0,2 0,2 0,4¹ 0,08 0,3² ¹ Diabetesberatungen pro Diabetespatient: 1,9 Darstellung auf Grundlage der DGPR-Umfrage 2023 ² Tabakentwöhnungen pro Raucher: 1,4 Tab. 7/5: Schulungen und Vorträge für Rehabilitanden in der DGPR-Umfrage 2023. In eckigen Klammern die Anzahl der Kliniken, die die Maßnahme nicht anbieten. In runden Klammern die Anzahl der Kliniken, die die Maßnahme zwar anbieten, die Anzahl aber nicht nennen können. (Tabelle 7/4). Dem Modell der funktionalen Gesund- heit der international classification of functioning, disability and health (ICF)⁷ folgend, wurde durch die erweiterte kardiologische sowie psychologische und sozialmedizinische Diagnostik, Beratung und Therapie besonders Rechnung getragen. 7.2.3.1 Patientenedukation Vorträge und Seminare (im Durchschnitt in den Einrichtungen 153 pro Woche) sind Kernelemente der Patientenedukation (Tabelle 7/5). Interpretation der Daten Vorträge und Seminare zur Stärkung der Gesund- heitskompetenz werden zielgruppenspezifisch in Abhängigkeit von der Risikofaktorenlast und dem Alter der Patienten eingesetzt, wodurch die hohe Standardabweichung der mittleren Anzahl von durchgeführten Schulungsangeboten in den Ein- richtungen zu erklären ist. Während der KardReha wird das Krankheitsverständnis zum Beispiel für die Herzinsuffizienz geschult, sodass zukünftige Rehospitalisierungen in ihrer Anzahl reduziert werden können. Herzinsuffizienz-Schulungen werden bereits von jeder zweiten Rehabilitationsklinik angeboten. 7.3 Die kardiologische Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung Für die kardiologische Rehabilitation steht in Deutsch- land eine umfassende, differenzierte Versorgungs- struktur zur Verfügung, die der beruflichen, häuslichen und sozialen Reintegration der Betroffenen dient.⁸ Das entscheidende Ziel der Rehabilitation der Deut- schen Rentenversicherung (DRV) ist die möglichst dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben. Dazu hat die DRV im Jahr 2023 über alle Indikationen hinweg über 993.775 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Prävention (N = 11.972) erbracht. Die kardiologische Rehabilitation der DRV ist häufig ein fester Bestandteil in der Versorgung von erwerbsfähigen Patienten mit Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Der Schwerpunkt der therapeu- tischen Ausgestaltung der Rehabilitation liegt auf einem interdisziplinären Ansatz, der der Multi- morbidität, dem Arbeitsbezug und dem Transfer der Rehabilitationsziele in den Lebensalltag Rechnung trägt. Mit dem neuen Beschaffungsverfahren für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§15 SGB VI) hat der Gesetzgeber zum 1. Juli 2023 die qualitätsorientierte Reha-Einrichtungsauswahl und 7 7. Kardiovaskuläre Rehabilitation | 109
das Public Reporting auch für die Indikation Kar- diologie eingeführt.⁸ Hintergrund war, den Prozess der Einrichtungsauswahl für Versicherte, Patienten und Anbieter transparent, diskriminierungsfrei und nachvollziehbar zu gestalten. Der Schwerpunkt des folgenden Berichts liegt, im Vergleich zur oben aus- gewerteten Kohorte, ausschließlich auf Rehabilitan- den der Rentenversicherung. Für die kardiologische Rehabilitation im Jahr 2023 zählt die Statistik der Reha-Qualitätssicherung⁹ insgesamt 68.159 Reha- bilitanden aus 166 ausgewerteten Fachabteilungen, diese werden hier im Vergleich zu der Grundgesamt- heit aller im Instrument erfassten Rehabilitanden dargestellt, für die die Einschlusskriterien erfüllt waren (N = 876.505). Grundlage ist der Bericht zur Rehabilitandenstruktur für das Jahr 2023.⁹ 7.3.1 Sozio-demografische Aspekte der kardiologischen Rehabilitanden 7.3.1.1 Merkmale von Rehabilitanden in der kardiologischen Rehabilitation Der Anteil der Anschlussrehabilitationen (AHB- Verfahren) in der kardiologischen Rehabilitation war, wie auch in den letzten Jahren, mit 68 % ver- gleichsweise hoch. In der hier ausgewählten Kohorte wurden 13 % der Leistungen ambulant durchgeführt (Tabelle 7/6). Insgesamt ist der Anteil an ambulanten Leistungen in den letzten Jahren weitestgehend konstant geblieben. Die Rehabilitation der 68.159 kardiologischen Reha- bilitanden erfolgte entsprechend der Auswertung von Fachabteilungsschlüsseln in insgesamt 146 Fachabteilungen mit überwiegend kardiologischem oder angiologischem Schwerpunkt, teilweise jedoch auch anderen Schwerpunkten. Im Jahr 2023 waren 77 % der Rehabilitanden Männer und 23 % Frauen (Tabelle 7/6). Im erwerbsfähigen Alter – auch unter Berücksichtigung der Versichertenstruktur – sind Männer häufiger in der kardiologischen Rehabili- tation vertreten als Frauen. Bei Frauen verschiebt sich entsprechend epidemiologischen Untersuchun- gen der Erkrankungsgipfel bei der dominierenden Diagnose der Koronaren Herzkrankheit um ca. 10 Jahre und findet sich somit eher im Rentenalter.¹⁰ Das Durchschnittsalter in der Rehabilitation der Rentenversicherung lag insgesamt bei knapp 53 Jahren. Die Rehabilitanden in der kardiologischen Rehabilitation waren mit 55,6 Jahren signifikant älter, dabei waren die Männer im Schnitt 55,7 Jahre alt und die Frauen 55,2 Jahre alt. Bezüglich ihrer Nationalität waren 89 % der kardiologischen Reha- bilitanden und 93 % der Vergleichsgruppe deutscher Staatsbürgerschaft (Tabelle 7/6). Verteilung der kardiologischen Rehabilitanden Kardiologische Rehabilitation Rehabilitation gesamt N = 68.159 N = 876.505 Geschlecht Alter Staatsangehörigkeit Art der Durchführung Männlich Weiblich Jahre Deutsch Andere Stationär Ambulant Anschlussrehabilitation (AHB) Anteil Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Tab. 7/6: Basismerkmale im Vergleich 77 % 23 % 55,6 89 % 11 % 87 % 13 % 68 % 110 | Deutscher Herzbericht – Update 2025 49 % 51 % 53,3 93 % 7 % 85 % 15 % 35 %
Beschäftigungsverhältnisse Beschäftigung Kardiologische Rehabilitation Rehabilitation gesamt N = 68.159 N = 876.505 Vollzeit Teilzeit arbeitslos Andere/nicht erwerbstätig Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Tab. 7/7: Arbeit vor Antragstellung Art der Beschäftigung 81 % 10 % 4 % 5 % 66 % 18 % 4 % 12 % Stellung im Beruf/Erwerbsleben Kardiologische Rehabilitation Rehabilitation gesamt N = 68.159 N = 876.505 nicht erwerbstätige Auszubildende ungelernte Arbeitende angelernte Arbeitende in anerkanntem Anlernberuf Facharbeitende Meister, Polier Angestellte Selbständige Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Tab. 7/8: Stellung im Beruf/Erwerbsleben 3% 0 % 4 % 4 % 23 % 1 % 61% 4 % 11 % 1 % 4 % 4 % 18 % 1 % 59 % 2 % 7 Mit 81 % waren kardiologische Rehabilitanden deutlich häufiger in Vollzeit beschäftigt als in Teil- zeit. Hier offenbaren sich auch Unterschiede zur Vergleichsgruppe (Tabelle 7/7). Die Anzahl der nicht Erwerbstätigen war bei den kardiologischen Rehabilitanden mit 5 % deutlich niedriger als bei der Vergleichsgruppe mit 12 %. Bei diesen Vergleichen muss jedoch die unterschiedliche Geschlechterverteilung (siehe Tabelle 7/7) berück- sichtigt werden. So ergaben sich auch bezüglich der Stellung im Beruf zwischen den kardiologischen Rehabilitanden sowie der Vergleichskohorte Unter- schiede (Tabelle 7/8). Zusätzlich zur Stellung im Beruf wird auch die Berufs- gruppe der Rehabilitanden erfasst. Insgesamt waren die Rehabilitanden über viele Berufsgruppen hinweg verteilt mit Häufung von Berufen im Handel und Verkehr, in der Metallverarbeitung sowie in Verwal- tungs- und Organisationsberufen. Bei Aufnahme in die Reha-Einrichtung werden die Rehabilitanden 7. Kardiovaskuläre Rehabilitation | 111
regelhaft nach ihren Arbeitsunfähigkeitszeiten in den zwölf Monaten vor der Rehabilitation gefragt und die Angaben im Entlassungsbericht dokumentiert. Die Rehabilitanden der Vergleichsgruppe hatten vergleichsweise längere Arbeitsunfähigkeitszei- ten zu verzeichnen (Tabelle 7/9). Bezogen auf die Arbeitsfähigkeit bei Entlassung wurden 69 % der kardiologischen Rehabilitanden als arbeitsunfähig eingeschätzt. In der Vergleichsgruppe waren dies jedoch nur 54 % der berufstätigen Rehabilitanden (Tabelle 7/9). 7.3.1.2 Sozialmedizinische Merkmale kardiologischer Rehabilitanden Alle Rehabilitanden der Rentenversicherung werden bei Entlassung durch die Ärzte der Reha-Einrichtung bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben beurteilt. Die sozialmedizinische Beurteilung als Bestandteil der Entlassungsdokumentation erfolgt sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (Tabelle 7/10) als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt (Tabelle 7/11). Die Beurteilung bezieht sich auf einen Arbeitsfähigkeit Arbeitsfähigkeit in den letzten 12 Monaten vor Rehabilitation Kardiologische Rehabilitation Rehabilitation gesamt N = 68.155 N = 876.212 keine Arbeitsunfähigkeitszeiten bis unter 3 Monate arbeitsunfähig 3 bis unter 6 Monate arbeitsunfähig 6 und mehr Monate arbeitsunfähig nicht erwerbstätig 10 % 65 % 11 % 12 % 3 % 9 % 44 % 12 % 24 % 11 % Arbeitsfähigkeit bei RehaEntlassung N = 68.159 N = 876.474 keine Aussage möglich arbeitsfähig arbeitsunfähig Beurteilung nicht erforderlich Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Tab. 7/9: Arbeitsunfähigkeitszeiten Leistungsfähigkeit im letzten Beruf 2 % 28 % 69 % 1 % 1 % 36 % 54 % 9 % Leistungsfähigkeit im letzten Beruf Arbeitsstunden pro Tag Kardiologische Rehabilitation Rehabilitation gesamt N = 68.159 N = 876.505 6 Stunden und mehr 3 bis unter 6 Stunden unter 3 Stunden Ohne Aussage 82 % 4 % 14 % 0 % 69 % 6 % 17 % 8 % Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Tab. 7/10: Leistungsfähigkeit im letzten Beruf/in letzter Tätigkeit 112 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Zeitraum von sechs Monaten nach Abschluss der Rehabilitation. Sie unterscheidet jeweils tägliche Zeiträume, für die ein Leistungsvermögen besteht. 7.3.2 Prozess der kardiologischen Rehabilitation Die Rehabilitanden der kardiologischen Rehabili- tation waren aus Sicht des beurteilenden Arztes häufiger in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätig- keit auszuüben als die Vergleichsgruppe. 82 % der kardiologischen Rehabilitanden, jedoch nur 69 % der Rehabilitanden insgesamt, waren weiterhin in der Lage, die letzte Tätigkeit sechs Stunden und mehr (vollschichtig) auszuüben. Für 17 % der Reha- bilitanden in der Vergleichsgruppe kam die letzte Tätigkeit gesundheitsbedingt nicht mehr infrage, bei den kardiologischen Rehabilitanden waren es 14 % (Tabelle 7/10). Die externe Qualitätssicherung ermöglicht durch ihre Instrumente einen Einblick in die Geschehnisse innerhalb einer Rehabilitation. Insbesondere die Dokumentation von therapeutischen Leistungen und Anwendungen unterstützt ein detailliertes Bild der Prozesse in der kardiologischen Rehabilitation. Die Reha-Therapiestandards (RTS) indes beziehen diese Daten auf die Erfüllung evidenzbasierter Therapie module. Im Peer-Review-Verfahren beur- teilen ärztliche Peers aus anderen Einrichtungen den Reha-Prozess aus ärztlicher Sicht. 7.3.2.1 Therapeutische Leistungen Während ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für 94 % der kardiologischen Rehabilitanden gesehen wurde, traf dies nur auf 83 % der Vergleichsgruppe zu. 3 % der kardiologischen und 6 % der Vergleichsgruppe waren aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage, irgendeine Tätigkeit drei Stun- den oder länger am Tag auszuüben (Tabelle 7/11). Therapeutische Leistungen werden anhand eines Kataloges (Katalog Therapeutischer Leistungen, KTL¹¹) für jede Rehabilitation im ärztlichen Entlas- sungsbericht dokumentiert, sodass zu Art, Menge und Dauer der Behandlungen für jede einzelne Rehabilitation ein vollständiger Datensatz exis- tiert. Dargestellt wird die kardiologische Reha- bilitation im Vergleich zu allen Rehabilitationen Leistungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt Leistungsfähigkeit andere Tätigkeit Arbeitsstunden pro Tag Kardiologische Rehabilitation Rehabilitation gesamt N = 68.159 N = 876.505 7 6 Stunden und mehr 3 bis unter 6 Stunden unter 3 Stunden Ohne Aussage 94 % 3 % 3 % 0 % 83 % 3 % 6 % 8 % Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Tab. 7/11: Leistungsfähigkeit für andere Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 7. Kardiovaskuläre Rehabilitation | 113
Teilnehmende Rehabilitanden Ernährung Rekreationstherapie Sport- & Bewegungstherapie Physiotherapie Information, Motivation, Schulung 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0 % Physikalische Therapie Klinische Sozialarbeit, Sozialtherapie Reha-Pflege & Pädagogik Ergotherapie, Arbeitstherapie & andere funkt. Therapien Psychotherapie Klinische Psychologie, Neuropsychologie Kardiologie N = 61.941) Alle Indikationen N = 791.439 Darstellung auf Basis des Berichts Therapeutische Versorgung 2023 der DRV Abb. 7/1: Anteil an Rehabilitanden pro KTL-Kapitel in Prozent, Vergleich der kardiologischen Rehabilitation mit allen Rehabilitationen (alle Indikationen) im Jahr 202312 Therapiedauer in Stunden pro Rehabilitation Ernährung Rekreationstherapie 30 25 20 15 10 5 Sport- & Bewegungstherapie Physiotherapie Information, Motivation, Schulung Physikalische Therapie Klinische Sozialarbeit, Sozialtherapie 0 Reha-Pflege & Pädagogik Ergotherapie, Arbeitstherapie & andere funkt. Therapien Psychotherapie Klinische Psychologie, Neuropsychologie Kardiologie N = 61.941 Alle Indikationen N = 791.439 Darstellung auf Basis des Berichts Therapeutische Versorgung 2023 der DRV Abb. 7/2: Therapiedauer in Stunden pro Rehabilitation, Vergleich der kardiologischen Rehabilitation mit allen Rehabilitationen (alle Indikationen) im Jahr 202312 114 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
(Abbildung. 7/1 und 7/2). Vom zeitlichen Umfang her, stellen Sport- und Bewegungstherapie sowie Schulungsleistungen Schwerpunkte der kardiolo- gischen Rehabilitation dar. Die Ergebnisse aus dem Instrument „Therapeutische Versorgung“ gehen in der externen Reha-Qualitätssicherung als Quali- tätsindikator mit einem möglichen Wertespektrum von 0 bis 100 ein. Kardiologische Fachabteilungen erreichten mit einem Mittelwert von 94,1 Punkten eine recht hohe Bewertung, die Werte reichten dabei im Jahre 2023 von 48,6 Punkten für die schlechteste Fachabteilung bis zu 100 Punkten der besten Fachabteilung.¹² 7.3.2.2 Reha-Therapiestandard Koronare Herzkrankheit Für Rehabilitanden mit der Hauptdiagnose Koro- nare Herzkrankheit (KHK) werden die erbrachten Leistungen mit den Anforderungen aus den evidenz- basierten, leitliniengestützten Therapiestandards abgeglichen. Die Reha-Therapiestandards enthalten – anders als Leitlinien – keine Therapie-Algorithmen für individuelle Patienten, sondern betrachten die erbrachten Therapien bezogen auf die Gesamtheit (%) aller Rehabilitanden der jeweiligen Stichprobe (hier KHK bzw. verwandte ICD-10-Diagnosen). Die von den Fachabteilungen dokumentierten thera- peutischen Leistungen von 34.023 Rehabilitationen wurden, gemessen an den Mindestanforderungen der Therapiestandards KHK, für das Jahr 2023 analysiert und in Abbildung 7/3 denen aus 2017 gegenüber- gestellt (N=35.389 aus 117 Fachabteilungen). Wie der Darstellung zu entnehmen ist, werden mittler- weile in allen evidenzbasierten Therapiemodulen (ETM) die Mindestanforderungen erfüllt, teilweise übererfüllt¹³. Das war im Jahr 2017 noch nicht der Fall, wie der Abbildung 7/3 zu entnehmen ist. Erfüllung der Mindestanforderungen Reha-Therapiestandard KHK 2017 vs. 2023 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 90 % 80 % 60 % 60 % 60 % 50 % 80 % 70 % 7 30 % 30 % 10 % 5 % 0 % ETM 5 Krankheitsspezifische ETM 8 Psychologische ETM 12 Vorbereitung ETM 11 Leistungen zur sozialen ETM 3 BT: Förderung der ETM 7 Ernährungs- ETM 2 BT: Kraft-/ ETM 4 Funktionelle und ETM 1 BT: Ausdauertraining ETM 10 Tabakentwöhnung ETM 9 Entspannungsverfahren ETM 6 Gesundheitsbildung Interventionen therapeutische Leistungen und beruflichen Teilhabe Patientenschulung nachgehender Leistungen Bewegungsorientierung arbeitswelt bezogene Therapien Muskelaufbautraining Mindestanteil laut RTS KHK 2017 erfüllt in % 2023 erfüllt in % Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Abb. 7/3: Erfüllung der Mindestanforderungen laut Reha-Therapiestandard KHK (RTS KHK) von 2019, aus dem Bericht RTS über 2017 (N = 35.389) versus über 2023 (N = 34.023) 7. Kardiovaskuläre Rehabilitation | 115
Interpretation der Daten Die Ergebnisse aus dem Instrument Reha-Therapie- standards gehen in der externen Reha-Qualitäts- sicherung als Qualitätsindikator mit einem möglichen Wertespektrum von 0 bis 100 ein. In der Kardiologie kam überwiegend der Reha-Therapiestandard zur Koronaren Herzkrankheit zur Anwendung. Die Fachabteilungen erreichten mit einem Mittelwert von 96,8 Punkten auch hier eine recht hohe Bewer- tung, die Werte reichten dabei im Jahr 2023 von 55,5 Punkten für die schlechteste Fachabteilung bis zu 100 Punkten der besten Fachabteilung. 7.3.2.3 Peer Review der medizinischen Rehabilitation Das Peer Review der medizinischen Rehabilitation ist ebenfalls ein Instrument zur Messung der Prozessqua- lität. Erfahrene Reha-Mediziner (Peers) begutachten Rehabilitationen anderer Fachabteilungen ihres Fachgebietes anhand von zufällig ausgewählten, anonymisierten Reha-Entlassungsberichten. Kar- diologische Fachabteilungen erreichten in diesem Qualitätsindikator in der letzten Erhebungsperiode einen Mittelwert von 76,6 Punkten, die Werte reichten dabei von 61,7 Punkten für die schlechteste Fachab- teilung bis zu 91,5 Punkten der besten Fachabteilung. 7.3.3 Ergebnis der kardiologischen Rehabilitation Das Ergebnis einer kardiologischen Rehabilitation kann sowohl aus Sicht des behandelnden Arztes, der Rehabilitanden selbst, als auch auf Basis von Verlaufsdaten erhoben werden. Die aus der Rehabi- litandenbefragung gewonnenen Ergebnisse spiegeln die Perspektive der Rehabilitanden wider, die der Verlaufserhebung der Routinedaten den tatsäch- lichen Verbleib der Rehabilitanden. Hierfür steht einerseits das Instrument der Rehabilitandenbefra- gung, andererseits das Instrument des sozialmedizi- nischen Verlaufs (SMV) zur Verfügung. Während die beiden aus der Rehabilitandenbefragung gewon- nenen Qualitätsindikatoren Auswirkungen auf das kumulative Qualitätsergebnis der Fachabteilungen haben, ist dies für den Qualitätsindikator SMV noch in der Planung. 7.3.3.1 Einschätzung der Behandler zum Ergebnis und Empfehlungen zur Reha-Nachsorge Aus Sicht der behandelnden Reha-Ärzte konnten 82 % der kardiologischen Patienten die Rehabilitation in gebessertem Zustand beenden. Bei 15 % blieb der Status unverändert. Eine Verschlechterung wurde für unter 1 % der kardiologischen Rehabilitanden dokumentiert. Ein Stück weit in Kontrast hierzu steht der von den gleichen Ärzten festgestellte Status zur Arbeitsfähigkeit bei Entlassung. 69 % der kardio- logischen Rehabilitanden wurden arbeitsunfähig aus der Rehabilitation entlassen, in der Vergleichsgruppe waren es nur 54 % (siehe Tabelle 7/9). Zur ärztlichen Einschätzung der Leistungsfähigkeit bei Entlassung siehe Kapitel 7.3.1.2 Sozialmedizinische Merkmale kardiologischer Rehabilitanden. 7.3.3.2 Ergebnis aus Sicht der Rehabilitanden Die DRV befragt monatlich ca. 10 Wochen nach der Rehabilitation eine Stichprobe von zufällig aus- gewählten Rehabilitanden pro Reha-Einrichtung zu ihrer Zufriedenheit mit der Rehabilitation und dem subjektiv wahrgenommenen Behandlungserfolg. Interpretation der Daten Die in Abbildung 7/4 dargestellten Ergebnisse verdeut lichen das bereits vorhandene hohe Quali- tätsniveau in den kardiologischen Reha-Einrichtungen sowie den Reha-Einrichtungen mit somatischem Behandlungsschwerpunkt insgesamt. Optimierungs- möglichkeiten sehen die Befragten in der Kardiologie besonders bei den Themen Verhaltensempfehlungen, Vor bereitung auf die Zeit nach der Rehabilitation sowie Planung und Abstimmung. Der subjektiv empfundene Behandlungserfolg (siehe Abbildung 7/5) wird von den Befragten mit einer abgeschlossenen kardiologischen Rehabilita- tion positiver bewertet als in der Vergleichsgruppe (Befragte in der stationären somatischen Reha- bilitation insgesamt): Es zeigt sich insbesondere eine stärkere Besserung der körperlichen Beschwerden und des gesundheitsförderlichen Verhaltens. Die 116 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Vergleich Zufriedenheit kardiologische versus somatische Rehabilitation Zufriedenheit mit ... ... der ärztlichen Betreuung ... der psychologischen Betreuung ... der pflegerischen Betreuung ... den Einrichtungsangeboten ... den Schulungen, Vorträgen ... den Behandlungen ... den Beratungen ... der Planung und Abstimmung der Reha ... der Vorbereitung auf die Zeit nach der Reha ... den Verhaltensempfehlungen (Alltag, Beruf) ... der Reha insgesamt Durchschnittliche Zufriedenheit 0 25 50 75 100 Kardiologie (N = 7.707) Somatik (71.511) Qualitätspunkte Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Abb. 7/4: Rehabilitandenbefragung (Teil 1): Vergleich kardiologische versus somatische Rehabilitation (stationär), Bewertung auf einer Skala von 0 bis 100. Befragungszeitraum: 01.10.2022 – 30.09.2023 Vergleich Behandlungserfolg kardiologische versus somatische Rehabilitation Besserung ... ... des Gesundheitszustandes ... der psychosomatischen Beschwerden ... der körperlichen Beschwerden ... der Leistungsfähigkeit (Beruf, Freizeit, Alltag) ... des gesundheitsförderlichen Verhaltens Durchschnittlicher subjektiver Behandlungserfolg Reha-Erfolg insgesamt 7 0 25 50 75 100 Qualitätspunkte Kardiologie (N = 7.707) Somatik (71.511) Darstellung auf Basis der Reha-Qualitätssicherung der DRV Abb. 7/5: Rehabilitandenbefragung (Teil 2): Vergleich kardiologische versus somatische Rehabilitation (stationär). Bewertung auf einer Skala von 0 bis 100. Befragungszeitraum: 01.10.2022 – 30.09.2023 Ergebnisse der einzelnen kardiologischen Einrich- tungen variieren allerdings durchaus – womit wei- terhin Ansätze zur Reha-Qualitätssicherung in den Einrichtungen vorhanden sind. Die Ergebnisse aus dem Instrument Rehabilitandenbefragung gehen in der externen Reha-Qualitätssicherung mit den zwei illustrierten Qualitätsindikatoren mit jeweils einem möglichen Wertespektrum von 0 bis 100 ein. 7. Kardiovaskuläre Rehabilitation | 117
Kardiologische Fachabteilungen erreichten für den Qualitätsindikator „Zufriedenheit mit der Rehabili- tation“ mit einem Mittelwert von 72,4 Punkten eine recht hohe Bewertung, die Werte reichten dabei in der letzten Erhebungsperiode von 51,9 Punkten für die schlechteste Fachabteilung bis zu 87,9 Punkten der besten Fachabteilung. Im Qualitätsindikator „Behandlungserfolg“ wurde mit einem Mittelwert von 72,2 Punkten ebenfalls eine recht hohe Bewer- tung erzielt, die Werte reichten dabei in der letzten Erhebungsperiode von 51,1 Punkten für die schlech- teste Fachabteilung bis zu 86,3 Punkten der besten Fachabteilung. 7.3.3.3 Sozialmedizinischer Verlauf Als Ergebnis einer medizinischen Rehabilitations- maßnahme stellt der Sozialmedizinische Verlauf (SMV) die berufliche Integration anhand von Tagen in sozial versicherungspflichtiger Beschäftigung dar. Durch die Adjustierung werden die unter- schiedlichen Voraussetzungen der Fachabteilun- gen bezüglich der Merkmale der Rehabilitanden mathematisch ausgeglichen und ein fairer Vergleich auf Fachabteilungsebene wird ermöglicht. In der Abbildung 7/6 ist erkennbar, dass die kardiologischen Fachabteilungen im Vergleich zu allen ausgewer- teten Rehabilitationen im entsprechenden Jahr (Vergleichsgruppe) bessere Ergebnisse erreichen konnten. Im 1. Jahr nach medizinischer Rehabilitation arbeiten die Rehabilitanden nach kardiologischer Rehabilitation im Durchschnitt 19 Tage mehr als in der Vergleichsgruppe. Im 2. Jahr nach medizinischer Rehabilitation sind es im Durchschnitt 22 Tage mehr. Weiterhin werden die Anteile aufgezeigt, welche in dem Zeitraum aus dem Erwerbsleben durch Erwerbsminderungsrente, Altersrente oder Tod ausscheiden. Nachweisbare Einflussgrößen in Bezug auf den Verbleib im Erwerbsleben sind beispielsweise Alter, Art und Schweregrad der Erkrankung, gesundheitliche Einschränkungen oder Behinderungen, Qualifikationsdefizite, Arbeits- losigkeit oder die aktuelle Arbeitsmarktsituation. Die Ergebnisse der Auswertungen zum SMV auf der Datengrundlage der Verlaufserhebung 2021 erga- ben neben den Beschäftigungstagen noch weitere wissenswerte Informationen: Insgesamt konnten 45.622 kardiologische Rehabilitationen aus 141 Fach- abteilungen im ersten Jahr und 41.329 kardiologische Sozialmedizinischer Verlauf e g a t s g n u g i t f ä h c s e B e t r e i t s u d A j 270 260 250 240 230 220 2020 2021 Jahr 2022 Kardiologie 1. Jahr nach med. Reha Vergleichsgruppe 1. Jahr nach med. Reha Kardiologie 2. Jahr nach med. Reha Vergleichsgruppe 2. Jahr nach med. Reha Darstellung auf Basis der Reha-Statistik-Datenbasis 2020, 2021 und 2022 der DRV Abb. 7/6: Beschäftigungstage im 1. und 2. Jahr nach der Reha, kardiologische Fachabteilungen versus Vergleichsgruppe¹⁴ 118 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Rehabilitationen aus 136 Fachabteilungen im zweiten Jahr nach Rehabilitation aus gewertet werden. 88 % der Rehabilitanden verblieben im ersten Jahr nach Rehabilitation im Erwerbsleben, nur 4 % sind mit einer Erwerbsminderung, 8 % mit einer Altersrente ausgeschieden, die Todesrate betrug unter 1 %. Im zweiten Jahr nach medizinischer Rehabilita- tion waren noch 77 % erwerbstätig, 7 % erhielten eine Erwerbsminderungsrente und 16 % sind durch Altersrente ausgeschieden. Die Todesrate betrug auch hier unter 1 %. Interpretation der Daten Insgesamt gelingt unter Beachtung des vergleichs- weise hohen Altersdurchschnitts in der kardiolo- gischen Rehabilitation im überwiegenden Maße die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben. Somit wird das gesetzliche Ziel der Rehabilitation der Rentenversicherung klar erfüllt. 7.3.4 Qualitätsorientierte Einrichtungs- auswahl und Public Reporting in der kardiologischen Rehabilitation Knapp über 250 kardiologische Reha-Fachabtei- lungen nehmen derzeit an der Reha-Qualitäts- sicherung der DRV teil (eine Reha-Einrichtung kann dabei mehrere kardiologische Fachabteilungen bein halten). Für die Zulassung und Belegung einer Reha-Fachabteilung durch die DRV ist die ver- pflichtende Teilnahme an Maßnahmen der exter- nen Qualitätssicherung Voraussetzung. In der Umsetzung des neuen §15 SGB VI hat die DRV zum 1. Juli 2023 die qualitätsorientierte Reha- Einrichtungsauswahl eingeführt. Wird im Rahmen des Reha-Antrags kein berechtigter Wunsch nach einer bestimmten Reha-Fachabteilung geäußert, sind die Renten versicherungsträger gehalten, die Einrichtungs auswahl qualitätsorientiert durchzu- führen. Methodisch bildet dafür der Parameter „Qualität“ die Qualität einer Fachabteilung in einer zusammenfassenden Kennzahl ab und ist im jetzigen Auswahlalgorithmus wichtigste Grundlage für die Auswahl einer geeigneten Reha-Einrichtung. 7.3.4.1 Der Parameter Qualität und die Qualitätsindikatoren in der kardiologischen Rehabilitation Die Qualität der kardiologischen Reha-Fachabtei- lungen wird kontinuierlich erhoben. Dabei werden derzeit insbesondere der eigentliche Reha-Prozess und das Ergebnis der Rehabilitation untersucht und über Qualitätsindikatoren (s.o.) abgebildet. Der Parameter „Qualität“ setzt sich aktuell aus den Werten der dargestellten fünf Qualitätsindikatoren zusammen. Lediglich der sozialmedizinische Verlauf findet noch keine Berücksichtigung. Je höher der Wert des Parameters „Qualität“ ist, desto besser ist die Qualität der Fachabteilung. Der theoretisch mögliche Wertebereich reicht von 0 bis 100 (100 = bester Wert). Die Qualität der kardiologischen Fachabteilungen, gemessen mit den Instrumenten der Reha-Qualitätssicherung und ausgedrückt im Parameter „Qualität“, rangiert mit Werten zwischen 64 und 91 auf einem insgesamt hohen Niveau. Der Mittelwert liegt hier aktuell bei 82 Punkten. Der Parameter Qualität wird seit Juli 2023 veröffentlicht (Public Reporting, siehe unten) und gibt Versicher- ten damit die entscheidende Orientierung bei der Suche nach einer für sie geeigneten kardiologischen Reha-Fachabteilung. 7.3.4.2 Qualitätsorientierter Wettbewerb durch Public Reporting Der „Wegweiser der Rentenversicherung zu einer qualitätsgesicherten Reha-Einrichtung“ ist seit Juli 2023 online. Auf dem Internetportal „www.Meine- Rehabilitation.de“ werden Interessierte bei der Suche nach einer qualitätsgesicherten Einrichtung für ihre Rehabilitation unterstützt und können sich über die Qualitätsergebnisse der Reha-Einrichtungen informieren. Die regelmäßig erhobenen Resultate der verschiedenen Instrumente der Qualitätssiche- rung werden dort dargestellt. Zusätzlich wird auch die grobe Wartezeit auf einen freien Platz in der jeweiligen Fachabteilung angegeben. Mit diesem digitalen Service kommt die Rentenversicherung 7 7. Kardiovaskuläre Rehabilitation | 119
ihrem gesetzlichen Auftrag zum „Public Reporting“ nach. Ziel war es, eine Informations- und Orientie- rungsplattform zu schaffen, um das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten bei der Suche nach einer geeigneten Rehabilitationseinrichtung zu stärken. Auf der Startseite des Portals ist mittels eines Drop-Down-Menüs die Suche nach Herz- Kreislauf-Erkrankungen möglich, zusätzlich ist eine Volltext- und ICD-Suche möglich. Diese Indikation wird monatlich zurzeit etwa 700-mal aufgerufen. Zum Zeitpunkt der Manuskripterstellung lag die Anzahl der dargestellten Fachabteilungen in der Indikation Herz-Kreislaufkrankheiten bei knapp 250 Fachabteilungen. Literatur 1 Rauch B et al. 2021. Cardiac Rehabilitation in German Speaking Countries of Europe-Evidence-Based Guidelines from Germany, Austria and Switzerland LLKardReha-DACH-Part 1. J Clin Med 2021; 10(10). 2 Schwaab B et al. 2021. Cardiac Rehabilitation in German Speaking Countries of Europe-Evidence-Based Guidelines from Germany, Austria and Switzerland LLKardReha-DACH-Part 2. J Clin Med 2021; 10(14). 3 Visseren FLJ et al. 2021. ESC Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice. Eur J Prev Cardiolog 2021. 4 Ambrosetti M et al. 2021. Secondary prevention through comprehensive cardiovascular rehabilitation: From knowledge to implementation. 2020 update. A position paper from the Secondary Prevention and Rehabilitation Section of the European Association of Preventive Cardiology. Eur J Prev Cardiolog 2021; 28(5): 460–95. 5 Pedretti RFE et al. 2021. Comprehensive multicomponent cardiac rehabilitation in cardiac implantable electronic devices recipients: a consensus document from the European Association of Preventive Cardiology (EAPC; Secondary prevention and rehabilitation section) and European Heart Rhythm Association (EHRA). Eur J Prev Cardiol (European Journal of Preventive Cardiology) 2021; Jan 26: zwaa121. 6 Salzwedel A et al. 2020. Effectiveness of comprehensive cardiac rehabilitation in coronary artery disease patients treated according to contemporary evidence based medicine: Update of the Cardiac Rehabilitation Outcome Study (CROS-II). Eur J Prev Cardiolog 2020; 27(16): 1756–74. 7 World Health Organization: International classification of functioning, disability and health: ICF. Geneva: WHO 2001. 8 Falk, J et al. 2024. Kardiovaskuläre Rehabilitation. Deutscher Herzbericht 2023. Frankfurt: Deutsche Herzstiftung e.V. 9 Deutsche Rentenversicherung (2024). Reha-Bericht: 2024. Die medizinische u. berufliche Rehabilitation der Rentenversicherung im Licht der Statistik. Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin. 10 Löwel H et al. 2006.Themenheft 33: Koronare Herzkrankheit und akuter Myokardinfarkt. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin: Robert Koch Institut. 11 Therapeutische Versorgung (KTL) https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Experten/Infos-fuer-Reha-Einrichtungen/Grundlagen-und-Anforde- rungen/Reha-Qualitaetssicherung/ktl_therapeutische_versorgung.html 12 Bericht zur Reha-Qualitätssicherung der Rentenversicherung – Therapeutischen Versorgung 2024. Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin. 13 Berichte zur Reha-Qualitätssicherung der Rentenversicherung – Reha-Therapiestandard Koronare Herzkrankheit (KHK) 2020 und 2024 14 Deutsche Rentenversicherung RSD 2020, 2021, 2022 120 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin DGK: Prof. Dr. Volker Rudolph (Bad Oeynhausen) DGTHG: Prof. Dr. Stephan Ensminger (Lübeck), Prof. Dr. Torsten Doenst (Jena), Prof. Dr. Christian Schlensak (Tübingen), Prof. Dr. André Rüffer (Aachen) DGPK: Prof. Dr. Ulrike Herberg (Aachen), PD Dr. Sarah Nordmeyer (Tübingen) DGPR: PD. Dr. Kurt Bestehorn (Dresden), Prof. Dr. Axel Schlitt (Quedlinburg), Prof. Dr. Bernhard Schwaab (Timmendorfer Strand) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick Berufstätige Kardiologen in Deutschland: 3.546 (–10 % im Vergleich zu 2019) Berufstätige Kardiochirurgen in Deutschland: 1.249 (+10 % im Vergleich zu 2019) Stetige Zunahme von Koronar-CTs auf zuletzt 59.757 Untersuchungen. Im Vergleich zu 2011 kaum Veränderung in der Anzahl der Koronar- angiographien und -interventionen. Sektorenübergreifende Versorgung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern im Kindesalter ist derzeit garantiert. Copyright: Deutsche Herzstiftung/Adobestock_KatyFlaty Zwischen 2011 und 2023 ist die Zahl der Herzoperationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM) zurückgegangen (2011: 91.823, 2023: 72.131) und die isolierte Bypass-Operation von 2011: 41.976 auf 2023: 28.996 zurückgegangen. Stationäre Behandlungszahlen von EMAH- Patienten nehmen zu, die stationäre Versorgung erfolgt überwiegend durch Kinderkardiologen, häufi g angegliedert an EMAH-Zentren. 8.1 Anzahl berufstätiger Kardiologen – 2019 versus 2023 Nach den Daten der Bundesärztekammer waren am 31.12.2023 in Deutschland insgesamt 3.546 Kardiologen berufstätig. Es zeigt sich im Vergleich zu 2019 insgesamt eine Abnahme um 10 %, dabei ist in allen Bundesländern ein gering unterschied- licher ausgeprägter Rückgang zu beobachten. Die dichteste Versorgung in der Kardiologie ist in den Ländern Hamburg, Bayern, Berlin und Bremen zu beobachten. Die geringste Ver- sorgungsdichte wiesen Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf (Tabelle 8/1). Interpretation der Daten Der beobachtete Rückgang ist am ehesten im Zusam- menhang mit der demografischen Entwicklung der deutschen Bevölkerung und dem damit alters- bedingten Ausscheiden von Kardiologen zu erklären. Weiterhin haben sich die Arbeitsbedingungen im klinischen und ambulanten Umfeld im besagten Zeitraum signifikant verändert. 8 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 121
Berufstätige Kardiologen – 2019 versus 2023 Bundesland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland Berufstätige Kardiologen 2019 Berufstätige Kardiologen 2023 Anzahl Einwohner pro Kardiologe Anzahl Einwohner pro Kardiologe 617 953 225 100 39 150 350 74 392 370 176 26 193 65 139 74 3.943 17.991 13.772 16.309 25.219 17.467 12.315 17.966 21.732 20.392 48.506 23.261 37.957 21.098 33.766 20.890 28.829 21.092 546 856 204 99 36 144 306 59 363 310 169 18 187 59 130 60 3.546 20.768 15.695 18.540 26.077 19.214 13.265 20.983 27.618 22.485 58.679 24.700 55.246 21.869 36.957 22.813 35.372 23.877 Berechnung auf Grundlage von Daten der Bundesärztekammer Tab. 8/1: Berufstätige Kardiologen in den Jahren 2019 und 2023 Wie viele Einwohner kommen auf einen Herzchirurgen? – 2019 Bundesland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland Einwohner 31.12.2019 11.100.394 13.124.737 3.669.491 2.521.893 681.202 1.847.253 6.288.080 1.608.138 7.993.608 17.947.221 4.093.903 986.887 4.071.971 2.194.782 2.903.773 2.133.378 83.166.711 Herzchirurgen 2019 116 180 46 29 17 48 78 21 100 265 46 15 44 37 39 23 1.104 Thorax und Kardiovaskular chirurgie 2019 Summe 2019 Einwohner pro Arzt 2019 7 7 0 1 0 2 3 0 0 5 3 2 0 1 0 0 31 123 187 46 30 17 50 81 21 100 270 49 17 44 38 39 23 1.135 90.247 70.186 79.772 84.063 40.071 36.945 77.631 76.578 79.936 66.471 83.549 58.052 92.545 57.757 74.456 92.756 73.275 Berechnung auf Grundlage von Daten der Bundesärztekammer Tab. 8/2 A: Bundesländervergleich: Zahl der berufstätigen Fachärzte für Herzchirurgie bzw. Thorax- und Kardiovaskularchirurgie und Einwohner pro berufstätigem Facharzt im Jahr 2019 122 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Wie viele Einwohner kommen auf einen Herzchirurgen? – 2023 Bundesland Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland Einwohner 31.12.2023 11.339.260 13.435.062 3.782.202 2.581.667 691.703 1.910.160 6.420.729 1.629.464 8.161.981 18.190.422 4.174.311 994.424 4.089.467 2.180.448 2.965.691 2.122.335 84.669.326 Herzchirurgen 2023 137 199 51 32 18 51 86 26 110 296 60 17 43 42 38 22 1.228 Thorax und Kardiovaskular chirurgie 2023 Summe 2023 Einwohner pro Arzt 2023 3 4 0 1 0 1 3 0 0 3 4 1 0 1 0 0 21 140 203 51 33 18 52 89 26 110 299 64 18 43 43 38 22 1.249 80.995 66.183 74.161 78.232 38.428 36.734 72.143 62.672 74.200 60.838 65.224 55.246 95.104 50.708 78.045 96.470 67.790 Berechnung auf Grundlage von Daten der Bundesärztekammer Tab. 8/2 B: Bundesländervergleich: Zahl der berufstätigen Fachärzte für Herzchirurgie bzw. Thorax- und Kardiovaskularchirurgie und Einwohner pro berufstätigem Facharzt im Jahr 2023 8.2 Anzahl berufstätiger Herzchirurgen – 2019 versus 2023 Nach den Daten der Bundesärztekammer waren am 31.12.2023 in Deutschland insgesamt 1.228 Herz- chirurgen berufstätig. Es zeigt sich im Vergleich zu 2019 insgesamt eine Zunahme um 11 %, dabei ist in allen Bundesländern eine ähnlich ausgeprägte leichte Zunahme zu beobachten. Die dichteste Versorgung in der Herzchirurgie ist in den Ländern Hamburg, Bremen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland zu beobachten. Die geringste Versorgungsdichte wiesen Thüringen, Sachsen, Baden-Württemberg, Branden- burg und Schleswig-Holstein auf (Tabelle 8/2 B). Interpretation der Daten Interessanterweise ist in der Herzchirurgie eine leichte Zunahme der in diesem Fachgebiet tätigen Ärzte zu beobachten. Eine einfache Erklärung dafür gibt es nicht. Die beobachtete leichte Zunahme an Fach ärzten könnte durch einen Post-Corona-Effekt erklärt werden, da während dieser Zeit wenig Ope- rationen stattfanden und damit Facharztprüfungen verzögert wurden, die in den folgenden Jahren vermehrt nachgeholt wurden. Da sich die Arbeits- bedingungen im klinischen Umfeld im besagten Zeitraum – ähnlich der Kardiologen – signifikant verändert haben, bleibt abzuwarten, ob dieser Trend Bestand hat. 8 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 123
8.3 Leistungen der herzchirurgischen Fachabteilungen in Deutschland Im Jahr 2023 gab es in Deutschland insgesamt 77 Fachabteilungen für Herzchirurgie an 85 Standorten. Die Zahl der Abteilungen pro Bundesland variiert zwischen einer in Bremen und 15 in Nordrhein- Westfalen. Bundesweit entfielen im Jahr 2023 im Durchschnitt etwa 1 Million Einwohner auf eine herzchirurgische Fachabteilung. In den 77 Fach- abteilungen für Herzchirurgie wurden im Jahr 2023 insgesamt 168.841 Herzoperationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM) durchgeführt. Im Durchschnitt entfielen damit auf ein Zentrum 2.193 Eingriffe. Die Spannweite reichte dabei von 336 bis 7.767 Operationen pro Zentrum (Abbildung 8/1). In vier der Fachabteilungen für Herzchirurgie (5,2 %) wurden weniger als 500 Herzoperationen mit und ohne HLM jährlich durchgeführt, in acht Abteilungen (10,4 %) 501 bis 1.000 Operationen, in 19 Abteilungen (24,7 %) 1.001 bis 1.500 Operationen, in 11 Abtei- lungen (14,3 %) 1.501 bis 2.000 Operationen, in 9 Abteilungen (11,7 %) 2.001 bis 2.500 Operationen und in zwölf Abteilungen (15,6 %) 2.501 bis 3.000 Herzoperationen. 14 der Fachabteilungen (18,2 %) erbrachten mehr als 3.000 Herzoperationen. Interpretation der Daten Aktuell gibt es 77 Fachabteilungen für Herzchirurgie in Deutschland, die sich in den Leistungsspektren unterscheiden, da nicht alle Abteilungen das kom- plette herzchirurgische Leistungsspektrum anbieten. Gerade hoch spezialisierte Leistungen wie zum Bei- spiel die Chirurgie angeborener Herzfehler oder die Organtransplantation konzentrieren sich auf wenige Zentren. Hier wird sich in Zukunft zeigen, wie sich Krankenhausreform, moderne Qualitätssicherung und möglicherweise veränderte Rahmenbedingungen auf eine noch stärkere Zentrenbildung auswirken bzw. eine Konsolidierung stattfinden wird. Operationszahlen der einzelnen herzchirurgischen Fachabteilungen in Deutschland insgesamt M L H e n h o d n u t i m n e n o i t a r e p O 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 53 55 57 59 61 63 65 67 69 71 73 75 77 Alle 77 Fachabteilungen für Herzchirurgie aufsteigend sortiert nach Anzahl der Herzoperationen Berechnung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 8/1: Reihung der Fachabteilungen für Herzchirurgie nach Anzahl der Herzoperationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM) im Jahr 2023 124 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
8.4 Entwicklung der Herzoperationen mit und ohne HLM von 2011 bis 2023 Im Zeitraum von 2011 bis 2023 ist die Zahl der Herz- operationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM) leicht zurückgegangen (2011: 91.823, 2023: 72.131). Nach wie vor stellen Bypass-Operationen und Herzklappenoperationen den Großteil der herzchirurgischen Leistungen dar (Abbildung 8/2). Interpretation der Daten Betrachtet man den gesamten Zeitraum von 13 Jahren, so zeigt sich zwischen den absoluten Endpunkten (2011 und 2023) eine zurückgegangene Anzahl der Operationen mit und ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM). Der große Rückgang korreliert mit der Corona-Pandemie, da in diesem Zeitraum die Operationskapazitäten massiv beeinträchtigt waren. Die Zahl der Herzoperationen ist nach der Corona- Pandemie zwar wieder leicht angestiegen, hat aber nach wie vor nicht die Anzahl vor der Pandemie erreicht. Hier bleibt einerseits der weitere Trend abzuwarten und andererseits, wie sich die ver änderten Indikationen für interventionelle, kathetergestützte Verfahren auf die langfristigen herzchirurgischen Operationszahlen auswirken. 8.4.1 Entwicklung der interventionellen Herzklappentherapie Die Zahlen der kathetergestützten Klappen therapie steigen seit 2011 stetig an. Dies trifft auf alle drei Eingriffstypen zu. Den größten Anteil nehmen dabei die TAVIs ein (Abbildung 8/3). Ausgewählte Operationen 2011 – 2023 n e n o i t a r e p O r e d l h a Z 100.000 90.000 80.000 70.000 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 9.163 5.599 9.376 5.593 9.618 5.576 9.451 5.779 21.762 21.717 21.950 22.165 9.615 5.892 9.630 5.855 21.740 21.735 13.323 13.242 13.852 13.799 13.340 12.500 9.891 5.913 21.429 11.400 9.727 5.853 9.904 5.757 20.519 20.025 10.271 9.869 9.506 5.569 17.998 8.540 9.721 5.535 9.581 5.283 17.472 18.220 10.106 5.369 19.784 8.175 8.173 7.876 41.976 42.060 40.410 40.006 38.601 37.614 36.273 33.999 34.224 29.444 27.947 27.994 28.996 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 Jahr 8 Sonstige (alle anderen Prozeduren mit Einsatz der Herz-Lungen-Maschine) Operationen Angeborener Herzfehler (ASD-Verschluss bei Erwachsenen in Kombination mit Bypass- oder Klappen-OP unter Bypass- bzw. Herzklappen-OP) Isolierte Herzklappenoperationen (Kombination mit Aortenklappenchirurgie unter Sonstige) Bypass-Operationen in Kombination mit anderen Eingriffen Isolierte Bypass-Operationen (alle) Berechnung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 8/2: Entwicklung ausgewählter herzchirurgischer Operationen in den letzten 13 Jahren (Details in den einzelnen Kapiteln) 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 125
Interventionelle Herzklappentherapie von 2011 bis 2023 n e n o i t n e v r e t n I r e d l h a Z 25.000 20.000 15.000 10.000 5.000 0 2011 TAVI 2012 2013 2014 2017 Jahr kathetergestütze Mitralklappenrekonstruktion 2016 2015 2018 2019 2020 2021 2022 2023 kathetergestütze Trikuspidalklappenrekonstruktion Berechnung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Abb. 8/3: Entwicklung der interventionellen Herzklappentherapie in den Jahren 2011 bis 2023 Interpretation der Daten Die Daten reflektieren die zunehmende Ausweitung der Indikationsstellung auf Basis der wachsenden Evidenz sowie die auf der sich ändernden gesell- schaftlichen Altersstruktur fußende Zunahme der einzelnen Klappenvitien. 8.5 Entwicklung der Altersstruktur der operierten Herzpatienten von 2011 bis 2023 Die Entwicklung der herzchirurgischen Eingriffe korreliert mit dem demografischen Wandel der Gesellschaft. Darüber hinaus ermöglicht die Ver- breitung risikoärmerer OP-Verfahren, auch ältere Patienten sicher zu operieren. Der Anteil der Patienten in der Altersgruppe der 40- bis unter 50-Jährigen reduzierte sich von 5,2 % im Jahr 2011 auf 3,7 % im Jahr 2023, der Anteil in der Altersgruppe der 50- bis unter 60-Jährigen blieb gleich und in der Altersgruppe der 60- bis unter 70-Jährigen zeigte sich ein Anstieg von 23,4 % auf 27,2 %. Der Anteil der Patienten in der Altersgruppe der 70- bis unter 80-Jährigen ist von 38,2 % auf 29,1 % gesunken, interessanterweise ist er aber in der Altersgruppe der ab 80-Jährigen von 12,8 % auf 19,8 % angestiegen (Abbildung 8/4). Interpretation der Daten Im Zeitraum von 2011 bis 2023 ist die absolute Anzahl der Herzoperationen in der Altersgruppe der 70- bis unter 80-Jährigen von 38.333 auf 29.326 gesunken und in der Altersgruppe der ab 80-Jährigen von 12.788 auf 19.930 angestiegen. Diese Entwick- lung ist am ehesten damit zu erklären, dass in der DGTHG-Leistungsstatistik der kathetergestützte Aortenklappenersatz (TAVI) miterfasst wird und diese Technik den Anstieg der Operationszahlen bei den über 80-Jährigen erklärt. Zusätzlich zeigt sich eine Zunahme der Herzoperationen bei den 60- bis unter 70-Jährigen. In dieser Altersgruppe könnten zwei Faktoren eine wichtige Rolle spielen, denn einerseits wird der kathetergestützte Klappenersatz zunehmend häufiger eingesetzt und chirurgisch implantierte biologische Prothesen werden auch bei jüngeren Patienten verstärkt verwendet, was einen Anstieg an Reoperationen in dieser Altersgruppe nach sich ziehen könnte. 8.6 Herztransplantation/ Herz-Lungen-Transplantation Die Zahl der Transplantationszentren (Herz) betrug im Jahr 2023 insgesamt 19 (25 Zentren im Jahr 2003). Im Jahr 2023 führten nur acht Zentren (2022: 10) mehr als 10 Transplantationen pro Jahr durch. Es wurden 2023 auch kombinierte Herz-Lungen- Transplantationen durchgeführt, aufgrund der geringen Anzahl wird dies von der DSO aber nicht mehr nach Zentren spezifiziert (Abbildung 8/5). 126 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Altersstruktur der operierten Herzpatienten: Entwicklung t n e z o r P n i n e p p u r g r s r e t l A r e d e l i e t n A 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2000 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 <1 40 – <50 1 – < 10 50 – <60 10 – <20 60 – <70 Berechnung auf Grundlage der DGTHG-Leistungsstatistik Jahr 20 – <30 70 – <80 30 – <40 ≥80 Abb. 8/4: Entwicklung der Altersstruktur der operierten Herzpatienten im Jahr 2000 sowie in den Jahren von 2011 bis 20231 Häufigkeit von Herztransplantationen nach Transplantationszentren 77 80 70 60 50 40 30 20 10 n e n o i t a t n a p s n a r T l 47 38 30 30 22 19 17 9 7 7 5 5 5 4 ≤3 ≤3 0 M ünchen Großh. D üsseldorf H eidelberg Berlin D H Z C H a m burg B ad O eynhausen H annover Leipzig (H Z) B ad N auheim Freiburg Gießen Jena Regensburg Essen Kiel Erlangen/N ürnbg. Dresden 8 ≤3 ≤3 G öttingen Köln Herz Herz/Lunge Darstellung auf Grundlage von Daten der Deutschen Stiftung Organtransplantation Abb. 8/5: Verteilung der Transplantationshäufigkeit nach Zentren im Jahr 2023 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 127
Interpretation der Daten Die Situation der Herztransplantation ist auch im Jahr 2023 in Deutschland nicht zufriedenstellend gelöst. Einerseits besteht aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen ein eklatanter Mangel an Spenderorganen und die Herztransplantationen verharren seit Jahren auf einem relativ niedrigen Niveau. Andererseits führten im Jahr 2023 nur 8 Zentren mehr als 10 Transplantationen pro Jahr durch. Hier wird aktuell vor dem Hintergrund der Qualitätssicherung eine weitere Reduktion der Transplantationszentren angestrebt. Inwieweit dies politisch durchzusetzen ist, wird sich zeigen. 8.7 Diagnostische und interventionelle Verfahren bei Herzerkrankungen 8.7.1 Linksherzkatheter-Untersuchungen und Koronarinterventionen Die in Tabelle 8/3 gezeigten Daten zeigen die Veränderungen der Koronarangiographien und Koronarinterventionen (PCI) zwischen 2011 und 2023. Bedingt durch eine unterschiedliche Erfassungs- methodik wurden 2011 nur stationäre Fälle und 2023 stationäre sowie ambulante Fälle erfasst, sodass eine direkte Vergleichbarkeit nicht gegeben ist. Es kann aber in der Gesamtschau auf Grundlage dieser Zahlen davon ausgegangen werden, dass es bei den Linksherzkatheter-Untersuchungen und Koronarinterventionen (Fälle) Linksherzkatheter Untersuchungen PCI 2011 699.241 2023* 729.541 2011 282.473 2023* 288.584 Trend 2011 zu 2023 4,3 % 2,2 % * Als erstes sektorenübergreifendes Verfahren werden für das QS- Verfahren „Perkutane Koronarintervention und Koronarangiographie“ seit 2021 (EJ 2020) stationäre als auch ambulante Eingriffe erfasst. Berechnung auf Grundlage der Bundesauswertung des aQua-instituts und des Bundesqualitätsberichtes des IQTIG Tab. 8/3: Linksherzkatheter-Untersuchungen (LHK) und Perkutane Koronarinterventionen (PCI) in den Jahren 2011 und 2023 Koronarangiographien kaum einen Rückgang, bei den PCIs vermutlich einen leichten Rückgang der Gesamtzahl gegeben hat. Interpretation der Daten Trotz stagnierender bzw. leicht rückläufiger Zahlen liegt die Anzahl der Koronarangiographien und PCIs im europäischen Vergleich damit weiterhin sehr hoch², was hinsichtlich neuer Studienerkennt- nisse weitere Anstrengungen zur Überprüfung der korrekten Indikationsstellung durch die Instrumente der Qualitätssicherung rechtfertigt. Computertomographie des Herzens von 2019 bis 2023 42.446 44.343 49.910 54.376 59.757 T C - r a n o r o K t i m e l l ä F r e d l h a z n A 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 2019 2020 2021 Jahr 2022 2023 Darstellung auf Grundlage der Daten des InEK Abb. 8/6: Computertomographie des Herzens (Fälle) mit Kontrastmittel in den Jahren 2019 bis 2023 128 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
8.7.2 Bildgebende Verfahren bei Herzkrankheiten 8.8 Linksherzkatheter-Messplätze je Bundesland Es zeigt sich seit dem Jahr 2019 eine stetige Zunahme der Koronar-CTs auf 59.757 Untersuchungen (Abbil- dung 8/6). Interpretation der Daten Trotz der stetigen Zunahme stellen sich die CT- Untersuchungszahlen im Vergleich zu den knapp 730.000 invasiven Koronarangiographien als ver- gleichsweise gering dar. Die ambulante Durchfüh- rung von Koronar-CTs war bisher nicht abrechenbar. Wie sich die Gesamtzahlen auf Basis des G-BA- Beschlusses zur ambulanten Durchführbarkeit von CT-Koronarangiographien vom 18. Januar 2024 weiter entwickeln werden, wird über die nächsten Jahre interessant zu beobachten sein. Die interes- santeste Frage wird jedoch sein, ob die zunehmenden Koronar-CTs einen Effekt auf die Infarktprävention und damit auf die Herzgesundheit der deutschen Bevölkerung haben werden. Die Verteilung der Linksherzkatheter-Messplätze je Bundesland findet sich in der Tabelle 8/4. Im Mittel über die Bundesländer stand im Jahr 2023 für 65.993 (2022: 67.218) Einwohner je ein Links- herzkatheter-Messplatz zur Verfügung. Bezogen auf die jeweilige Bevölkerung besteht die höchste Versorgungsdichte mit Krankenhaus-gebundenen Linksherzkatheter-Messplätzen in den Ländern Hamburg, dem Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Die niedrigste Versorgungsdichte wiesen Bremen, Sachsen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf. Interpretation der Daten Die durch Destatis durchgeführte Erhebung betrifft nur Linksherzkatheter-Messplätze in Kranken- häusern, wodurch eine nicht unerhebliche Unschärfe zustande kommt und diese Daten nur von limitierter Aussagekraft sind. Diesbezüglich sind aktuell große Linksherzkatheter-Messplätze nach Bundesländern Bundesland Linksherzkatheter Messplätze je Bundesland 2023 Bevölkerung 31.12.2023 Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland Anzahl 153 198 70 43 7 39 90 31 113 295 57 20 49 36 41 41 1.283 % 11,9 15,4 5,5 3,4 0,5 3,0 7,0 2,4 8,8 23,0 4,4 1,6 3,8 2,8 3,2 3,2 100,0 Anzahl 11.339.260 13.435.062 3.782.202 2.581.667 691.703 1.910.160 6.420.729 1.629.464 8.161.981 18.190.422 4.174.311 994.424 4.089.467 2.180.448 2.965.691 2.122.335 84.669.326 % 13,4 15,9 4,5 3,0 0,8 2,3 7,6 1,9 9,6 21,5 4,9 1,2 4,8 2,6 3,5 2,5 100,0 Einwohner je Einwohner je LHKMessplatz LHKMessplatz 2023 Anzahl 74.113 67.854 54.031 60.039 98.815 48.978 71.341 52.563 72.230 61.662 73.234 49.721 83.459 60.568 72.334 51.764 65.993 2022 Anzahl 75.202 67.183 64.746 58.480 97.838 45.051 71.015 54.279 72.038 62.983 75.621 52.246 86.939 62.476 73.832 55.970 67.218 Veränderung 2023 zu 2022 % -1,4 1,0 -16,5 2,7 1,0 8,7 0,5 -3,2 0,3 -2,1 -3,2 -4,8 -4,0 -3,1 -2,0 -7,5 1,8 Darstellung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes 2022 und 2023 Tab. 8/4: Anzahl Linksherzkatheter-Messplätze je Bundesland in den Jahren 2022 und 2023 8 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 129
Bemühungen auf dem Weg, eine systematische Erhebung aller Linksherzkatheter-Messplätze für die kommenden Herzberichte zu ermöglichen, die in Zukunft eine deutlich bessere Übersicht und Bewertung der Situation in Deutschland zulassen. 8.9 Strukturen in der pädiatrischen Kardiologie und Kinderherzchirurgie Angeborene Herzfehler (AHF) sind die häufigsten angeborenen Organfehlbildungen des Menschen. In der PAN-Studie wurde im Zeitraum 2006 – 2008 deutschlandweit eine Prävalenz von 1,1 % für alle AHF bei Lebendgeborenen und Säuglingen im ersten Lebensjahr ermittelt. Viele angeborene Herzfehler (Ausnahme spontan verschlossene Shuntvitien) bedürfen wegen potenzieller Kom- plikationen im Langzeitverlauf der lebenslangen Überwachung durch einen Spezialisten für ange- borene Herzfehler.³ In Deutschland hat sich ein sektorenübergreifendes Versorgungsmodell etabliert, das eine umfassende und qualifizierte Versorgung von Kindern, Jugend- lichen und Erwachsenen mit angeborenem Herz- fehler gewährleistet. Ermöglicht wird dies aufgrund einer engen Verzahnung der hochspezialisierten stationären Betreuung an einem Herzzentrum und Uniklinikum, der ambulanten kinderkardiologischen Betreuung in einer kinder-/jugendkardiologischen Schwerpunktpraxis sowie der stationären und ambu- lanten Betreuung in Kinderkliniken mit an Kinder- kliniken arbeitenden Kinderkardiologen. Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der herzchirurgischen Versorgung bei Kindern und Jugendlichen gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB V (Richt- linie zur Kinderherzchirurgie) in der Fassung vom 18. Februar 2010 (letzte Änderung 1. Januar 2025) trägt dieser Forderung Rechnung. Sie ist verbindlich und soll die Sicherung und Förderung der Qualität in der medizinischen Versorgung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern und deren Folgezuständen sichern. In dieser Richtlinie werden auch Anforde- rungen an die Struktur- und Prozessqualität der stationären Versorgung bei kinderherzchirurgischen Eingriffen festgelegt. 8.9.1 Ambulante Versorgung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern durch niedergelassene Kinderkardiologen Gemäß der aktualisierten Daten der Arbeits- gemeinschaft Niedergelassener Kinderkardiologen e.V. und der Daten der Herzstiftung waren ungefähr 293 Fachärzte für Kinder- und Jugendkardiologie an 261 Standorten in ambulanter Praxis tätig. Interpretation der Daten Damit steigt die Zahl der Standorte mit ambulan- ter Versorgung und die Zahl der ambulant tätigen Kinderkardiologen weiter an. In Deutschland besteht ein weitgehend flächen- deckendes Netz für die ambulante Versorgung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Rhythmusstörungen. Diese findet durch Kinder- kardiologen in drei miteinander verbundenen Ver- sorgungsstrukturen statt: 1. niedergelassene Kinderkardiologen in eigener Praxis oder MVZ (Abbildung 8/7). Von den etwa 293 Ärzten arbeitet derzeit die große Mehrzahl pädiatrisch und kinderkardiologisch und ist zu 95 % in der Arbeitsgemeinschaft Nieder- gelassener Kinderkardiologen e.V. (ANKK) organisiert. 2. Schwerpunktambulanzen ermächtigter Kinder- kardiologen an allgemeinen Kinderkliniken. Im Februar 2025 arbeiteten in 56 Kinderkliniken 70 Kinderkardiologen. Sie sind in der Arbeitsgemein- schaft der an allgemein-pädiatrischen Kliniken tätigen Kinderkardiologen (AAPK) in der DGPK zusammengeschlossen (Abbildung 8/9). 3. Ambulanzen kinderkardiologischer Kliniken oder Abteilungen (meist an Universitätskliniken oder Herzzentren) (Abbildung 8/8). Die Verteilung dieses ambulanten Versorgungsange- bots durch drei miteinander verbundene Strukturen ist weitgehend über ganz Deutschland flächendeckend und gewährleistet eine hochqualifizierte, wohnort- nahe, familienorientierte, ambulante kinder- und 130 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Kinderkardiologen in ambulanter Praxis Flensburg Raisdorf Kiel (3) Schwentinental Schleswig-Holstein Neumünster Lübeck (3) Bremerhaven Pinneberg Halstenbek Oldenburg Bremen (3) Ahrensburg Hamburg (9) Reinbek Lüneburg Schneverdingen Niedersachsen Weyhe-Leeste Damme Nienburg (2) Langenhagen Rheine Osnabrück Ibbenbühren Vlotho Celle Isernhagen Hannover (3) Minden Braunschweig (2) Rostock Mecklenburg-Vorpommern Neubrandenburg Brandenburg Birkenwerder Ahrensfelde Berlin (16) Eichwalde Stendal Potsdam (2) Magdeburg Nordrhein- Westfalen Bottrop Gelsenkirchen (3) Essen Bielefeld (4) Paderborn Münster Kamen Dortmund Duisburg Ratingen Düsseldorf (3) Witten Erkrath Hagen (2) Solingen Heinsberg Aachen Grevenbroich Troisdorf Simmerath Euskirchen Hilden Lüdenscheid Remscheid Rösrath Köln (9) Bonn (2) Asbach Bad Neuenahr Hessen Linden Osterode Sachsen-Anhalt Lutherstadt-Wittenberg Halle/Saale (2) Göttingen (2) Duderstadt Kassel (2) Bebra Erfurt (4) Thüringen Fulda Unterwellenborn Leipzig (3) Sachsen Dresden Königstein Rheinland-Pfalz Andernach Neuwied Koblenz Gießen Montabaur Hüttenberg Friedrichsdorf Wiesbaden Walluf Gau-Algesheim Neu- Isen- burg Frankfurt a. M. (4) Maintal Offenbach Marktheidenfeld Mainz (4) Darmstadt Worms Trier Saarland Ludwigshafen (2) Schwetzingen Kaiserslautern (2) Neustadt / Weinstr. Homburg Waghäusel Mannheim Hettstadt Eberbach Heidelberg Leimen Philippsburg Plauen (2) Hof Coburg Haßfurt Schweinfurt (2) Bad Kissingen Bamberg Würzburg (2) Fürth Nürnberg (4) Forchtenberg Neudrossenfeld Bayreuth Erlangen Amberg Neumarkt Heilbronn Schwabach Karlsruhe Mühlacker Pforzheim (2) Schwieberdingen Pleidelsheim Marbach Fellbach Waiblingen Bayern Regensburg Neuburg (2) Passau Baden-Baden Böblingen Tübingen Baden-Württemberg Rottweil Emmendingen Stuttgart (2) Krumbach Ulm Neu-Ulm Pfullingen Ehingen Memmingen Olching Starnberg (2) Augsburg Günzburg (2) Oberschleißheim Karlsfeld München (7) Gauting (3) Wolfratshausen Freiburg (4) Konstanz (2) Weingarten Leutkirch Kaufbeuren Geretsried Rosenheim Friedrichshafen Garmisch-Partenkirchen Standorte tätiger Kinder kardio- logen in ambulanter Praxis (…) Anzahl der Praxen an einem Standort Insgesamt ca. 293 Kinder- kardiologen in ambulanter Praxis an 261 Standorten Darstellung auf Grundlage von Daten der Kinderherzstiftung und der Daten der Arbeitsgemeinschaft Nieder- gelassener Kinderkardiologen e.V. Abb. 8/7: Standorte der Kinder- kardiologen in ambulanter Praxis im Jahr 2023 8 jugendkardiologische Versorgung. Damit erreichen in fast allen Regionen Betroffene mit einem ange- borenen Herzfehler innerhalb einer Fahrzeit von weniger als 60 Minuten einen Kinderkardiologen in einer Ambulanz. Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH) werden ambulant durch niedergelassene Kinder- kardiologen, die das Zertifikat für die Behandlung Erwachsener mit angeborenem Herzfehler (EMAH) führen, un d Patienten über das 18. Lebensjahr hinaus zum Teil interdisziplinär mit den internistischen Kar- diologen weiter betreuen, EMAH-Schwerpunktpraxen oder regionale und überregionale EMAH-Zentren, die in der Regel an Herzzentren und Universitäts- kliniken angesiedelt sind, betreut. 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 131
8.9.2 Ambulante kinderkardiologische Versorgung in Kliniken Im Jahr 2023 gab es in Deutschland – gemäß der Umfrage der DGPK – in 29 katheterinterventionell und herzchirurgisch arbeitenden Kliniken 70.357 ambu- lante Untersuchungen und Behandlungen von Kindern unter 18 Jahren. Pro Zentrum entsprach das einem Median von 2.029 Behandlungen. Zeitgleich wurden in diesen Zentren 28.692 (Median 821) ambulante Untersuchungen und Behandlungen in der Gruppe der Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) durchgeführt, wie die Abbildung 8/8 ver- deutlicht. In der Regel erfolgt in kinderkardiologischen Zentren die Versorgung sowohl von Kindern wie auch Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler mit einem ortsabhängigen variablen Schwerpunkt. Interpretation der Daten Gegenüber dem Vorjahr nimmt damit die Zahl der ambulanten Leistungen im Bereich der Herzzentren und Universitätskliniken zu. Es zeigt sich sowohl ein Zuwachs der ambulanten Fälle im Kindesalter bis 18 Jahren (+ 6.108 Fälle) gegenüber dem Vorjahr als auch ein Zuwachs von 3.316 Fällen bei EMAH. Dies korrespondiert mit der erwarteten zunehmenden Zahl von EMAH. 8.9.3 Die stationäre Versorgung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern – Kinderkardiologen an Kliniken Aktuell arbeiten ungefähr 398 Kinder- und Jugendkardiologen in Kinderkliniken an 109 Stand- orten (Abbildung 8/9). Interpretation der Daten Die stationäre Versorgung von pädiatrischen Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen findet in zwei miteinander verbundenen Krankenhaus- strukturen statt: Kinderkardiologische Kliniken nach Zahl der Ambulanzbesuche – 2023 12.000 11.000 10.000 9.000 8.000 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 e h c u s e b z n a u b m A r e d l l h a Z 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 Kinderkardiologien nach Gesamtzahl der kinderkardiologischen Ambulanzbesuche aufsteigend sortiert Kinder (<18 Jahre) Erwachsene (≥18 Jahre) Jede Zahl der x-Achse steht für ein einzelnes Zentrum Darstellung auf Grundlage der DGPK-Umfrage aus den Jahren 2024/2025 über erbrachte Leistungen im Jahr 2023 Abb. 8/8: Ambulante Versorgung in den invasiv/interventionell arbeitenden Kliniken im Jahr 2023 132 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Kinderkardiologen an Kliniken Kiel Schleswig- Holstein Hamburg Bremen Rotenburg Niedersachsen Hannover (2) Hildesheim Wilhelmshaven Aurich Oldenburg Vechta Nordhorn Greifswald Mecklenburg- Vorpommern Schwerin Neubrandenburg Eberswalde Brandenburg a.d. Havel Potsdam Bernau Berlin Frankfurt (Oder) Brandenburg Cottbus Sachsen- Anhalt Dessau Nordrhein-Westfalen Bad Oeynhausen Coesfeld Bocholt Kleve Datteln Münster (2) Hamm Gelsenkirchen Dortmund Oberhausen Duisburg (2) Krefeld Düsseldorf (2) Leverkusen Essen Bochum Wuppertal Köln (2) Aachen Siegen Bonn (2) St. Augustin Marburg Gießen Hessen Göttingen Halle Kassel Thüringen Erfurt Arnstadt Weimar Jena Gera Suhl Saalfeld Leipzig Dresden (2) Sachsen Zittau Chemnitz (2) Rheinland-Pfalz Frankfurt a.M. (2) Mainz Idar-Oberstein Würzburg Saarland Kaiserslautern Homburg/Saar Heidelberg Hof Bamberg Erlangen Nürnberg (2) Bayern Regensburg Mutlangen Neuburg Passau Karlsruhe Pforzheim Schwäbisch-Hall Heilbronn Sindelfingen-Böblingen Stuttgart Tübingen Filderstadt Reutlingen Baden-Württemberg Ulm Augsburg (2) Landshut Freiburg Ravensburg Memmingen Friedrichshafen Kempten München (4) Rosenheim Traunstein Standorte der an Kinderkliniken tätigen Kinderkardiologen Insgesamt aktuell ungefähr 398 Kinderkardiologen in Kinder- kliniken an 109 Standorten. Darstellung auf Grundlage von Daten der DGPK Abb. 8/9: Standorte der Kinder- kardiologen an Kliniken im Jahr 2023 1. 2. in kinderkardiologischen und kinderkardio- chirurgischen Kliniken (meist Universitätskliniken oder Herzzentren). 8.9.4 Standorte und Leistungsstruktur der Kinderherzzentren in allgemeinpädiatrisch ausgerichteten Kli- niken für Kinder- und Jugendmedizin. In Deutschland existierten im Jahr 2017 etwa 360 Kinderabteilungen oder Kliniken für Kinder- und Jugend medizin. 67 dieser Kli- niken haben mindestens einen angestellten Kinderkardiologen. Die Abbildung 8/10 gibt einen Überblick über die Standorte mit invasiver Herzdiagnostik und/oder Operationen angeborener Herzfehler (Patienten 0 – 17 Jahre) in Deutschland im Jahr 2023. Interpretation der Daten Die Versorgung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern erfolgt an 30 Zentren, die entweder an 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 133 8
Standorte der Kinderherzzentren Kiel Schleswig- Holstein Hamburg Mecklenburg- Vorpommern Oldenburg Bremen Niedersachsen Hannover Münster Bad Oeynhausen Duisburg Nordrhein-Westfalen Göttingen Sachsen-Anhalt Berlin Brandenburg Essen Köln Aachen Bonn Rheinland-Pfalz Mainz Kaiserslautern Saarland Homburg/Saar Thüringen Leipzig Sachsen Hessen Gießen Frankfurt Heidelberg Baden- Württemberg Erlangen Bayern Stuttgart Tübingen Freiburg Ulm Augsburg München Standorte Herzkatheter unter suchungen, interven tionelle Herzkatheter Operationen angebore ner Herzfehler mit HLM 0 – 17 Jahre Darstellung auf Grundlage von Daten der DGPK Abb. 8/10: Standorte und Leistungsstruktur der Kinderherzzentren im Jahr 2023 Universitätskliniken oder extrauniversitären Zentren angegliedert sind. An allen Zentren erfolgen Herz- katheteruntersuchungen, 6 von 30 Zentren führen keine Operationen an Kindern unterhalb des 18. Lebensjahres durch. 8.9.5 Stationäre Versorgung der interventionell tätigen kinder- kardiologischen Kliniken Die Zahl stationärer kinderkardiologischer Fälle der 29 Kliniken (Kapitel 8.9.2), von welchen eine keine Angaben gemacht hat, lag 2023 gemäß DGPK-Umfrage bei 18.766 Patienten. Für 2022 konnten 18.228 Fälle aus 27 Kliniken rückge- meldet werden. Im gleichen Zeitraum waren an stationären Behandlungen bei angeborenen Herzfehlern im Erwachsenenalter 6.000 zu ver- zeichnen (4.746 gemeldete Fälle im Jahr 2022) (Abbildung 8/11). Interpretation der Daten Damit zeigt sich ein leichter Anstieg der stationär versorgten Fälle mit einem Zuwachs der Fälle im Kindesalter (unter 18 Jahren) um 3 % und einem deutlichen Anstieg von stationären Behandlungen bei Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler. 8.9.6 EMAH-Versorgungsstrukturen Die ambulante Betreuung der EMAH-Patienten erfolgt gemeinsam durch Kinderkardiologen und Kardiologen. Die Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer (BÄK) 2018 mit Fassung vom 12./13. November 2020 sieht die Zusatz-Weiter- bildung „Spezielle Kardiologie für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH) in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz“ vor für die „spezielle Diagnostik und Therapie komplexer struktureller angeborener Herzfehler im Erwachsenenalter“. Voraussetzung ist somit die Facharztanerkennung für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugend-Kardiologie bzw. Innere Medizin und Kardiologie. Damit wurde die Basis für eine Ver- sorgung von EMAH sowohl durch Kinderkardiologen als auch durch Kardiologen mit EMAH-Zertifikation geschaffen. Die EMAH-Taskforce der drei wissenschaftlichen Fachgesellschaften DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung), DGPK (Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler) und DGTHG (Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirur- gie) hat bereits 2006 ein Zertifizierungsverfahren erarbeitet, mit dem EMAH-Kinderkardiologen und Kardiologen auf ihren Wissensstand hin geprüft und die Strukturen der regionalen EMAH-Zentren und Schwerpunktpraxen sowie der regionalen und überregionalen EMAH-Zentren überprüft werden. 134 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Kinderkardiologische Kliniken nach Zahl der stationären Behandlungen – 2023 l n e g n u d n a h e B n e r ä n o i t a t s r e d l h a Z 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 * 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 Kinderkardiologien nach Gesamtzahl der stationären Behandlungen aufsteigend sortiert Kinder (<18 Jahre) Erwachsene (≥18 Jahre) Jede Zahl der x-Achse steht für ein einzelnes Zentrum. Darstellung auf Grundlage der DGPK-Umfrage aus den Jahren 2024/2025 über erbrachte Leistungen in 2023 * keine Angaben zur Anzahl der stationären Behandlungen Abb. 8/11: Stationäre Versorgung in den invasiv/interventionell arbeitenden Kliniken aus dem Jahr 2023 Versorgungsstruktur der EMAH-Patienten Überregionale EMAHZentren mit allen zur kompletten Versorgung der betroffenen Patienten erforderlichen Einrichtungen Regionale EMAHSchwerpunktpraxen und kliniken Patientenversorgung durch weitergebildete/weiterzubildende (EMAH-zertifizierte) Erwachsenen- oder Kinderkardiologen, Ambulanzen in den Zentren für spezielle Fragestellungen und Probleme (z. B. Rhythmologie, Schwangerschaft usw.), enge Kooperation mit Zentren der Maximalversorgung Hausärztliche Versorgung (Basisversorgung) Versorgung aller Patienten durch Allgemeinmediziner, haus- ärztliche Internisten oder Kinder- und Jugendärzte, Betreuung aller Patienten in Kooperation mit EMAH-Schwerpunktpraxen 8 Abb. 8/12: Versorgungsstruktur der EMAH-Patienten, modifiziert nach H. Kaemmerer et al.2 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 135
Seit der neuen Weiterbildungsordnung der BÄK 2020 (s.o.) erfolgt die Vergabe der Zusatzbezeich- nung „Spezielle Kardiologie für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH)“ nach erfolgter Zusatzweiterbildung und Prüfung durch die Landes- ärztekammern. Kliniken, die EMAH behandeln, werden als EMAH- Zentrum strukturell und personell nach den Maß- gaben der EMAH-Taskforce alle 5 Jahre rezertifiziert. Dazu gehört eine fest gefügte Kooperation mit einer entsprechend personell und strukturell aufgebauten Herzchirurgie. Die dabei entwickelte dreistufige Basisversorgung baut auf der hausärztlichen Versorgung durch All- gemeinmediziner, Internisten, Kardiologen, Kinder- und Jugendärzte auf, die in Abstimmung mit den zertifizierten EMAH-Praxen und EMAH-Zentren die Basisversorgung sicherstellen. Dabei sollen insbesondere Patienten mit komplexen Herzfehlern (z.B. univentri kuläre Herzen, operierte Fallot’sche Tetralogie, operierte Transposition der großen Gefäße usw.) in EMAH-Schwerpunktpraxen, bzw. an regionalen und überregionalen EMAH-Zentren versorgt werden. Abbildung 8/12 zeigt diese Ver- sorgungsstruktur. 8.9.7 Leistungszahlen der zertifizierten EMAH-Zentren Bis heute wurden gemeinsam von der DGK, der DGPK und der DGTHG 21 Zentren als „Überregionales EMAH-Zentrum“, sieben Kliniken als „EMAH- Schwer- punktkliniken“ und elf Praxen als „EMAH- Schwer- punktpraxis“ zertifiziert (Stand Februar 2025). Leistungszahlen der zertifizierten EMAH-Zentren Zentrum Anzahl der Patienten Anzahl der Eingriffe ambulant stationär Interventionen Operationen EMAHzerti fizierte Kinderkardiologen am Zentrum EMAHzerti fizierte Kardiologen am Zentrum 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 4.231 3.511 3.084 2.104 1.993 1.535 1.457 1.442 1.152 1.118 1.085 961 912 887 864 856 821 749 590 551 498 456 332 368 0 344 875 267 508 258 85 174 220 82 85 437 218 480 150 115 41 67 223 29 158 0 55 97 61 58 283 22 55 109 33 25 73 74 26 37 0 12 22 73 112 56 0 84 65 50 28 107 20 31 28 53 51 80 36 91 22 28 28 16 12 1 8 7 6 5 4 5 4 8 3 6 3 4 5 3 4 7 2 4 3 5 12 0 3 2 1 1 3 0 2 2 1 1 1 2 1 1 0 1 2 1 Tab. 8/5: Leistungszahlen der 2023 zertifizierten überregionalen EMAH-Zentren zum Zeitpunkt der ersten Zertifizierung (aufsteigend sortiert nach Anzahl der ambulant untersuchten Patienten) 136 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Die überregionalen EMAH-Zentren gaben für 2023 bei ihrer Zertifizierung die in Tabelle 8/5 zusammen- gestellten Leistungszahlen an. Im Mittel arbeiten 5,0 EMAH-zertifizierte Kinderkardiologen und 2,0 EMAH-zertifizierte Kardiologen an den 21 über- regionalen EMAH-Zentren. Interpretation der Daten Gegenüber dem Vorjahr ist damit die Zahl der in zertifizierten EMAH-Strukturen versorgten Patien- ten etwa gleich hoch. Von den 30.401 Fällen, die in EMAH-Zentren versorgt werden, werden gemäß Abb. 8/8 über 94 % der EMAH-Patienten in den kinderkardiologischen Zentren versorgt, z.T. mit angegliederten EMAH-Zentren. 8.9.8 EMAH-Ambulanzen und überregionale EMAH-Zentren Die Abbildung 8/13 gibt einen Überblick über die überregionalen Zentren, die sich in besonderem Maße auf die Versorgung von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler spezialisiert und defi- nierte Voraussetzungen nachgewiesen haben (siehe https://emah.dgk.org). In Deutschland gibt es 21 überregionale EMAH-Zentren. EMAH-Ambulanzen und überregionale EMAH-Zentren Standorte der EMAH-zertifizierten Ärzte in der Praxis Kiel Schleswig- Holstein Hamburg Oldenburg Bremen Niedersachsen Hannover Greifswald Mecklenburg- Vorpommern Schwerin Brandenburg Berlin Sachsen- Anhalt Dessau Göttingen Halle Leipzig Sachsen Thüringen Bad Berka Osnabrück Nordrhein-Westfalen Bad Oeynhausen Ober- hausen Münster Hamm Essen Wuppertal Duisburg Krefeld Düsseldorf Leverkusen Köln St. Augustin Kassel Gießen Hessen Frankfurt a. M. Aachen Bonn Rheinland- Pfalz Mainz Würzburg Erlangen Kaiserslautern Heidelberg Saarland Homburg/Saar Karlsruhe Bad Mergentheim Nürnberg Schwäbisch-Hall Bayern Passau Landshut Augsburg Mutlangen Ulm Kempten München Traunstein Baden-Württemberg Stuttgart Tübingen Freiburg Friedrichshafen Flensburg Kiel Rendsburg Schleswig-Holstein Ahrensburg Pinneberg Bremerhaven Hamburg (7) Lübeck (2) Reinbek Mecklenburg- Vorpommern Lüneburg (2) Oldenburg Lingen Bremen (3) Niedersachsen Hannover Stendal Brandenburg Ahrensfelde Berlin (9) Telgte Braunschweig Münster (2) Bochum Göttingen Dortmund Magdeburg Sachsen-Anhalt Eichwalde Hagen Wuppertal Düsseldorf (2) Köln (2) Bonn Kassel Hessen Erfurt (2) Leipzig Sachsen Wetzlar Fulda Thüringen Coesfeld Bottrop Gelsenkirchen Solingen Ratingen Heinsberg Nordrhein- Westfalen Andernach Rheinland- Pfalz Trier Walluf Mainz Ludwigshafen Saarland Neustadt/Weinstr. Frankfurt (2) Maintal Werneck Hof Würzburg Nürnberg Neudrossenfeld Bayreuth (2) Marloffstein Erlangen Amberg Heidelberg Bayern Bruchsal Baden-Baden Ludwigsburg Stuttgart Baden-Württemberg Biberach Freiburg Olching Ulm Gauting Ravensburg Konstanz (2) Regensburg Passau Mühldorf am Inn München (6) Traunstein 8 Standorte überregionale EMAH-Zentren Standorte institutionalisierte EMAH-Ambulanzen an Uni- ver sitäts- und anderen Kliniken (>5 EMAH-Patienten/Jahr) Standorte der EMAH-zertifizierten Ärzte in Praxen (…) Anzahl der Praxen/Gemeinschaftspraxen an einem Standort Dargestellt werden ausschließlich Standorte, an denen praktizierende und aktiv behandelnde Ärzte tätig sind. Dargestellt werden ausschließlich Standorte, an denen praktizierende und aktiv behandelnde Ärzte tätig sind. Darstellung auf Grundlage von Daten der DGPK Darstellung auf Grundlage von Daten der Kinderherzstiftung Abb. 8/13: Zertifizierte überregionale EMAH-Zentren und EMAH-Ambulanzen/Sprechstunden an Universitäts- und anderen Kliniken in Deutschland im Jahr 2023 Abb. 8/14: Standorte der niedergelassenen EMAH-zertifizierten Ärzte im Jahr 2023 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 137
Interpretation der Daten Die Zahl der überregionalen EMAH-Zentren bleibt stabil. Eine vollständige Liste der Pädiater und Internisten mit EMAH-Zusatzqualifikation wird auf der Inter- netseite der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) vorgehalten. Für praktische Zwecke wird die Liste der Kinderherzstiftung der Deutschen Herzstiftung empfoh len, in der nur die derzeit aktiven Ärzte geführt sind.⁴ Die Abbildung 8/14 zeigt Standorte der EMAH-zertifizierten niedergelassenen Ärzte. Hier sieht man eine recht gleichmäßige Versorgung über die ganze Fläche hinweg. 8.10 Kardiologische Rehabilitation 8.10.1 Stationäre und ambulante Rehabilitation Für die gemäß WHO-Phase 2 der Rehabilitation, also die Anschlussheilbehandlung (AHB) bzw. Anschluss- rehabilitation (AR), die sich möglichst unmittelbar an die Behandlung im Akutkrankenhaus (Phase 1 nach WHO) anschließen soll, stehen zahlreiche ambulante und stationäre Rehabilitationseinrich- tungen zur Verfügung. Ein offizielles Verzeichnis aller Einrichtungen ist leider nicht verfügbar. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (BAR) führt in ihrem Verzeichnis 148 stationäre Einrich- tungen für die kardiologische Rehabilitation auf. In der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) sind 97 Einrichtungen Mitglied, davon bieten 36 eine ambulante Rehabilitation an. Die DGPR führt seit Jahren eine einrichtungs- und trägerübergreifende Erhebung zur Erfassung des Leistungsspektrums der kardiologischen Rehabili- tations-Einrichtungen durch, in der auch Daten zur Struktur abgefragt werden. Über zwei Drittel der Einrichtungen (70 %) haben sich an der Erhebung der Daten des Jahres 2023 beteiligt. Bei 66,7 % der Einrichtungen handelt es sich um private, bei 7,9 % um öffentliche bzw. bei 6,3 % um gemeinnützige Träger, in 19,1 % ist die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Träger der Einrichtung. 25,4 % der Einrichtungen sind wirtschaftlich an ein Herzzentrum gebunden, 12,7 % an ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)/Ärztehaus/Arztpraxis. 63,5 % der Einrichtungen führen stationäre und ambu- lante Rehabilitationsmaßnahmen durch, nur statio- näre Rehabilitationsmaßnahmen werden von 19,0 %, nur teilstationäre Rehabilitationsmaßnahmen von 17,5 % angeboten. Im Jahr 2023 wurden Daten von 106.166 Fällen (63,3 Jahre ± 5,7 Jahre; 30,9 % Frauen; 59,3 % Erwerbstätige; 39,2 % Rentner) erhoben. Im Durchschnitt wurden 1.712 (Median 1.293) Patienten behandelt. Mit 66,6 % überwog die AHB/AR, in 19,6 % wurde die kardiologische Rehabilitation im allgemeinen Antragsverfahren (Heilverfahren, HV) durchgeführt. Bei den Einweisungsdiagnosen überwiegt die Koro- nare Herzkrankheit mit 42,9 % der Fälle (Details siehe Kapitel 7). 60,3 % der Einrichtungen haben Patienten mit Post-COVID-Syndrom aufgenommen und auch ein für diese Patienten spezielles Programm etabliert. In den 9 Einrichtungen, die 2023 pandemiebedingt einen Rückgang der Zuweisungen verzeichneten, dauerte der Rückgang im Mittel 26,5 Wochen. Interpretation der Daten Gemäß der S3-Leitlinie „Kardiologische Rehabilitation im deutschsprachigen Raum Europas“ handelt es sich um eine multidisziplinäre, an Patienten individuell angepasste Therapiemaßnahme.⁵ Konsequenterweise besteht die kardiologische Rehabilitation als multi- modales Element aus einer Kombination zahlreicher therapeutischer und präventiver Maßnahmen. Dafür steht in Deutschland eine umfassende, differenzierte ambulante und stationäre Versorgungsstruktur zur Verfügung, die auch der beruflichen, häuslichen und sozialen Reintegration der Betroffenen dient.⁶, ⁷ Aber die seit 2019 abnehmende Zahl der Einrichtun- gen, die stationäre kardiologische Rehabilitation anbieten, weist auf eine mögliche Fehlversorgung hin, zumal Wartezeiten bis zur Aufnahme in einer Reha-Einrichtung teilweise bis zu Monaten betragen. 138 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
8.10.2 Maßnahmen der kardiologischen Rehabilitation Laut DGPR-Erhebung bestanden die rehabilita- tiven und präventiven Maßnahmen neben Arzt- und Pflegevisiten inklusive Wundmanagement unter anderem aus (in Klammern die Daten pro Person gemäß der DGPR-Erhebung): • Monitor-überwachtem Ergometertraining (14,9) • Terraintraining/Nordic Walking (14,3) • Medizinischer Trainingstherapie (Kraftausdauer- training) (10,0) • Gymnastik (20,0) • Physiotherapie (3,6) • Ergotherapie (1,1) • Psychologische Einzel- und Gruppengespräche (2,3) • Entspannungsübungen (4,6) • Sozialberatung (1,6) • Vorträgen/Seminaren (19,2) • Ernährungsberatung und Lehrküche. (2,4) • Fallbezogene Schulungen zu den Themen KHK, Herzinsuffizienz, Herzklappenerkrankungen, kardiovaskuläre Risikofaktoren, Lungenarterien- embolie/Thrombose, Herzrhythmusstörungen, Diabetes, INR-Selbstmanagement und Tabak- entwöhnung Interpretation der Daten Diese Maßnahmen entsprechen den Vorgaben der S3-Leitlinie⁵ und dem Katalog der therapeutischen Leistungen der DRV. Sie belegen den multimodalen Ansatz und die Interdisziplinarität der kardio logischen Rehabilitation. Für Kinder und Jugendliche mit komplexen Herz- erkrankungen ist im Grundsatz die Familien- orientierte-Rehabilitation (FOR) möglich, auch wenn dazu nur wenige Daten vorliegen. Für Er- wachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH- Patienten) gelten die üblichen Bedingungen für eine Reha bilitation, die häufig weder von den Patienten noch von den behandelnden Ärzten wahrgenommen werden. 8.10.3 Phase 3 der Rehabilitation (ambulante Herzgruppen) Um den Effekt der Maßnahmen der ambulanten oder stationären Rehabilitation zu perpetuieren, wird in nationalen und internationalen Leitlinien⁸ empfohlen, die in der Phase 2 begonnene Bewegungstherapie weiterzuführen, z.B. in einer der ambulanten Herz- gruppen. In 45,3 % der Fälle wurde die Teilnahme an einer ambulanten Herzgruppe bereits während der Rehabilitation organisiert bzw. empfohlen. Die DGPR vertritt mit ihren Landesorganisationen circa 7.000 Herzgruppen (HG) mit annähernd 180.000 chronisch Herzkranken. Die Zahl der HG nimmt seit 2021 ab – 2021 waren es noch knapp 9.000. Inhaltlich werden neben der Bewegungstherapie in den Herzgruppen auch allgemeine Maßnahmen zur Tertiärprävention in Analogie zu den Inhalten einer kardiologischen Rehabilitationsmaßnahme vermittelt. Auf Initiative der DGPR ist für Patienten mit Herzinsuffizienz mit den Herzinsuffizienzgrup- pen (HIG) eine ambulante Trainingsform entwickelt worden, die in der neuen BAR-Rahmenvereinbarung fest verankert ist und von den Kostenträgern aner- kannt wird. So haben herzkranke Patienten mit deutlicher Herzinsuffizienz und/oder durch andere kardiale Erkrankungen eingeschränkter körper- licher Belastbarkeit die Möglichkeit, wohnortnah unter ärztlicher Aufsicht zu trainieren.⁹ Eine erste Studie zeigt, dass das Training in den HIG sicher ist und die Belastbarkeit der Patienten deutlich verbessert wird.¹⁰ Interpretation der Daten Valide Daten über Ursachen für die Verringerung der Herzgruppenzahl liegen derzeit nicht vor. Sie könnte auf einem zunehmenden Mangel an Ärzten und mittlerweile auch Therapeuten beruhen. Bei weiter abnehmender Verfügbarkeit von Herzgruppen wäre der Langzeiteffekt der Rehabilitation gefährdet. 8 8. Strukturelle Entwicklung der Herzmedizin | 139
Literatur 1 Beckmann A et al. 2024. German Heart Surgery Report 2023: The Annual Updated Registry of the German Society for Thoracic and Cardiovascular Surgery. Thorac Cardiovasc Surg 2024; 72:329–345 2 Barbado E et al. 2020. Mapping interventional cardiology in Europe: the European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI) Atlas Project. European Heart Journal, Volume 41, Issue 27, 14 July 2020, Pages 2579–2588, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehaa475 3 Kaemmerer H et al. 2006. Clinical Research in Cardiology, Band 95, Supplement 4 Clin Res Cardiol: 95:76 84 Suppl 4 (2006). 4 Pädiater und Internisten mit EMAH-Zusatzqualifikation: https://herzstiftung.de/leben-mit-angeborenem-herzfehler/herzlotse 5 S3-Leitlinie Kardiologische Rehabilitation im deutschsprachigen Raum Europas (D-A-CH). AWMF-Registernummer: 133-001. https://www.awmf.org/ 6 Reimann A et al. 2006. Rahmenbedingungen der kardiologischen Rehabilitation und Prävention. RVaktuell 53: 388 97; 7 Deutsche Rentenversicherung Bund 2021. Reha-Bericht: 2021. Die medizinische und berufliche Rehabilitation der Rentenversicherung im Licht der Statistik. Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin 8 Piepoli MF et al. 2016. European Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice: The Sixth Joint Task Force of the European Society of Cardiology and Other Societies on Cardiovascular Disease Prevention in Clinical Practice (constituted by representatives of 10 societies and by invited experts): Developed with the special contribution of the European Association for Cardiovascular Prevention & Rehabilitation (EACPR). European journal of preventive cardiology. 2016;23(11):NP1 NP96. 9 Wienbergen H et al. 2021. Ärztliche Betreuung von ambulanten Herzgruppen. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz Kreislauferkrankungen (DGPR). Kardiologe https://doi.org/10.1007/s12181-020-00433-w 10 Güder G et al. 2022. Establishing a cardiac training group for patients with heart failure: the “HIP-in-Würzburg” study. Clin Res Cardiol 2022 111:406–415. doi.org/10.1007/s00392 021 01892 1 140 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
9. Kardiovaskuläre Forschungsförderung in Deutschland DGK: Prof. Dr. Volker Rudolph (Bad Oeynhausen), Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin) DGTHG: Prof. Dr. med. Stephan Ensminger (Lübeck) DGPK: PD Dr. Sarah Nordmeyer (Tübingen), Prof. Dr. Ulrike Herberg (Aachen) DHS/DSHF: Prof. Dr. Thomas Voigtländer (Frankfurt am Main), Prof. Dr. Thomas Meinertz (Hamburg) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick Es werden zahlreiche Wissen- schafts preise und Stipendien (auch in Kooperation) vergeben sowie Projekt- förderungen bewilligt. Die Fachgesellschaften der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK), Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäß- chirurgie (DGTHG), Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK) sowie die Deutsche Herzstiftung e.V. (DHS) und Deutsche Stiftung für Herzforschung (DSHF) fördern die Herz-Kreislaufforschung in Deutschland. Deutsche Herzstiftung Deutsche Stiftung für Herzforschung DHS/DSHF: 6,25 Millionen Euro DGK: 1,15 Millionen Euro DGTHG: 120.000 Euro DGPK: 100.000 Euro Ausgeschriebene Forschungsförderung im Jahr 2023 Copyright: Deutsche Herzstiftung/Adobestock_ ArtemisDiana 9.1 Förderung aus Eigenmitteln der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) Die Fachgesellschaft legt großen Wert auf die Nachwuchsförderung und bietet deswegen eine Reihe von speziellen Programmen an. Auch wenn der Rahmen durchaus begrenzt ist, gibt es Anreize und schafft vor allem Voraussetzungen, um die Kri- terien für die Antragsstellung bei DFG, DZHK und BMBF, die regelmäßig Veröffentlichungsnachweise voraussetzen, zu erfüllen (Zusammenstellung der Förderung 2023 und 2024 siehe unten). Zusätzlich sorgt die DGK für eine breite Publikations- plattform mit den eigenen international gerankten Journalen „Basic Research in Cardiology“ (BRiC) und „Clinical Research in Cardiology“ (CRiC) sowie den deutschsprachigen Fachzeitschriften „Die Kardio- logie“ und „CardioNews“ sowie der Plattform www. herzmedizin.de. 9 9. Kardiovaskuläre Forschungsförderung in Deutschland | 141
9.1.1 Auflistung der verschiedenen Fördermaßnahmen der DGK: 9.1.1.1 Ehrenpreise • BrunoKischMedaille • CarlLudwigEhrenmedaille • Ehrenmitgliedschaft • Ehrennadel • AlbertFraenkelPreis, Fördersumme: 5.200 Euro • DGKAFNET Lecture on Arrhythmias Award (mit AFNET), Fördersumme: 1.500 Euro • DGKForschungspreis für klinische Lipidforschung (mit Daiichi-Sankyo), Fördersumme: 15.000 Euro • Nachwuchsfonds Innovative Kardiologie der Dr.MarijaOrlovicStiftung (mit Dr.-Marija- Orlovic-Stiftung), Fördersumme: 10.000 Euro • Wissenschaftspreis der GertrudSpitz Stiftung (mit Deutsche Stiftung für Herzforschung), Fördersumme: 5.000 Euro • Wissenschaftspreis der JosefFreitagStiftung (mit DGK-Zentrum und Deutsche Herzstiftung), Fördersumme: 10.000 Euro 9.1.1.3 Preise mit Bewerbung • AGEPPreis „Mein EPFall des Jahres“ (mit AGEP- Förderern), Fördersumme: 1.750 Euro • AGIKPreis für die beste Fallvorstellung „Der Fall, den ich niemals zeigen wollte“ (mit AGIK- Förderern), Fördersumme: 500 Euro • Honorary Award Lecture on Basic Science, Fördersumme: 1.500 Euro • AGIKPreis für die beste Fallvorstellung „Mein spannendster Fall“ (mit AGIK-Förderern), För- dersumme: 500 Euro • Honorary Award Lecture on Clinical Science, Fördersumme: 1.500 Euro • AndreasGrüntzigForschungspreis, Förder- summe: 5.000 Euro • PaulMorawitzPreis (mit AstraZeneca), Förder- summe: 5.200 Euro • Forschungspreis der AG 23 Herz und Diabetes (mit Amgen), Fördersumme: 5.000 Euro • Preis für Wissenschaftsjournalismus, Förder- summe: 2.500 Euro • FranzMaximilianGroedelForschungspreis (mit m:con), Fördersumme: 5.000 Euro 9.1.1.2 Preise anderer Gesellschaften, die gemeinsam mit der DGK vergeben werden • Förderpreis der Stiftung Versorgungsforschung der ALKK (mit ALKK), Fördersumme: 15.000 Euro • Forschungspreis „Digitale Innovationen in der Herzmedizin“ (mit Sana Kliniken AG und Deut- sche Herzstiftung), Fördersumme: 10.000 Euro • KarlLudwigNeuhausForschungspreis der ALKK (mit ALKK und Boehringer Ingelheim), Fördersumme: 15.000 Euro • HelmutDrexlerPublikationspreis der AG 13 (mit Boehringer Ingelheim), Fördersumme: 3.000 Euro • JuliusKlobPublikationspreis (mit Janssen- Cilag), Fördersumme: 3.000 Euro • OskarLappForschungspreis (mit Oskar-Lapp- Stiftung), Fördersumme: 12.000 Euro • Publikationspreis der AG 10 Herzinsuffizienz (mit Abbott), Fördersumme: 2.000 Euro • Young Investigator Award der AG 32 Sportkardio logie (mit Cosmed), Fördersumme: 500 Euro 142 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
9.1.1.4 Abstractpreise 9.1.1.6 Stipendien • Abstractpreis der SegnitzAckermannStiftung (mit Deutsche Stiftung für Herzforschung), För- dersumme: 3.000 Euro • DGKClinicianScientistProgramm, Förder- summe in 2023: 200.000 Euro • DGKForschungsstipendium, Fördersumme: • Abstractpreis HerzSchlafKreislauf der AG 35 (mit SOMNOmedics), Fördersumme: 5.000 Euro 500.000 Euro • Abstractpreis Kardiovaskuläre Versorgungsfor schung in Deutschland, Fördersumme: 600 Euro • OskarLappStipendium (mit Oskar-Lapp-Stif- tung), Fördersumme: 20.000 Euro • OttoHessPromotionsstipendium, Fördersumme: • DGKAbstractpreis für klinische Lipidforschung (mit Daiichi-Sankyo), Fördersumme: 10.000 Euro 126.000 Euro • DGKAFNETYoung Investigator Award – Vorhof flimmern (mit AFNET), Fördersumme: 2.000 Euro • DGKYoung Investigator Awards, Fördersumme: 12.000 Euro • HansBlömerYoung Investigator Award für Klinische HerzKreislaufforschung (mit Abbott), Fördersumme: 3.000 Euro • RudiBusseYoung Investigator Award für Expe rimentelle HerzKreislaufforschung (mit Servier), Fördersumme: 3.000 Euro 9.1.1.5 Posterpreise • DGKPosterpreis der Jahrestagung, 6.000 Euro • HansJürgenBretschneiderPosterpreis des Basic Science Meetings, Fördersumme in 2023: 3.500 Euro • HugovonZiemssenPosterpreis (mit Medtronic), Fördersumme: 2.500 Euro • OttoHessPromotionspreis, Fördersumme: 3.250 Euro • Posterpreis der Sektion Assistenz- und Pflege- personal in der Kardiologie, Fördersumme: 1.750 Euro 9.1.1.7 Reisekostenstipendien • AGEPReisekostenstipendium zur Jahrestagung (mit AGEP-Förderern), Fördersumme: 6.000 Euro • AGEPReisekostenstipendium zu den Herztagen (mit AGEP-Förderern), Fördersumme: 4.000 Euro • AGEPReisekostenstipendium zum Ausbildungs programm Intensivkurs Invasive Elektrophy siologie (mit AGEP-Förderern), Fördersumme: 1.250 Euro • AGEPReisekostenstipendium zum Ausbildungs programm Rhythmologie für Assistenzpersonal (mit AGEP-Förderern), Fördersumme in 2023: 3.000 Euro • AGIKReisekostenstipendium zu den Herztagen (mit AGIK-Förderern), Fördersumme: 10.000 Euro • Programm Basic Science Meeting zu den Herz tagen, Fördersumme: 3.000 Euro • Programm Grundlagen der HerzKreislauf forschung zur Jahrestagung, Fördersumme: 3.000 Euro • Programm Grundlagen der HerzKreislauf forschung zu den Herztagen, Fördersumme: 3.000 Euro 9 • SvenEffertPosterpreis, Fördersumme: 6.500 Euro tagung, Fördersumme: 40.000 Euro • DGKReisekostenstipendium zur DGKJahres 9. Kardiovaskuläre Forschungsförderung in Deutschland | 143
• Young DGKReisekostenstipendium zur Jahres tagung, Fördersumme: 15.000 Euro 9.2 Forschungsförderung in der Herzchirurgie • OttoHessReisekostenstipendium zu den Herz 9.2.1 Preise und Stipendien der DGTHG tagen, Fördersumme: 2.500 Euro • OttoHessReisekostenstipendium zur Jahres tagung, Fördersumme: 2.500 Euro • Reisekostenstipendium der Sektion Assistenz und Pflegepersonal zu den Herztagen, Förder- summe: 2.000 Euro • Reisekostenstipendium der Sektion Young DGK für DGKAkademieKurse, Fördersumme: 3.000 Euro • Reisekostenstipendium zur Autumn School für junge Kardiologen, Fördersumme: 1.900 Euro • Reisekostenstipendium für DGKForschungs stipendiaten zur Jahrestagung, Fördersumme: 2.500 Euro 9.1.1.8 DGK-Zentrum für Kardiologische Versorgungsforschung Im Jahr 2023 hat die DGK die Arbeit des DGK- Zentrums für Kardiologische Versorgungsfor- schung mit einer Summe in der Höhe von rund 10.000 Euro gefördert. Insgesamt sind bis dahin 18 Projekte aus unterschiedlichen Themenfeldern innerhalb der kardiologischen Versorgungs- forschung, entweder durch das Zentrum selbst oder unter Beteiligung des Zentrums, in Vorbe- reitung oder bereits gestartet und zum Teil schon abgeschlossen worden. Weitere Einzelheiten zu den Aktivitäten des DGK-Zen- trums für Kardiologische Versorgungsforschung kön- nen im Jahresbericht der DGK (https:// herzmedizin. de/meta/ueber-uns/jahresbericht-2023.html) nach- gelesen werden Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. (DGTHG) verleiht in Anerkennung wissenschaftlicher Leistungen verschiedene Preise. Weitere Informationen zu den unten genannten Preisen und Stipendien finden Sie unter https:// dgthg.de/preise-der-dgthg/. Dr. Rusche Forschungsprojekt Die Deutsche Stiftung für Herzforschung (DSHF) vergibt zusammen mit der DGTHG jährlich das Dr. Rusche-Forschungsprojekt für patientennahe Forschungsarbeiten in Deutschland auf dem Gebiet der Herzchirurgie. Fördersumme: 60.000 Euro für 2 Jahre ErnstDerraPreis Die DGTHG vergibt jährlich den Ernst-Derra-Preis für eine herausragende wissenschaftliche Leistung aus dem Fachgebiet der Herz-, Thorax- und Gefäß- chirurgie. Fördersumme: 7.500 Euro. Gefäßchirurgischer Forschungspreis Die DGTHG vergibt jährlich den Gefäßchirurgischen Forschungspreis für eine herausragende Arbeit aus dem Fachgebiet der Gefäßchirurgie. Fördersumme: 5.000 Euro Herzmedizinischer Förderpreis Die DGTHG vergibt jährlich den Nachwuchsför- derpreis für eine experimentelle und/oder klinisch relevante Promotionsarbeit aus den Fachgebieten der Thorax-, Herz- oder Gefäßchirurgie. Förder- summe: 2.500 Euro. Forschungspreis Kardiovaskuläre Medizin Die DGTHG vergibt in zweijährigem Rhythmus in Kooperation mit der Ulrich Karsten-Stiftung den Forschungspreis Kardiovaskuläre Medizin 144 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
für hervorragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der kardiovaskulären Medizin in Verbindung mit einem Forschungsprojekt. Förder- summe: 10.000 Euro Josef Koncz Preis Die DGTHG vergibt jährlich mit Unterstützung der Firma Abbott Medical den Josef Koncz Preis für innovative Arbeiten, die sich mit der operativen Therapie erworbener Herzklappenfehler oder der mechanischen Kreislaufunterstützung befassen. Fördersumme: 5.000 Euro GeorgWilhelm Rodewald Preis Die DGTHG vergibt jährlich mit Unterstützung der Firma Ascyrus Medical den Georg-Wilhelm Rodewald Preis für innovative Arbeiten, die sich mit der operativen und interventionellen Therapie von Patienten mit Erkrankungen der thorakalen Aorta befassen. Fördersumme: 2.000 Euro Werner Klinner Preis Die DGTHG vergibt jährlich mit Unterstützung der Gerald Asamoah Stiftung für herzkranke Kinder den Werner Klinner Preis für innovative Arbeiten, die sich mit der chirurgischen oder interdiszipli- nären Behandlung angeborener Herzfehler bei Kindern und Jugendlichen befassen. Fördersumme: 7.500 Euro Franz J. KöhlerPreis Die DGTHG vergibt jährlich mit Unterstützung der namensgebenden Firma den Franz J. Köhler- Preis als Auszeichnung einer mehrjährigen wissenschaft- lichen Aktivität mit mehreren Publikationen zur Organprotektion. Fördersumme: 7.500 Euro Innovationspreis Herzmedizin Die DGTHG vergibt jährlich in Kooperation mit dem Jungen Forum der DGTHG den Innovationspreis Herzmedizin für eine herausragende Arbeit aus dem Gebiet der Zukunftstechnologien im Bereich der Herzmedizin. Fördersumme: 5.000 Euro Preisverleihung im Rahmen der DGTHGJahres tagung Ohne Bewerbungsverfahren werden, z.T. unterstützt durch die namensgebende Industrie, die folgenden Preise für herausragende Präsentationen im Rahmen der Jahrestagung verliehen: • Ethicon-Preis (gefördert) für die beste Kurzprä- sentation, Fördersumme: 1.600 Euro • Hancock-Preis (gefördert) für den besten Vor- trag zur Herzklappenchirurgie, Fördersumme: 1.000 Euro • Hans Georg Borst-Preis für das am besten bewer- tete Abstract, Fördersumme: 1.000 Euro • Publikationspreis (DGTHG und Springer Medizin) Der Publikationspreis der Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie, gefördert durch den Verlag, wird vom Herausgebergremium per Umlaufverfahren ermittelt und auf der Eröff- nungsveranstaltung der Jahrestagung vergeben. Fördersumme: 2.500 Euro 9.3 Kardiovaskuläre Forschung für ange- borene Herzfehler und Kinderkardiologie Nahezu alle in den Kapiteln 6 „Angeborene Herz- fehler“ und 8 „Strukturelle Entwicklung“ aufgeführten Versorgungseinheiten für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie sind universitär oder in gro- ßen Herzzentren organisiert und wissenschaftlich aktiv. Die Forschungsbereiche decken ein breites Spektrum an Themen der Grundlagenforschung, der klinischen Forschung als auch translationale Themen mit angrenzenden Abteilungen und Instituten ab. Hierbei spielen wissenschaftliche Kooperationen, auch auf internationaler Ebene, eine besondere Rolle und werden von den einzelnen Zentren mit großem Engagement verfolgt. Eine detaillierte Auflistung der einzelnen Forschungsprojekte und -themen findet sich in den jeweiligen Forschungsberichten. 9 9. Kardiovaskuläre Forschungsförderung in Deutschland | 145
Die Finanzierung großer Teile der kardiovaskulären Forschung für angeborene Herzfehler und Kin- derkardiologie ergibt sich aus institutionellen und industriellen Fördermitteln und durch Unterstützung zahlreicher Stiftungen. Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kar- diologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK) unterstützt die kinderkardiologische Forschung mit jährlichen Wissenschaftspreisen und Forschungsför- dermitteln. Weiterhin wird die kinderkardiologische Forschung von der Deutschen Herzstiftung sowie anderen Förderungen und der Fördergemeinschaft Deutsche Kinderherzzentren e.V. unterstützt. 9.3.1 Preise/Forschungsförderung mit Bewerbung Gerd KillianProjektförderung: Die Deutsche Herz- stiftung vergibt gemeinsam mit der DGPK die „Gerd Killian-Projektförderung“. Dotierung: 60.000 Euro für ein patientennahes Forschungsprojekt auf dem Gebiet der angeborenen Herzfehler. DGPKForschungsförderung: Die Förderung im Sinne einer Anschubfinanzierung für wissenschaftliche Projekte junger Kollegen beträgt 15.000 Euro. Der Antragsteller muss zum Zeitpunkt der Einreichung Mitglied der DGPK sein und darf das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. DGPKWissenschaftspreis: Der Wissenschaftspreis mit einer Summe von 5.000 Euro der DGPK wird jährlich für eine hervorragende wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Kinderkardiologie verge- ben. Gewürdigt werden soll eine wissenschaftliche Leistung, die in ihrer Originalität und herausragenden Qualität überzeugt. HansCarloKallfelz Publikationspreis: Der Hans- Carlo Kallfelz-Publikationspreis der DGPK wird für eine aktuelle Publikation auf dem Gebiet der Pädia- trischen Kardiologie und Angeborener Herzfehler im Erwachsenenalter einschließlich der dazugehörigen Grundlagen- und Versorgungsforschung vergeben. Die Dotierung des Preises beträgt 1.000 Euro. TeamPHenomenal Hope Forschungspreis: Der gemeinnützige Verein Team PHenomenal Hope Ger- many und die DGPK schreiben den Forschungspreis 2026 für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der pulmonalen Hypertonie bei Kindern und Jugendlichen aus. Die Dotierung des Preises beträgt 1.000 Euro. Posterpreis der DGPK: Ausgezeichnet wird das beste Poster auf der Jahrestagung der DGPK. Die Dotierung des Preises beträgt 1.000 Euro. Young Investigator Award: Der Young Investiga- tor Award der DGPK wird für die hervorragende Prä sentation eines Abstracts auf dem Gebiet der Pädiatrischen Kardiologie und Angeborener Herz- fehler im Erwachsenenalter einschließlich der dazu- gehörigen Grundlagen- und Versorgungsforschung vergeben. Die Dotierung des Preises beträgt 1.000 Euro. Der Preis wird gefördert durch eine Spende von W. L. Gore & Associates GmbH. Forschungsförderung für die wissenschaftlichen AGs durch die DGPK: Gefördert werden multi- zentrische Projekte aus den wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaften der DGPK in Höhe von bis zu 10.000 Euro für Strukturmaßnahmen (z.B. pro- jektspezifische Arbeitstreffen) und Methoden- und Strukturarbeiten (z.B. CRF, Statistik). DGPKHabilitationspreis: Der Habilitationspreis der DGPK wird zweijährlich für eine hervorragende Habilitationsschrift (auch kumulative) auf dem Gebiet der Kinderkardiologie vergeben. Die Dotierung des Preises beträgt 5.000 Euro. 9.4 Forschungsförderung durch die Deutsche Herzstiftung e.V. (DHS) und Deutsche Stiftung für Herzforschung (DSHF) 2023 Die im Jahr 2023 mit insgesamt 6,25 Millionen Euro (2022: 5,17 Millionen Euro) durch DHS und DSHF finanzierte Förderung der Herz-Kreislaufforschung setzt sich aus insgesamt 105 Projekten, Stipendien und Preisen in der Herz-Kreislaufforschung zusam- men und bedeutet einen neuen Rekordwert. 146 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Förderstandorte der DHS/DSHF 2023 Kiel Schleswig- Holstein Lübeck Hamburg Bremen Mecklenburg- Vorpommern Niedersachsen Brandenburg Berlin Hannover Lübbecke Magdeburg Münster Bad Oyenhausen Nordrhein-Westfalen Göttingen Sachsen-Anhalt Essen Düsseldorf Aachen Köln Bonn Rheinland-Pfalz Mainz Saarland Hessen Frankfurt Leipzig Dresden Thüringen Jena Sachsen Würzburg Homburg Heidelberg Bayern Baden-Württemberg Eggenfelden Tübingen Freiburg Bad Krozingen München Deutsche Herzstiftung e.V. Sonderforschung Plötzlicher Herztod Sonderforschung Angeborene Herzfehler Kaltenbach-Doktoranden- stipendium/Jahresstipendium Projektförderung Wissenschaftspreis Gerd-Kilian-Förderprojekt Deutsche Stiftung für Herzforschung Projektförderung Dr. Rusche- Forschungsprojekt Projektförderung Masch-Modrow-Fonds Wissenschaftspreis Abb. 9/1: Förderstandorte der DHS/DSHF im Jahr 2023 Allein die DSHF bewilligte 30 Forschungsprojekte und zuzüglich zwei Forschungsprojekte aus dem Masch-Modrow-Fonds. Die Deutsche Herzstiftung e.V. bewilligte weitere sieben Förderprojekte (zum Teil gemeinsam mit dem DGK-Zentrum für kar- diologische Ver sorgungsforschung; DGK-ZfKVF), sechs Jahresstipendien und 31 Kaltenbach-Pro- motionsstipendien. DHS und DSHF bewilligten darüber hinaus 11 spezielle Förderprojekte und Wissenschaftspreise. Die DHS förderte im Rah- men von zwei Sonderforschungsprogrammen zum Schwerpunkt „Plötzlicher Herztod“ und „Angebo- rene Herzfehler“ elf bzw. neun Projektanträge aus 46 bzw. 68 Bewerbungen. Die Förderstandorte verteilten sich gleichmäßig über ganz Deutschland (siehe Abbildung 9/1). 9 9. Kardiovaskuläre Forschungsförderung in Deutschland | 147
9.4.1 Wissenschaftspreise der DHS – zum Teil in Kooperation mit ärztlichen Fachgesellschaften (2023) • GerdKillianFörderprojekt (mit DGPK), Förder- summe: 60.000 Euro • Wilhelm P. WintersteinPreis, Fördersumme: 10.000 Euro • Uta und Dr. Jürgen BreunigPreis (mit DGIM), Fördersumme: 7.000 Euro • Wissenschaftspreis der Kurt und Erika Palm Stiftung (mit DGPR), Fördersumme: 10.000 Euro • Wissenschaftspreis der JosefFreitagStiftung 9.4.4 Sonderforschungsförderung 2023 „Angeborene Herzfehler“ 9 Förderprojekte (68 Bewerbungen) der DHS, Fördersumme: 560.000 Euro 9.4.5 Wissenschaftspreise der DSHF • Dr. RuscheForschungsprojekt (mit DGTHG), Fördersumme: 60.000 Euro • August Wilhelm und Lieselotte BechtForschungs preis (mit DGK), Fördersumme: 15.000 Euro • Wissenschaftspreis der GertrudSpitzStiftung (mit DGK), Fördersumme: 5.000 Euro (mit DGK-ZfKVF), Fördersumme: 10.000 Euro • AbstractPreis der SegnitzAckermannStiftung • Martina GroteWissenschaftspreis Frauen herzen, Fördersumme: 10.000 Euro 9.4.6 Förderprojekte der DSHF (mit DGK), Fördersumme: 3.000 Euro • Preis der FritzAckerStiftung (mit DGK und Fritz-Acker-Stiftung), Fördersumme: 7.500 Euro • 30 Forschungsprojekte der DSHF, Fördersumme: 1.842.098 Euro 9.4.2 Förderprojekte und Stipendien der DHS davon • 9 Förderprojekte der DHS, Fördersumme gesamt: Fonds der DSHF, Fördersumme: 139.900 Euro • 2 Forschungsprojekte aus dem Masch-Modrow- 1.090.000 Euro • 7 Jahresstipendien der DHS, Fördersumme: 194.400 Euro • 31 Kaltenbach-Promotionsstipendien der DHS, Fördersumme: 186.000 Euro 9.4.3 Sonderforschungsförderung 2023 „Plötzlicher Herztod“ 11 Förderprojekte (46 Bewerbungen) der DHS, Fördersumme: 1.000.946 Euro Perspektive: Die Deutsche Herzstiftung plant auch in den kommenden Jahren jeweils 1 Million Euro für For- schungsprojekte zum Thema der Herzwochen (Herz- insuffizienz, Koronare Herzkrankheit) sowie einen hohen Betrag für Forschungsprojekte zum Thema „Angeborene Herzfehler“ auszuschreiben. 148 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten PD Dr. Kurt Bestehorn (Dresden), Prof. Dr. Dr. Ingolf Cascorbi (Kiel), Prof. Dr. Torsten Doenst (Jena), Prof. Dr. Norbert Frey (Heidelberg) Übersichtsgraphik – die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick Herzklappenerkrankungen wurden im Jahr 2023 im Vergleich zu 2018 Auch im Jahr 2023 führte die COVID-19-Pandemie zu einem Rückgang von Zuweisungen in der kardiologischen Rehabilitation Bei den anderen erfassten Herzerkrankungen zeigte sich dagegen eine relative Abnahme im Vergleich zu 2018 Höchster prozentualer Anteil an verordneten herzwirksamen Arzneimitteln: von Kardiologen: bei KHK: Hausärztlich: 17,4 % Lipidsenker bei KHK: 67,6 % Diuretika 67,5 % RAAS-Hemmer Copyright: Deutsche Herzstiftung/Adobestock_Deivison Hypertonie und Lipidstörungen Nebendiagnosen bei den betrachteten Herzerkrankungen Anteil von Patienten, die mindestens ein Medikament verschrieben bekommen haben: Kardiologen: KHK: 33 % Hausärztlich: KHK: 94 % 10.1 Herzerkrankungen während der COVID-19-Pandemie Während Herzklappenerkrankungen im Jahr 2023 um 6,7 % häufiger diagnostiziert wurden als 2018, zeigen die anderen erfassten Herzerkrankungen eine relative Abnahme (siehe Tabelle 10/1). Diese ist für die Koronare Herzkrankheit sehr ausge- prägt (-17,0 %), für die Herzinsuffizienz deutlich geringer (-4,7 %) und für Herzrhythmusstörungen marginal (-1,1 %). Auffällig ist dabei, dass sich im Vergleich zu den Erhebungszahlen des Jahres 2022 die relative Häufigkeitsabnahme im Vergleich zum Jahr 2018 für die Herzrhythmusstörungen (-1,1 % Entwicklung der vollstationären Hospitalisationsrate ausgewählter Herzkrankheiten 2018 bis 2023 ICD I20 – I25 Diagnose/Behandlungsanlass Koronare Herzkrankheit I05 – I09, I34 – I39 Herzklappenkrankheiten I44 – I49 I50 Q20 – Q28 Summe Herzrhythmus störungen Herzinsuffizienz Angeborene Fehlbildungen 2018 691,7 103,7 520,7 486,8 32,2 2023 574,0 110,7 514,8 464,0 31,1 Veränderung 2018 auf 2023 in % -17,0 6,7 -1,1 -4,7 -3,5 7,7 Ausgewählte Diagnosen 1.835,1 1.694,5 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes Tab. 10/1: Entwicklung der vollstationären altersstandardisierten Hospitalisationsrate ausgewählter Herzkrankheiten von 2018 auf 2023 10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten | 149 1010
Veränderung der Operations- und Interventionszahlen von 2018 auf 2023 Operation/Intervention Aortenklappenimplantation davon AKE TAVI isolierte Koronaroperation Koronarangiographie PCI Herzschrittmacher davon Implantation Aggregatwechsel Revision ICD davon Implantation Aggregatwechsel Revision 2018 29.405 8.396 21.009 33.358 754.747 298.442 102.549 75.516 16.068 10.965 42.648 23.698 10.764 8.186 2023 33.532 7.563 25.969 25.566 751.971 303.488 95.755 75.430 11.509 8.816 34.922 20.796 7.310 6.816 Veränderung 2018 auf 2023 in % 14,0 -9,9 23,6 -23,4 -0,4 1,7 -6,6 -0,1 -28,4 -19,6 -18,1 -12,2 -32,1 -16,7 Darstellung auf Grundlage von Daten des IQTIG Tab. 10/2: Vergleich der Operations- und Interventionszahlen 2018 und 2023 im Jahr 2023 versus -6,7 % im Jahr 2022) und die Herzinsuffizienz (-4,7 % 2023 versus -8,0 % 2022) jeweils deutlich abschwächte, wohingegen sie sich für die Koronare Herzkrankheit noch gering ver- tiefte (-17,0 % im Jahr 2023 versus -16,6 % im Jahr 2022). Herzklappenerkrankungen zeigen demge- genüber eine im Vergleich zu 2018 – und auch zu 2022 – steigende Diagnosehäufigkeit (+6,7 % in 2023, +1,8 % in 2022). Passend hierzu nahmen Aortenklappenimplanta- tionen im Vergleich zum Jahr 2018 um 14 % zu, was gerade auch im Vergleich zu den Erhebungszahlen aus dem Jahr 2022 (+3,6 %) ein deutlicher Zuwachs ist (siehe Tabelle 10/2). Sehr klar lässt sich dieser auf weiter steigende TAVI-Prozedurzahlen (+23,6 %; 2022 noch +14,2 %) zurückführen, wohingegen der operative Klappenersatz anhaltend, wenn auch weniger ausgeprägt, rückläufig ist (-9,9 %; 2022 noch -22,8 %). Auffällig ist, dass sich die Abnahme der diagnostizierten Koronaren Herzkrankheit durchaus in einer abnehmenden Häufigkeit isolierter Koronar operationen widerspiegelt (-23,4 %), weniger allerdings in der Anzahl erfasster Koronarangio- graphien (-0,4 %; im Jahr 2022 noch -4,1 %) oder -interventionen (+1,7 %; im Jahr 2022 noch -1,0 %). Bemerkenswert ist schließlich der ausgeprägte Rück- gang von ICD- und Herzschrittmachereingriffen, was vorwiegend durch die rückläufigen Revisions- operationen bei Herzschrittmachern und ICDs (-19,6 % bzw. -16,7 %) sowie seltenere Aggregatwech- sel (-28,4 % bzw. -32,1 %) bedingt ist. Demgegenüber haben die Herzschrittmacherimplantationen 2023 nahezu wieder das Niveau des Jahres 2018 erreicht (-0,1 %), wohingegen ICD-Implantationen anhaltend seltener durchgeführt werden (-12,2 %). Vergleicht man diese relativen Veränderungen auf Ebene der einzelnen Bundesländer, dann fallen – erneut bezogen auf das Jahr 2018 – teils erhebliche 150 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Veränderung der Morbidität ausgewählter Herzkrankheiten in den Bundesländern von 2018 auf 2023 Bundesland Koronare Herzkrankheit Herzklappenkrankheiten Herzrhythmusstörungen 2018 2023 Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorp. Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland 602 657 891 733 550 545 595 777 650 807 706 819 494 841 706 690 692 486 517 711 595 454 423 528 738 522 708 580 682 392 680 530 630 574 Veränderung 2018 auf 2023 in % -19,2 -21,3 -20,2 -18,9 -17,5 -22,3 -11,2 -5,0 -19,7 -12,3 -17,8 -16,7 -20,8 -19,1 -25,0 -8,7 17,0 2018 2023 99 100 130 116 87 91 96 112 101 111 103 92 87 102 117 98 104 98 102 131 119 96 102 95 134 113 128 115 96 93 105 107 113 111 Veränderung 2018 auf 2023 in % -1,2 2,1 1,1 3,1 10,1 12,8 -0,6 19,2 11,6 15,5 11,3 4,7 6,5 3,3 -8,4 15,6 6,7 2018 2023 448 498 550 586 430 490 458 543 536 593 534 506 447 565 556 523 521 420 459 497 568 406 507 501 536 545 611 538 448 428 551 541 540 515 Veränderung 2018 auf 2023 in % -6,1 -7,7 -9,6 -3,1 -5,8 3,4 9,3 -1,2 1,6 3,0 0,7 -11,4 -4,2 -2,4 -2,6 3,2 1,1 Bundesland Herzinsuffizienz Angeborene Fehlbildungen COVID19Fälle 2023 2018 2023 Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorp. Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Deutschland 407 503 460 550 372 430 436 624 482 501 488 525 497 612 417 643 487 368 453 438 507 365 433 451 580 474 505 461 490 458 566 410 566 464 Veränderung 2018 auf 2023 in % -9,6 -9,9 -4,6 -7,7 -2,0 0,6 3,5 -7,1 -1,6 0,8 -5,5 -6,5 -7,8 -7,5 -1,7 -12,0 4,7 2018 2023 32 31 33 34 35 32 30 26 31 34 41 42 29 29 30 28 32 31 30 27 31 27 28 33 36 29 34 33 38 25 30 32 31 31 Veränderung 2018 auf 2023 in % -3,2 -5,5 -17,3 -9,5 -22,8 -12,4 10,6 37,1 -5,6 -1,2 -19,4 -9,1 -12,1 4,2 6,8 9,0 3,5 Fälle absolut pro 100.000 Einwohner 149.116 220.385 57.851 49.614 12.129 24.919 115.188 31.127 159.832 362.819 78.981 21.909 63.000 38.984 44.924 29.055 1.459.833 1.315 1.640 1.530 1.922 1.753 1.305 1.794 1.910 1.958 1.995 1.892 2.203 1.541 1.788 1.515 1.369 1.724 Berechnung auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes und des Robert-Koch-Institutes Tab. 10/3: Vergleich der vollstationären altersstandardisierten Hospitalisationsrate der Koronaren Herzkrankheit (ICD I20-I25), Herzklappenkrankheiten (ICD I05-09, I34-39), Herzrhythmusstörungen (ICD I44-I49), Herzinsuffizienz (ICD I50) und angeborenen Fehlbildungen (ICD Q20-Q28) nach Bundesländern in den Jahren 2018 und 2023 sowie die COVID-19-Fälle des Jahres 2023 10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten | 151 1010
regionale Unterschiede in der relativen Häufigkeit der diagnostizierten Herzerkrankungen auf, wie sich etwa für die Koronare Herzkrankheit (-5,0 % in Mecklenburg-Vorpommern versus -25,0 % in Schleswig-Holstein) oder die Herzklappenerkran- kungen (-8,4 % in Schleswig-Holstein versus +19,2 % in Mecklenburg-Vorpommern) zeigt (siehe Tabelle 10/3). Einheitlich verändert und massiv rückläufig ist demgegenüber die Häufigkeit von COVID-19-Fällen (bundesweit 1.724 Fälle pro 100.000 Einwohner im Jahr 2023 versus 35.843 Fälle pro 100.000 Einwohner noch im Jahr zuvor). Interpretation der Daten Wie die dargestellten Erhebungen zeigen, kam es während der COVID-19-Pandemie auch in Deutsch- land zu einem Rückgang stationär behandelter Herz-Kreislauf-Erkrankungen-³ und zu einer Abnahme interventioneller Eingriffe⁴. Am ehesten dürfte dies dadurch bedingt gewesen sein, dass Patienten aus Sorge um eine Infektion Krankenhausaufenthalte ver- mieden haben und Kliniken ihr Versorgungsangebot zumindest zeitweise reduzierten, um Kapazitäten für die Versorgung von an COVID-19 erkrankten Patienten zu schaffen. Es existieren Hinweise, dass die damit zwangsläufig einhergehende Unterdiagnostik und auch -therapie kardiovaskulärer Erkrankungen zu einer erhöhten Mortalität geführt haben könnten.⁵, ⁶ Auffällig ist nun, dass sich die vollstationären Hospi- talisierungsraten für Herzinsuffizienz und Herzrhyth- musstörungen wieder dem vorpandemischen Niveau annähern und dieses im Falle der Herzklappen- erkrankungen sogar übersteigen, die Koronare Herzkrankheit allerdings anhaltend seltener zu einer Hospitalisierung führt als im Vergleichsjahr 2018. Diese Entwicklung rückläufiger Kranken- hausbehandlungen für die Koronare Herzkrankheit zeichnet sich bereits seit vielen Jahren ab und ist insofern nicht – oder allenfalls nur teilweise – auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen. Ursächlich hierfür dürften am ehesten verbesserte präventive Maßnahmen, Fortschritte in der medikamentösen Therapie, aber auch die zunehmend ambulante statt der vormals stationären Leistungserbringung sein. Die Hospitalisierungsraten von Herzklappenerkran- kungen nehmen demgegenüber bereits seit Jahren zu und lassen nur während der COVID-19-Pandemie eine vorübergehend rückläufige Entwicklung, am ehesten aufgrund der oben genannten Ursachen, erkennen. Erklärt werden könnte die stete Zunahme durch die Demografie, denn Herzklappen erkrankungen zeigen einen späten Altersgipfel, sowie auch durch eine bessere Diagnostik vor dem Hintergrund neuer, minimalinvasiver Behandlungsoptionen (TAVI, TEER [„transkatheter edge to edge repair“]). Vor diesem Hintergrund wird auch die weiter deutliche Zunahme an TAVI-Prozeduren zur Behandlung der Aorten- klappenstenose als häufigstem Herzklappen fehler verständlich. Der Rückgang der klassisch operativen Versorgung ist zum einen durch die Entwicklung der interven- tionellen Klappentherapie zu erklären, aber auch durch die starke Inanspruchnahme der vorhandenen Intensivkapazitäten durch die Corona-Pandemie begründet. Die interventionellen Verfahren haben den Vorteil, weniger oder keine Intensivkapazität für die Patientenversorgung zu benötigen. Der Rückgang der Operationen war während der Hoch- phase von COVID-19 noch stärker. Da die invasive- ren Operationen meist wegen der prognostischen Überlegenheit indiziert sind, sollte eine Erholung der Fallzahlen auch die Versorgungsqualität der Bevölkerung wieder verbessern. Dass die Schrittmacher-Implantationszahlen im Ver- gleich zu 2018 relativ stabil, die für ICD-Aggregate aber rückläufig sind, könnte dadurch mitverursacht 152 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
sein, dass die leitliniengerechte Indikation zur auch in Deutschland zahlenmäßig vorherrschenden pri- märprophylaktischen ICD-Implantation im Falle der nicht-ischämischen Kardiomyopathie etwas an Bedeutung eingebüßt hat. Als erfreulicher Umstand ist zu werten, dass die Notwendigkeit für Revisions- eingriffe – wie schon in den Jahren zuvor – rückläufig ist. 10.2.Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die kardiologische Rehabilitation Inwieweit die Pandemie im gesamten Jahr 2023 die Situation beeinflusst hat, wurde im Rahmen der durch die DGPR initiierten jährlichen Online- Erhebung bei kardiologischen Rehabilitations- einrichtungen untersucht. Angeschrieben wurden 100 kardiologische Reha- bilitationseinrichtungen. 63 kardiologische Rehabi- litationseinrichtungen (Quote: 63 %) haben Daten von 106.166 Patienten geliefert. In 60,3 % der Einrichtungen wurden Patienten mit komorbidem Long-COVID-Syndrom behandelt. 63,3 % der Einrichtungen hatten ein spezielles Long-/Post- COVID-Programm etabliert. Im Folgenden werden zum Vergleich die Daten des Jahres 2021 in eckigen Klammern dargestellt. 9 Einrichtungen berichteten über einen Rückgang von Zuweisungen von im Durchschnitt 20,6 %. Dieser erstreckte sich durchschnittlich über 26,5 [35,2] Wochen. Ein weiterer Aspekt in der Nachsorge von Patienten nach akutstationärem Aufenthalt ist die Versorgung in der Phase 3 der Rehabilitation, die die Teilnahme an Herzgruppen beinhaltet. Obwohl der Rehabi- litationssport in Herzgruppen aufgrund einer Stel- lungnahme der DGPR vom 23. November 2020 an das BMG in der Folge als „medizinisch notwendige Leistung“ in die Corona-Bekämpfungsverordnungen der meisten (nicht aller) Bundesländer aufgenom- men wurde und somit auch unter Lockdown-Bedin- gungen rechtlich explizit ermöglicht wurde, stellte sich die Realität anders dar. Die Unsicherheit von Herzgruppen-Ärzten, Übungsleitern und Patienten und auch die Bereitschaft der (öffentlichen und privaten) Träger, die notwendigen Übungsstätten zur Verfügung zu stellen, führten zu einem teilweise kompletten oder vorübergehenden Ruhen des Übungsbetriebs oder einer deutlich niedrigeren Auslastung auch im Jahr 2023. 10.3. Spektrum der jeweils häufigsten Begleiterkrankungen zu den Haupt- diagnosen KHK, Herzinsuffizienz, Aortenklappenerkrankungen, Herzklappenerkrankungen und Vorhofflimmern/-flattern Für die Erhebung der Begleiterkrankungen im niedergelassenen Bereich wurden von IQVIA für Deutschland repräsentative Daten von 59 Praxen der Fachgruppe „Kardiologie“ und von 907 Praxen der Fachgruppe „Hausärztlich tätige Allgemeinärzte und Internisten ohne Schwerpunkt“ zur Verfügung gestellt (IQVIA Disease Analyzer). In den kardiolo- gischen Praxen wurden 2023 17.695 Patienten (300 pro Praxis und 34,5 % mehr als der Durchschnitt der vier letzten Jahre) mit der Diagnose Herzinsuffizienz und 34.623 Patienten (587 pro Praxis, Erhöhung um 25,2 %) mit KHK behandelt, während dies in der hausärztlichen Versorgung im Jahr 2023 51.473 Patienten (57 pro Praxis, Anstieg 16,6 %) mit Herz- insuffizienz (HI) und 97.031 Patienten (107 pro Praxis, Anstieg 12,5 %) mit KHK waren. Die Daten für den stationären Bereich beruhen auf der Erhebung des InEK des Jahres 2023. Angaben zur Komorbidität bei Patienten in der kardiologischen Rehabilitation siehe Kapitel 7.1.2. 1010 10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten | 153
Häufigste Begleiterkrankungen zu den Hauptdiagnosen Herzinsuffizienz und KHK 70 60 50 40 30 20 10 l i l e t n A r e a u t n e z o r P 0 Lipoproteinstoffwechsel- Hypertonie Vorhofflim mern/-flattern Rückenschmerzen Diabetes mellitus Typ 2 Störungen Gastroösophageale Depression Refluxkrankheit C O P D Chronische Niereninsuffizienz Gastritis/Duodenitis Koronare H erzkrankheit Herzinsuffizienz mit Hauptindikation Herzinsuffizienz mit Hauptindikation KHK Darstellung auf Grundlage von Daten der IQVIA-Disease-Analyzer-Datenbank Abb. 10/1 A: Die häufigsten Begleiterkrankungen von Patienten im hausärztlichen Bereich mit Hauptdiagnosen Herzinsuffizienz (ICD 10 I50) und KHK (ICD 10 I20-I25) im Jahr 2023 Häufigste Begleiterkrankungen zu den Hauptdiagnosen Aortenklappenerkrankungen, andere Herzklappenerkrankungen und Vorhofflimmern/-flattern 70 60 50 40 30 20 10 l i l e t n A r e a u t n e z o r P 0 Lipoproteinstoffwechsel- Vorhofflim mern/-flattern Hypertonie Rückenschmerzen Diabetes mellitus Typ 2 störungen Gastroösophageale A ortenklappenerkrankungen, Mitralklappenerkrankungen, Trikuspidalklappen- Chronische Niereninsuffizienz Herzinsuffizienz Depression Schlafstörungen Koronare H erzkrankheit nicht rheum atisch erkrankungen, rheum atisch nicht rheum atisch Refluxkrankheit Hauptindikation Aortenklappenerkrankungen Hauptindikation andere Herzklappenerkrankungen Hauptindikation Vorhofflimmern/-flattern Darstellung auf Grundlage von Daten der IQVIA-Disease-Analyzer-Datenbank Abb. 10/1 B: Die häufigsten Begleiterkrankungen von Patienten im hausärztlichen Bereich mit Hauptdiagnosen Aortenklappen- erkrankungen (ICD I35), andere Klappenerkrankungen (ICD I34, I36, I37), Vorhofflimmern/-flattern (ICD I48) im Jahr 2023 154 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Im hausärztlichen Bereich weisen die Patienten mit KHK bzw. HI zahlreiche Begleiterkrankungen auf. Dies betrifft neben weiteren kardiovasku- lären Erkrankungen in erheblichem Maße auch andere Organsysteme (Abbildung 10/1 A). Diese Erkrankungen erfordern gemäß den jeweiligen Leitlinien eine spezifische Therapie, auch mit Arzneimitteln. Die sich daraus ergebenden mög- lichen Arzneimittelwechselwirkungen sind jeweils zu berücksichtigen.⁷ 10.3.1 Diagnose Herzinsuffizienz (ICD-10: I50) Die häufigste Begleitdiagnose von Herzinsuffi- zienz in der hausärztlichen Versorgung war die Hypertonie (61,8 %), gefolgt von Lipidstörungen, Koronare Herzkrankheit, Vorhofflimmern/-flattern und Diabetes mellitus Typ 2. Zu erwähnen sind auch Rückenschmerzen (19,4 %), Niereninsuffizienz (14,6 %) und Depression, unter der 12,4 % der Patienten litten (Abbildung 10/1 A). Daten zu Begleitdiagnosen in kardiologischen Praxen lagen nicht vor. Im Mittel erhielten in den 59 kardiologischen Praxen 40,2 % dieser Patienten mindestens ein Medikament verord- net, während dies in der hausärztlichen Versorgung 98,6 % der Patienten waren. Hier ist zu berücksich- tigen, dass in diesen Praxen die Patienten zahlreiche Begleitdiagnosen aufwiesen, die entsprechende Arzneimittel-Verordnungen zur Folge hatten. So wurden als Begleitmedikation PPI, NSAR (COX- Hemmer) oder Antidepressiva in 41,4 %, 47,4 % bzw. 13,1 % der Fälle verordnet. Im stationären Bereich war Vorhofflattern/-flimmern mit 59,3 % die häufigste Begleitdiagnose von Herz- insuffizienz, gefolgt von Hypertonie mit 48,9 %, chronischer Niereninsuffizienz mit 43,1 %, KHK mit 41,2 %, Diabetes mellitus Typ 2 mit 35,4 % sowie Lipidstoffwechselstörungen mit 32,1 %. Im Durch- schnitt haben Patienten im stationären Bereich mit der Hauptdiagnose Herzinsuffizienz pro Fall 14,2 Nebendiagnosen (Abbildung 10/2 A). 10.3.2 Diagnose KHK (ICD-10: I20-I25) Die häufigste Begleitdiagnose bei KHK in der haus- ärztlichen Versorgung war ebenfalls die Hypertonie (61,6 %), gefolgt von Lipidstörungen, Diabetes mel- litus Typ 2 und Rückenschmerzen. 10,7 % litten an Depression (siehe Abbildung 10/1 A). Wie bei der Herzinsuffizienz besteht bei den Begleitdiagnosen eine erhebliche Diskrepanz zwischen ambulanter Ver- sorgung und dem Klinikbereich. Dort wurden bei KHK Gastro-Duodenitis (1,7 %) und gastroösophageale Refluxkrankheit in 0,8 % dokumentiert, Depression in 1,8 % (InEK-Daten). Stationäre KHK-Patienten wiesen besonders häufig eine Hypertonie auf (60,9 %), gefolgt von Lipoprotein-Störungen (57,2 %) (siehe Abbildung 10/2 A). Im Durchschnitt haben Patienten im stationären Bereich mit der Hauptdiagnose KHK pro Fall 8,7 Nebendiagnosen. Bei KHK in 30,1 % und bei Herzinsuffizienz in 15,3 % der Fälle wurde eine Dauertherapie mit anderen Arzneimitteln in der Eigenanamnese angegeben, es wurden bei KHK PPI, NSAR (COX-Hemmer) oder Antidepressiva in 39,6 %, 43,0 % bzw. 10,6 % verord- net, ein deutlicher Hinweis auf das nicht unerhebliche Potenzial möglicher Arzneimittelwechselwirkungen. 10.3.3 Aortenklappenerkrankungen (I35), andere Klappenerkrankungen (I34, I36, I37), Vorhofflimmern/-flattern (I48) Die häufigste Nebendiagnose bei den drei Erkran- kungen bei ambulant Behandelten war die Hyper- tonie, jeweils gefolgt von Lipidstörungen. Diabetes mellitus Typ 2 wurde bei jeweils mehr als 20 % doku- mentiert. Bei Aortenklappenerkrankungen waren in der hausärztlichen Versorgung Rückenschmerzen, chronische Niereninsuffizienz und gastroösophageale Refluxkrankheit mit 20,0 %, 13,1 % und 12,4 % ange- geben. Verglichen damit wurde im Klinikbereich über Rückenschmerzen (1,2 %) und gastroösophageale Refluxkrankheit (0,9 %) seltener, über chronische Niereninsuffizienz (22,4 %) häufiger berichtet. Im 1010 10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten | 155
Häufigste Begleiterkrankungen zu den Hauptdiagnosen Herzinsuffizienz und KHK 70 60 50 40 30 20 10 l i l e t n A r e a u t n e z o r P 0 Lipoproteinstoffwechsel- A ortenklappenerkrankungen, Trikuspidalklappen- Vorhofflim mern/-flattern Rückenschmerzen Diabetes mellitus Typ 2 Hypertonie störungen nicht rheum atisch erkrankungen, rheum atisch C O P D Gastroösophageale Refluxkrankheit Chronische Niereninsuffizienz Herzinsuffizienz Depression Gastritis/Duodenitis Koronare H erzkrankheit Hauptindikation Herzinsuffizienz Hauptindikation KHK Darstellung auf Grundlage von Daten des InEK Abb. 10/2 A: Die häufigsten Begleiterkrankugen von stationären Patienten mit der Hauptdiagnose Herzinsuffizienz (ICD10 I50) und KHK (ICD 10 I20-I25) im Jahr 2023 Häufigste Begleiterkrankungen zu den Hauptdiagnosen Aortenklappenerkrankungen, andere Herzklappenerkrankungen und Vorhofflimmern/-flattern 70 60 50 40 30 20 10 l i l e t n A r e a u t n e z o r P 0 Gastroösophageale Lipoproteinstoffwechsel- A ortenklappenerkrankungen, Mitralklappenerkrankungen, Trikuspidalklappen- Vorhofflim mern/-flattern Hypertonie Rückenschmerzen Diabetes mellitus Typ 2 störungen nicht rheum atisch erkrankungen, rheum atisch nicht rheum atisch Refluxkrankheit Schlafstörungen Chronische Niereninsuffizienz Herzinsuffizienz Depression Koronare H erzkrankheit Hauptindikation Aortenklappenerkrankungen Hauptindikation andere Herzklappenerkrankungen Hauptindikation Vorhofflimmern/-flattern Darstellung auf Grundlage von Daten des InEK Abb. 10/2 B: Die häufigsten Begleiterkrankugen von stationären Patienten mit der Hauptdiagnose Aortenklappenerkrankungen (ICD10 I35), andere Klappenerkrankungen (ICD 10 I34, I36, I37), Vorhofflimmern/-flattern (ICD10 I48) im Jahr 2023 156 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Durchschnitt haben Patienten im stationären Bereich mit der Hauptdiagnose Aortenklappenerkrankung pro Fall 11,7 Nebendiagnosen. Bei anderen Herzklappenerkrankungen waren in der hausärztlichen Versorgung Rückenschmerzen (22,7 %), Diabetes Typ 2 (20,1 %) und chronische Niereninsuffizienz (13,5 %) angegeben, im Klinik- bereich wurden Diabetes mellitus Typ 2 (17,4 %) und Rückenschmerzen (0,9 %) seltener berichtet. Im Durchschnitt haben Patienten im stationären Bereich mit der Hauptdiagnose andere Herzklappen- erkrankungen pro Fall 11,9 Nebendiagnosen. Bei Vorhofflimmern/-flattern wurden als nicht kardiale Diagnosen Diabetes Typ 2 (22,6 %), Rückenschmer- zen (17,3 %), gastroösophageale Refluxkrankheit (12,0 %), chronische Niereninsuffizienz (11,3 %), Schlafstörungen (10,3 %) und Depression (9,7 %) berichtet. Im Klinikbereich waren Diabetes Typ 2 (17,3 %), Rückenschmerzen (0,9 %), gastroösopha- geale Refluxkrankheit (0,8 %), Schlafstörungen (3,8 %) und Depression (1,7 %) seltener, chronische Niereninsuffizienz mit 14,4 % häufiger. Im Durch- schnitt haben Patienten im stationären Bereich mit der Hauptdiagnose Vorhofflimmern/-flattern pro Fall 6,7 Nebendiagnosen. Interpretation der Daten Die Abfragesystematik berücksichtigt kardiovas- kuläre Hauptdiagnosen und ermittelt zusätzlich behandlungsbedürftige Nebendiagnosen, die wegen möglicher pharmakologischer Interaktionen von Bedeutung sind. Die Daten zu Komorbiditäten sowohl auf Basis des IQVIA-Disease-Analyzer als auch des InEK stimmen zumindest hinsichtlich ihrer Größenordnung mit den aus dem Jahr 2017 durch das ZI analysierten Daten überein⁸ und belegen, dass Patienten mit KHK bzw. Herzinsuffizienz neben weiteren kardiovaskulären Erkrankungen in erheb- lichem Maße unter zusätzlichen therapiebedürftigen Erkrankungen leiden – Stichwort Arzneimittelwech- selwirkungen (s.u.) sowie behandlungsbedürftige Nebendiagnosen, die wegen möglicher pharma- kologischer Interaktionen von Bedeutung sind. Berücksichtigt werden sollte auch, dass die meisten genannten „Nebendiagnosen“ eng mit der Patho- physiologie von Herzerkrankungen verknüpft sind, z.B. die Hyperlipidämie mit der koronaren Herzkrankheit oder die arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus mit Herzinsuffizienz und KHK. 10.4 Verordnungshäufigkeit von kardio logischen Arzneimitteln bei KHK und Herzinsuffizienz im niedergelassenen Bereich 2019 – 2023 In kardiologischen Praxen ist der Anteil von Patienten mit Herzinsuffizienz, die mindestens eine medi- kamentöse Verordnung erhielten, von 45,7 % im Jahr 2022 auf 40,2 % gesunken, einem ähnlichen Wert wie im Jahr 2021 (40,0 %). Mit Ausnahme von SGLT2-Hemmern, deren Verordnungen von 0,4 % im Jahr 2019 auf 13,7 % im Jahr 2023 stiegen und Lipidsenkern (seit 2019 eine leichte Zunahme von 10,0 % auf 11,4 % im Jahr 2023) sind die Verordnun- gen anderer Herzkreislauf-Medikamente gegenüber 2022 tendenziell gesunken: Diuretika von 16,9 % (2019) auf 15,1 % (2023), die der MRA von 9,8 % (2019) auf 9,5 % (2023) und die der Beta-Blocker von 14,6 % (2019) auf 14,0 % (2023). Ebenfalls gesunken sind Verordnungen der Calcium-Antagonisten von 4,2 % (2019) auf 3,6 % (2023), der Antithrombotika von 15,3 % (2019) auf 12,4 % (2023) und der RAAS- Hemmer von 20,8 % (2019) auf 19,9 % (2023). Hier ist zu beachten, dass die Statistik der RAAS-Hemmer auch ARNI (Angiotensin-Rezeptor-Blocker/Neprilysin- Inhibitoren) beinhalten (Abbildung 10/3). 1010 10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten | 157
Herzinsuffizienz: Arzneimittel-Verordnungen 2019 bis 2023 – Fachgruppe Kardiologie l i l e t n A r e a u t n e z o r P 25 20 15 10 5 0 Diuretika MRA Beta-Blocker Calcium- antagonisten RAAS- Hemmer Lipidsenker Anti- thrombotika SGLT-2 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage von Daten der IQVIA-Disease-Analyzer-Datenbank Abb. 10/3: Prozentualer Anteil der durch Kardiologen verordneten herzwirksamen Arzneimittel an Patienten mit diagnostizierter Herzinsuffizienz (ICD 10 I50) in den Jahren 2019 bis 2023 Herzinsuffizienz: Arzneimittel-Verordnungen 2019 bis 2023 – hausärztlich tätige Allgemeinärzte und Internisten ohne Schwerpunkt l i l e t n A r e a u t n e z o r P 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Diuretika MRA Beta-Blocker Calcium- antagonisten RAAS- Hemmer Lipidsenker Anti- thrombotika SGLT-2 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage von Daten der IQVIA-Disease-Analyzer-Datenbank Abb. 10/4: Prozentualer Anteil der durch hausärztliche Allgemeinmediziner und Internisten ohne Spezialisierung verordneten herzwirksamen Arzneimittel an Patienten mit diagnostizierter Herzinsuffizienz (ICD 10 I50) in den Jahren 2019 bis 2023 158 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Koronare Herzkrankheit: Arzneimittel-Verordnungen 2019 bis 2023 – Fachgruppe Kardiologie l i l e t n A r e a u t n e z o r P 25 20 15 10 5 0 Diuretika Beta-Blocker Calcium- antagonisten RAAS-Hemmer Lipidsenker Antithrombotika 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage der Daten der IQVIA-Disease-Analyzer-Datenbank Abb. 10/5: Prozentualer Anteil der durch Kardiologen verordneten herzwirksamen Arzneimittel an Patienten mit diagnostizierter KHK (ICD 10 I20-I25) in den Jahren 2019 bis 2023 Koronare Herzkrankheit: Arzneimittel-Verordnungen 2019 bis 2023 – hausärztlich tätige Allgemeinärzte und Internisten ohne Schwerpunkt l i l e t n A r e a u t n e z o r P 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Diuretika Beta-Blocker Calcium- antagonisten RAAS-Hemmer Lipidsenker Antithrombotika 2019 2020 2021 2022 2023 Darstellung auf Grundlage der Daten der IQVIA-Disease-Analyzer-Datenbank Abb. 10/6: Prozentualer Anteil der durch hausärztlich Allgemeinmediziner und Internisten ohne Spezialisierung verordneten herzwirksamen Arzneimittel an Patienten mit diagnostizierter KHK (ICD10 I20 - I25) in den Jahren 2019 bis 2023 1010 10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten | 159
Auch im hausärztlichen Bereich konnte eine Zunahme der Verordnungen von Lipidsenkern beobachtet werden (von 39,3 % im Jahr 2019 auf 46,4 % im Jahr 2023), wie auch besonders die der Verordnungen von SGLT2-Inhibitoren (3,0 % im Jahr 2019 auf 26,5 % im Jahr 2023, Abbildung 10/4). Im Vergleich zu kardiologischen Praxen wurden im hausärztlichen Bereich wesentlich häufiger Herz- Kreislauf-Medikamente einschließlich Lipidsenker verschrieben. Zu beachten ist, dass keine Daten für alle Versor- gungsbereiche vorliegen und deswegen die Zahlen aus dem ambulanten Versorgungsbereich nur bedingt Rückschlüsse gestatten bzw. nur wahrscheinliche Trends abbilden. Im Mittel erhielten im Jahr 2023 in kardiologischen Praxen 32,7 % der KHK-Patienten mindestens ein Medikament verordnet, in der hausärztlichen Versorgung 94,3 % der Patienten. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass in Praxen der hausärztlichen Versorgung weitere Begleitdiagnosen gestellt wurden (Abbildung 10/5). In kardiologischen Praxen wurden anteilmäßig am häufigsten Lipidsenker (17,4 %), Antithrombotika (13,8 %) und RAAS-Hemmer (13,7 %) verordnet. Calciumantagonisten wiesen mit zuletzt 3,8 % die niedrigste Verordnungsrate auf. Mit Ausnahme der Lipidsenker, bei denen im Vergleich zu 2019 etwa gleich viele Verordnungen zu beobachten waren, im Vergleich zu 2022 jedoch ein Rückgang, sind die prozentualen Anteile der anderen Arzneimittel rückläufig (Abbildung 10/5). Das Bild im hausärztlichen Bereich zeichnet sich durch die wesentlich höheren relativen Verordnungs- häufigkeiten (Faktor 3 bis 4) aus. RAAS-Hemmer, Antithrombotika, Lipidsenker und Betablocker wurden 60 % bis 68 % der Patienten verordnet, Calciumantagonisten zuletzt im Jahr 2023 noch bei 26,1 % (Abbildung 10/6). Interpretation der Daten Da die Konsultationsanlässe und -häufigkeiten sowie die Dauer der Betreuung von Patienten in der Fachgruppe der Kardiologen und der Fachgruppe hausärztlich tätiger Allgemeinärzte und Internisten ohne Schwerpunkt sehr unterschiedlich sind, lässt sich das Verordnungsverhalten direkt nur schwer vergleichen. So fehlt beispielsweise in diesen Erhe- bungen die Information, inwieweit hausärztliche Verordnungen durch Kardiologen bestätigt und nicht neu verordnet wurden. Umgekehrt geben Kardiologen häufig Therapieempfehlungen ab, die dann erst hausärztlich umgesetzt werden. Die Verordnungszahlen sind auch vor dem Hinter- grund zu betrachten, dass sich die Zahl der von Kardiologen behandelten Patienten mit Diagnose Herzinsuffizienz von 2019 bis 2023 um 24 % erhöhte und mit Diagnose KHK um 13 %. Hiernach ist der Anteil von Patienten, die bei Herzinsuffizienz min- destens ein Medikament verschrieben bekommen haben, von 2019 bis 2023 bei Kardiologen um 1,7 Prozentpunkte gestiegen. Bei Diagnose KHK ist der Anteil der Patienten mit mindestens einer Verordnung dagegen um 2,6 %-Prozentpunkte gesunken. Bei hausärztlich tätigen Allgemein ärzten und Internisten ohne Schwerpunkte waren die Angaben nahezu unverändert bei den Diagnosen Herz insuffizienz (ca. 99 %) und KHK (ca. 94 %). Auffallend ist, dass die neuere Klasse der SGLT2- Inhibitoren (Gliflozine) auch im niedergelassenen Bereich einen zunehmenden Anteil der Verordnungen umfasst. Wie oben erwähnt, ist der Anteil der bei Herzinsuffizienz primär indizierten ARNI (Angio- tensin-Rezeptorblocker/Neprilysin-Inhibitoren) 160 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
nicht separat, sondern unter RAAS-Inhibitoren subsumiert. Nach wie vor sprechen die Daten eher für eine „Untertherapie“, da gemäß den Leitlinien eine RAAS-Therapie bei nahezu allen Patienten mit Herzinsuffizienz angestrebt werden sollte. Auch sollte danach bei HFrEF – entgegen früherer Leitlinien –, neben RAAS-Hemmern frühzeitig die Verordnung von Betablockern, Mineralcorticoid- Antagonisten (MRA) und SGLT2-Hemmern (Gli- flozine) berücksichtigt werden. Die ursprünglich für die Behandlung des Diabetes mellitus indizierten Gliflozine haben bekanntermaßen bei HFrEF und zuletzt auch bei HFpEF einen signifikanten Nutzen gezeigt und sind in den aktuellen Leitlinien berück- sichtigt. Deren Umsetzung in die Verordnung wird an der deutlichen Zunahme der Verordnung von SGLT2-Hemmern (bei Kardiologen Anstieg von 0,4 % auf 13,7 %, im hausärztlichen Bereich von 3,0 % auf 26,5 %) sichtbar. Bei KHK-Patienten scheint die Zunahme der Verord- nungen von Lipidsenkern im hausärztlichen Bereich die zunehmende Evidenz für den klinischen Nutzen der LDL-Cholesterin-Senkung widerzuspiegeln. Unter Berücksichtigung der bei Herzinsuffizienz und KHK erforderlichen Multimedikation und zusätz- lich der aufgrund der Komorbiditäten erfolgten Komedikation steigt auch das Risiko potenzieller Arzneimittelinteraktionen. Exemplarische Bei- spiele sind pharmakodynamische Interaktionen von ACE-Hemmern oder Neprilysin/AT-1-Inhibitoren (ARNI) mit Spironolacton, die mit dem Risiko einer Hyperkaliämie einhergehen. Auf die Kontraindi- kation von ACE-Hemmern und ARNI (gesteigertes Angioödem-Risiko) sei hingewiesen. Ein Beispiel ver- meidbarer pharmakokinetischer Interaktionen ist die Koadministration des Betablockers Metoprolol und des selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers (SSRI) Fluoxetin (Bradykardie). Fluoxetin hemmt den CYP2D6-vermittelten Abbau von Metoprolol. Bei Antithrombotika kann die gleichzeitige Gabe von hier nicht aufgeführten COX-Hemmern die Blutungs- gefahr erhöhen, die zusätzlich durch SSRIs nochmals erhöht wird. Bei der Verabreichung von Statinen wie Simvastatin sollte die gleichzeitige Gabe von CYP4A4-Inhibitoren wie z.B. Makrolidantibiotika (Clarithromycin und Erythromycin) oder Verapamil vermieden werden. Interaktionen können z.B. durch Nutzung von Verschreibungssoftware beherrscht werden. Der hohe Anteil von Verordnungen von COX-Hemmern, PPI und Antidepressiva sowohl bei hausärztlich tätigen Allgemeinärzten/Internisten ohne Schwerpunkt als auch bei Fachärzten für Kardiologie sollte unter dem Aspekt der möglichen negativen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf- System und von potenziellen Wechselwirkungen mit der bei Herzinsuffizienz und KHK erforderlichen Multimedikation Anlass zur Überprüfung sein, u.a. wegen des durch PPI erhöhten Risikos für kardio- vaskuläre Erkrankungen.⁹ Hier ist anzumerken, dass SGLT2-Inhibitoren eine sichere Wirkstoffgruppe mit geringem Interaktionspotenzial und Nutzen bei den Begleiterkrankungen Diabetes mellitus und auch Niereninsuffizienz darstellen. Aus chirurgischer Sicht zeigen diese Daten, dass die Patienten aufgrund ihrer vielfältigen Begleit- erkrankungen auch perioperativ besonderer Auf- merksamkeit bedürfen. So muss zum Beispiel die Blutzuckereinstellung um einen chirurgischen Eingriff herum situationsentsprechend angepasst wer- den. Gerade vor dem Hintergrund der komplexen Komorbiditäten bleibt festzuhalten, dass für jeden Patienten eine individuelle Nutzen-Risiko-Abschät- zung in einem Herz-Team wichtig für eine optimale Therapieempfehlung und Optimierung der Prognose ist. Neben den spezifischen Kurzzeitrisiken sollte eine Abwägung mit den zu erwartenden Langzeiteffekten und der Lebenserwartung stattfinden. 1010 10. Komorbiditäten im Kontext von Herzkrankheiten | 161
Literatur 1 Zeymer U et al. 2023. Effects of the COVID-19 pandemic on acute coronary syndromes in Germany during the first wave: the COVID-19 collateral damage study. Clinical Research in Cardiology (2023) 112:539–549, DOI: https://doi.org/10.1007/s00392-022-02082 2 Stöhr E. et al. 2020. Hospital admissions during COVID-19 lock-down in Germany: Differences in discretionary and unavoidable cardiovascular events. PLoS ONE (2020) 15(11): e0242653, DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0242653 3 König S et al. 2020. In-hospital care in acute heart failure during the COVID-19 pandemic: insights from the German-wide Helios hospital network. Eur J Heart Fail. 2020 Dec;22(12):2190-2201. doi: 10.1002/ejhf.2044 4 Nef HM et al. 2021. Impact of the COVID-19 pandemic on cardiovascular mortality and catherization activity during the lockdown in central Germany: an observational study. Clinical Research in Cardiology (2021) 110:292–301. DOI: 10.1007/s00392-020-01780-0 5 Woolf SH et al. 2020. Excess Deaths From COVID-19 and Other Causes in the US, March 1, 2020, to January 2, 2021. JAMA. 2021 Apr 2;325(17):1786–9. doi:10.1001/jama.2021.5199 6 Gitt AK et al. 2020. Collateral damage of COVID-19-lockdown in Germany: decline of NSTE-ACS admissions. Clin Res Cardiol. 2020 Dec;109(12):1585-1587. doi: 10.1007/s00392-020-01705-x 7 Cascorbi I 2024. Komorbiditäten bei Herzerkrankungen – Ausmaß und Folgen. Der Kardiologe. 2024, https://doi.org/10.1007/s12181-024-00679-8 8 Holstiege J et al. 2018. Prävalenz der Herzinsuffizienz – bundesweite Trends, regionale Variationen und häufige Komorbiditäten. Versorgungsatlas-Bericht Nr. 18/09. Berlin 2018. DOI: 10.20364/VA-18 9 Foresta A et al. 2024 Proton Pump Inhibitor Use and the Risk of Cardiovascular Complications and Death in Older Adults with Diabetes: A Population-Based Cohort Study.Drugs Aging 2024; 41 (3): 239-249 162 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Anhang Stichwortverzeichnis Adipositas Akuter Myokardinfarkt Akutes Koronarsyndrom Angeborene Herzerkrankungen Aortenklappe Biologische Herzklappen Blutdruck Bypass Corona-Pandemie COVID-19 Chest Pain Unit Defibrillator Demografie Diabetes mellitus Elektrophysiologische Untersuchungen EMAH Fettstoffwechselstörung Fortschreibungen (statistisch) Forschungsförderung Herzchirurgie Heart-Team Herzinsuffizienz Herz-Lungen-Maschine Herzklappenchirurgie Herzklappenerkrankungen Herzrhythmusstörungen Herzschrittmacher Herztransplantation Hypertonie Kap. 7 Kap. 2, Kap. 3 Kap. 2 Kap. 6, Kap. 8 Kap. 3, Kap. 8, Kap. 10 Kap. 3 Kap. 5 Kap. 2 – 4, Kap. 7, Kap. 8 Kap. 1, Kap. 7, Kap. 10 Kap. 1, Kap. 7, Kap. 10 Kap. 8 Kap. 4, Kap. 5 Kap. 1 Kap. 7, Kap. 8 Kap. 4, Kap. 5, Kap. 6, Kap. 8 Kap. 7 Kap. 1 Kap. 9 Kap. 2 – 6, Kap. 8, Kap. 9 Kap. 2, Kap. 3 Kap. 5, Kap. 8, Kap. 10 Kap. 2, Kap. 3, Kap. 5, Kap. 6 Kap. 3 Kap. 3 Kap. 5 Kap. 4, Kap. 5 Kap. 5, Kap. 6, Kap. 8 Kap. 5, Kap. 8, Kap. 9 Ischämische Herzkrankheiten Kap. 2 Kardiologie Kinderherzchirurgie Kinderherzzentren Kinderkardiologen Kodierung-/fehler Kap. 2 – 5, Kap. 8, Kap. 9 Kap. 6 Kap. 6, Kap. 8 Kap. 6, Kap. 8 Kap. 2 Anhang | 163
Koronare Herzkrankheit Koronarintervention Kreislaufunterstützungssysteme Kunstherz Linksherzkatheter Mehrgefäßerkrankung Mitralklappe Morbidität Mortalität Plötzlicher Herztod Prävention Rehabilitation Rauchen Sterbeziffer Stundenfälle Transkatheteraortenklappenimplantation (TAVI) Todesursachen (häufigste) Versorgung Vertragsärzte Zensus 2011 Kap. 2, Kap. 7, Kap. 8, Kap. 10 Kap. 2, Kap. 8 Kap. 5, Kap. 6 Kap. 5 Kap. 2, Kap. 8 Kap. 2 Kap. 3, Kap. 5, Kap. 9 Kap. 1 – Kap. 6 Kap. 1 – Kap. 6 Kap. 6, Kap. 9 Kap. 5, Kap. 7, Kap. 8, Kap. 10 Kap. 7, Kap. 8, Kap. 10 Kap. 7 Kap. 1, Kap. 2, Kap. 5 Kap. 1 Kap. 3, Kap. 8 Kap. 1, Kap. 2 Kap. 2 Kap. 8 Kap. 1 164 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Abkürzungsverzeichnis Geographie BW BY BE BB HB DL HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Deutschland Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Sonstige Abkürzungen ACB ACC ACS AD AF AHB AHA AHF ALKK ANKK Aorto-coronary bypass, Koronar- arterien-Bypass (auch CABG) American College of Cardiology Akutes Koronarsyndrom Assist Device Atrial fibrillation Anschlussheilbehandlung American Heart Association Angeborene Herzfehler Arbeitsgemeinschaft Leitende Kar- dio logische Krankenhausärzte e.V. Arbeitsgemeinschaft Nieder- gelassener Kinderkardiologen ASD Atriumseptumdefekt AVNRT AV-Knoten-Reentry-Tachykardie AVRT BÄK Atrioventrikuläre Tachykardie Bundesärztekammer BevStatG Bevölkerungsstatistikgesetz BMBF BMI BStatG BVAD CABG COVID-19 COX CPU CRT DD DES DFG DGK DGPK DGPR DGTHG DHS DRG DRV DSHF DSO DZHK Bundesministerium für Bildung und Forschung Body-Mass-Index Bundesstatistikgesetz Biventricular assist device, Zwei- kammer Herzunterstützungssystem Coronary artery bypass graft, Koronararterien-Bypass- Transplantat Corona Virus Disease 2019 Cyclooxygenase Chest Pain Unit (Ambulanz für unklare Brustschmerzen) Kardiale Resynchronisationstherapie Tagesdosen Drug Eluting Stent Deutsche Forschungsgemeinschaft Deutsche Gesellschaft für Kar dio lo gie – Herz- und Kreislauf forschung e.V. Deutsche Gesellschaft für Pädia trische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. Deutsche Gesellschaft für Präven- tion und Rehabilitation e.V. Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. Deutsche Herzstiftung e.V. Diagnosebezogene Fallgruppen Deutsche Rentenversicherung Bund Deutsche Stiftung für Herzforschung Deutsche Stiftung Organ- transplantation Deutsches Zentrum für Herz- Kreislauf-Forschung Einheitlicher Bewertungsmaßstab Extracorporeal Life Support System Ejektionsfraktion/Auswurffraktion EBM ECLS EF EM(-Rente) Erwerbsminderung (-Rente) EMAH Erwachsene mit angeborenem Herzfehler Anhang | 165
EPU ESC EU EW FOR GARY G-BA G-DRG GKV HF HI HKL HKU HLM HLTx HTx ICD ICD-10 ICF IHF INR i.v. KBV KHEntG KHG KHK KHStatV KTL LDL-C Elektrophysiologische Untersuchung European Society of Cardiology Europäische Union Einwohner LHK(U) Linksherzkatheter (-untersuchung) LOM LVAD Leistungsorientierte Mittel Left ventricular assist device, Linksherz-Unterstützungssystem MORT Mortalitätsziffer/Sterbeziffer Familienorientierte Rehabilitation German Aortic Valve Registry (Deutsches Aorten klappenregister) Gemeinsamer Bundesausschuss German-Diagnosis Related Groups (Diagnose-bezogene Fallgruppen) MOZ MVZ MW NIH nQS Morbiditätsziffer Medizinisches Versorgungszentrum Meldewoche National Institutes of Health Nationale Qualitätssicherung NSTEMI Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt NYHA OP(s) OPS PCI pmp RCTs RKI RVAD New York Heart Association Operation(en) Operationen- und Prozedurenschlüssel Perkutane Koronarintervention pro 1 Million Einwohner (per million population) Randomized controlled trials, kontrollierte Studien mit Zufalls- auswahl Robert Koch-Institut Right ventricular assist device (Rechtsherz-Unterstützungssystem) SARS-CoV-2 severe acute respiratory syndrome SFB SGB TAH TAVI VHD VHF vs. VSD coronavirus 2 Sonderforschungsbereich Sozialgesetzbuch ST-Strecken-Hebungs- Myokardinfarkt Total artificial heart (Kunstherzsystem) Transkatheter- Aortenklappenimplantation Valvular heart disease, Herzklappenerkrankung Vorhofflimmern versus (im Vergleich zu) Ventrikelseptumdefekt WHO Weltgesundheitsorganisation HT-Grad Hypertonie-Grad Gesetzliche Krankenversicherung Heart Failure, Herzinsuffizienz/ Herzschwäche Herzinsuffizienz Herzkatheterlabor Herzkatheteruntersuchung Herz-Lungen-Maschine Herz-Lungen-Transplantation Herztransplantation Implantierbarer Cardioverter- Defibrillator International Statistical Classi- fication of Diseases and Related Health Problems – Version 10 International Classification of Functioning Institut für Herzinfarktforschung intravenös Kassenärztliche Bundesvereinigung Krankenhausentgeltgesetz Krankenhausfinanzierungsgesetz Koronare Herzkrankheit (= Ischämische Herzerkrankung) Krankenhausstatistik-Verordnung Klassifikation therapeutischer Leistungen Low-density-Lipoprotein- Cholesterin International Normalized Ratio STEMI 166 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Datengrundlagen und -qualität Glossar Dieses Kapitel stellt Erklärungen zu den wichtigsten verwendeten statistischen Methoden dar und geht gleichzeitig auf Limitationen der Datenerfassung ein, die für die Interpretation der Daten wichtig sind. Die Begriffe sind in alphabetischer Reihenfolge sortiert. Altersstandardisierte Raten (Mortalität oder Hospitalisation) Zur Ermittlung der altersstandardisierten Raten werden die altersspezifischen Mortalitäts- oder Hospitalisationsraten (für 5-Jahres-Altersgruppen) mit dem Anteil der jeweiligen Altersgruppe an einer Standardbevölkerung gewichtet und aufsummiert (siehe Altersstandardisierung). Nur die altersstan- dardisierten Mortalitätsraten sind über die Zeit und zwischen den Bundesländern und Geschlechtern vergleichbar. Altersstandardisierung Bei Erkrankungen, deren Auftreten stark altersab- hängig ist, können Hospitalisations- und Mortali- tätsraten nicht zwischen Geschlechtern, Regionen oder verschiedenen Zeitpunkten verglichen werden, da sich möglicherweise die Altersstruktur der Ver- gleichspopulationen unterscheidet. So gibt es in Deutschland deutlich mehr Frauen in höherem Alter als Männer. Daher sind auch mehr Frauen überhaupt von Erkrankungen des höheren Alters, wie z.B. Herz- insuffizienz, betroffen als Männer. Aufgrund dessen ist zu erwarten, dass auch die Hospitalisationsrate für Herzinsuffizienz bei Frauen höher sein muss als bei Männern. Um die Hospitalisationsraten z.B. von Herzinsuffizienz von Frauen und Männern valide ver- gleichen zu können, muss daher die unterschiedliche Altersverteilung berücksichtigt werden. Dazu werden die interessierenden Raten alters- standardisiert, d.h. es wird für die betrachteten Gruppen ein gleicher Altersaufbau angenommen. Dies geschieht mithilfe einer Standardbevölkerung, die als Referenzpopulation verwendet wird. Die für die Standardisierung im Herzbericht ver- wendete „Referenzpopulation“ ist die „Europa- standardbevölkerung 2013“. Die Standardbevöl- kerung gibt die Anteile einzelner 5-Jahres-Alters- gruppen an. Mit diesen Anteilen wird die jeweilige altersspezifische Morbiditäts- oder Mortalitätsrate der Bezugsbevölkerung gewichtet. Mögliche Unter- schiede im Altersaufbau zwischen Vergleichsgruppen (z.B. Männern vs. Frauen oder Bevölkerung im Jahr 2011 vs. Bevölkerung im Jahr 2023), die die interes- sierenden Raten beeinflussen könnten, werden so „herausgerechnet“. Bei der Interpretation altersstandardisierter Mor- biditäts- oder Mortalitätsraten ist zu beachten, dass sie keine realen, im Sinne von empirisch beob- achtbaren Angaben darstellen. Sie beschreiben vielmehr, wie die Mortalitäts- oder Morbiditätsraten in der betrachteten Bevölkerung wären, wenn die Bezugsbevölkerung der Standardbevölkerung ent- spräche, also von altersstrukturbedingten Effekten abstrahiert würde. Es ist weiter zu beachten, dass seit 2020 mit Euro- päischer Standardbevölkerung 2013 altersstan- dardisierte Daten bereitgestellt werden, um valide Vergleiche der Mortalität und Krankheitshäufigkeit zwischen Männern und Frauen sowie über längere Zeiträume zu ermöglichen. Damit können sich die Mortalitätsraten in den Herzberichten vor 2019 von Angaben in späteren Herzberichten unterscheiden. Vergleiche zwischen älteren und aktuellen Ausgaben des Herzberichts hinsichtlich dieser Informationen sind nicht möglich. Bevölkerungsdaten Die amtlichen Bevölkerungszahlen für Deutschland umfassen die Zahlen der Einwohner, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem ausgewiesenen Gebiet leben. Hierzu gehören alle Personen, die nach den Bestimmungen des Melderechts in Deutsch- land unabhängig von Nationalität oder Staats- angehörigkeit gemeldet sind. Zur Feststellung der Anhang | 167
Letalität Hierbei handelt es sich um den Anteil der Erkrankten, die an der Erkrankung versterben, nicht zu verwech- seln mit der Mortalitätsrate. Die für den Herzbericht in Deutschland zur Verfügung stehenden Daten- quellen erlauben derzeit keine Aussagen zur Letalität. Letalität = Anzahl Verstorbene an der Krankheit Anzahl Erkrankte × 100.000 Mortalitätsrate/rohe Mortalitätsrate Entspricht der Sterbeziffer: Sie gibt die Anzahl der Gestorbenen dividiert durch die Bevölkerung am Jahresende pro 100.000 Einwohner wieder. (Hinweis: entspricht nicht der Letalität). Krankheitsspezifische Mortalitätsraten erlauben nur sehr eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität der therapeutischen Versorgung einer Erkrankung. Sie basieren auf der Selektion der zugrunde liegenden Todesursache, die wiederum auf vorhandenen Infor- mationen zu einer verstorbenen Person basiert. Daher sind krankheitsspezifische Mortalitätsraten auch abhängig von Veränderungen in der Diagnosestel- lung sowie von Verschiebungen der Mortalitätsraten anderer Erkrankungen (z.B. für COVID-Infektionen). Mortalitätsrate = Anzahl Verstorbene innerhalb eines Jahres (mit der interessierenden Todesursache) Bevölkerungsgröße zum Jahresende × 100.000 Rohe Mortalitätsraten erlauben keinen Vergleich zwischen den Geschlechtern, besonders, wenn es um Erkrankungen geht, deren Morbidität mit dem Alter ansteigt. Dies gilt insbesondere für Herzklappenkrank- heiten, Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffi zienz, die ab einem Alter von 70 Jahren einen starken Anstieg in den Hospitalisierungsraten haben. 2023 lebten in Deutschland 5.838.266 Männer in einem Alter von 70 Jahren und älter und 7.852.115 Frauen in diesem Einwohnerzahlen findet üblicherweise alle 10 Jahre ein Zensus statt. Die bis einschließlich 2021 jährlich vom Statistischen Bundesamt auf Basis des Zensus 2011 veröffentlichten Bevölkerungsdaten erhalten mit dem zum Stichtag 15. Mai 2022 durchgeführten Zensus 2022 eine neue Datengrundlage. Da es bei der Umstellung auf den Zensus 2022 insbesondere im Hinblick auf die rückzurechnenden Bevölkerungs- zahlen für den Zeitraum 2012 bis 2021 zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann, werden für diesen Herzbericht weiterhin die Bevölkerungszahlen auf Grundlage des Zensus 2011 genutzt. Die Bevöl- kerungsdaten dienen als Ausgangspunkt für die Berechnung der Mortalität und Morbidität der im Herzbericht dargestellten Herzkrankheiten. Hospitalisationsrate Sie gibt die Anzahl der vollstationären Fälle pro 100.000 Einwohner an. Die Daten basieren auf den fallbezogenen ICD-Entlassdiagnosen der Krankenhäuser, die in der Krankenhausdiagnose- statistik des Statistischen Bundesamtes verfügbar gemacht werden. Bei der Krankenhausstatistik liefern die Krankenhäuser ihre Angaben zu den erbrachten Leistungen an die Statistischen Landes- ämter. Für die Vollerhebung besteht seitens der Krankenhäuser eine Auskunftspflicht. Die Kran- kenhäuser sind verpflichtet, diese Daten an die Statistischen Landesämter zu übermitteln, die ihre Daten wiederum dem Statistischen Bundesamt zur Verfügung stellen. Das Statistische Bundesamt berechnet die Hospitalisationsraten auf Basis der Bevölkerung im Jahresdurchschnitt, sodass die Werte mit Bezug zur Bevölkerung am Jahresende für den Herzbericht neu berechnet wurden. Dabei ist zu beachten, dass im Gegensatz zur Mor- talität eine Person bei jeder neuen Aufnahme in ein Krankenhaus oder einer Verlegung einen neuen Fall generiert. Die Anzahl der zur Beschreibung der Morbidität berichteten Krankenhausaufnahmen (absolut bzw. je 100.000 Personen) entspricht daher nicht der Anzahl erkrankter Personen. 168 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
Alter. Es hatten somit deutlich mehr Frauen als Män- ner (in 2023: 2 Millionen mehr Frauen als Männer) überhaupt die „Chance“, an einer Herzinsuffizienz, einer Herzrhythmusstörung oder Herzklappenkrank- heit zu sterben. Damit ist davon auszugehen, dass alle rohen Mortalitätsraten für Erkrankungen des höheren Alters bei Frauen höher sind als bei Männern (Beispiele siehe 1.3.2.3 bis 1.3.2.5). Sterbeziffer Entspricht der rohen Mortalitätsrate (siehe dort). Todesursachenstatistik Die Rechtsgrundlage für die Todesursachenstatistik (Grundlage sind die amtlichen Todesbescheini gungen) ist das Gesetz über die Statistik der Bevölkerungs- bewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungs- standes (Bevölkerungsstatistikgesetz – BevStatG) vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 826), in Kraft getre- ten am 1. Januar 2014. Die Ausgestaltung dieses Rahmengesetzes in landeseigenen Gesetzen und Verordnungen obliegt den Bundesländern. Die Todesursachenstatistik in Deutschland ist mono- kausal. Zur Berechnung der krankheitsspezifischen Mortalität wird nur die sogenannte zugrunde liegende Todesursache verwendet. Diese wird nach Regeln der WHO aus allen Einträgen in einer Todesbe- scheinigung automatisch oder manuell selektiert. Neben unzureichender Kenntnis der WHO-Regeln zur Bestimmung der Todesursache und der Relevanz der Leichenschau für die Gesundheitsberichterstattung führen auch Zeitmangel und geringe Motivation des ärztlichen Personals dazu, dass die Qualität der Todesursachenstatistik in Deutschland verbes- serungswürdig ist. Es werden häufig Erkrankungen als Todesursache dokumentiert, die nach WHO- Regeln keine zugrunde liegende Todesursache sein können. Dazu gehören z.B. Symptome wie essenzielle Hypertonie, Endzustände wie Herzstillstand oder Multi-Organversagen, aber auch alle Erkrankungen, die nur als Folge anderer Krankheiten ausgelöst werden. Hier ist vor allem Herzinsuffizienz, aber auch Sepsis zu nennen, die immer eine Folge einer anderen Erkrankung sind. Zusätzlich wird die Qualität der Todesursachenstatistik in Deutschland durch den hohen Anteil unbekannter Todesursachen reduziert (ICD-10: R00-R99). Zwischen den Bundesländern bestehen Unter- schiede in der Qualität der Todesursachenstatistik. In den ostdeutschen Bundesländern sowie in Baden- Württemberg und Bayern werden unbekannte Todesursachen, Herzinsuffizienz und andere nicht- informative Todesursachen seltener dokumentiert. Schlussfolgerungen aus Bundesland-Vergleichen von krankheitsspezifischen Mortalitätsraten, besonders kardiovaskulären Mortalitätsraten, sind daher nur mit Einschränkungen möglich. Informative zugrunde liegende Todesursachen Grundlage für die Berechnung krankheitsspezi- fischer Mortalitätsraten ist die im Totenschein angegebene „zugrunde liegende Todesursache“, die als Ausgangspunkt einer zum Tode führenden Kausalkette in einer Leichenschau identifiziert wurde. Nach den Vorgaben der WHO sollen hier ausschließlich „informative“ Diagnosen Eingang finden, die Auskunft über die zugrunde liegende Morbidität der Bevölkerung geben. Dagegen zählen Symptome (Dyspnoe), Endzustände (Herzstillstand, Organversagen), aber auch Folgeerkrankungen, zu denen die WHO auch die Herzinsuffizienz zählt, zu „nicht-informativen“ Todesursachen. Damit sollte eine Herzinsuffizienz nicht als zugrunde liegende Todesursache angegeben werden. Trotzdem rangiert sie in Deutschland in den letzten Jahren unter den fünf häufigsten Todesursachen. Es wird geschätzt, dass sich hinter der Angabe „Herzinsuffizienz“ als Todesursache zu 70 % eine Koronare Herzkrankheit verbirgt, deren Mortalitätsrate dadurch unter- schätzt wird. In Ländern mit hoher Qualität der Todesursachenstatistik wie z.B. Großbritannien, Irland oder Finnland wird Herzinsuffizienz nur in wenigen Fällen als Todesursache registriert. Anhang | 169
Unterschiede in der Qualität der Todesursachen- statistik und damit in der Häufigkeit, mit der eine Herzinsuffizienz als Todesursache eingetragen wurde, gibt es auch zwischen den Bundesländern. Vergleichende Interpretationen sollten daher nicht vorgenommen werden. Ein Rückgang der Mortalitätsrate für Herzinsuffizienz kann auch die Folge einer verbesserten Qualität der Todesursachenstatistik sein. In Ermangelung anderer Datenquellen wurde ent- schieden, die Mortalitätsrate für Herzinsuffizienz trotz der dargestellten erheblichen Limitation zunächst weiter im Herzbericht darzustellen. Datenquellen Leistungsstatistik der Deutschen Gesellschaft für Thorax, Herz und Gefäßchirurgie (DGTHG) 2023 Die DGTHG-Leistungsstatistik wird seit 1978 jährlich erhoben. Bei dieser freiwilligen Registrierung handelt es sich um eine deutschlandweite Vollerhebung der Leistungen aller herzchirurgischen Fachabteilungen. Für das Verfahrensjahr 2023 haben alle 77 Abteilun- gen daran teilgenommen. Aus Datenschutzgründen erfolgt keine patientenbezogene Erfassung, sondern eine prozedurkodierte Registrierung. Als Grundlage dient der Operationen- und Prozeduren-Schlüssel OPS in der für das Verfahrensjahr gültigen Fassung. Die In-Hospital-Sterblichkeit wird ohne Risikoadjus- tierung ausgewiesen und dem jeweils ersten Eingriff eines Falles zugeordnet. Daten der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) 2023 Gemäß Erhebungen der DGPK, detaillierte Infor- mationen dazu siehe Kapitel 8. Daten zu Prävention und Rehabilitation von Herz KreislaufErkrankungen 2023 In einer zum zehnten Mal vorgenommenen Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) unter Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland wurden 2024 Daten zu den dort im Jahr 2023 erbrachten Leistungen in der Herz-Kreislauf- Rehabilitation, den Diagnosen der Rehabilitanden und den in der Rehabilitation erfolgten Therapien erhoben. Beteiligt haben sich 63 Einrichtungen. Weitere Daten sind den KARDReha-Berichten 2020, 2021, 2022, 2023 und 2024 der DRV ent- nommen, insbesondere die Verlaufserhebung der Reha-Statistik-Datenbasis (RSD). Daten des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) 2023 Das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nach § 137a SGB V beauftragte Institut führt die externe Qualitätssicherung der Versorgung im Gesundheitswesen seit 2015 nach dem bundesweit einheitlichen Verfahren für die medizinischen und pflegerischen Bereiche durch. An der Qualitäts- sicherung nehmen alle nach § 108 SGB V zugelas- senen Krankenhäuser teil. Die Kommentierung der Ergebnisse der QS-Verfahren nach der „Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung“ (DeQS-RL) zum Erfassungsjahr 2023 erfolgte im Bundesqualitätsbericht 2024. Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) 2023 Die Daten stammen aus der Abrechnungsstatis- tik der KBV. Anhand der Leistungshäufigkeit der Gebührenordnungspositionen kann die Anzahl der vertragsärztlich erbrachten Untersuchungen und Interventionen festgestellt werden, die über den 170 | Deutscher Herzbericht – Update 2025
einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abge- rechnet wurden. Die Versorgung hinsichtlich der genannten Behandlungen findet dabei vorwiegend in ambulanten Praxen oder durch ambulant ermäch- tigte Ärzte und Institutionen statt, erfolgt aber auch stationär von niedergelassenen Belegärzten. Daten der Deutschen Stiftung Organtransplan tation (DSO) 2023 Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) fungiert seit Juli 2000 als bundesweite Koordinie- rungsstelle gemäß Transplantationsgesetz für die Organspende und die Organbereitstellung zwischen den Entnahmekrankenhäusern und 45 Transplantationszentren. Dabei arbeitet sie eng mit der europäischen Koordinationsstelle für die Organvergabe, der Eurotransplant-Stiftung in Den Haag, NL, zusammen. Auftraggeber sind die Bun- desärztekammer (BÄK), der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Die erhobenen Daten der DSO werden jährlich in einem Bericht publiziert, der online abrufbar ist. Daten des IQVIA Disease Analyzer Für die der Erhebung der Begleiterkrankungen und Arzneimittelverordnungen im niedergelassenen Bereich der Jahre 2019 bis 2023 wurden von IQVIA für Deutschland repräsentative Daten von 59 Praxen der Fachgruppe Kardiologie und von 907 Praxen der Fachgruppe hausärztlich tätige Allgemeinärzte und Internisten ohne Schwerpunkt kostenfrei zur Verfügung gestellt (IQVIA Disease Analyzer). Daten des InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) 2023 Das InEK unterstützt die Selbstverwaltungspart- ner im Gesundheitswesen – die Deutsche Kran- kenhausgesellschaft, die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung – bei der gesetzlich vor- geschriebenen Einführung und kontinuierlichen Weiterentwicklung des G-DRG-Systems (Ger- man-diagnosis-related-groups-system), welches als Grundlage eines pauschalierten Preis- und Vergütungssystems in Krankenhäusern einge- führt wurde. Dabei sind die Krankenhäuser gemäß § 21 KHEntgG dazu verpflichtet, Daten über das Leistungsgeschehen an das InEK zu übermitteln. Der InEK-Datenbrowser, der kostenlos online zur Verfügung gestellt wird, dient Interessierten zur Recherche der anonymisierten Krankenhaus-Fall- daten und stellt fixierte Algorithmen zur Verfügung, mit denen Zahlen stationärer Fälle in Deutschland (ICD- und OPS-Codes) ermittelt werden können. Anhang | 171